F1-Technik-Vergleich 2024

Warum sind die Nasen so verschieden?

In vielen Bereichen gleichen sich die Autos immer mehr an. Doch bei der Form und der Länge der Nasen gibt es jede Menge Variation im Formel-1-Feld. Wir zeigen Ihnen die vorderen Enden der Autos im Vergleich und erklären, warum die Nase für die Aerodynamiker immer wichtiger wird.

Red Bull - F1-Technik - Nasen - 2024 Foto: ams 22 Bilder

Wir befinden uns aktuell im dritten Jahr der modernen Ground-Effect-Ära. Eigentlich sind die Ingenieure davon ausgegangen, dass sich die Autos durch die steil ansteigende Lernkurve langsam angleichen. Die Konvergenz ist zum Beispiel an den Seitenkästen und den Unterböden zu erkennen. Doch bei der Form der Frontpartie sind die Unterschiede nach wie vor riesengroß.

Generell kann man das Feld in zwei Gruppen einteilen. Auf der einen Seite Red Bull, Alpine, Toro Rosso und Sauber, bei denen sich die Nase bis weit nach vorne über das Hauptblatt des Frontflügels streckt. Und dann Ferrari, McLaren, Mercedes, Aston Martin, Williams und Haas, bei denen die verkürzte Spitze nur bis zum zweiten Element ragt.

Beim Blick auf die Nase fällt aber nicht nur die Länge ins Auge. Auch technisch nicht so versierte F1-Fans erkennen bei der Breite und der Form der Nasenspitzen extreme Unterschiede. Bei Sauber zieht sich das vordere Ende zum Beispiel schlank und elegant bis über den Flügel. Alpine hat eine extrem breite Nase gebaut, die schon aus ästhetischen Gründen nicht besonders viele Freunde im Fahrerlager hat.

Der Sauber, der Alpine und der Toro Rosso laufen vorne spitz zusammen. Die meisten anderen Teams setzen dagegen auf breite und wenig elegante Stummel. Bei Mercedes mündet die Nase relativ harmonisch im zweiten Flügel-Element. Hier wurde auch mit der Lackierung nachgeholfen, eine optisch ansprechende Lösung zu finden.

Haas - F1-Technik - Nasen - 2024 Foto: ams

Die Form der Flügel ist extrem unterschiedlich. Haas hat ein breites Hauptblatt, dafür aber schmale Flaps, die sich an der Oberseite fast in einer geraden Linie von der Nase zu den Endplatten ziehen.

Zusammenspiel von Nase und Flügel

Bei Red Bull hat man ebenfalls versucht, die flache Rampe, die sich bis weit nach vorne zieht, mit dem Farbdesign etwas zu kaschieren. Das ist hier aber nicht ganz so gut gelungen wie beim Silberpfeil. Dann lieber so wie Ferrari, bei dem sowohl die Nase als auch das zweite Flügel-Element in Rot erstrahlt, was aus ein paar Metern Entfernung eine Pfeilform ergibt.

Wichtiger als die Optik ist aber natürlich die Funktion. "Bei der Wahl der Nasenform geht es vor allem darum, die Strömung möglichst sauber zu halten", erklärt Toro-Rosso-Technikchef Jody Egginton. "Man muss die Nase dabei immer im Zusammenspiel mit dem Frontflügel sehen. Es geht hier darum, so viel wie möglich aus dem Strömungsprofil in Richtung Bremshutzen und Unterboden herauszuholen."

Die Nase trägt aber nicht nur zur Performance bei, sondern auch zur Sicherheit. Beim Frontalaufprall muss der Vorderbau den Hauptteil der Energie aufnehmen. Deshalb hat die FIA hier strenge Crashtestauflagen ins Reglement geschrieben. Wer eine dünne Nase bauen will, muss im Zweifel mehr Länge ansetzen, um die Anforderungen einzuhalten. Oder es müssen mehr Carbon-Lagen verbaut werden, was sich negativ auf das Gesamtgewicht und die Balance auswirkt.

Toro Rosso - F1-Technik - Nasen - 2024 Foto: ams

Toro Rosso will den Flügel demnächst ein Stück weiter nach vorne bringen. Das erreicht man, in dem man die Nasenspitze am zweiten Flügel-Element ansetzen lässt.

Toro Rosso plant Nasen-Upgrade

Oftmals entspricht die äußere Form gar nicht dem crashrelevanten Teil der Frontpartie, wie Egginton erklärt: "Die Regeln erlauben es, Änderungen an der Form vorzunehmen, ohne strukturell etwas umbauen zu müssen. Es wird hier viel mit Panels und Verkleidungen gearbeitet. Die Nase wird damit zum Teil der regulären Frontflügel-Entwicklung, die in kürzeren Upgrade-Intervallen vorgenommen werden kann."

Der Brite rechnet damit, dass es diese Saison deutlich mehr Veränderungen in diesem Bereich gibt als in den letzten beiden Jahren, als die Ingenieure ihren ganzen Fokus noch voll auf den Unterboden gelegt haben. "Wir haben uns selbst schon ein paar Gedanken gemacht, wo wir in diesem Bereich hinwollen", verrät Egginton. "Die Aerodynamik an der Front und am Unterboden sind die Bereiche, auf die wir den größten Fokus legen. Es geht vor allem darum, den Frontflügel etwas nach vorne zu schieben."

Auch bei der Form der Flügel gibt es große Unterschiede, vor allem bei der Anordnung der Flaps. Es gibt relativ flache Flügel, bei denen sich die Flaps in einer geraden Linie von der Nase zur Endplatte ziehen. Red Bull und Ferrari sind hier die prominentesten Vertreter. Und dann gibt es die Autos, bei denen die Flaps oben einen ausgeprägten Bogen beschreiben, wie man es zum Beispiel bei Mercedes und Williams sehen kann.

Williams - F1-Technik - Nasen - 2024 Foto: ams

Bei Williams ragt die "Finne" wie ein dreidimensionales Dreieck aus der Endplatte heraus.

Tricks mit Flaps und Endplatten

Apropos Mercedes: Der Trick mit dem winzig kleinen Mini-Flap, der nur über einen Steg an er Nase andockt, ist natürlich auch der Konkurrenz aufgefallen. Der Silberpfeil lässt damit auf der Innenseite viel Luft zum Unterboden durch. Die größeren Schaufeln im äußeren Bereich des Flügels leiten die Luft um die Vorderräder herum. Das Grundziel der Aerodynamiker heißt immer noch, die verwirbelte Strömung weit weg vom Auto zu bekommen.

Auch die Endplatten sind einen genaueren Blick wert. Hier ist den Gegnern vor allem der Haas, mit seiner gewellten Finne auf der Außenseite, und der Williams, mit einer dreieckigen Finne, ins Auge gefallen. "Es gibt immer Dinge, die wir bei der Konkurrenz sehen und dann selbst in CFD-Simulationen ausprobieren. Vieles davon wird am Ende verworfen. Aber mit ein bisschen Abstand muss man die Ergebnisse immer wieder hinterfragen", erklärt Egginton.

Nur weil eine Lösung der Konkurrenz einmal nicht passt, muss das nicht immer so sein: "Man muss berücksichtigen, wie sich das eigene Auto über die Zeit verändert. Oder warum man eine Lösung früher nicht gut fand. Man muss untersuchen, welche Elemente an dem anderen Auto dazu führen, dass sie es nicht aufgeben. Es stellt sich immer die Frage: Haben wir da etwas verpasst oder funktioniert etwas wirklich nicht mit unserem Konzept."