Opel Monza GSE und Mercedes 280 CE Fahrbericht

Zwei heiße Cafe Racer der 70er

Weiß der Opel Monza: optimistisch, pragmatisch, jugendlich. Schwarz der Mercedes-Benz: elegant, solide, traditionell. So verschieden die beiden Autos auch sind, es eint sie die Zeit ihrer Geburt.

Opel Monza GSE und Mercedes-Benz 280 CE Foto: Rossen Gargolov 17 Bilder

Opel Monza GSE und Mercedes-Benz 280 CE - so unterschiedlich wie diese beiden Coupés auch sind, sie spiegeln beide die zeit ihres Entstehens - die Siebziger-Jahre. Ein Opel, der Monza heißt, wirkt irgendwie überdreht: Die italienische Formel 1-Rennstrecke als Name für ein großes Heckklappen-Coupé aus Rüsselsheim, wo bisher in Rekordzeit Kadetten für die Commodore-, Kapitäns- und Admirals-Laufbahn herangezogen wurden. Ist das nun mutig oder muffig? Wir probieren es auf der Autobahn aus. 

Dreiliter-Reihensechser mit 180 PS

25 Jahre hat dieser Opel Monza GSE auf seinem eleganten Fastback-Buckel. Seit der Markteinführung im Jahr 1978 arbeitet in der Topversion ein bullenstarker Reihensechszylinder mit drei Liter Hubraum unter der Haube. Seine 180 PS lassen das geradlinig gezeichnete Coupé noch heute erstaunlich unangestrengt über deutsche Autobahnen cruisen. Als ideales Reisetempo erweisen sich im Opel Monza GSE 160 km/h bei moderaten 3.500/ min im fünften Gang. Wer zügig auf der dritten Spur einige Familien-SUVs und Vans überholen will, der schaltet in den Vierten runter, dreht bis auf 5500/min, jetzt wechselt das lässig sonore Brummen in ein hohes, metallisches Knurren - und schiebt bei gut 180 km/h den fünften Gang nach. 

Mit 211 km/h ziehen wir mit dem locker an bleichen Kindergesichtern vorbei, die uns verdutzt hinterher blicken: Was war das für eine Schüssel? Nun ein Opel Monza GSE eben, der auch auf Grund seiner aufregenden Digitalanzeigen in leuchtenden Quietschfarben den prominenten Rennsportnamen voll verdient. Exakter lässt sich das Fahrtempo kaum ablesen, und ein Drehzahlmesser wie eine Fieberkurve auf der Intensivstation erfreuen den Sportfahrer ebenso wie Recaro-Sitze und ausladendes Spoilerwerk.

Der Mega-Manta ist ein echter Schürzenjäger

Keine Frage, dieser Opel Monza GSE ist ein Front- und Heckschürzenjäger, ein Mega-Manta für betuchte Opel-Fans, die zum Beispiel einem BMW 628 CSi das rote Heckleuchtenband zeigen wollten: Der lief nur 212 anstatt 215 km/h wie der Opel Monza GSE. Eigentlich begann die wechselvolle Laufbahn des Opel Monza als Luxuscoupé mit traditionellem Chromschmuck an Stoßstangen, Fensterumrandungen und seitlichen Schutzleisten. Der Opel Monza kam 1978 zusammen mit dem neuen Commodore und dem Senator, der die großen Schlachtschiffe Diplomat und Admiral ablöste. Die drei Neuen basierten technisch auf dem im Vorjahr eingeführten Opel Rekord E. Wichtigster Unterschied: Senator und Opel Monza besaßen an Stelle einer Starrachse eine Schräglenker-Hinterachse und waren zunächst nur mit großvolumigen Sechszylindermotoren lieferbar.

Wenig Konkurrenz für den Rüsselsheimer

Das Opel Monza 3.0 E Coupé mit seiner breiten, schon immer schwarzen B-Säule stieß damals auf wenig, aber illustre deutsche Konkurrenz. Nach dem Ableben des Ford Granada Coupés (1977) und Audi 100 Coupés (1976) blieben nur noch BMW 630 CS und der seit 1977 angebotene Mercedes 280 CE aus der W 123-Baureihe als standesgemäße Coupé-Rivalen. Sie boten mit rund 180 PS eine nahezu identische Motorleistung.

In Baden-Baden, wohin uns die Autobahnreise im weißen Opel Monza GSE entführte, treffen wir auf einen der beiden Zeitgenossen: Ein äußerst seltenes, schwarzes Mercedes-Benz 280 CE Coupé  Farbcode 040 aus dem Jahr 1981, das in dieser Form bis 1985 gebaut wurde. Obwohl die beiden Typen der gleichen Epoche entstammen, wirken sie so verschieden wie ein Tennisschläger und eine Violine.

