Maserati 228 im Fahrbericht

Wahnsinns-Dreier mit Dreizack

Der Maserati 228 sieht aus wie ein Dreier-BMW mit D&W-Grill auf Jagd nach Golf GTI und Capri-Injection. Aber er ist kein Vorstadt-Casanova. Unter der kompakten Karosserie steckt hoch emotionale Technik.

Maserati Biturbo 228, Kühler Foto: Frank Herzog 15 Bilder

Längst hat es der Maserati 228 Biturbo satt, immer mit dem Dreier- BMW verglichen zu werden. Deshalb, ein für allemal: Das Design stammt von Nuccio Bertone, und der hatte in den siebziger Jahren auch einen Beratervertrag mit BMW. Der erste Fünfer sieht deshalb aus wie der zweite Maserati Quattroporte, der leider nicht in Serie ging. Und überhaupt: Wenn schon der Dreier als Vorbild herhalten muss, dann bitte der kompromisslose M3.

Der Maserati 228 rettet die Marke mit dem Dreizack

Mit dem BMW M3 ist der Maserati 228 Biturbo - was Preis, Leistung, Technikverliebtheit und Prestige betrifft -, auf Augenhöhe. Das Plus von zwei Zylindern verwandelt der Biturbo in einen hinreißenden Sound. Heute ist der Wagen mit dem stolzen Namen auch noch 5.000 Euro billiger. Auf den zweiten Blick hat der Maserati 228 Biturbo eine viel größere optische Präsenz als der schüchterne BMW.

Der Zweitürer heißt im Maserati-Jargon Coupé, seine kompakte Form lässt noch - hochverdichtet und ein bisschen ins Banale abstrahiert -, den rassigen Gran Turismo von einst erkennen. Selbst so ein Economy-Modell der Achtziger wie der Maserati 228 Biturbo, der mit respektablen Stückzahlen die Marke mit dem Dreizack vor dem Untergang gerettet hat, ist in den Tiefen seines Ölsumpfs eine Art geschrumpfter Sebring oder Mexico. Kenner spüren den Hochkaräter auch in der schlichten Fassung.

Den Makel, kein V8 zu sein, macht der Maserati 228 Biturbo mit zwei Turboladern wieder wett, dank des unregelmäßigen Zündabstands bei 90 Grad Zylinderwinkel klingt er ähnlich wie seine großen Brüder. Die Vierventilmotoren haben dann auch wieder zwei obenliegende Nockenwellen pro Bank, nur den Zahnriemen müssen wir diesem hochbegabten V6 verzeihen, ebenso wie sein Verlangen nach Zärtlichkeit.

So ein hoch emotionaler Antrieb verlangt nach Liebe, nach Feingefühl in der Behandlung. Hohe Drehzahlen bitte nur in der Mitte, nicht am Anfang und am Ende. Warm- und Kaltfahren nennt man so etwas - Motoröl und die Abgasturbolader des Maserati 228 Biturbo verlangen danach, auch die filigrane Schlepphebelbetätigung der drei Ventile pro Zylinder. Volllast bitte nur kurz, wer heizen will, soll Dreier fahren.

Der Maserati 228 Biturbo ist sexy

Er ist wie ein Instrument, das man beherrschen muss, wenn man ihm mit Freude die feinsten Töne entlocken will. Das gilt auch für das Fahrwerk des Maserati 228 Biturbo. Die blattgefederte Starrachse seiner berühmten Ahnen von Mistral bis Ghibli wich einem modernen Schräglenkergebilde mit Federbeinen, wie beim ersten Dreier.

Genau wie dieser übersteuert der Maserati 228 Biturbo gern, vor allem auf nasser Bahn beim Einsetzen des Laders - eine Eigenschaft, die der ambitionierte Fahrer auf trockenem Asphalt gut zu kontrollieren weiß. Ein Maserati sucht sich, anders als ein Dreier-BMW, seine Fahrer in gewisser Weise aus. Er sendet ein sophistisches Karma, das nur Kenner und Könner empfangen.

Die technische Brillanz ist also noch da. Leidenschaft und Sinnlichkeit werden spürbar, wenn man den Zündschlüssel rumdreht und einen freien Nachmittag mit dem vermeintlichen Kompaktwagen verbringt. Es fällt schwer, auszusteigen, bevor der 82-Liter-Tank des Maserati 228 Biturbo leer ist. Nein, es ist unmöglich, obwohl das Vergnügen immerhin 600 Kilometer dauert.

Der Maserati 228 Biturbo, ganz gleich welcher der schier unzähligen Varianten - selbst der krude kurze Spyder, gestylt und gefertigt von Zagato -, macht süchtig. Wir probieren es mit dem Maserati 228, ein spätes Katalysator-Modell, gebändigte 225 PS aus 2,8 Litern Hubraum, sonst wären es ungestüme 250. Eigentlich heißt er sogar 228i, aber das steht nicht drauf und klingt leider nach BMW.

