Renault Fuego GTX im Fahrbericht

Renaults unbekanntes Sportcoupé

Der Renault Fuego GTX gilt als nahezu ausgestorben. Wenn einem dann dieses schnittige Coupé unerwartet begegnet, sollte man ruhig ein wenig genauer hinsehen. Der Bursche ist gar nicht mal so übel. 

Foto: Hardy Mutschler 15 Bilder

Hand aufs Herz: Wer ist in letzter Zeit wieder einmal einem Renault Fuego begegnet? Aha. Das war also doch schon eine ganze Weile her - viele sind ja tatsächlich nicht mehr unterwegs. Und die Nachfrage an dem sachte auf Sport getrimmten Coupé dürfte hier zu Lande nur unwesentlich höher sein als das Interesse an der Haushaltsdebatte des Stadtrats von Nizza.

Wer dann völlig unerwartet einen gut erhaltenen Renault Fuego GTX entdeckt, kann durchaus ein wenig in Grübeln kommen. Denn so verführerisch hatte man dieses Coupé mit der lichten Glaskanzel über dem Kofferraum wahrhaftig nicht mehr in Erinnerung. Rückblick: Im Januar zogen der Autor und ein Fotograf mit einem Volvo Amazon für eine Fotoproduktion über die Schwäbische Alb. Doch die Geschichte drohte einem plötzlichen Schneesturm zum Opfer zu fallen. Für die Innenaufnahmen musste rasch ein trockener Ort gefunden werden - da entdeckte das Team die überdachte Fläche einer ehemaligen Tankstelle in Sonnenbühl-Erpfingen.

Wenn jetzt noch eine Fee vorbeikäme und die dort geparkten Gebrauchtwagen zur Seite schieben würde, wäre die Produktion im Kasten. Zum Glück tauchte statt eines Fabelwesens ein netter Besitzer auf: Ein überaus freundlicher Kfz-Meister, der die Fahrzeuge, vornehmlich Renault, garantiert schneller als jede Fee vom Hof rangierte. Anschließend führte der gute Mann seinen Besuch durch seine heimelige Werkstatt, die in den Achtzigern bestimmt einmal hochmodern war.

Aerodynamisch glattgelutschte Form

"Anfangs waren wir eng mit Renault verbandelt", erklärt der Besitzer, "heute kann man mir alles auf den Hof stellen." Dass hinter dem Haus ein Renault Fuego GTX aus dem Jahr 1981 im Fast- Neuzustand parkt, kommt eher zufällig ans Licht. Autor und Fotograf sind sofort Feuer und Flamme. Und mit einem Mal erscheint eine ausführliche Besichtigung dieses Wagens wichtiger als die Fertigstellung der Amazon-Story. "Der gehört meinem Sohn Martin", erklärt der Besitzer weiter, "und ist unverkäuflich." Letzteres allerdings nicht, weil ein Renault Fuego generell schwer an den Mann zu bringen ist. Sondern aus rein emotionalen Gründen.

"Der Renault Fuego GTX ist Martins erster Wagen. Den hatte er sich im März 1996 zugelegt, aber noch im gleichen Jahr wieder verkauft." Doch irgendwie schien der Sohn an diesem Fahrzeug zu hängen. "Im Jahr 2000 hatte er sich seinen einstigen Renault Fuego wieder zurückgekauft." Tags darauf ist mit dem Besitzer ein Termin für eine Ausfahrt verabredet. Sonnenbühl-Erpfingen zum Zweiten. Ein auf Hochglanz polierter Renault Fuego wartet in der Werkstatt. Einziger "Schönheitsfehler": Die Haube mit der angedeuteten Hutze stammt von der Turbodiesel-Variante, die es ab 1982 in Frankreich, aber nicht in Deutschland gab. "Vermutlich war der Erstbesitzer der Meinung, dass sein Wagen so noch einen Tick sportlicher daherkommt", mutmaßt der Besitzer. Dass die fließende Form des Renaults bereits 1980 in Serie gegangen ist, will man im ersten Moment nicht glauben.

Die aerodynamisch glattgebügelte Figur des Renault Fuego GTX schindete bei der Präsentation auf dem Genfer Salon auch mächtig Eindruck - nicht zuletzt, weil Renault für diesen Wagen den überaus beachtlichen cW-Wert von 0,34 in die Welt posaunt hatte. Nachmessungen in Deutschland ergaben allerdings einen realistischeren Luftwiderstandsbeiwert von 0,37 (auto motor und sport 22/1980). Richtig schlecht war diese Marge damals allerdings auch nicht.

