VW T1 Samba E-Bulli von 1966

So fährt der elektrische Bulli

Zu den Stars, denen der große Auftritt dieses Jahr verwehrt blieb, zählt der VW T1 E-Bulli. Der bekam den Antrieb des VW E-Up hinter das kleine Motorkläppchen, die Akkus des ID.3 unter den Boden und sollte auf der Techno Classica die Besucher begeistern – und ein paar durchaus auch verstimmen. Ja nun, war nichts mit der Premiere auf der Oldtimermesse. Aber wir können jetzt klären, wie der E-Bulli fährt und auch: Watt kann er.

VW T1 Samba E-Bulli (2019) Foto: H.D. Seufert 18 Bilder

Doch, die dürfen das, denn es ist ihr Sambabus. Und damit meinen wir jetzt nicht, dass VW ihn 1965 selbst in Hannover gebaut und 1966 über Emden nach Los Angeles verschifft hat. Sondern, dass sie ihn gut ein halbes Jahrhundert später zurückgekauft, wieder hergeholt und restauriert haben. Wobei selbst die Tatsache, dass der T1 so zerfleddert war, dass er vor der Restaurierung nicht mal mehr seinen eigenen Motor hatte, jene nicht beruhigen wird, die sich einfach nicht beruhigen wollen. Sondern aufregen. Darüber, dass man so etwas macht, einen Oldtimer mit einem ganz anderen Antrieb auszustatten.

VW T1 mit E-Motor im Fahrbericht

VW T1 Samba E-Bulli (2019) Foto: H.D. Seufert
Watt kann er? Unterwegs mit dem E-Bulli.

Nun fühlen auch wir uns der Oldtimerei sehr verbunden, doch so recht verstehen, warum man sich darüber aufregt, können wir nicht. Hätte jemand den Biturboboxer eines Porsche 993 ins Heck des T1 geschreinert, fände das die Hälfte derer, die jetzt schreien, ganz grandios. Dazu schadet ein wenig abgaslose Modernität sicher nicht, damit Oldtimer auch in Zukunft noch gefeiert werden. Vor allem aber fährt der E-Samba einfach grandios. Doch weil er gerade noch so nett an der Ladesäule hängt und das Kabel aus der Steckdose hinter dem hochklappbaren Nummernschild herausbaumelt, erzählen wir noch mal, wie das alles kam, wer das gemacht hat und was da wirklich alles neu ist.

Samba mit Antrieb aus dem E-Up

Anfang 2019 hatten sie bei VW Nutzfahrzeuge die Idee mit dem E-Bulli. Dazu kannten sie die Firma E-Classics in Renningen bei Stuttgart, die schon Käfer mit dem Antrieb des E-Up ausgerüstete hatte. Gemeinsam gingen sie dann das Projekt E-Samba an. Gut ein halbes Jahr dauerte es allerdings, bis die Karosserie des T1 wieder saniert war. Derweil dachten sich die VW-Stylisten ein eigenes Zweifarb-Design für den Samba aus: Energetic-Orange-Perleffekt unten, Golden-Sand-Metallic oben, dazu passend die Innenmöblierung des Achtsitzers. Dann ging es an die Technik. E-Classics packte nicht einfach nur den 61 kW starken, permanenterregten Synchronmotor des Up ins Heck, sondern passten erst einmal das Fahrwerk auf die höhere Leistung (der olle Benziner boxerte nur 44 PS zusammen, und auch nur in seinen allerbesten Zeiten) und das massigere Gewicht an. Dazu bekam der T1 ein ganz neues Einzelradaufhängungs-Fahrwerk mit doppelten Dreieckslenkern und verstellbaren Dämpfern vorn und Dreieckslenkern hinten. Dazu Scheiben- statt Trommelbremsen rundum sowie eine neue Zahnstangen- statt der stocherigen Schneckenlenkung.

Der Motor im Heck treibt über das einstufige Untersetzungsgetriebe natürlich die Hinterräder an. Und obwohl der Up jüngst eine neue Batterie bekam, liefert beim E-Bulli der noch neuere Akku aus dem ID.3 die Energie. Dessen sieben Module mit je zwölf Zellen sind in einem flachen Gehäuse zusammengetetrist, das gerade so zwischen die Achsen wie auch die seitlichen Querträger der Karosserie passt. So weit unten senkt er natürlich auch den Schwerpunkt, was nie schaden kann bei einem 1,94 Meter hoch aufragenden Heckmotorbus, der traditionell so sensibel auf Seitenwind reagiert wie das Großsegel der Gorch Fock.

So, jetzt das Kabel abstöpseln und in diesem entzückenden Picknickkorb im Kofferraum zusammenschlingen. Nun klettern wir mal hinter das flache Lenkrad. Hübsch eingerichtet haben sie den Samba, mit Ledersitzen, Alcantara-Tapete und Dielenboden. Den durchtunnelt allerdings die Lenksäule, deswegen fahrtwindet es da auch immer ein wenig empor. Ansonsten kümmert sich ein kleines Heizgebläse um die Klimatisierung oder – viel aussichtsreicher, romantischer, schöner – das große Faltschiebedach.

