Porsche 911 Carrera CS und Porsche 968 CS - Fahrbericht

Zwei heiße Clubsportler von Porsche

Leicht macht schnell. Um diese uralte Rennwagen-Wahrheit herum baute Porsche einst die im Gewicht reduzierten Clubsport-Modelle. Motor Klassik probierte die Leichtathleten Porsche 911 CS und 968 CS.

Porsche 911 Carrera 3.2 CS, Porsche 968 CS Foto: Oliver Rieger 16 Bilder

Unterwegs im Porsche 911 Carrera CS und Porsche 968 CS: Im Schwarzen Elfer bricht das Gewitter nicht etwa unvermittelt los. Der Fahrer wird mit einem Vordonner eingestimmt, bis 5.000 Umdrehungen pro Minute. Aber dann. Der luftgekühlte Sechszylinder tourt weiter hoch, behände, das Steuergerät riegelt 320/min später ab als in der Serie, erst bei 6.840/min; und bis dahin spricht der zwanzig Jahre alte Porsche 911 mit den 231 PS in grimmig verschärfter Tonart.

Zähnefletschender Boxermotor trifft auf den größten Vierzylinder seiner Zeit

Nur wenig erinnert noch an dieses Porsche-typische Pfeifen des Lüfterrades, untermalt von einem dezent-kernigen Räuspern seiner sechs Brennräume. Da klingt plötzlich das hechelnde Jiff und Jaff des Jagdhunds auf heißer Spur durch, der 3,2-Liter im Porsche 911 Carrera CS fletscht sozusagen akustisch die Zähne. Und dann trompetet er das Signal zur Attacke: Bahn frei, hier kommt Clubsport. Der einzige Unterschied zu einer gestandenen Parforce-Jagd ist, dass der Fuchs hier nicht vor dem Jäger läuft, sondern hinten dranhängt. Als Fuchs-Sportauspuff, den Porsche 1987 optional als Clubsport-Zubehör mitlieferte.

Die weiteren Instrumente im Orchester des großen Blasens: der Luftmassenmesser vom 2,7-Liter RS, dazu auch dessen Fächerkrümmer. Umsteigen. Im grandprixweißen Porsche 968 CS, Baujahr 1994, pulst der dickste Vierzylinder seiner Zeit, drei Liter groß und mit einem Hub von immerhin 88 Millimetern begabt. Zwei obenliegende Nockenwellen, vier Ventile pro Brennraum, zwei Ausgleichswellen. Wasserkühlung, zivil gedämpfte Abgasanlage.

Der Gentleman unter den Coupés trägt sein Sechsgang-Getriebe in Transaxle-Bauweise hinten, verblockt mit dem Achsantrieb. Daraus ergibt sich eine nahezu ausgeglichene Gewichtsverteilung zwischen vorn und hinten. Sein Lied der Beschleunigung singt der Porsche 968 CS zwei Nuancen zurückhaltender als der Porsche 911 Carrera CS. Es ist so etwas wie ein summendes Zoomen, nur innen deutlicher wahrnehmbar als in der perfekt gedämpften Serie. Während der ausgedrehte Elfer Clubsport von außen noch ein paar Phon herrlicher klingt als im Cockpit, ist es beim Porsche 968 CS umgekehrt. Andererseits braucht man auf der Langstrecke nicht unbedingt Ohrenstöpsel; im Porsche 911 Carrera CS sind sie zu empfehlen.

Weight-Watchers zu Besuch bei Porsche

Wie es Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre zu diesen wunderbaren Raubtieren kommen konnte? Porsche wollte offiziell den sportlich ambitionierten Kunden eine preislich ausgewogene Möglichkeit bieten, alten Familientraditionen zu folgen: Rennen zu fahren und, wenn möglich, zu gewinnen. Inoffiziell ging die Zeit der im Kern seit 1973 gebauten Modellreihe Ende der Achtziger fühlbar zu Ende, mit Kurzarbeit in Stuttgart-Zuffenhausen und sogar der Montage des Mercedes 500 E. Neue Renner brauchte das Land, und zwar sofort.

Aufwändige aerodynamische Umbauten oder kräftig gedopte Motoren trieben wie eh und je die Einstandspreise schmerzlich in die Höhe. Leichtbau dagegen war schon damals preiswerter – jedenfalls, so lange sich die Pfunde durch Weglassen sparen ließen. Eigentlich ging es darum: Speziell für die USA eine sportlichere, preislich aber gebremste Elfer-Version auf den Gabentisch zu legen. Während sich mehr Leistung nur einmal positiv bemerkbar macht, nämlich beim Beschleunigen, bringt weniger Gewicht dreimal einen Vorteil: beim Beschleunigen, beim Bremsen und bei höheren Kurvengeschwindigkeiten, da die Fliehkräfte entsprechend geringer ausfallen.

