Citroen AK 350, VW T3, Volvo 240 Kombi als Camper

Studenten-Kutter - so fühlt sich Freiheit an

Ein Volkswagen T3 mit Westfalia-Aufstelldach, ein Volvo 240 Kombi und eine Kastenente mit Wohnzimmerflair – die Geschichte einer Ausfahrt, bei der für einen Moment alles ein wenig war wie früher.

Citroën AK 350, Volvo 240, VW T3 Westfalia Joker, Strand Foto: Hardy Mutschler 18 Bilder

Der vermutlich heißeste Tag des Jahres. Ausgerechnet heute. Wüstenhafter Fahrtwind weht durch die weit geöffneten Fenster der drei Autos, die sich tapfer über den bei knapp 40 Grad Außentemperatur aufgeweichten Asphalt mühen: ein Volkswagen T3 Westfalia Joker, ein Volvo 240 und ein Citroën AK 350, der im Volksmund gerne auch als Kastenente bezeichnet wird. In den Fahrzeugen herrschen trotz maximalen Durchzugs Temperaturen wie einer Sauna, steht der Schweiß auf der Stirn, kleben die T-Shirts schon am Vormittag auf der Haut der Fahrer.

VW T3 als Urmeter aller Reisemobile

Doch aufgeben und die Tour womöglich bis ins nächste Jahr verschieben? „Natürlich nicht“, kontert Stefan Heppner. Früher sei man doch auch ohne Klimaanlage im Sommer unterwegs gewesen, sogar durch Afrika oder auf dem Landweg bis Indien gereist. Aber was soll ein Besitzer eines T3 auch anderes sagen? So ein Bulli hat schließlich zigtausend Globetrotter über die Anden und durch den Regenwald transportiert, hat weder vor zentralafrikanischen Schlammpisten noch vor isländischen Flüssen gescheut und gilt quasi als der Urmeter aller Reisemobile. Da kehrt man nicht um, nur weil plötzlich die Sonne scheint.

Dieser Trip war von langer Hand geplant. Ein Ausflug unter Freunden an einen See. Mit einem Grill, kaltem Bier, Schlafsäcken und guter Musik an Bord. Also ganz so, wie es früher einmal war, als die Gedanken noch nicht um Baufinanzierung oder Elternabende kreisten, sondern der Kopf noch voller Träume und die Lust auf ein Abenteuer schier grenzenlos war.

Damals, als man auf der Suche nach der großen Freiheit einfach losgefahren ist. In den Urlaub nach Südfrankreich oder Spanien, zu einem Festival in der Eifel oder eben einfach nur zu einer Party an einem Baggersee. Natürlich ohne Schutzbrief und Kreditkarte, jedoch in Fahrzeugen, die eben haargenau den damaligen Bedürfnissen entsprachen: möglichst günstig und gleichzeitig möglichst groß, um darin leben zu können. Wenn es sein musste, wochenlang.

Mobiles Einzimmer-Appartement

Fahren und am Ende des Tages dort übernachten, wo es am schönsten ist – einmal unterwegs, genießt T3-Besitzer Stefan Heppner das Gefühl größtmöglicher Unabhängigkeit jedes Mal erneut. Sein Bus wurde 1986 als „Westfalia Joker“ produziert, also nicht als nacktes Nutzfahrzeug, sondern bereits als vollausgestattetes Reisemobil. Inklusive Küchenzeile mitsamt zweiflammigen Gasherd, Eisschrank und 50-Liter-Wassertank sowie einer Standheizung und Schrank für die Klamotten hinten links über dem Motorraum. Zwischen den drehbaren Fahrersitzen und der zu einem Doppelbett umklappbaren Rücksitzbank ragt ein Klapptisch in den durch Isolierglas geschützten Innenraum, der wegen des Aufstelldachs über Stehhöhe verfügt. Doppelbett Nummer zwei befindet sich im ersten Stock, dort herrscht dann auch Campingflair, weil der Faltenbalg des Klappdaches aus Zeltstoff besteht.

Maximale Ausnutzung der vorhandenen Fläche muss der Entwicklungsauftrag gelautet haben. Und maximaler Komfort selbst dort, wo die Welt zu Ende ist – es gibt Autos, die machen es einem sicherlich schwerer als dieser schnörkellose Kastenwagen. Der 1980 erstmals vorgestellten Westfalia Joker gilt unter den reisenden Bulli-Fans fortan als das Nonplusultra.

Die T3-Motoren sind schwach und durstig

Nur Geduld musste man beim Reisen haben. Oder eben ein paar Stunden früher als die anderen losfahren. Die luftgekühlten Boxer, anfangs mit 1,6 und 2,0 Liter, an denen Volkswagen mangels Budget auch im 1979 präsentierten T3 festhält, gelten damals schon als zu schwach und nebenbei auch als viel zu durstig. 1982 kommt der 1,9-Liter-Wasserboxer mit wahlweise 60 oder 78 PS, der in Temperament und Verbrauch jedoch nur eine marginale Verbesserung ist. Erst der 1985 eingeführte 2,1-Liter-Wasserboxer mit 112 PS versöhnt die Benziner-Fraktion. Die fallen vor Lachen fast vom Fahrersitz, wenn sie an einem dieser asthmatischen Diesel-T3 vorbeirauschen, die einst ebenfalls zur Auswahl standen: entweder als 1,6-Liter mit Turbo und 69 PS oder als 57 PS starker 1,7-Liter-Sauger. Letzterer gilt zumindest als zuverlässig.

