Glöckler-Porsche 356

Das ist der Vater des 550 Spyder

Mit seinem Glöckler-Porsche 356 zeigte der Autohändler Walter Glöckler aus Frankfurt den Zuffenhausenern in den Fünfzigerjahren, wie man aus dem 356 einen Rennwagen baut. Sechs handgefertigte Exemplare entstanden – Motor Klassik entdeckte eines davon in Kalifornien.

Glöckler-Porsche, Seitenansicht Foto: Hans-Dieter Seufert 28 Bilder

Am Glück muss man manchmal dranbleiben. So, wie es Rose vor ein paar Jahren bei einer Autoauktion in Arizona tat. Sie war mit ihrem Mann Herb da und bemerkte, wie er heimlich für ein kleines silbernes Auto – den Glöckler-Porsche – schwärmte. Er gab vor, ein anderes, günstigeres Modell ersteigern zu wollen, setzte sich bei der Gebotsabgabe aber absichtlich auf seine Nummernkarte und spielte den Ahnungslosen. Dann endlich war der kleine Rennwagen aus Deutschland an der Reihe – und Herb war Feuer und Flamme.

Bieterstreit um den Glöckler-Porsche bei Auktion

Bis 300.000 Dollar ging er mit, dann packte ihn die Vernunft, und er schaute seine Frau an: weitermachen? Sie schnappte sich die Nummernkarte und befand sich keine fünf Minuten später in einem Wettstreit mit einem einzigen Gentleman. Bei 615.000 Dollar wollte auch sie aufgeben, doch dann sagte der Auktionator diesen dreisten Satz ins Mikrofon: „Sie wollen sich doch nicht von einer Frau ein Auto wegschnappen lassen.“

„Buuuuh!“, rief der weibliche Teil des Publikums lautstark. Rose winkte gelassen ab, und der Auktionator schwang den Hammer. Kurz vor dem dritten Schlag hob sie jedoch blitzschnell die Hand und bekam den Zuschlag. Der Saal tobte: Für 616.000 Dollar hatte sie den Glöckler-Porsche gekauft. Noch am Abend studierten sie und ihr Mann die Geschichte dieses kleinen Autos.

Die Recherche brachte sie gedanklich nach Frankfurt, wo Walter Glöckler mit Autos handelte – und die Geschäfte liefen in den Nachkriegsjahren so gut, dass er seiner größten Leidenschaft nachgehen konnte: Er fuhr Autorennen und konstruierte sich dafür einen Hanomag-Sportwagen. Glöckler startete damit unter anderem beim Großen Bergpreis auf dem Feldberg im Schwarzwald und gewann.

Glöckler wurde Deutscher Sportwagenmeister

Der Sieg spornte ihn an, er wollte mehr, brauchte ein besseres Auto. Mit seinem Kundendienstleiter Hermann Ramelow entwickelte er im Frühjahr 1949 einen zweiten Rennwagen mit Gitterrohrrahmen. Die knappe Alu-Karosse fertigte der Frankfurter Spengler C.-H. Weidenhausen an, darunter kam vor allem VW-Technik zum Einsatz – Vorderachse, Getriebe und ein 1,1-Liter-Vierzylinder- Boxer mit Porsche-Zylinderkopf.

Es waren offensichtlich die richtigen Zutaten, denn der Glöckler-Porsche 1100 gewann dreimal in Folge die deutsche Sportwagenmeisterschaft in seiner Klasse: 1950 mit Walter Glöckler, 1951 mit Hermann Kathrein und 1952 mit Heinz Brendel. Positiver Nebeneffekt: Am 17. März 1950 erhielten Otto und Walter Glöckler von Porsche einen der weltweit ersten Großhändlerverträge und legten damit den Grundstein für die bis heute andauernde Partnerschaft.

Glöcklers Ehrgeiz ebbte nicht ab, 1951 arbeitete er bereits mit denselben Akteuren an einem weiteren Rohrrahmen-Roadster mit Alu-Karosserie – diesmal kam allerdings ein 1,5-Liter-Porsche-Motor ins Heck. Dank Mahle-Kolben und Oettinger-Nockenwelle entwickelte der Vierzylinder unter Alkoholbeatmung 85 PS. Damit gewann Glöckler 1951 das Schauinslandrennen und setzte einige Geschwindigkeitsrekorde auf europäischen Kursen. Ende 1951 kaufte der amerikanische Auto-Importeur Max Hoffman den Glöckler-Porsche 1500 und setzte ihn erfolgreich in den USA ein.

Erster Rennwagen auf Porsche-356-Basis

Anfang 1952 stellte Walter Glöckler eine weitere Version des 1500 her. Allerdings benutzte er diesmal keinen Gitterrohrrahmen, sondern ein verkürztes Chassis des Porsche 356 inklusive Antriebstechnik. Der 1500er-Motor erhielt dieselbe Behandlung wie der zuvor und leistet daher ebenfalls 85 PS. Mit diesem Wagen gewann Walters Cousin Helm Glöckler die deutsche Sportwagenmeisterschaft der 1,5-Liter-Klasse. Später ging auch dieser Glöckler-Porsche an Max Hoffman, der es mit unterschiedlichen Fahrern bei verschiedenen amerikanischen Berg- und Sportwagenrennen an den Start brachte.

Als Herb und Rose an diesem Punkt der Geschichte angekommen sind, reiben sie sich die Augen und laufen fassungslos in ihre Garage. Da steht jener offene, handgefertigte Zweisitzer von Glöckler, der erste Rennwagen auf 356-Basis und damit der Vorgänger des 550 Spyder. Der Glöckler-Porsche war lange Zeit verschollen. Nach den letzten Renneinsätzen in den USA verbrachte er rund 30 Jahre in einem Verschlag in Colorado, erst kurz vor der Jahrtausendwende wurde er gefunden und in den Folgejahren aufwendig in Neuseeland neu aufgebaut.

Die Arbeit kann sich sehen lassen – als der Glöckler-Porsche bei Rose und Herb aus der Garage fährt, hat er fast Neuwagencharakter. Alles blitzt, alles funkelt. Doch das Beste daran: Der kostbare Roadster steht sich nicht die Reifen platt, die beiden machen mit ihm das, was er am besten kann – sie fahren ihn regelmäßig bei historischen Rennen. Von Pebble Beach über Goodwood bis zum Concours d'Élégance hat der kleine Glöckler-Porsche viele Fans glücklich gemacht. Herb und Rose werden dafür sorgen, dass das Glück anhält.