Nur 189 der 911 CS-Coupés wurden gebaut

Das Programm der Weight-Watchers bei Porsche driftete damals folgerichtig auf die leichte Clubsport-Version zu. Vom September 1987 an bis zum Juli 1989 wurden dann 189 Exemplare des um fast 100 Kilogramm beschliffenen Porsche 911 Carrera CS-Coupés gebaut - und ein einziger Porsche 911 Targa CS, der heute als verschollen gilt und nur auf Verlangen eines dickköpfigen Herren aus der Industrie zustande kam. Großzügige Fans rechnen schließlich auch noch jene 300 Kat-Versionen mit 217 PS für den US-Markt hinzu, von denen Buchautor Jörg Austen berichtet, dass sie mit den Motorkürzeln 930/25 und 930/26, verdichtet 9,5:1, registriert wurden. Doch Puristen mögen die amerikanischen Freunde nicht zu den RoW-CS addieren. RoW heißt bei Porsche Rest of World, worunter sämtliche Länder unseres Planeten bis auf die USA fallen.

Fest steht: 190 echte CS-Motoren der Serie 930/20, 10,3:1 verdichtet, gab es auf jeden Fall. Um den serienmäßigen Porsche 911 von gewogenen 1.278 Kilogramm Leergewicht auf 1.179 kg zu strippen, ging Porsche bis ins zum Teil aberwitzige Detail: Der Clubsport trägt zum Beispiel rechts keine Sonnenblende, den Türtaschen fehlen die Deckel, der Himmel ist nicht gedämmt, und der Kabelbaum zeigt sich erleichtert, da Verbraucher wie elektrische Außenspiegel, Klimaanlage, Nebellampen und Zentralverriegelung dem Trimm-dich-Plan zum Opfer fielen. Die Heizungsregulierung zwischen den Sitzen wurde ebenso eingespart wie die Fondsitze, das Radio und die elektrischen Fensterheber.

Mehr Geld für weniger Auto- die Rechnung geht auf

Das verzinkte Bodenblech des Porsche 911 Carrera CS ist nur lackiert. Dämmschaum und Unterbodenschutz? Niemals. Feintuning ließ Porsche auch dem Sechszylinder-Boxermotor angedeihen. Die Einlassventile sind hohl, aber nicht natriumgefüllt, und zusätzlich wurden die leichtesten Pleuel- und Kolben-Kombinationen aus der Serienstreuung für die CS-Versionen ausgesucht. Die 320/min plus führen, geheimes Kennzeichen, zu einem etwas schmaleren roten Bereich auf der Drehzahlmesser-Skala, und der Motor ist in härteren Lagern aufgehängt.

Im Kofferraum des Porsche 911 Carrera CS wartet ein Alu-Reserverad auf seinen Einsatz, und der Kraftstoff-Tank zeigt sich fast nackt im Lack, ganz ohne die übliche Kunststoff-Beschichtung. Das Fahrwerk kommt mit der normalen Bremse aus. Der Porsche 911 Carrera CS liegt 20 Millimeter tiefer als die Serie, ist mit Bilstein-Stoßdämpfern bestückt und treibt seine Hinterräder über ein 40-prozentiges Sperrdifferenzial an. Die Sitze waren, hieße es heute, eine Hybridlösung, da ihre Flächen der Serie entstammen, die leichten Lehnen aber dem Sportsitz-Programm. Das Lenkrad des Porsche 911 Carrera CS sitzt auf einer 30 Millimeter tieferen Nabe, die Schaltwege wurden verkürzt. Allein das Sechsgang-Getriebe blieb serienmäßig.

Der 968 CS speckte 50 Kilo ab

Drei Jahre nach dem Baustopp des trainierten Porsche 911 Carrera CS garte Porsche den 968 nach dem gleichen Rezept. Einzusparen galt es einen vollen Zentner. Als Erstes flogen die Fondsitze heraus, dann überflüssige Komfortextras wie Zentralverriegelung, elektrische Außenspiegel oder das Radio.