Heppners T3 war ursprünglich so ein 1600er-Turbo-Diesel. Im Zuge einer erforderlichen Motorrevision tat der Mann jedoch das, was spätestens in den Neunzigern in der Bus-Szene ohnehin gang und gäbe war: Er tauschte das alte Aggregat gegen einen nahezu baugleichen 1,9-Liter-Turbo-Diesel (Kennnummer AAZ) aus einem Golf 3:„Der Motor leistet zwar nur sechs PS mehr als sein Vorgänger, ist allerdings wesentlich drehmomentstärker.“  In den Bergen könne man jetzt zumindest im Windschatten der Lkw mitschwimmen.

Der große Kombi aus Schweden

„Ich habe es auch einmal mit einem T3 versucht, allerdings ein Benziner mit Dreigang-Automatik“, erklärt Volvo-Pilot Ulf Schlotterbeck. Doch das Auto hätte in den Alpen bis zu 25 Liter verbraucht und sei dabei nur mit maximal Tempo 30 die Pässe raufgekrochen. „Danach war für mich das Thema VW-Bus erledigt“, schmunzelt der Mann aus Tübingen, dem so ein kultisch verehrter Bus ohnehin immer viel zu teuer war. An den eingebauten Eisschrank allerdings könne er sich an einem so heißen Tag wie heute gewöhnen.

Neben so einem rollenden Einzimmer-Appartement wirkt der Innenraum von Schlotterbecks 240er aus dem Jahr 1989 jedoch bestenfalls wie eine karge Mönchszelle. Keine Küche, kein Tisch, kein Schrank, sondern nur ein lichtdurchflutetes, quadratisches Ladeabteil, welches durch Umlegen der Rücksitzbank zu einer vollwertigen Lagerhalle heranwächst. Dem überzeugten Kombi-Fan Ulf Schlotterbeck genügt die vorhandene Fläche vollauf, um sich dort mit Isomatte, tragbarer Kühlbox und Campingkocher für eine oder mehrere Nächte häuslich einzurichten.

Volvo 240/245 läuft fast 27 Jahre vom Band

So ein 240er aus Schweden sei eigentlich schon immer sein bevorzugtes (und stets günstig erworbenes) Reise- und Festivalauto gewesen, weil von seinem eigentlichen Lieblings-Studenten-Klassiker, einem Mercedes Strich acht, nun mal eben keine Kombi-Version in Serie produziert wurde.

Volvo hingegen baut den großen Kombi nahezu unverändert von 1974 bis 1993, hält fast 27 Jahre im Prinzip an der simplen Kastenform mit hoher Gürtellinie, einem steilen Heck und der langen Motorhaube fest, setzt dabei auf massive Sicherheit anstelle von Eleganz. Wenn Erstklässler einen Kombi zeichnen sollten, dann käme dabei vermutlich die Silhouette eines 240er heraus. Vielleicht kam dieser Wagen deshalb so gut bei Architekten an.

Ein Auto für die Ewigkeit

Selbst das Cockpit passt zur äußeren Designphilosophie, scheint in seiner kantigen Ausführung nur einen Selbstzweck zu kennen: Funktion. Die wenigen Schalter im Instrumentenbrett wirken so massiv, als stammten sie aus einem Lego-Duplo-Bausteinset.
Eleganz? Eher weniger. Dafür umso mehr nordischer Charme, gepaart mit dem Eindruck, dass so ein 240er für die Ewigkeit gezimmert ist. Bei geschlossenen Türen fühlt man sich als Fahrer wie von einer massiven Mauer umgeben – nur wenige Autos vermitteln so viel Solidität und Geborgenheit. Im tiefsten Winter hoch zum Nordkap? Ein 240 wäre laut Ulf Schlotterbeck ganz bestimmt der passende Kumpel dafür.

Sein Exemplar wird von einem 2,3-Liter-Vierzylinder angetrieben – ein sympathischer Eisenhaufen, 113 PS stark, enorm elastisch und zuverlässig bis zum Gehtnichtmehr. Einer, der ohne viel Aufhebens locker die 300.000-Kilometer-Marke knackt. „Und dabei auf der Bahn mühelos 160, 170 Sachen rennt“, schwärmt der Mann aus Tübingen. Allerdings ist er weder ein Fan von hohen Drehzahlen noch von hektischer Fahrweise. „Ich lasse es einfach gerne gleiten“, ergänzt der Schwabe.

Der Lieferwagen aus Frankreich

Um hohe Autobahnschnitte hat sich Harry Siegel hingegen noch nie ernsthaft geschert. Der Mann aus dem schwäbischen Güglingen fährt seit 39 Jahren Citroën 2 CV – da muss man nichts und niemandem mehr etwas beweisen, vor allem nicht der Meute, die im modernen Verkehr ungeduldig von hinten schiebt.

