BMW M3 (E30) und M5 (E28) im Fahrbericht

M-Motionen - die erste Generation

Beide setzen auf M-Power, der eine mit vier, der andere mit sechs Zylindern. Sonst sind sie allerdings sehr verschieden. Der BMW M5 pflegt zurückhaltendes Understatement, der BMW M3 zeigt deutlich, was er kann. Fahrbericht der beiden ersten Großserien-M-Modelle.

BMW M5 M3 E30 E28 mokla 0603 Foto: MKL 16 Bilder

Der erste Eindruck täuscht gewaltig. Das feuerrote Spielmobil, das auf den Namen BMW M3 hört, ist weder besonders hart gefedert, noch krawallig laut. Es benimmt sich auch nicht zickig im Stadtverkehr. Selbst vier rote Ampeln auf 200 Meter können die stoische Gleichmäßigkeit des Leerlaufs nicht erschüttern.

Der erste BMW M3 kann alles - Landstraße und Rennstrecke

Der hochgezüchtete M-Power-Motor mit knapp 85 PS Literleistung verzeiht sogar erste Schaltfehler, welche die Drehzahl des Vierventil-Vierzylinders weit ins Untertourige abstürzen lassen, weil sich der Fahrer noch nicht auf das ungewohnte Schaltschema des Fünfgang-Sportgetriebes eingestellt hat. Das abenteuerliche Asphalt-Flickwerk der Großstadt bringt die kompakte Karosserie kaum aus der Ruhe. Zugegeben, der M3 rollt zwar trocken ab, aber er tut seinem Fahrer niemals weh.

Zudem versöhnt der Giftzwerg Umweltschützer, weil es ihn praktisch nur in der 195 PS starken G-Kat-Version gab, die 1989 sogar auf 215 PS aufgestockt wurde. Das Motorgeräusch mit dem grollenden Auspuffton ist zwar durchaus kernig, aber es wird selten lästig, weil fleißiges Schalten dröhnende Monotonie vereitelt.

Der Fahrer hat es in der Hand, ob der M3 Kraft seiner ausgeprägten Elastizität bei niedrigen Drehzahlen zahm und kultiviert wie ein 318i vor sich hinrollt, oder ob er heftig losstürmt, wenn er erst bei 7.000 Touren in den höheren Gang schaltet.

Der größte Fahrgenuss mit dem M3 liegt dazwischen - irgendwo zwischen 4.500 und 5.500/min. Weil das fleißige Schalten des gut abgestuften und sehr exakten Sportgetriebes Spaß macht und den enorm drehfreudigen Motor in der Dynamik unterstützt. Was bleibt, ist der auffällige Auftritt. Die üppige Spoilerbewehrung wird vom krassen Hennarot in seiner optischen Präsenz noch übertönt.

Nur knapp 18.000 BMW M3 wurden gebaut

Aber die vielen im D&W-Look aufgemachten Alt-Dreier im Stadtverkehr mildern den K.o.-Effekt des M3. Die Schmerzgrenze der übrigen Verkehrsteilnehmer liegt eindeutig höher. Selten wird der Mann hinter dem feinen, lederbezogenen Sportlenkrad verächtlich angesehen - zumindest in der BMW-Heimat München überwiegen interessierte, manchmal sogar bewundernde Blicke. Fahren mit dem M3 geht auch noch um die vierzig. Bedenkt, dass die M3-Basiskarosserie, der zweite Dreier mit dem Kürzel E 30, schon vor 20 Jahren debütierte.

Gemessen an den 2.323.671 Dreiern, die vom Typ E 30 in allen Varianten bis 1994 gebaut wurden, nehmen sich die 17.970 M3 inklusive Cabriolet und der Sport-Evolution-Modelle 2,3 und 2,5 aus wie ein Tropfen im Ozean. So spielte der M3 von Anfang an eine überaus exklusive Sonderrolle im Massen-Ensemble der zweiten Dreier-Generation. Der Preis von zunächst 58.300 Mark, für den es 1986 knapp zwei 320i mit Sechszylindermotor gab, unterstreicht dies ebenso wie die tief greifenden Modifikationen der zweitürigen Limousinenkarosserie von der Stange.
Sie verwandeln den M3 vom eleganten Zweitürer in einen auffälligen Sportwagen. So dient die üppige Spoilergarnitur samt Heckscheibenrahmen und erhöhtem Kofferaumdeckel aus Kunststoff dazu, den Auftrieb an Vorder- und Hinterachse zu vermindern und den cw-Wert von 0,38 auf 0,33 zu optimieren.

