Marktrundgang der Techno Classica Essen
Wo der Wucher lauert
Realistisch oder überzogen, Sternlastig oder vielfältig. Auf der Techno Classica gibt es einige Überraschungen zu entdecken. Erster Marktbericht mit antiseptischen Alfas, unverkäuflichen Oldies und dem Sättigungseffekt beim Mercedes 300 SL.
15.04.2015
Kai Klauder
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Bei strahlend blauem Himmel starten wir unseren Marktrundgang. Frank Wilke vom Marktbeobachter classic-analytics bleibt lange an diesem Bentley S2 hängen...
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"Das ist für mich ein Beispiel für ein nicht stimmiges Auto - das passt einfach nicht zusammen. Innen neu gemacht mit lackiertem Holz an Stellen, wo es nur geölt war....
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und außen im schlechten Zustand. Hier etwa sieht es schlimm aus. Da sieht selbst ein Laie auf den ersten Blick, dass das nicht zusammenpasst."
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"Hier fehlen die Zierlinien, die wurden einfach vergessen."
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"Schlimm wird es, wenn an einem grünen Auto die Radkappen eines blauen Autos zu sehen sind. Das ist einfach ein ganz unharmonisches Auto."
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"Auch dieser Übergang ist schlimmer als Hinterhof."
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"Die geforderten 50.000 Euro sind viel zu viel. So um die 25.000 Euro wären in Deutschland ok - in England sind diese Autos noch deutlich günstiger", sagt Wilke.
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Scheunenfund aus Schweden: Dieser VW Käfer von 1951 stand angeblich seit 1963 in einer schwedischen Scheune.
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Die Patina ist erheblich, es riecht etwas nach Schrottplatz. Dafür passt das Ambiente mit Schlitten auf dem Dachträger.
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Gefordert sind 39.000 Euro, doch laut Wilke wäre bei knapp über 20.000 Euro schon das Ende der Fahnenstange erreicht.
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"Mit Vorbiss und den hässlichen Scheinwerfern": Jeder, der sich so ein US-Import kauft, wird ihn umrüsten. Doch bei vielen sind die Farben-Polster-Kombinationen für dien europäischen Geschmack zu heftig. 11.000 Euro wären ok, 12.400 Euro sind gefordert.
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"Unverkäuflich für das Geld" - Wilkes Urteil ist eindeutig. Dieser Ford Anglia Sports Tourer von 1947 soll 20.100 Euro kosten.
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"Der Preis ist nicht zu rechtfertigen - um die 13.000 bis 14.000 Euro sind realistisch".
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BMW Isetta im guten Zustand - noch ohne nähere Angaben. Die dürfte so etwa 17.000 bis 18.000 Euro kosten.
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Richtig gute Isetta kosten mittlerweile um die 20.000 Euro - egal ob mit 250er oder 300er-Motor.
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Die schräge Farbe dieses Thunderbird kommt leider auf dem Hallenfoto nicht so gut rüber - doch der Preis kommt hin.
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Das beige Exemplar mit einem leichten Rosa-Stich soll 46.500 Euro kosten. "Für einen Händlerpreis geht das in Ordnung", sagt Wilke.
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"Rund 40.000 Euro sind realistisch, doch der Händler hat ja auch Aufwand, Kosten - und muss etwas Geld zurücklegen, falls eine Reklamation kommt.
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DKW F8 Luxus Cabriolet von 1939. Der Händler verlangt 27.500 Euro, 5.000 Euro weniger wären annehmbar.
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Schon kurz nach 14.00 Uhr - dem offiziellen Start der Techno Classica - war dieser DKW 3=6 Roadster verkauft.
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Ob er auch so überteuert wie das DKW 3=6 Cabrio angeboten wurde, wissen wir nicht. Das rote Cabrio soll 79.000 € kosten - maximal die Hälfte wäre realistisch.
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Auch dieser Karmann-Ghia ist deutlich zu teuer: 35.000 € passen für ein Cabrio, aber nicht für das Coupé.
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Der selbe Verkäufer hat aber durchaus auch vernünftige Preise: Dieser Westfalia-Bulli von 1972 soll 39.500 € kosten.
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"Der Preis geht voll in Ordnung", sagt Wilke. 35.000 Euro sind realistisch, mit ein bisschen Verhandlungsgeschick geht da noch was."
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Die 75.000 € für den 1972er Alfa Montreal sind allerdings ein bisschen zu viel. Rund 60.000 bis 65.000 € wären vertretbar.
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Schon verkauft: Für den Jaguar E-Type 4.2 Serie 1 von 1967 waren 87.500 € verlangt worden.
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Der Wagen ist im guten Zustand, die Spaltmaße passen.