Innen: E-Up-Wählhebel und viel Leder

VW T1 Samba E-Bulli (2019) Foto: H.D. Seufert
Hübsch eingerichtet haben sie den Samba, mit Ledersitzen, Alcantara-Tapete und Dielenboden.

Das krempeln wir noch schnell nach hinten, dann den Schlüssel drehen, der analoge Tachozeiger zwirbelt einmal die Skala hin und her. So ganz passt der Wählhebel des E-Up ja nicht zum Stil des Interieurs, an seiner Zweckmäßigkeit jedoch gibt es nichts auszusetzen. Also auf D ziehen, Fuß von der Bremse und sacht aufs Fahrpedal. Schon drückt das kleine E-Werk den Samba drängelig voran. Energischer, homogener und lockerer als es der Benziner je konnte. Das erledigt der Samba nun fast alles mit der Kraft seines Motors von 212 Nm. Das ist mehr als doppelt so viel wie die 102 Nm, die der gebläsegekühlte 1500er zuammenboxerte. Wirklich berühmt war der ja eh nie für ausgeprägte Manieren, beschwingte Leistungsbereitschaft oder sittsame Effizienz. Die meiste Zeit warst du damit beschäftigt, dass sich der Motor und das schon wegen der elend langen Schaltstangen arg unpräzise Vierganggetriebe zusammenraufen und es irgendwie voranging. Nun, das kann man natürlich glorifizieren, als Teil des heroischen Bezwingens einer unvollkommenen Maschinerie sehen. Aber auf der Tour mit dem E-Samba lässt sich auch eine andere Erkenntnis gewinnen: dass man sich die ganze Fahrerei in dem Benziner-Samba im Davor immer schöner vorgestellt und im Danach immer schönere geredet hat als sie war. Und dass es zwischendrin, also beim Fahren selbst, so vergnüglich gar nicht war. Jetzt ist es das, ein echter Genuss, weil der Samba einfach enorm harmonisch und viel fixer fährt (maximal gar 120 km/h), mit der homogenen, aber durchdringenden Kraft der Elektromaschine. Und wie wunderbar leise das ist: Du hörst die Vögel zwitschern und wie der Wind erst über die weiten Felder wogt, dann ins Auto fächelt. Du hörst den fernen Donner und wie die Reifen über den Schotter eines Feldweges knirschen.

Präziser: Zahnstangenlenkung, neue Radaufhängung

Dazu federt der T1 umgänglich, vor allem aber kurvt er so viel geschickter. Mit der aufwendigen Radaufhängung und der Zahnstangenlenkung erreicht er eine Präzision, mit welcher sich nun in Biegungen nicht mehr nur die grobe Richtung, sondern gar eine exakte Linie halten lässt. Dazu hat er nun so eine richtige, echte Straßenlage, da die Batterie eben den Schwerpunkt senkt. Nun, man mag das alles für unkeuschen, neumodischen Unfug verdammen, aber wer es mal ausprobiert hat, wird sich dazu schon eine Menge einfallen lassen müssen, um es doof finden zu können.

Gut 200 Kilometer Reichweite

VW T1 Samba E-Bulli (2019) Foto: H.D. Seufert
An einer 50-kW-Säule lädt der Samba in einer Stunde seinen Akku voll.

Auch, weil die 45 Kilowattstunden Kapazität des Akkus für gut 200 Kilometer Reichweite genügen. Oft auch 250, wenn man nur bergab beherzt am Wählhebel zieht (so weit wollte man übrigens mit einem T1 sonst nie am Stück fahren). Dann motorbremst der Bulli vehement mit der E-Maschine, die als Generator arbeitet und Energie zurück in den Akku speist. Macht übrigens nur 88 Gramm CO2/100 Kilometer nach unserem Kraftwerkmix. Und nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass eine Vollladung rund 13 Euro kostet. Macht 5,22 Euro Energiekosten pro 100 Kilometer. Was dann allerdings bei der Gesamtrechnung ebenso unerheblich ist wie die Tatsache, dass der E-Samba mit E-Kennzeichen steuerfrei bleibt. Denn allein der Umbau kostet 64.900 Euro, so ein Samba drumrum liegt in gutem Zustand schon nördlich von 100.000 Euro. Bei VW haben sie samt Restaurierung und feinen Extras wie den LED-Scheinwerfern und -Rückleuchten, der Lederausstattung und den Holzdielen über 210.000 Euro einkalkuliert. E-Classics bietet den Umbau übrigens auch für die beiden späteren Heckmotor-Generationen T2 (1967-79) und T3 (1979-1992) an. Auch die laden ihren Akku dann mit 50-kW-Gleichstrom in einer Stunde wieder auf. An einer 22 kW-Wallbox dauert es zweieinhalb, an einer normalen 230-Volt-Dose zwölf Stunden – gerade das erscheint eine durchaus passende Zeitspanne, um sich in Vorfreude zu üben. Oder um mit ein paar Zweiflern auszudiskutieren, dass so ein Samba immer schon lieber originell statt original war. Und dass man das darf.