Alfa Romeo Spider, MGF, Mercedes-Benz SLK

Roadster-Klassiker von morgen

Mercedes-Benz SLK, MGF und Alfa Romeo Spider – die nächste Roadster-Klassiker-Generation wartet bereits ungeduldig auf ihren Auftritt – sympathische, gut aussehende Burschen mit vielen Talenten. Wir sollten sie willkommen heißen.

Alfa Romeo Spider 2.0 Twin Spark, MGF, Mercedes-Benz SLK 230 Kompressor Foto: Sabine Hofmann 22 Bilder

Jetzt schreibt Motor Klassik also auch über Neuwagen! Mercedes-Benz SLK, MGF und Alfa Romeo Spider – alle drei sind Autos, die als Kinder der Neunziger wie selbstverständlich mit ABS, Servolenkung und Airbag ausgerüstet sind und den meisten Zeitgenossen im Alltag noch nicht einmal als etwas Besonderes auffallen, geschweige denn in der Szene als etablierter Klassiker durchgehen.

Wer schon immer einen guten Grund suchte, seine Meinung in Form eines gepfefferten Leserbriefs zu schreiben – nur zu, eine bessere Gelegenheit als diese dürfte sich so schnell nicht mehr bieten. Oder Sie lehnen sich zurück und lassen sich erklären, warum wir uns für diese drei Modelle entschieden haben, die sich natürlich noch einige Jahre gedulden müssen, um sich neben ihren historischen Vorfahren zu behaupten. Ernst nehmen sollten wir sie jedoch schon jetzt. Weil wir es irgendwann bestimmt einmal bitter bereuen werden, uns nicht schon heute eines dieser Autos in die Garage gestellt zu haben, als noch wirklich gute Exemplare zu günstigen Preisen auf dem Markt zu finden waren. Wetten?

MGF – das moderne Gegenstück zum MGB

Die Ausschau beginnt beim MGF. Warum ausgerechnet dieses Auto, werden sich jetzt einige ganz bestimmt fragen, und auch mir fällt genau genommen nur wenig Schmeichelhaftes ein. Die Verarbeitung soll lausig und das Fahrverhalten im Grenzbereich bisweilen sogar gefährlich sein. Doch als dieser rundliche Roadster schließlich vor mir steht, ist er mir auf Anhieb wieder so sympathisch wie bei seinem Erscheinen 1995: ein kleiner Sportwagen zu einem erschwinglichen Preis, quasi das moderne Gegenstück zum MGB aus den Sechzigern. Der begeisterte vor allem jüngere Fahrergenerationen – womit der primäre Auftrag des neuen MGF im Prinzip klar umrissen ist: am Erfolg des frechen Japan-Roadsters Mazda MX-5 sägen, der natürlich auch im Königreich wie geschnitten Brot geht.

Entgegen aller Erwartungen bricht der MGF jedoch radikal mit dem glorreichen Roadster-Familienerbe. Das neue Auto trägt seinen 120 PS starken Rover-Vierzylinder aus der K-Serie nun plötzlich hinter der Besatzung. Das Rezept, die Massen wie bei einem Rennwagen in der Fahrzeugmitte zu konzentrieren, verspricht zunächst einmal ein gutes Handling. Auf jeden Fall ist MG mit dem MGF wieder im Geschäft, denn das Auto entpuppt sich auf der Insel als Bestseller. Und so mancher Besitzer bleibt der Marke, die es seit 2005 nicht mehr gibt, treu. Detlef Mayer aus dem schwäbischen Ludwigsburg ist einer von ihnen, und der MGF Mk II aus dem Jahr 2001 ist bereits sein zweites Exemplar. Eine neue Innenausstattung und geänderte Alu-Felgen unterscheiden sein Modell nach dem Facelift im Herbst 1999 von der Ur-Version. „Nur wenige Autos bieten so viel Fahrspaß,“ erklärt Mayer, der mit seinem MGF soeben noch am Garda-See war und mir im nächsten Moment den Zündschlüssel in die Hand drückt.

Am Ende fällt es schwer, dem Mann zu widersprechen. Wer in knapp neun Sekunden auf Tempo 100 sprintet und im nächsten Moment leidenschaftlich Kurven und Kehren vernascht, muss sich heute noch lange nicht hinten anstellen. Dass der MGF-Motor hinterm Rücken bei höheren Drehzahlen dabei immer ein wenig wie ein halbstarker Angeber klingt – Schwamm drüber. Denn dafür bietet der MGF eine Offenheit, wie sie bei modernen Cabrios schonlange nicht mehr zu finden ist. Oder ein Geriebe, bei dem die Gänge sitzen, bevor das Wort Klack auch nur ausgesprochen ist. Am meisten fasziniert jedoch sein exklusives Mittelmotorkonzept. Allein diese Tatsache macht einen MGF begehrenswert.

Geodreieck auf Rädern – der Alfa Romeo Spider der Baureihe 916

Wie MG pfeift auch Alfa Romeo Mitte der Neunziger mutig auf jegliche Tradition des Hauses: Die fünfte Alfa Romeo Spider-Generation gleicht mehr einem Faustkeil als seinem 1966 präsentierten Urahn. Dabei hatte sich die Szene erst noch über die optische Verjüngungskur der bis dato letzten Spider-Ausgabe, die bis 1993 vom Band lief, hergemacht. Und nun das: ein Geodreieck auf Rädern. Mit Frontantrieb. Mama Mia, die Welt ist schlecht.