Völlig verschiedene Philosophien der Gestaltung

Schon die Grundzüge der Karosserien zeigen zwei völlig verschiedene Philosophien. Hier der Opel Monza GSE im damals angesagten, vom Lineal geprägten Glashaus-Look mit abgesenkter Gürtellinie, dort der Mercedes-Benz 280 CE im gediegenen, wohl proportionierten Stufenheck-Design, das jedes Extrem vermied. Auch die des Vorgängers (W 114-Baureihe) mit überlangem Heck und pagodenhaftem Dach. Lediglich die ausladende Chromumrandung des pfostenlosen Mercedes-Dachs wirkt heute befremdlich.

Die Opel Monza GSE-Karosserie befremdet dagegen durch die umfassenden Kunststoffbauteile an Wagenheck und Front, unter denen sich das Blech der Urvariante von 1978 versteckt. Die Aerodynamik- und Parkhilfen sind Bestandteil eines 1983 durchgeführten Facelifts, mit dem der Opel Monza das Gesicht des zeitgleichen Rekord E2 erhielt. Ab 1984 war das einstige Prestige-Coupé sogar mit 115 PS starkem Vierzylinder- Motor als 2.2i lieferbar.

Kantiges Bauhaus-Design versus barockiger Edel-Look

Auch in der Gestaltung des Interieurs könnten die Unterschiede zwischen Opel Monza GSE und Mercedes-Benz 280 CE kaum größer sein. Während die Rüsselsheimer bei ihrem Opel Monza GSE auf den mattschwarzen, kantigen Technik-Look von Kameras und HiFi-Komponenten setzten, was mit dem ohnehin schwarzen Kunststoff-Instrumententräger aus dem Rekord nicht schwer fiel, glänzt der Mercedes-Benz 280 CE mit edlem Holz und dattelfarbenem Leder. Die drei runden Anzeigen und ebenso runden Belüftungsdüsen des Mercedes-Benz 280 CE wirken heute noch frisch und zeitgemäß. In den Fond laden zwei bequeme Einzelsitze. Die Türen schließen wie die eines Tresors. Das gepflegte Verwöhn-Aroma des grundsolide verarbeiteten Mercedes-Innenraums ist jedoch teuer erkauft. Nahezu alle Schmeicheleinheiten für Komfort und Sicherheit stammen aus der Aufpreisliste.

Lange Aufpreisliste - Extras ohne Ende

Mercedes-Benz 280 CE-Besitzer Ingo Fiedler hat die Zusatzausstattung seines schwarzen Diamanten akribisch aufgelistet. Wir entdecken ein ABS-System für 2.519,90 Mark, eine Klimatisierungsautomatik für sage und schreibe 3.932,40 Mark, Fensterheber elektrisch und vierfach für 1.293,85 Mark, dazu Automatikgetriebe, Leder, Tempomat, Leichtmetallräder und mehr. Der Grundpreis des Mercedes-Benz 280 CE  in Höhe von 38.713,80 Mark stieg damit auf Schwindel erregende 56.590,40 Mark.

Der Opel Monza GSE von 1986 war dagegen schon für 47.915 Mark zu haben. Er bot serienmäßig neben den Recaro-Sportsitzen und digitalen Instrumenten noch einen Bordcomputer, Lederlenkrad, Zentralverriegelung, Leichtmetallräder, Fünfganggetriebe und einen markanten Heckspoiler auf der großen, aus einer umrahmten Glasscheibe bestehenden Heckklappe.

Über das Fahrverhalten des Mercedes-Benz 280 CE lässt sich wegen des stark modifizierten Fahrwerks nur Gutes berichten. Besitzer Fiedler verpasste seinem Coupé eine 205/60er-Bereifung auf artgerechten Fuchsfelgen, dazu Sportfedern von H&R, welche die Karosserie um 20 Millimeter absenken. Der alte Mercedes-Benz 280 CE umrundet damit Kurven fast so souverän wie ein neuer BMW. Der aus Rüsselsheim im jungfräulichen Originalzustand angerollte Opel Monza GSE wirkt heute dagegen wie ein gut abgestimmter SUV: Rasch durchgeführte Spurwechsel auf der Autobahn quittiert er mit leichtem Karosserieschwanken. Dank wenig belasteter Hinterachse und antrittskräftiger Maschine stehen außerdem spektakuläre Abbiegedrifts auf der Tagesordnung. Noch ein Beleg dafür, dass in diesem Opel Monza GSE genau das drinsteckt, was hinten draufsteht.