BMW M3 (E 30) im Fahrbericht

Ein Meisterstück der Kombi(nation)

Der BMW M3: Knapp 200 PS und nur 1.200 Kilo schwer: Schon vor 25 Jahren verdrehte der erste M3 selbst gestandenen Familienvätern den Kopf. Heute ist er eine Legende. Und was für eine!

BMW M3 (E30) Foto: Ralph Wagner 14 Bilder

Der BMW M3 ist noch immer gut in Form. Klebt auf der Straße, als seien Schienen unter dem Asphalt verlegt. Der BMW M3 sprintet in 7,8 Sekunden von null auf 100 km/h und weiter bis auf Tempo 237. Lässt sich mit seiner exakten, direkt übersetzten Servolenkung spielerisch um jede Ecke dirigieren, kennt weder ernsthafte Traktionsprobleme noch Bremsfading und möchte erst bei knapp 7.000 Touren in den höheren Gang geschaltet werden. Der Ur-BMW M3 beherrscht sein Repertoire selbst 25 Jahre nach der Präsentation.

BMW M3 auf der Rennstrecke

Er macht noch immer an, fordert, kommt dem Ideal einer gut abgestimmten Fahrmaschine ziemlich nahe. Was für eine Granate muss der BMW M3 erst vor einem Vierteljahrhundert gewesen sein. Die aktuelle Begegnung findet auf dem im spanischen Andalusien gelegenen "Ascari Race Resort" statt. Fernando Alonso soll diesen 5,4 Kilometer langen Privatkurs einst zur anspruchsvollsten Rennstrecke der Welt erklärt haben.

So gesehen erscheint es bei dem anfänglich gewöhnungsbedürftigen Layout aus Geraden, Kurven und Kehren nicht weiter tragisch, wenn es ein paar Runden dauert, bis ich als Neuling einigermaßen würdevoll an der Box vorbeirausche. Dann aber gibt es im BMW M3 kein Halten mehr - eine Renstrecke, egal welche, ist ganz einfach der passende Ort für einen BMW M3, der zwar den Alltag beherrscht, von BMW jedoch klar für den Racetrack entwickelt wurde.

BMW M3 für Alltag und Rennstrecke

Morgens die Kinder zur Schule bringen, danach den Familieneinkauf erledigen und am Wochenende ein Renntraining absolvieren - sportlich orientierte (und gut situierte) Väter verfügten ab 1986 plötzlich über ein neues Objekt der Begierde, das ab 58.000 Mark bei den Händlern stand. Dass es für 18.000 Mark weniger bereits einen 325i gab, der in Sachen Fahrleistung nicht allzu weit vom BMW M3 entfernt war, musste daheim ja nicht gleich herumerzählt werden.

Der knackige Aufpreis gegenüber der zweitürigen E30-Limousine von der Stange offenbart sich allerdings auf den ersten Blick: voluminöse Kotflügelverbreiterungen, ein tief heruntergezogener Frontspoiler, aerodynamisch optimierte Schürzen an den Schwellern sowie ein imposanter Heckflügel über dem vier Zentimeter erhöhten Kofferraumdeckel. Keine Show, sondern ausgefeilte Maßnahmen, um Abtrieb und Aerodynamik zu verbessern.

BMW M3 bis ins letzte Detail durchdacht

Dass das perfekt proportionierte, kubistische Dreier-Design dabei aus keiner Perspektive seine Würde und Klasse verloren hat, muss man erst einmal hinbekommen. Der BMW M3 wirkt bis ins letzte Detail durchdacht. Vermutlich sieht er darum selbst im Stand einfach nur schnell aus. Andere Modifikationen am BMW M3 fallen dagegen erst bei genauerer Betrachtung auf. Um noch windschlüpfiger zu werden, geriet der Anstellwinkel der Heckscheibe flacher, der aus Gewichtsgründen aus Kunststoff gefertigte Kofferraumdeckel entsprechend kürzer.

