Peugeot 402 Eclipse im Fahrbericht

Die Katze mit dem heißen Blechdach

Der Peugeot 402 Eclipse ist das erste voll versenkbare Hardtop in Serie. Das Stahldach-Cabrio im Zeichen des Löwen verbindet Technik, Exzentrik und hohen Nutzen mit modernem Karosserie-Chic und ist der Urahn moderner Faltdach-Technik.

Peugeot 402 "Eclipse"
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Die zweite französische Revolution

Die französische Revolution fand 2001 zum zweiten Mal statt. Peugeot präsentierte mit dem 206 CC erstmals ein kompaktes Cabriolet zum Preis eines VW Golf mit elektrisch versenkbarem Stahldach. Ab dann herrschte Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit: Kam ein neues Cabrio auf den Markt, dann fast immer mit versenkbarem Stahldach – vom kleinen Nissan Micra bis zum aktuellen Dreier-Cabrio von BMW.

Was nur einige Automobilkenner wissen: Peugeot war zwar nicht der Erfinder des Cabrio- Coupés, baute aber bereits von 1934 bis 1939 diverse Modelle als „Coupé Transformable“, als Coupés mit elektrisch klappbarem Hardtop. Und hier steht nun, an einer Uferpromenade des Genfer Sees, das berühmteste unter ihnen – ohne elektrischen Dachantrieb, jedoch mit vier vollwertigen Sitzplätzen: der Peugeot 402 L Cabriolet Métallique Décapotable, Typnummer E 4 Y von 1937.

Die Bodenrakete aus Socheaux

Noch ist das Dach des Peugeot 402 geschlossen. Aber das stattliche 5,2-Meter-Coupé lässt durch sein extrem langes Heck und das kurze Hardtop-Dach bereits erahnen, dass es sich hier um ein Fahrzeug mit irgendeinem Karosserietrick handelt. Der Peugeot packt bei Bedarf sein eigenes Stahldach in den Gepäckraum, in dem auch noch zwei maßgeschneiderte Koffer, das Reserverad und Bordwerkzeug Platz finden – und verwandelt sich in ein Cabriolet.

Der Peugeot 402 galt damals als ultramodern und erhielt den Beinamen „Fuseau Sochaux“ – die Bodenrakete aus dem Peugeot-Werk Sochaux. Hübsche, im Art Déco-Stil gestaltete Karosseriedetails werteten die Peugeot 402 -Reihe zusätzlich auf: Chrom-Zierrat auf den hinteren Radabdeckungen oder der massive Metall-Löwenkopf als Kühlerfigur, die zugleich zum Entriegeln des aufklappbaren Kühlergrills dient, um an die beiden im Frontbereich montierten Sechs-Volt-Batterien zu gelangen.

Fahrverhalten wie beim Renault 4

Der griffgerecht aus dem Cockpitblech ragende Stockschalthebel des Dreigang-Getriebes erinnert sofort an den Renault 4 der ersten Generation. Und fast genau so fährt sich auch der beinahe 30 Jahre ältere Peugeot 402, dessen zwei Liter großer Vierzylindermotor kräftige 55 PS leistet, die mit den rund 1,4 Tonnen spielend fertig werden.

Während der Peugeot 402-Tour durch das oberhalb des Genfer Sees gelegenen Weingebiets der „La Côte“ berichtet Fahrzeugbesitzer Christoph Grohe, der in Buchillon bei Morges exklusive Klassiker zum Kauf anbietet, über die Entwicklungsgeschichte von Klappdach-Cabrios. Sie begann in den USA, wo 1922 Benjamin B. Ellerbeck in Salt Lake City einen modifizierten Hudson präsentierte, der sein Dach nach hinten auf dem Kofferraumdeckel ablegen konnte.

Das komplett in Sandfarben gehaltene Interieur des Peugeot 402 erinnert mit dem martialisch wirkenden Instrumentenblech zunächst an einen Kommandowagen von Generalfeldmarschall (GFM) Erwin Rommel. Doch die üppig gepolsterten Lederbänke mit sorgfältiger Paspelierung und hübschen Haltekordeln an den Klapplehnen, das grafisch aufwendig gestaltete „Jaeger“-Instrumentenblatt, die metallisch glänzenden Fensterkurbeln und Handbremshebel sowie die mit einem Sternmotiv versehene Glasabdeckung der Innenbeleuchtung werten das sachlich-modern gestalte Cockpit im Art Déco-Stil auf.

Eines von zwei unrestaurierten Exemplaren

Interessanterweise hat Peugeot seine Klappdach-Autos nie offiziell mit „Eclipse“ bezeichnet„, beendet Peugeot-Besitzer Grohe seinen Exkurs. Und fügt hinzu: “Von den rund 600 produzierten 402 L mit Klappdach haben nur 27 überlebt. Zwei davon sind unrestauriert – in einem der beiden sind wir gerade unterwegs. Er stammt aus erster Hand, hat echte 27.000 Kilometer auf dem Tacho und besitzt sogar das originale Kofferset„. Nur die schwarze Heckstoßstange ist nicht authentisch.

Zehn Jahre später griff der französische Designer und Ingenieur Georges Paulin diese Idee wieder auf und verfeinerte sie, indem sein elektrisch bewegtes Klappdach komplett unter dem am Heck angeschlagenen Kofferraumdeckel verschwand. Die von ihm als “Eclipse„ bezeichnete Konstruktionsidee realisierte er 1933 an einem Hotchkiss. Der Karosseriebauer Pourtout kreierte vor den Peugeot-Modellen ein Eclipse-Cabrio auf Basis des Lancia Belna.