Schließlich war der M3 von Anfang an als Motorsport-Objekt geplant. Für die Homologation in der Gruppe A mussten innerhalb des ersten vollständigen Produktionsjahres 5.000 Exemplare gebaut werden, eine Zahl, die der M3 spielend schaffte. Trotzdem hatte der Profi-Sportler zunächst Mühe, einem gut im Futter stehenden 325i vor allem in der Beschleunigung davonzueilen. Eine Schmach, die erst 1989 mit der 215 PS starken Zweitauflage des M3 getilgt wurde. Schließlich lebt er wie alle M-Modelle von seinem brillanten Motor - und das verpflichtet.
Intern heißt der Vierventil-Vierzylinder, dessen Block auf dem guten alten M 10-Motor der Neuen Klasse und der 02-Modelle aufbaut. Er ist ein um zwei Einheiten verkürzter M 88, wie wir ihn bereits aus M1, M 635 CSi und M5 kennen.

M5 und M3 - Unscheinbar der eine, aufdringlich der andere

Peter Tessmann, 36, BMW-Mitarbeiter aus Fürstenfeldbruck und M-Enthusiast, weiß, wovon er redet. Denn er hat beide, M3 und M5. Sie sind Balsam für die zwei Seelen in seiner Brust. Die eine zeigt sich extrovertiert und verlangt nach einem kernigen Sportwagen, die andere findet ihr Heil in der unprätentiösen, aber leistungsmäßig überlegenen Reiselimousine.

"Gerade der unscheinbare E 28 hat es mir angetan", erklärt Tessmann begeistert. "Der sieht auch als M5 von weitem aus wie ein gut ausgestatteter und gut erhaltener 525 eta, dem man das M-Signum aufgeklebt hat. Und er verblüfft, sobald er gut warmgefahren ist, die übrigen Verkehrsteilnehmer mit außerordentlicher Dynamik und tollem Sechszylinder-Sound."

Tatsächlich trägt der M5 anders als sein aufdringlicher Bruder M 535i den Nerz nach innen. Kein Spoiler verdirbt die zeitlos-unaufdringliche BMW-Linie, kein üppiges Reifenformat sprengt die Radkästen der schlichten Limousine. Sie ist in Diamantschwarz-Metallic lackiert, Ton in Ton mit unaufdringlicher Shadow-Line, wobei ein M5 E28 mit Chromstoßstangen noch harmloser auftreten würde. Dem M5 war jegliches Homologationsgehabe fremd, er ist der reine Selbstzweck, der Devil in Disguise, verkörpert das reizvolle Spiel des getarnten abgründigen Biedermanns.

Diese Botschaft an den Herrenfahrer muss man verstanden haben, wenn man 1984 über 80.000 Mark für die damals schnellste deutsche Serienlimousine bezahlt hat. Nur 775 Kunden waren in Europa bereit dazu. Und das edle Büffelleder, unbedingt wichtig für die Aura vornehmen Understatements, war sogar noch mit 6.500 Mark extra zu honorieren.

Der BMW-Reihensechzylinder M88/3 - einer der schönsten Motoren aller Zeiten

Alles hält den Atem an, wenn man an der Tankstelle zur inszenierten Ölkontrolle die Motorhaube öffnet. Vorhang auf für den wohl schönsten Reihensechszylinder-Motor aller Zeiten. Der aus dem Vollen gefräste breite DOHC-Zylinderkopf mit den mittig angeordneten Zündkerzensteckern sieht aus, als hätte ihn ein Bildhauer gemeißelt. Der erhabene Schriftzug M Power nebst hervorgehobenen Zierstreifen und plastischem BMW-Emblem, poliertes Aluminium vor schwarzem Schrumpflack, beweist liebevollen Maschinenbau. Auch die imposante Garnitur der sechs Sammelrohre, die jede für sich eine separate Drosselklappe beherbergt, zeugt von jener ästhetischen Vollkommenheit, die so nur reiner Funktionalität entspringen kann.

Zusammen mit dem einzigartigen Klangspektrum, das dieses Kunstwerk von Verbrennungsmotor in Aktion entfacht, entsteht so ein Gesamtkunstwerk der besonderen Art, dessen undramatisches Gewand Freunde aufregenden Designs enttäuscht, Kenner aber fasziniert. Für die erste Gruppe gibt es ja noch den M 635 CSi. Der Fahreindruck bestätigt, was Auge und Ohr bereits wahrgenommen haben. Der stets propagierte Klassenunterschied zwischen einem Vier- und Sechszylinder gilt auch in der M-Liga. Der Sechser kann einfach alles. Ist mal geschmeidig leise und unaufdringlich, spielt einerseits gekonnt den angepassten 525i bei moderatem Verbrauch und entspannter Fahrweise, um dann auf kurvenreicher Landstraße den BMW M1 herauszukehren, der vom Temperament her zweifellos in ihm steckt.

Die Entscheidung M3 oder M5 stellt sich nicht

Der M5 ist ein als Mittelklasse-Limousine getarnter Vollblut-Sportwagen und damit einzigartig. Der M3 zeigt offen was er ist. Ein Spaßmobil - effizient, juvenil, aber trotzdem hochwertig. Von dieser Sorte gibt es mehrere.