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Eine Zustandsnote von 2 mit einem kleinen Minus ist die Einschätzung von Frank Wilke. Etwa 78.000 € sind marktgerecht.
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Wir kommen in Halle 6.0 - hier stehen die hochpreisigeren Klassiker. Wie der Aston Martin DB 6 Volante Mk I. "Als Cabrio ultraselten - rund 1,6 Mio. € kosten die."
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Beim 300 SL macht Wilke eine leichte Sättigung aus: "Die sind etwas günstiger geworden. Das Thema 300 SL ist auch mal gut." Um die 1 Mio. € kostet ein wirklich guter Roadster.
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Dieses Delahaye 135 M Cabriolet im Zustand 4+ spielt in Deutschland kaum eine Rolle. Bei diesem Preisniveau (300.000 bis 400.000 €) denkt man hier nicht an Delahaye.
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Maserati Ghibli SS Spyder. "Der liegt im Zustand 2 bei 490.000 € - doch da kommt es drauf an, ob er original ist. Weitgehend zweifelsfrei kann das das Maserati Archivo klären."
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Beim Renault 5 Turbo II kann man einen neuen Trend ablesen: "Die Leute wollen fahraktive Autos mit toller Technik - da sind sie beim Mittelmotor-R5 schon ganz richtig." 79.990 € soll er kosten - realistisch bis günstig.
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Beim Audi Sport Quattro sieht die Marktlage seit der Rekordauktion im Januar schwierig aus. "Wer einen hat, wartet erst mal ab, was jetzt passiert."
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Dieser Maserati Quattroporte soll 99.990 € kosten. "70.000 bis 75.000 € wären realistisch", sagt Wilke, "früher waren das die klassischen 'Aussaugen und Wegschmeißen-Autos".
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Noch seltener als die ehemaligen Teilespender für Ghibli und Indy ist der Mexico. Den Preis für dieses 1972er-Exemplar gibt es nur auf Anfrage.
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Nicht zu teuer: Porsche 356 B Coupé Super 90 von 1961 für 129.990 €. "Lack top, Innen super - Preis ok", meint Wilke.
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Noch seltener als der 246 GT: Dino 206 GT mit dem giftigen Zweiliter. "Nur rund 150 wurden gebaut, im Zustand 2 dürfte der so etwa 340.000 € kosten."
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Problem Internationalität: "Einen Horch kann man eigentlich nur in Deutschland verkaufen." Der 1927er 350 Phaeton soll 275.000 € kosten.
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"Das ist deutlich zu viel - realistisch sind um die 200.000 Euro." Der Besitzer scheint Humor zu haben - der Aufkleber weist ihn als Zugehöriger zur "Automobilen Restgruppe" aus.
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Horch 420 Sport Cabriolet: "Original restauriert" steht auf dem Verkaufsschild des 380.000 € teuren Wagens. Wilke fragt: "Original oder restauriert, ja was denn nun?"
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Moderner Bentley Continental Flying Star von Touring aus dem Jahr 2011 - Preis auf Anfrage.
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Traumhafte Bezugsstoffe: Lancia Gamma von 1982. Doch ist kein normaler Gamma...
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Es ist ein Prototyp von Pininfarina, das auf der Basis des Coupés gebaut wurde.
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Der formvollendete Shooting-Brake hat erst 1.009 km auf der Uhr und war Star des Messeauftritts auf dem Pariser Automobilsalon 1982.
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Zwei große Alfa Cabrios: Der silberne 6C 2500 von 1947 soll 395.000 € kosten.
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Der weiße 6C 2500 von Ghia ist einer von nur 4 Exemplaren und holte einen Klassensieg bei der Villa d'Este. Preis auf Anfrage.
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"Beide Alfa wirken irgendwie antiseptisch", sagt Wilke, "ein Alfa wird gefahren und lebt auch - der darf auch etwas angeratzt sein."
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Das Kopfkino setzt jedenfalls nicht ein. "Die neu bezogenen Sitze lassen der Phantasie kaum Raum. Eigentlich möchte man sich doch auf die zerfransten Sitze setzen und sich vorstellen, welcher Pate durch die Toskana geballert ist."
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Maserati 3500 GTI Sebring von 1963 mit einer Karosserie von Vignale.
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Autocar Type VIII mit 10 PS von 1902, das beim London-to-Brighton-Run starten darf. 125.000 Euro.
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Lamborghini Countach 5000S QV von 1988 für 520.000 Euro.
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"Auch der Countach ist in den letzten Jahren deutlich teurer geworden. Bis vor ein paar Jahren war das das Auto vom Playboy bzw. alternden Playboy."
