Unikat: BMW 530iX Enduro Touring

Hochdach-Touring mit Fahrradständer

Bei BMW Individual entstand 1993 ein ganz besonderer BMW 5er Touring: der 530 iX Enduro. Ein 246 PS starkes allradgetriebenes Freizeitmobil mit integriertem Fahrradständer, 13 cm höherem Dach, Suchscheinwerfern - und Platz für einen Heißluftballon.

BMW 530 iX Enduro, E34 Foto: Archiv 24 Bilder

Der BMW 530 iX Enduro Touring stellte im Jahr 1993 das Traumauto vieler Funsportler dar: Genügend Platz für Sportgerät und zwei Passagiere, 246 PS für eine schnelle Anreise und Allradantrieb für den Weg aus der Zivilisation in die unberührte Natur. BMW Individual baute vor 17 Jahren für unsere Schwesterzeitschrift auto motor und sport den BMW 530 iX Enduro, einen echten Funsport-Touring.

Die Mountainbikes finden Platz auf einem Aluminiumtablett

Ein BMW-Fahrer auf dem Weg ins Wochenende. Während sein tiefergelegter und  leistungsgesteigerter Fünfer der freien Natur entgegenprescht, braucht er auf das mitgeführte Sportgerät keine Rücksicht zu nehmen. Sämtliche Utensilien - im vorliegenden Fall trendgerechte Geländefahrräder - befinden sich wohlgeschützt im maßgeschneiderten Laderaum. Vor Ort genügt sodann ein Knopfdruck, und der BMW mutiert zum Wald- und Wiesen-Gefährt. Hochbeinig stelzt er nun durch freizeittaugliches Gelände, dank Allradantrieb und zugkraftoptimierter Maschine weiterhin mit der gebotenen Dynamik. Selbst am Ziel genießt der BMW-Fahrer noch perfektes Freizeit-Management: Serviert auf einem Aluminium-Tablett, rollt das Mountainbike aus den Tiefen des Interieurs ins Freie. Dann noch etwas Druck in die grobstolligen Fahrradreifen (ein kleiner Luftkompressor befindet sich in der Seitenwand des Kofferraums) und ein Schluck Isotonic-Brause aus der am Bordnetz angeschlossenen 12 Liter-Kühlbox - nahtlos taucht der gestählte BMW-Mann ins sportliche Vergnügen. 

Die Voraussetzungen dafür schafft das vor Jahresfrist gegründete BMW Individual-Team. Seine Aufgabe ist es, modellspezifisch Unmögliches möglich zu machen, in gewissen Grenzen, versteht sich. "Die BMW-übliche Norm für Sicherheit und Qualität muß gewährleistet bleiben", schränkt Individual-Chef Ulrich Mellinghoff vorsorglich ein. Besondere Farb- und Ausstattungswünsche sind da kein Problem. Doch unmöglich, weil nicht stabil genug, bliebe beispielsweise eine viertürige Cabrio-Version der Siebener-Reihe. Unerfüllbar, weil unbezahlbar, sei ferner etwa der verständliche Wunsch nach einem Roadster auf Dreier-Basis, wobei dies wohl nur die halbe Wahrheit sein dürfte. Wahr ist: Projekte aus der regulären Modell-Entwicklung dürfen nicht tangiert werden, und genau dort befindet sich derzeit der Roadster.

Ein echter Allzweck-Touring: BMW 530 iX Enduro

Wie groß der verbleibende Spielraum dennoch ist, verdeutlicht das Beispiel. Exclusiv für auto motor und Sport mochte BMW Individual einmal sämtliche Register ziehen: Ein Allzweck-BMW mit dem allenthalben beschworenen Freizeitcharakter sollte es werden. BMW 530iX Enduro nennt sich das entsprechende Resultat, so wie es in den vergangenen drei Monaten bei der BMW-Tochter Motorsport GmbH, zugleich verantwortlich für das Individual-Programm, entstand.

Das passende Ausgangsprodukt war schnell gefunden. Der 525iX bot die erwünschte Allradtraktion, die Touring-Version die erforderliche Lade fläche, wenn auch nicht Ladehöhe. Ein erster chirurgischer Eingriff galt deshalb der Dachpartie, die mitsamt des serienmäßigen Doppel-Schiebedachs um 13 Zentimeter geliftet wurde. Entsprechend wuchs auch die Heckklappe, während an der Dachvorderkante ein Spoiler der veränderten Aerodynamik Rechnung trägt. Zwei darin integrierte Suchscheinwerfer und eine Stahlarmierung von Lenkung und Ölwanne schützen vor endgültigen Offroad Erlebnissen.

