Jaguar XJ 6 C im Fahrbericht

Die sanfte britische Art

Im Jaguar XJ 6 C kann man eine Reise stilvoll angehen, er ist leise und komfortabel. Wir folgten dem Rhein von der Mündung in den Bodensee bis nach Schaffhausen. Hier lassen Schweizer Gastfreundschaft und eine beschauliche Gegend die Uhren langsamer ticken.

 Jaguar XJ 6, Cafe, Stein am Rhein Foto: Hardy Mutschler 14 Bilder

Seit es Monteverdi nicht mehr gibt, lässt der Schmerz nie nach, sehnt sich die Schweiz nach einer Luxuswagenmanufaktur von Rang. Elegante, noble Wagen passen eben perfekt zu dem gediegenen, wohlhabenden Land. Hans-Joachim Schulz und seine Frau Laura trösten sich mit einem seltenen Jaguar XJ 6 Coupé, das sie gern für entspannte Ausfahrten von ihrem Wohnort Zürich in den Kanton Thurgau, ins Wallis oder ins Waadtland zwischen Lausanne und Genf nutzen.

Entschleunigung im britischen Luxus-Coupé

Die Schweiz, das Mutterland der Hotellerie und Gastronomie, ist bekannt für seine reizvollen Landschaften auch jenseits der alpinen Regionen. Gleich neben den dichtbesiedelten und mit Industrieanlagen randvollen Tälern von Limmat und Aare, die sich als starkes wirtschaftliches Rückgrat der Eidgenossen zwischen Zürich und Bern erstrecken, fängt die Entschleunigung an. Da beginnt die Bilderbuchschweiz mit ihrer Modelleisenbahn-Landschaft. Da läuten die Kuhglocken, da steigt die Subaru-Dichte auf den Straßen, und die Rado-Uhren gehen langsamer.

Doch wir fahren nicht in die touristische Klischee-Schweiz à la Appenzeller Schaukäserei südlich von St. Gallen, sondern wir begleiten das Ehepaar Schulz in ihrem azurblauen Jaguar XJ 6 C durch die beiden nördlichen Kantone Thurgau und Schaffhausen, umsäumt von Rhein und Bodensee.

Laura und Hans-Joachim Schulz verkörpern wie ihr nobles britisches Coupé Jaguar XJ 6 C gediegene Eleganz im Auftritt, er trägt eine goldene IWC-Automatic aus den fünfziger Jahren, sie eine Weißgolduhr von Piaget. Sie wären das ideale Paar, um einen Hotelprospekt zu bebildern - vier Sterne aufwärts.

Der Ästhet wählt lieber den Sechs- als Zwölfzylinder

"Nein, ich wollte partout keinen Zwölfzylinder", macht der ehemalige Manager eines Luftfahrtunternehmens schon bei der ersten Würdigung seines klassisch-schönen Coupés klar, "der ist mir zu anspruchsvoll in Wartung und Unterhalt, zudem finde ich den majestätischen Sechszylinder mit seinen aus dem Vollen gefrästen Nockenwellengehäusen schöner, der V12 wird von Schläuchen, Leitungen und Ansaugrohren völlig zugewuchert." Dieses Plädoyer für den Sechszylinder fällt klar aus.

Das große Leistungsplus des Zwölfenders lässt Schulz kalt. "Ich fahre meinen XJ 6 sanft und schonend, Tempo 130 bei gerade einmal 2.800 Touren reicht mir, die sinnlich-elegante Linie erfreut auch Laura. Wir lieben diesen Wagen so wie er ist, seit zwölf Jahren verwöhnt er uns." Azurblaues Bodensee-Panorama. Von unserem Treffpunkt Arbon aus, der beschaulichen Bodensee-Hafenstadt und Heimat der berühmten Lastwagenmarke Saurer, geht es quer durch eine fruchtbare Kulturlandschaft aus Weinreben und Obstbäumen über Romanshorn, Amriswil und Weinfelden nach Frauenfeld.

Das bei aller Größe zierlich wirkende Jaguar XJ 6 Coupé mit dem grazilen Dachaufbau fügt sich wunderbar harmonisch in die Gegend ein. Die gänzlich heruntergelassenen Seitenscheiben sorgen für eine feine Transparenz, die vom starken Kontrast des schwarzen Vinyldachs lebt.

1975 kam das erste Jaguar XJ Coupé

Das fällt vor allem bei den Fotostopps auf, dann gleitet der Jaguar XJ 6 C an uns vorbei, souverän und mit samtiger Laufruhe. Auch wenn die Dreigang-Automatik von Borg Warner vor einer Kuppe gegen den wolkenlos blauen Himmel einmal zurückschaltet, so klingt der Jaguar XJ 6 C niemals vulgär, sondern intoniert jene kraftvolle Lässigkeit, die zum Luxusgefühl eines großen schweren Wagens gehört. "Er ist azure-blue mit Leder cinnamon", verrät uns Laura Schulz.

Bei der zweiten Serie des Jaguar XJ 6 C wurde die bisherige Longwheelbase-Version für die Limousine schon nach einem Jahr zum Standard. Das nun erstmals lancierte Jaguar XJ-Coupé hat deshalb keine verkürzte Bodengruppe, sondern lediglich das zuvor übliche Limousinen-Maß von 2.765 Millimeter. Auch wurde das Dach des Jaguar XJ Coupés trotz optischer Täuschung dank Vollsicht und Kunstlederbezug keineswegs gechoppt.