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Dino 246 GT von 1972 für 340.000 Euro. "Der Preis passt schon, denn beim Auto vom Händler kauft man ja auch ein Stück Sorglosigkeit."
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1969er DeTomaso Mangusta für 320.000 Euro: "Den haben wir noch mit 125.000 € und 180.000 € - Zustand 2 und 1 - in der Liste. Da sind wir möglicherweise zu günstig. Aber deswegen gehen wir ja auch auf die Messen", sagt Wilke.
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1965er Shelby Mustang 350 GT: Der Wagen wurde bei zahlreichen Rennveranstaltungen eingesetzt, unter anderem 7 mal bei den LeMans-Classics.
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Inklusive Ersatzteilpaket soll er 285.000 Euro kosten.
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Für 220.000 € wird dieser Ferrari 512 TR mit 39.429 km angeboten. "Das ist sehr optimistisch - über 50.000 € weniger könnte man reden", meint Wilke, "vor ein paar Jahren gab's die noch für rund 60.000 bis 80.000 €.
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"Da braucht man nur auf den Preis gucken, und weiß schon, dass das ein Vollnachbau ist." Bentley Speed 8 auf Mk VI-Basis für 245.000 €.
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1925er Renault Model 25 Tourer.
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"Gegenüber den Renault wirkt sogar ein Rolls-Royce winzig. In Deutschland schwierig zu verkaufen."
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Stanguellini 1100 Monoalbero Barchetta Mille Miglia von 1951. Ursprünglich ein Vignale Cabriolet, später mit einer 1951er Barchetta-Karosserie im Mille Miglia-Stil umgebaut. 225.000 Euro. "Müsste teurer sein, wenn die Historie stimmt."
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Marino Brandoli Fiat 1100 S Spider von 1955 für 425.000 Euro."Das ist zu teuer für 1.100 Kubik."
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Interessanter BMW 503 mit einer Coupé-Karosserie von Ghia-Aigle. Die Front wurde auf die Optik des Maserati 3500 GT umgebaut.
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Messerschmitt Kabinenroller Cabrio von 1955 mit 70.000 km für 22.900 Euro - 13.000 bis 14.000 Euro wären ok.
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Mercedes 190 E Evolution 2 von 1990 mit rund 65.000 km auf der Uhr. "Der liegt in diesem Zustand so um die 100.000 Euro."
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Die Evo-Modelle des W201 sind mittlerweile sehr gesucht, weil stark limitiert.
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Ein paar Meter weiter parkt ein Evo I von 1989 aus erster Hand mit 138.000 km, der 43.500 Euro kosten soll.
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Wie so oft: Die Preisvorstellungen für VW T1-Bulli sind viel zu hoch. Dieses 1967er-Exemplar soll 45.900 Euro kosten - rund 10.000 € zu viel.
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Ford Ltd II Coupé mit 5-Liter-V8 von 1977. Der Ami mit 61.000 Meilen und erstem Lack soll 12.800 € kosten.
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Der Kenner erkennt hier ein gesprungenes BMW-Armaturenbrett.
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Es gehört zu einem 635 Csi mit 28.900 km auf der Uhr. Die geforderten 28.950 Euro sind zu viel. 20.000 € wären ok.
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Die Ente setzt ihre Preissteigerung fort. Für diese 1984er Charleston 2CV sind 9.800 Euro fällig.
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Ach due meine Güte: Mercedes 200 der Baureihe W110 von 1965.
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Der Zustand ist miserabel, liegt bei etwa 4 Minus. Die Türen sind unten durchgerostet, der aufgeschmierte Lack macht die Sache nicht besser.
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Rund um Scheibenrahmen gibt es Handlungsbedarf, die Gummis sollten ersetzt werden.
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Auch am Heck zeigt sich die kleine Flosse im traurigen Zustand.
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Die geforderten 5.600 Euro sind zu viel.
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Hier wartet eine Menge Arbeit, die sich nicht auszahlen wird.
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Opel Commodore GS/E von 1977 in grellem Grün. 18.500 Euro soll er kosten. 10.000 Euro wären realistisch.
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Nochmal ein Phantasiepreis: VW T2b Bulli von Westfalia von 1976. Neu lackiert und restauriert. 49.900 Euro.
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Auch heute schon mal ein 124er: 1995er E 200 mit 87.000 km auf der Uhr für stolze 8.500 Euro.
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Und zum Abschluss noch ein Auto, bei dem man nicht so recht weiß, wie der Preis zustand gekommen ist: Ersthand-Audi 80 2.6 von 1993 mit 36.600 km für 6.800 €.