Wegen eines auf 70 Liter vergrößerten Benzintanks verringerte sich das Volumen des Gepäckabteils zudem auf vergleichsweise bescheidene 404 Liter - was Sportfahrern vollkommen schnurz sein dürfte. Sie schätzen vielmehr die recht hochkarätige Renntechnik, die unter der bulligen Karosserie steckt. Der BMW M3 war vom damaligen BMW-Chef Eberhard von Kuenheim von Beginn an als Motorsport-Objekt für die Gruppe A vorgesehen. Sein Wunsch stieß bei Paul Rosche, dem technischen Geschäftsführer der Motorsport-GmbH, auf offene Ohren.

BMW M3-Motoren müssen drehzahlfest sein

Dort hatte man seine Kompetenz bereits mit dem M1 sowie der scharfen 5er-Limousine bewiesen und auch jenen Formel-1-Turbomotor entwickelt, mit dem Nelson Piquet 1983 Weltmeister geworden war. Und wenn der Chef nun nach einem sportlichen Triebwerk für die Dreier-Reihe verlangte, sollte auch dieser Wunsch in Erfüllung gehen. Das Ergebis war nicht, wie von vielen BMW-Fans erwartet, ein potenter Sechszylinder, sondern ein hoch drehender, in der zivilen Kat-Version 197 PS starker 2,3-Liter-Vierzylindmotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen. Dessen aus der Großserie stammendes Kurbelgehäuse wurde für den BMW M3 so verstärkt, dass es selbst bei Drehzahlen von 10.000/min nicht gleich zerbarst.

Den passenden Zylinderkopf übernahm Rosche von jenem Sechszylinder, der bereits 1978 im M1 für Schub gesorgt hatte und ab 1984 leicht abgeändert in den 635 CSi gewandert war: "Wir haben am Vierventil-Zylinderkopf des M88 zwei Brennräume abgeschnitten und eine Platte über das Loch an der hinteren Stirnseite geschraubt." Bei der Gemischaufbereitung entschied sich Rosche für eine digitale Motorelektronik mit vier getrennten Ansaugkanälen sowie vier Drosselklappen für den BMW M3.

BMW M3 Präsentation auf der IAA 1985

Nach gerade einmal zwei Wochen konnte der Techniker seinem Vorgesetzten einen fahrbereiten Prototypen präsentieren. "Gut, der gefällt mir" soll von Kuenheim nach einer Probefahrt mit dem BMW M3 kurz und knapp gesagt haben. Jetzt mussten innerhalb von zwölf Monaten 5.000 alltagstaugliche Fahrzeuge produziert werden, um den BMW M3 für einen Einsatz im Tourenwagen-Sport zu homologieren. Dass man ein gutes Auto konstruiert hatte, war klar. Aber dass der BMW M3 einer der erfolgreichsten Sportwagen überhaupt werden sollte, dürfte die Vorstellungskraft aller Beteiligten bei der Präsentation während der IAA im Herbst 1985 überstiegen haben.

Zurück auf die Rennstrecke. Länger werdende Schatten künden allmählich das Ende des Tages an - noch drei Runden, dann ist Schluss. Der BMW M3 ist längst zu Höchstform aufgelaufen, benimmt sich dabei jedoch wie ein guter Freund, dem ich jederzeit blind vertrauen würde. Innen ist der BMW M3 ohnehin ein ganz normaler 3er geblieben. Brav, wohnlich und zeitlos. Die einzigen Zugeständnisse an den Leistungssport sind ein Ölthermometer anstelle der Verbrauchsanzeige und ein Sportgetriebe, dessen erster Gang rennwagentypisch links hinten sitzt.

BMW M3 ist gut in Form

Letzter Turn. Das Triebwerk des BMW M3 begeistert selbst nach vielen schnell gefahrenen Kilometern mit seiner packenden Leistungscharakteristik. Fast schon digital reagiert es auf das Öffnen der Drosselklappen, und dabei spielt es kaum eine Rolle, in welchem Drehzahlbereich die Maschine sich gerade befindet. Bereits ab 1.500/min sprühen erste Funken, kurz darauf brennt die Hütte lichterloh, weil dieser Motor in den unteren Gangstufen blitzschnell und mühelos bis zum Einsetzen des Begrenzers bei knapp über 7.000/min hochdreht. Es tut gut zu wissen, dass der BMW M3 noch immer in Form ist.