Der neue Alfa Romeo Spider mit seiner weit heruntergezogenen Motorhaube, die nahezu ansatzlos in die schräg stehende Windschutzscheibe übergeht, polarisiert erwartungsgemäß. Aber bei denen, die sich mit dem Wagen auseinandersetzen, kommt er an. Er bietet im Innenraum mehr Platz als sein Vorgänger, das Verdeck verschwindet vollständig unter einer Klappe, und natürlich stimmen auch die Fahrleistungen, selbst mit der 150 PS starken Basisversion. Das neu konstruierte Triebwerk kommt nach wie vor mit zwei Nockenwellen daher. Die Nummer mit der Doppelzündung (Twin Spark) ist dagegen neu.

Mit diesem Herz unter der leichten Kunststoffhaube sprintet der 13 Jahre alte Alfa Romeo Spider von Georgia Knezevic aus Heilbronn in 8,5 Sekunden von null auf Tempo 100 und rennt bei Bedarf sogar mit 210 Sachen über die Bahn. Mir gefällt, dass sich das Aggregat bei solchen Spielereien offensichtlich nicht einmal ernsthaft anstrengen muss. Denn es ist weder besonders laut, noch nervt es aufgrund zweier Ausgleichswellen mit Vibrationen.

Das Fahrwerk des Alfa Romeo Spider lässt ohnehin kaum Wünsche offen. Stichwort Mehrlenker-Hinterachse. Deren Konstruktion ist allerdings so aufwendig geraten, dass nur noch wenig Raum für ein Gepäckabteil übrig blieben ist. Doch schon nach wenigen Kilometern über Land würde jeder bereitwillig akzeptieren, dass sein Reisegepäck von nun an per Post an den Urlaubsort gelangt – mit dem neuen Alfa Romeo Spider sind Kurvengeschwindigkeiten möglich, bei denen sich der Vorgänger längst um seine Hochachse gedreht hätte. Dieses Wissen schafft Vertrauen.

In 25 Sekunden vom Coupé zum Cabrio – Mercedes SLK

Spärliche 145 Liter. Über mehr Platz für das Gepäck verfügen auch Mercedes-Benz SLK-Piloten nicht, wenn sich die komplizierte Dachkonstruktion mit Hilfe von diversen Elektro-Hydraulikmotoren zusammengefaltet und mitsamt der Glasheckscheibe ins Ladeabteil zurückgezogen hat. Diese Nummer dauert exakt 25 Sekunden – ab 1996 lässt sich damit auf dem Boulevard zumindest für einige Zeit mehr Eindruck schinden als ein Auftritt in so manchem Supersportwagen. Der Dachmechanismus des Mercedes-Benz SLK, der die Vorzüge eines Coupés mit denen eines Cabrios vereint und Schluss macht mit Windgeräuschen oder alternden Verdecken, ist nicht nur eine technische Meisterleistung – es ist die eigentliche Attraktion des neuen Autos. Dabei kann sich der Rest des Mercedes-Benz SLK durchaus sehen lassen. Unter dem vergleichsweise konservativ geformten Blech steckt in diesem Fall das 230er-Triebwerk, das über einen Kompressor mechanisch aufgeladen wird. Das Ergebnis sind 193 PS. Und jede Menge Drehmoment.

Der wahre Kick stellt sich im Mercedes-Benz SLK tatsächlich dann auch erst während eines flott gefahrenen Landstraßen-Abstechers ein. Beim Einsteigen stoße ich mir jedoch erst einmal den Kopf an der weit nach hinten reichenden Windschutzscheibe. Dann aber fühlt sich der Mercedes-Benz SLK wie ein gut eingelaufener Turnschuh an, bequem und zu allem bereit. Mit Kraft im Überfluss sowie einem Fahrwerk, das dem Asphalt mit der Unbeirrbarkeit einer Zahnradbahn folgt. Dazu passen die Bremsen. Sie funktionieren katapultartig. Nur eben umgekehrt.

Die Karosserie des Mercedes-Benz SLK quittiert diese Fahrt mit stoischem Gleichmut – aus ihr ließe sich ganz bestimmt auch ein Eisbrecher formen. Kein Zittern und kein Schütteln selbst auf gröbsten Querfugen. Verstärkte A-Säulen und mit Kunststoff umschäumte Überrollbügel sorgen zusätzlich für Sicherheit, wie es sie bei einem Roadster bis dahin wohl noch nicht gegeben haben dürfte. Aber vermutlich will dieses Auto auch kein richtiger Roadster mehr sein. Sondern einfach nur ein guter Mercedes.

Das Ende dieser Ausfahrt kommt natürlich viel zu früh. Eines ist jedoch klar: Diese drei Jungspunde machen mächtig Laune. In nicht allzu langer Zeit werden sie ein Teil der Szene sein – die ersten Exemplare dürfen bereits in fünf Jahren an der Histo-Monte teilnehmen.