Der Renault Fuego GTX erinnert an den Porsche 924

Beim Anblick der vollkommen verglasten Kofferraumklappe des Renault Fuego GTX wird der Betrachter irgendwie an Porsches 924er erinnert. Darüber war der Konzern sicherlich nicht allzu traurig. Wer Anfang der achtziger Jahre ein sportliches Auto suchte, dachte bestimmt nicht an die familienorientierte Ware in den Schauräumen der Renault-Händler. Die müden Vorgänger-Coupés R 15 und R 17 wurden mangels Nachfrage hier zu Lande bereits 1979 aus dem Programm genommen. Einzig Alpine hielt für den Konzern mit einem scharfen R 5 und der A 310 V6 die Welt ein wenig in Atem. Der Renault Fuego, von der technischen Basis her ein R 18, sollte nun also Renaults neues Aushängeschild in Sachen Sport werden.

Dazu passte aus der Sicht der Firmenstrategen nur eine Bezeichnung: "Feuer". Doch warum ein Ur-französischer Konzern das spanische und nicht das französische Wort dafür wählte, kann nur daran gelegen haben, dass "Feu" eben nicht so dynamisch klingt wie "Fuego". Doch von Dynamik kann zumindest bei der kleineren der beiden anfangs in Deutschland angebotenen Motorvarianten kaum die Rede sein. Die Modelle Renault Fuego TS und GTS mühten sich mit dem 96 PS starken 1,7-Liter-Aggregat aus dem seligen R 16 recht leidenschaftslos durch die Gegend. 

Moderner Leichtmetallmotor aus dem Renault 20 TS

Im Renault Fuego GTX werkelt glücklicherweise das modernere Leichtmetal-Triebwerk mit obenliegender Nockenwelle und 110 PS aus dem R 20 TS. Kurz vor der Ausfahrt präsentiert der Besitzer rasch noch den Originalprospekt und das lückenlos abgestempelte Inspektionsheft, das allerdings bei einem aus heutiger Sicht bescheidenen Kilometerstand von 120.000 endet.

"Eine höhere Laufleistung hatte man diesem Wagen wohl nicht zugetraut", schmunzelt der 29-Jährige, der durch den Betrieb seines Vaters von Kindheit an die Welt aus so ziemlich allen Renault-Modellen heraus betrachtet hat. Er weiß es besser: Sein Renault Fuego GTX hat 136.741 problemlos abgespulte Kilometer auf der Uhr. "Der Motor sollte locker 200.000 schaffen." Wenn man denn Zeit hätte, mit dem Wagen zu fahren. Zum Glück ist heute ist endlich wieder so ein Tag. Engagiert treibt der Besitzer das Coupé über seine einer Achterbahn ähnelnde Hausstrecke auf der Schwäbischen Alb.

Der Renault Fuego GTX sprintet von 0 auf 100 in 9,8 Sekunden

Einem wie ihm genügen die 110 PS allemal, um hier weit stärkeren Autos entspannt davonzufahren. Der Renault Fuego GTX ist ohnehin kein Kind von Traurigkeit - ein so straff abgestimmtes Fahrwerk war von einem französischen Großserien-Automobil ebenso wenig zu erwarten wie die plötzlichen Formel-1-Erfolge von Renault Anfang der achtziger Jahre.

Die direkte, nicht allzu leichtgängige Servolenkung des Renault Fuego passt da prima ins Schema. Es dauert, bis so einer in den Kurven ernsthaft die Haltung verliert. Selbst auf den Geraden hört der Spaß mit dem 1.060 Kilogramm schweren Coupé nicht auf. Bis Tempo 100 vergehen vom Stand aus nur 9,8 Sekunden. Und wer's wissen will (der drehfreudige Motor verführt förmlich dazu), pfeilt am Ende mit 195,7 km/h über die Bahn. Es gibt nicht viele moderne, 110 PS starke Wagen, die sich ernsthaft mit einem Renault Fuego GTX anlegen sollten. 

Generell existieren nur wenig Autos, die ihren Passagieren eine so perfekte Rundumsicht bieten wie der Renault Fuego. Während sich die Crew in den flach montierten, mit Veloursstoff bespannten und gut geformten Möbeln in der ersten Reihe recht wohl fühlt, rauschen draußen die Hügel der Alb dank der üppigen Verglasung und einer niedrigen Gürtellinie im XXL-Format vorbei. Quasi ein 360-Grad-Panorama. Nicht schlecht.

Der Nachteil von so viel Durchsicht: Sogar bei mäßigem Außenklima wird's im Renault Fuego rasch ziemlich warm. Vermutlich würde selbst ein finnischer Saunabetreiber noch vor Neid erblassen, wenn er in einen im Sommer irgendwo in Südfrankreich geparkten Fuego steigen müsste. Einige Kilometer später geht der Besitzer in die Eisen, lenkt seinen Renault Fuego über einen Feldweg, hält schließlich vor einer Scheune. Drinnen steht sein Karmann GF. Eine Geschichte über diesen genialen Buggy - das wäre doch was. Und er hätte da noch einen Citroën ID. Wir werden vermutlich noch einmal ausrücken müssen.