Gleiches gilt für die fahrwerksseitigen Eingriffe. Wo sonst Schraubenfedern wirken, befinden sich jetzt Druckluftgespeiste Gummi-Elemente, "Leihgaben aus der Entwicklungsabteilung", wie Projektleiter Bellinghoff hinzufügt. Damit gelingt es, die Bodenfreiheit den Umständen anzupassen, in vier Stufen, von 2,5 Zentimeter tiefer bis 2,5 Zentimeter höher als Normalnull, und unbeeinflußt von wechselnder Nutzlast. Aus weiser Selbsterkenntnis resultieren schließlich die motorischen Maßnahmen, die ebenfalls dazu geeignet sind, mobile Freizeit abseits der Straße zu erleichtern. Viel Kraft bei wenig Drehzahl ist hier das Gebot, somit das Gegenteil dessen, was ein 525i normalerweise zu bieten hat.

Das Treibwerk erstarkt auf 246 PS und 316 Nm

Wo das Serientriebwerk schlaff durchhängt, sorgt deshalb eine Extraportion Hubraum für neuen Mumm. Zwei Millimeter mehr Zylinderbohrung und eine Spezial kurbelwelle für zehn Millimeter mehr Hub vergrößern das Hubvolumen des Sechszylinders um 0,5 auf 3,0 Liter bei gleichzeitiger Anhebung des maximalen Drehmoments von 245 auf 316 Newtonmeter bei 4250 Umdrehungen pro Minute. Da muß sich dann auch der hauseigene V8 gleichen Hubraums geschlagen geben (290 Nm), und selbst der mustergültige Dreiliter-Sechszylinder des neuen BMW M3, konstruktiv übrigens nicht verwandt, schafft nur wenig mehr (320 Nm). Diese Enduro-Variante wäre im übrigen keine Züchtung der Motorsport GmbH, wenn nicht auch die Leistung profitieren würde: Statt den serienmäßigen 192 PS (141 kW) stehen nun 246 PS (181 kW) zur Verfügung.

Da mag sich mancher liebend gern mit dem Motor begnügen, auch wenn die Individual-Experten die Kür ihrer Vorstellung eigentlich auf einem anderen Gebiet sehen. Die individuelle, hobbygerechte Ausstaffierung des Ganzen ist das, was den BMW Enduro letztlich auszeichnen soll. Zunächst einmal die Befriedigung der Grundbedürfnisse eines Hobbytreibenden nach Wärme, elektrischem Strom sowie Druckluft. Standheizung, eine zusätzliche Stromversorgung mittels Zusatzbatterie und ein Mini-Kompressor, der nicht nur Fahrradpneus, sondern ganze Schlauchboote aufzublasen vermag, sind deshalb Enduro-Standard. Zieht es den sportlich ambitionierten BMW-Fahrer, wie beispielhaft angenommen, in der Freizeit dann aufs Rad, kann er dieses plus ein weiteres auf einer verschiebbaren Laderampe verzurren. Alternativ könnte die Rampe aber auch andere Operationen erleichtern, etwa das Verladen eines Snowmobils, wie die Enduro-Designer auch schon mal probeweise skizzierten.

Der Preis sollte bei 170.000 Mark liegen - wenn 50 Bestellungen vorgelegen hätten

"Der Phantasie sind fast keine Grenzen gesetzt", ermuntert Bellinghoff, während er gleich eine ganze Palette möglicher Enduro-Einsätze ins Auge faßt. So würde der Laderaum ausreichen, um selbst die Hardware eines kleinen Heißluftballons aufzunehmen, ein ausfahrbarer Hochsitz könnte in Verbindung mit dem Doppelschiebedach bei der Jagd von Nutzen sein, und mit einem einknüpfbaren Zelt am Heck ließe sich der BMW dank seiner Ladefläche in Doppelbettgröße notfalls sogar als Wochenendwohnung nutzen.

Einer solchen entspricht dann allerdings auch der Preis. Einen Enduro mit allem Drum und Dran kalkuliert BMW Individual mit etwa 170.000 Mark, vorausgesetzt, es finden sich mindestens 50 Interessenten. Da hat dann auch die Individualität ihre Grenzen.