Nur 469 Maserati 228i wurden gebaut

So schlicht nennt sich eine späte Biturbo-Frucht, der die Reife in den Tugenden Verarbeitungsqualität, Rostschutz und Fahreigenschaften bestens bekommen ist. Es gab nur 469 Stück in acht Jahren. War er zu teuer oder zu vernünftig? Die ungestüme Wildheit der frühen 2,5-Liter-Vergaser wich einer feinen Herzensbildung. Der Maserati 228 Biturbo kann optisch, akustisch und vom Leistungseinsatz so unauffällig sein wie ein Volvo 780 Coupé mit dem braven 90-Grad-Europa-V6. Das Design stammt sogar von Bertone und sieht dem Maserati, wer hätte es gedacht, ein bisschen ähnlich.

Der Maserati 228 Biturbo hat den größeren Radstand der Biturbo-Limousinen 420 und 425, er sollte die US-Käufer becircen. Die Ziffer Zwei steht für die Zahl der Türen und die 28 für den Hubraum. Anders als die provokanten, ja exaltierten Biturbo-Juwelen Kamal, Sharif und Ghibli, die wie exzentrische Models auf dem Laufsteg wirken, gibt sich der Maserati 228 Biturbo so seriös wie seine nüchterne Typenbezeichnung.

Nur innen geht der Maserati 228 Biturbo aus sich raus, da streift er den Allerweltskittel ab und trägt den Nerz nach innen. Will heißen, feinstes Leder, edles Holz, lapisblau gefasste Instrumente und in der Mitte eine schicke goldene Armbanduhr. Dieser dunkelgraue Maserati 228 Biturbo gehört dem Journalisten Jürgen Schelling aus Freiburg. Beruflich schreibt er über Flugzeuge, ein treues, tugendhaftes Peugeot 504 Coupé erdet ihn.

Gekauft, um Kindheitserinnerungen zurückzuholen

Mit dem Maserati 228 Biturbo will er im Alltag ab und zu die Bodenhaftung verlieren. Nein, nicht im Kurvengrenzbereich, eher mental, von Glückshormonen beflügelt. Der Maserati ist die Femme Fatale, der man sich an den Hals wirft, um dem Leben einen Kick zu verleihen. Nahe am Schmerz ist die Lust, doch Schelling kaufte selbst im Rausch besonnen. Keine billige Ruine mit Wartungsstau, sondern ein gepflegtes Dritthandauto mit gerade einmal 100.000 Kilometern auf dem Zählwerk und vielen Stempeln in den üppigen Serviceordnern. Liebe hört bei Maserati eben niemals auf.

Wie viele von uns Youngtimer-Liebhabern suchte Schelling das Déjà-Vu, verklärte Erinnerungen, die, an ein Auto gekoppelt, wieder lebendig werden. "In meiner früheren Hamburger Zeit sah ich häufig einen Maserati 228 in einer besseren Wohngegend. Ich fand ihn imposant, groß, schwarz, stark. Und sehr exotisch, er hatte eine ungeheure Präsenz. Da wusste ich, irgendwann habe ich mal so einen.

Nach langer Suche fand ich den Richtigen, in der Nähe von München, gepflegt, behütet. Die Probefahrt dauerte 20 Minuten, danach war ich ihm verfallen und unterschrieb. Schelling mag vor allem das luxuriöse Ambiente. "Wurzelholz, Leder, Alcantara, mein Maserati 228 Biturbo könnte ein kompakter Rolls-Royce sein. Aber sein Temperament ist dann wieder ganz Maserati. Die imposante Leistungsentfaltung, der tolle Sound, wenn die beiden Turbos pfeifen. Dann schießt er vehement nach vorn. Knapp sieben Sekunden reichen ihm für null auf Tempo hundert, obwohl es die Katversion mit nur 225 PS ist."

Der Maserati 228 kann auch ein idealer Reisewagen sein

Schelling schätzt ihn auch als Reisewagen. "Der Ladedruck muss nicht immer am Anschlag sein. Gleiten mit 160 meistert er mit Bravour, dann sinkt der Verbrauch auf elf, zwölf Liter. Wenn man dem Vollblut die Sporen gibt, laufen 17 Liter durch." Auch die Handlichkeit des kompakten Gran Turismo überzeugt. Die Servolenkung agiert angenehm direkt, das ZF-Fünfganggetriebe lässt sich exakt schalten. Doch bleibt der Maserati 228 anders als ein BMW 325i und noch ausgeprägter als ein M3 das Auto für den besonderen Anlass. Zum Abschied scheint mir die stets verkannte Größe beleidigt nachzurufen: "Hey Alter, nenn mich nie wieder Dreier."