Gelassen pilotiert der Frankreich-Fan seine Fourgonette, zu deutsch kleiner Lieferwagen, dann auch über den holprigen Waldweg hinunter an den See und freut sich dabei über die offensichtliche Geländetauglichkeit seines Mobils. „Mit so einem leichten, hochbeinigen Deux Chevaux lässt es sich selbst durch die Sahara einigermaßen souverän reisen“, erklärt Siegel und parkt sein Auto wie selbstverständlich als erster des Trios im weichen Sandstrand unten am Wasser. Ente fahren, das ist für einen Genussmenschen wie Harry Siegel ein sinnliches Erlebnis, und eigentlich findet er es schade, dass die Anreise in diesem Moment bereits schon wieder zu Ende ist.

Die Beziehung zu seiner Kastenente (AK 350) aus dem Jahr 1969 währt bereits seit 20 Jahren und ist das Ergebnis einer Zufallsbegegnung auf einem französischen Schrottplatz, vielleicht auch ein Wink des Schicksals. Siegel spürt sofort, dass dieses sein Auto ist. Bereits ein paar Tage später findet sich die Fourgounette in ihrer neuen schwäbischen Heimat wieder, wo sie von Grund auf und mit viel Liebe zum Detail restauriert wird.

Citroën Fourgonette mit doppeltem Boden

Das Ladeabteil des ehemaligen Handwerker-Mobils verwandelt der neue Besitzer dann auch in einen einfachen Schlafraum mit einem doppelten Boden, Campingküche und kleinen Schrankfächern für das Gepäck. Bei umgeklappten Vordersitzen beträgt die Liegefläche 2 x 1 Meter. „Das genügt mir völlig“, erklärt der 58-Jährige, der seinen Citroën im Sommer gerne als Alltagsauto verwendet und regelmäßig zu Clubtreffen in vielen Teilen Deutschlands und Europas aufbricht.

Selbst dort zählt der graue AK 350 zu den Stars der Szene, weil gute Exemplare des 1950 erstmals vorgestellten Kleintransporters inzwischen nahezu völlig ausgestorben sind. Das praktische Auto, dessen Frachtabteil 1900 Liter fasst, kam besonders bei Bauern und Handwerkern an. „Es war günstig, groß und leicht zu reparieren“, erklärt Harry Siegel. Anfangs mit 375 ccm und bescheiden 9 PS (AU 250), spendiert Citroën 1963 der AK 350 schließlich die Technik des Ami 6.

25 PS und Minimalgestühl fordern Leidensfähigkeit und Gleichmut

Der kleine Zweizylinder-Boxer verfügt nun über 597 ccm und leistet in seiner stärksten Version 25 PS. „Tempo 100 ist im Windschatten möglich, doch meistens sind wir mit 80 km/h unterwegs“, sagt Siegel. Das Auto sei auf Landstraßen jedoch überraschend agil und würde dabei nur sieben Liter verbrauchen.

Im nächsten Moment hat Harry Siegel mit zwei Handgriffen das Minimalgestühl – ein paar dünne Rohre mit etwas Stoff dazwischen – aus dem Cockpit entfernt und die Sessel am Strand platziert. Das Sitzgefühl ist über alle Zweifel erhaben, ob nun im Auto fixiert oder einfach in den Sand gestellt. Für diesen Moment wäre er natürlich gerne auch bis an die französische Atlantikküste gefahren.

Inzwischen haben sich auch der T3 und der Volvo am Seeufer eingefunden. Kühles Bier macht die Runde, und wenn der Baumarkt-Grill erst einmal montiert ist, wird es am Abend auch ganz bestimmt etwas zu Essen geben. Bis dahin steht Baden auf dem Programm. Oder einfach nur im Schatten abhängen und Musik hören. Genau so fühlt sich Freiheit an.

Fazit von Motor Klassik-Redakteur Michael Schröder

Ich mag so einen vollausgestatteten Reise-Bulli. Anhalten und schlafen, wo man will, hat mir bei meinen Reisen immer schon gefallen. Und wenn dann der Eisschrank ein kaltes Bier bereit hält und die Nudeln auf dem Herd kochen, ist die Welt für mich in Ordnung.

Fahrdynamisch reißt mich so ein Diesel-T3 allerdings nicht gerade vom Hocker, und somit kommt der Volvo ins Spiel. Mit ihm mal eben über die Alpen in Richtung Südfrankreich rauschen? Kein Problem. Und: Der gebotene Fahrspaß ließe mich die Abwesenheit einer Einbauküche verschmerzen. Geschlafen wird dann im Ladeabteil. Oder eben in einem Hotel.

Der erste Preis in der Charme-Wertung geht allerdings an den Citroën. Herrlich geschwungenes Vorkriegsdesign mit frei stehenden Kotflügeln, dazu dieser schnatternde Zweizylinder-Boxer und eine Kiste zum Wohnen hinten drauf – damit um die Welt, das wär's.