Die Fensterheber wollen beim Porsche 968 CS gekurbelt sein, und die elektrische Heckklappenverriegelung entfiel wie die schwerere Mittelkonsole, die nur noch ein flaches Fach enthält. Eine Klimaanlage sucht der transpirierende Sportfahrer vergeblich. Im Kofferraum duckt sich nur ein stählernes Notrad unter die Abdeckung, hingegen signalisiert der auf Wunsch montierte Überrollbügel von Matter: Das Dach bleibt prinzipiell draußen, auch wenn es mit den Rädern fallweise mal die Obenunten-Position getauscht hat. Die Karosserie des Porsche 968 CS liegt 15 Millimeter tiefer als die Serie, Bilstein-Dämpfer und eine größere vordere Bremse (Scheibendurchmesser 322 statt 302 Millimeter) gehören zum Sportpaket M 030. Die hinteren Bremsscheiben bleiben mit 298 Millimetern im Durchmesser gleich.

Als das Werk den Porsche 911 Carrera Clubsport 1987 anbietet, witzeln die Spötter, nur Porsche gelänge es, mehr Geld für weniger Auto zu nehmen. Der Porsche 911 Carrera 3.2 CS kostet mit 80.500 Mark genau 4.000 Mark mehr als das komfortablere Serien-Coupé. Viel teurer aber: der 944 Turbo S mit 99.800 und der 911 Turbo mit 131.000 Mark.

Der 968 Clubsport war - und ist - ein Sonderangebot

Der Porsche 968 CS wurde 1992 dagegen zum Sonderangebot: Für 77.500 Mark bekam der Kunde noch lange nicht den serienmäßig ausgestatteten 968, der immerhin 94.790 Mark Einsatz erforderte. Heute sind die Clubsport-Versionen des 911 schon wegen ihrer kleinen Herstellungszahl seltene Sterne am Sportwagen- Himmel. Überdreht teuer scheinen sie erstaunlicherweise noch nicht: Wird ein Porsche 911 Carrera CS angeboten, werden selten mehr als 50.000 bis 60.000 Euro verlangt. Der 968, zwischen Oktober 1992 und Juli 1995 immerhin 1.538 Mal gefertigt, ist das wahre Schnäppchen: Für 20.000 bis 35.000 Euro werden tatsächlich noch sehr brauchbare Exemplare gehandelt. Die vorhandenen sportlichen Qualitäten des Vierzylinders scheinen in der Szene gerade erst ins Blickfeld zu rücken; noch werden sie von Outsidern mit leichtem Misstrauen beäugt.

Wer auf einen Tipp wartet, welcher Youngtimer das liebevolle Wegstellen heute voraussichtlich wirklich lohnt, hier ist er: Porsche 968 CS. Das hier vorgestellte Clubsport-Pärchen ist in vielen seiner Lebensbereiche typisch – technisch sowieso, aber auch menschlich. Es trägt mit den Farben Schwarz und Weiß nicht nur optisch die prickelnde Verheißung der karierten Flagge, es trägt seine beiden Besitzer bisweilen auch in den natürlichen Lebensraum der CS-Versionen: auf die Piste. Bei Club-Events etwa lässt Christoph Gralla, 40, seinen Porsche 968 CS schon mal am Anschlag durch die Pylonen wischen. "Das Auto", sagt er, "macht einfach unglaublichen Spaß. Der Motor hat mit 305 Newtonmeter bei 4.100/min ein phantastisches Drehmoment, mehr noch als der hubraumstärkere 911, die Lenkung funktioniert super exakt, und die große Bremse hat mich noch nie im Stich gelassen. Sich auf der Nordschleife oder auf einem Flugplatz sonntags mal mit ein paar anderen Jungs aus dem Porscheclub zu fetzen, das ist Lebensqualität."

Der gebürtige Wiener Lelio Arlt, 35, sieht das im Prinzip genauso, aber auf staubfreierem Niveau. Im Kofferraum des nachtschwarzen Porsche 911 Carrera CS reist stets als kleiner Helfer ein bunter Mopp namens Swiffer mit. "Beim Halten wische ich schon mal Staub auf der Karosserie", skizziert Arlt den Umgang mit dem geliebten Sportgerät. "Und nach einer einfachen Ausfahrt wird der Porsche 911 Carrera CS von oben gewaschen. Schwerere Fahrten bedeuten zusätzlich eine Unterbodenwäsche, und wenn wir auf der Rennstrecke waren, wird der CS nach dem kompletten Reinigen noch mal leicht gewachst." Unter einen staubfreien Sturz aus Bergkristall rutscht der Elfer allerdings nicht. Arlt lässt ihn genauso gern von der Leine wie sein Freund Christoph den Porsche 968 CS: "Ich habe mal gelesen, er habe das gleiche Talent wie eine späte Marlene Dietrich oder Marika Rökk - zwar ein bisschen betagt, aber umso feuriger und noch lange kein altes Eisen." Spätestens im fünften Gang stimmt man ihm zu.