Ferrari optimistischer als McLaren

Wem passt die Strecke von Shanghai?

Shanghai ist das Gegenteil von Suzuka, obwohl die Strecke in manchen Teilen ähnlich aussieht. Ferrari rechnet deshalb mit besseren Chancen, McLaren mit schlechteren. Eine große Rolle könnte der Asphalt spielen.

Oscar Piastri - Formel 1 - GP Japan 2024 Foto: Wilhelm 37 Bilder

Der Shanghai International Circuit ist eine Strecke, die von allem ein bisschen hat. Fünf schnelle Kurven, fünf langsame, vier mit langen Radien, sechs mit kurzen. Dazu zwei lange Geraden. Klingt alles ein bisschen nach Suzuka. Und trotzdem sind die beiden Strecken grundverschieden.

In Suzuka sind Streckenteile klar abgegrenzt. Sektor 1 mit seinen schnellen Kurven. Sektor 2 gemischt. Sektor 3 mit viel Vollgas und einer engen Schikane. In Shanghai ist alles durcheinander. Langsame Kurven folgen schnellen. Es gibt keinen einheitlichen Sektor. Und in Shanghai ist der Vorderreifen das schwächste Glied in der Kette. In Suzuka muss man eher die Hinterreifen schützen.

Charles Leclerc urteilt anhand der Streckenskizze: "Der Kurs in Shanghai sollte uns von der Papierform besser liegen als Suzuka." Dabei waren die Ferrari schon in Japan klar die zweite Kraft. Beim GP China erwartet der WM-Dritte jedoch mehr. "Red Bull ist zwar wieder Favorit, aber ich glaube, wir können etwas näher dran sein."

FIA-Pressekonferenz - Formel 1 - GP China - Shanghai - 18. April 2024 Foto: xpb

Charles Leclerc gab sich in der Pressekonferenz optimistisch, Lando Norris eher zurückhaltend.

Angst vor körnenden Reifen

Jetzt kommt der Asphalt ins Spiel. Shanghai zählte bis vor dem letzten Auftritt 2019 zu den Rennstrecken, auf den die Reifen körnen. Speziell bei kühlen Temperaturen. Wenn es etwas gibt, das der Red Bull nicht mag, dann ist es diese Eigenschaft der Reifen. Siehe Las Vegas 2023, siehe Melbourne 2024. Die Red Bull stecken so viel Energie in die Reifen, dass sich bestimmten Bedingungen der Gummi von der Lauffläche löst. Auf diesen Gummiresten rollt das Auto dann wie auf Eis.

Eine Unbekannte in der Vorbereitung war die Asphaltbeschaffenheit. Nicht einmal Pirelli war in der Lage zu sagen, welche Auswirkungen der fünf Jahre ältere Streckenbelag auf den Grip hat. Außerdem wurden in drei Kurven die Bodenwellen abgehobelt. Und die Asphalt-Poren wurden großflächig an vielen Abschnitten mit einer Schicht Flüssig-Bitumen versiegelt. "Wir wissen alle nicht, ob es dort rutschiger ist oder mehr Grip vorhanden ist", rätselte Leclerc.

Ferrari hat traditionell weniger Probleme mit dem Phänomen des Körnens. Dazu kommt, dass es nicht so viele schnelle Kurven gibt wie in Suzuka. Auch wenn sich Ferrari da verbessert hat, ist Red Bull in diesen Passagen immer noch das Maß aller Dinge. Und seit dem jüngsten Upgrade von Suzuka gibt der RB20 auch in langsamen Kurven den Ton an.

Charles Leclerc - GP Japan 2024 Foto: xpb

Bei McLaren erwartet man nicht, dass der Shanghai International Circuit so gut zum Auto passt wie Suzuka.

McLaren schraubt Erwartungen zurück

McLaren geht nicht ganz so optimistisch in den fünften Lauf dieser Saison. Der britische Rennstall musste sich schon auf seiner Paradestrecke Suzuka klar hinter Red Bull und Ferrari anstellen. "Vielleicht wäre bei einem perfekten Ablauf der vierte Platz möglich gewesen, mehr aber nicht", grübelt Lando Norris.

Der Engländer macht sich deshalb nur beschränkte Hoffnungen: "Unsere Erwartungen sind nicht so hoch wie in Suzuka. Ich sehe uns wieder im Kampf mit Mercedes und Aston Martin." Der McLaren mag keine lang gezogenen mittelschnellen und auch keine langsamen Kurven. So wie T2, T3, T6, T9, T11, T13 und T14. "Das ist jetzt schon seit ein paar Jahren unsere Schwachstelle", blickt Norris zurück.

Immerhin sieht der McLaren-Pilot Licht am Ende des Tunnels: "Wir wissen, was wir verbessern müssen. Dafür braucht es aber mindestens ein Upgrade. Wenn uns das gelingt, dann sind Siege möglich." Dann relativiert Norris seine mutige Ansage: "Das ist mit einem dicken WENN verbunden."

Mercedes - Formel 1 - GP China - Shanghai - 18. April 2024 Foto: xpb

Mercedes hofft auf konstante Bedingungen und ein passendes Setup.

Auf dem Papier gut für Mercedes

Auf dem Papier darf sich auch Mercedes Hoffnungen für den GP China machen. Die Silberpfeile waren traditionell immer stark in Shanghai. 2012 gelang Mercedes mit Nico Rosberg der erste Sieg der Neuzeit. Dem aktuellen W15 liegen Strecken mehr, auf denen der Vorderreifen stärker belastet wird.

Doch bei Mercedes ist man mit Prognosen vorsichtig geworden. Das Auto zeigt einfach zu viele Launen. Und es kann je nach Setup mal den einen Kurventyp und mal den anderen besser als den anderen. Die unsichere Wetterlage ist auch keine gute Nachricht für Mercedes. Freitag und Sonntag soll es trocken bleiben, am Samstag regnen. Mit der Gefahr, dass der Mercedes wieder zwei Gesichter zeigt.

Aston Martin hat sich mit dem AMR24 auf den Geraden und in schnellen Kurven stark verbessert, dafür in den langsamen an Boden verloren. Der Kurven-Mix ist also weder gut noch schlecht für den WM-Fünften. Die zwei langen DRS-Zonen kommen den grünen Autos entgegen. Der DRS-Effekt ist deutlich effizienter geworden als im Vorjahr. Beim zweiten Auftritt des Suzuka-Upgrades wird sich auch zeigen, was die neuen Teile wirklich wert sind.