Der imposanten Coupé-Linie des Jaguar XJ 6 C kommt die bereits kraftvoll und geduckt wirkende Limousinen-Silhouette voll zu Gute. Der Jaguar XJ 6 C war damit anders als der Gran Turismo namens XJ-S produktionstechnisch sehr einfach zu realisieren. Jedoch verlor die 2. Serie den imposanten Kühlergrill aus Mark X-Zeiten. Die strengen US-Vorschriften forderten eine Mindesthöhe der Stoßfänger, was dem Jaguar XJ zu einem hübscheren, weniger strengen Antlitz verhalf.

"Die zweite Serie ist die schönste"

Hans-Joachim Schulz bekennt sich beim Nachmittags-Kaffee auf Schloss Schandegg in Waltalingen hoch über dem Tal der Thur klar zur zweiten Jaguar XJ-Serie: "Sie ist für mich die schönste Baureihe, nicht nur wegen des Coupés. Die dritte kommt zu klobig daher, die erste wirkt sehr konservativ." Schulz weiß auch aus eigener Erfahrung um die mäßige Qualität gerade dieser Baureihe des Jaguar XJ 6 C aus finsteren British- Leyland-Zeiten.

Sein Jaguar XJ 6 C wurde zwar in der Schweiz ausgeliefert und vom Importeur Emil Frey sorgfältig nachgearbeitet und mit Hohlraumversiegelung versehen, aber das blaue Etikett "Swissfinished" im Heckfenster schützte nicht vor ein paar kariösen Stellen im Jaguar-Blech.

Romantisches Kleinod Stein am Rhein

Wie ein Farbfilm zieht die blühende Frühlingslandschaft vom Fond des Jaguar XJ 6 C aus betrachtet an den langen schmalen Scheiben vorbei. Der Blick des Mitfahrers fällt auf das mit Wurzelnuss furnierte Cockpit, es wirkt aufgeräumter als das der ersten Serie. Die Smiths-Instrumente des Jaguar XJ 6 C sind bis auf die Uhr nun sauber vor dem Fahrer gruppiert, der Fahrkomfort ist selbst auf diesen buckligen Sträßchen einzigartig.

Der in Gummi gelagerte Hilfsrahmen des Jaguar XJ 6 C lässt die Hinterachse über die Straße schweben. Gleich zwei Schraubenfedern pro Rad filtern die Asphaltwellen weg. Auch Radstand, Gewicht und die üppigen Ballon-Gürtelreifen des Jaguar XJ 6 C im Format 205/70 VR 15 fördern das geschmeidige Abrollen.

Leise und sanft, das gehört eben zu Jaguar. Auf der Rheinpromenade "Schiffslände" in Stein lockt der Souvenirstand, Kuhglocken, Schokolade von Cailler und Sprüngli in Kilotafeln, alle Schweizer Kantonsfahnen als Set. Wir können widerstehen, machen mit dem Jaguar XJ 6 C einen Abstecher rauf zur Burg Hohenklingen mit seinem exquisiten Restaurant, doch für die Einkehr ist es noch zu früh. Schaffhausen erwartet uns mit seiner wunderbaren Altstadt und dem Naturschauspiel Rheinfall, dessen Gischtwolken wir schon von Weitem sehen.

Hans-Joachim Schulz hätte gern einen Stammbaumauszug für seine IWC, eine Art Geburtsurkunde, doch die Manufaktur in der Baumgartenstraße hat um 17 Uhr bereits geschlossen. Morgen will er es noch einmal versuchen. Das Ehepaar Schulz hat sich entschlossen, in einem kleinen, feinen Hotel in Steckborn zu übernachten, um später über Basel nach Zürich zu fahren. Im Jaguar XJ 6 C, weiter den Rhein entlang.

Übrigens: Tipps für den Urlaub mit dem Klassiker

1. Die Bodensee-Region der Schweiz

Das Allgäu, das den südlichen Bodensee-Raum fast vollständig ausfüllt, bietet landschaftlich einen idealen Vorgeschmack auf den Schweizer Kanton Thurgau. Über die Inselstadt Lindau, über Bregenz und das malerische St. Gallen gelangt man über Rapperswil wieder an die Bodensee-Hafenstadt Arbon. In Steckborn am Untersee empfiehlt sich zur Übernachtung das Hotel Feldbach, eine ehemalige Klosteranlage aus dem 13. Jahrhundert. Bei Winterthur liegt Frauenfeld, dessen romantische Altstadt fast ebenso sehenswert ist wie die des legendären Stein am Rhein. Schaffhausen mit dem Rheinfall rundet die sanfte Swiss-Tour ab.

Keine Probleme mit 07

Die Rote 07er-Nummer wird von allen EU-Ländern und der Schweiz als ordnungsgemäßer Versicherungsnachweis anerkannt. Grund dafür sind die behördlichen Einträge im Fahrzeugscheinheft. Die 06er-Händlernummer und die schwarze 04er-Kurzzeittafel werden nur zwecks Überführung von der Schweiz, Österreich und Italien akzeptiert. Hier trägt der Fahrer selbst die Kfz-Daten ein.