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Gerade liegt die Pressemappe der Techno Classica 2015 vor mir. Der Schwerpunkt ist eindeutig: Die Kursentwicklung der Oldtimer. Die Überschriften lesen sich wie Börsenmeldungen: "Oldtimer-Wertsteigerung: Der HAGAI Oldtimer-Index für seltene und hochwertige Klassiker", "Oldtimer verzeichnen 2014 leichten Wertzuwachs. Deutscher Oldtimer Index des VDA" oder "Die teuersten Oldtimer des Jahres - Oldtimerauktionen 2014".
Ich sehe - und höre - schon N24-Börsenpabst Mick Knauff über die Oldtimerszene rauchig-markant sinnieren: "Ja ja, da kann man nichts machen, Klassiker werden eben immer teurer, die Preiskurve zeigt steil nach oben - ein Ende ist nicht in Sicht."
Doch ich schnappe mir Frank Wilke vom Marktbeobachter classic-analytics und mache einen Marktrundgang, um selbst eine Preiseinschätzung auf der weltgrößten Klassikermesse zu machen. Ist die Klassikerszene wirklich in der Hand von Spekulanten und Preistreibern, von Investoren und Leuten, die die Fahrzeuge als Anlageobjekt sehen?
Die S.I.H.A., Veranstalter der Techno Classica Essen, spricht von "über 2.500 Fahrzeugen", die in diesem Jahr bei der Oldtimermesse angeboten werden. Am ersten Tag, dem "Happy View Day" für Pressevertreter, "Insider" und Händler sind viele Anbieter noch damit beschäftigt, ihre Klassiker ins rechte Licht zu rücken und zentimetergenau einzuparken. Kein Wunder, sie müssen jeden Quadratmeter nutzen, um die Fläche möglichst effizient auszunutzen.
Wir starten in Halle 3 am Stand von Motor Klassik. Erste Überraschung. Das ehemalige Freigelände 3 wurde mit einer Hallenkonstruktion überdacht und beherbergt nun als "Halle 2A.Private Automobilanbieter" einige Fahrzeuge aus Privathand. Wir finden jedoch auch viele Fahrzeuge von zumindest semiprofessionellen Händlern.
Die Fahrzeuge zeigen wir in unserer Fotoshow.
Auffällig sind hier die vielen Importe - und wie der spätere Rundgang bestätigen wird, die überraschend wenig vertretenen Mercedes-Klassiker wie W123 und W124.
"Unverkäuflich für das Geld"
Uns fällt ein Ford Anglia Sports Tourer von 1947 ins Auge. "Der Zustand ist toll, der Wagen bei uns sehr selten - doch der Wagen ist unverkäuflich für das Geld", sagt Frank Wilke, der gleich drei Gründe nennt: "Erstens ist es ein Ford, zweitens hat er einen Motor, der kaum vorhanden ist, und drittens ist es diese Form. Den will doch keiner haben. Und wenn doch, dann wären um die 13.000 bis 14.000 Euro realistisch - aber nicht die geforderten 21.000 Euro."
Verbraucht statt gebraucht
In Halle 2 bietet ein schwedischer Händler zahlreiche deutsche Klassiker an: Darunter einen VW Käfer-Scheunenfund, der schön aussieht und nett drapiert ist - inklusive passendem Schlitten auf dem Dach. "Der ist am Ende. Der ist nicht mehr gebraucht, sondern verbraucht", urteilt Wilke. Die Patina ist einer Schrottplatz-Aura gewichen, die aufgerufenen 39.000 Euro sind viel zu viel. "Bei knapp über 20.000 Euro muss da Schluss sein, und das auch nur bei einem Liebhaber." Auch das DKW 3=6 Cabrio fällt bei dem Profi durch: "Das ist ein super Zustand, die Form toll, die Restaurierung hochwertig, doch die 79.500 Euro sind utopisch. Maximal 35.000 Euro sind realistisch."
Techno Classica als Testmesse
Diese hohen Preisforderungen überraschen Wilke allerdings überhaupt nicht. "Die Techno Classica ist eben eine Testmesse - und das war sie auch schon immer. Wer etwas probieren will, probiert es hier. Da werden zum Teil wirklich heftige Preise auf die Tafeln geschrieben, doch die Händler testen das aus. Sie bleiben meistens auch kurioserweise bei den Preisforderungen über die gesamte Techno Classica - und packen dann den Wagen wieder ein. Vielleicht bieten sie ihn dann ein paar Wochen später über einen Online-Marktplatz oder die Kleinanzeigen in den Fachzeitschriften etwas günstiger an." Wilke erinnert sich an die Unkenrufe, die es vor rund 5 bis 6 Jahren gab, als ein renommierter Händler einen BMW 507 für 800.000 Euro anbot. "Damals schrien viele, dass sei viel zu teuer und völlig überzogen. Doch jetzt liegt ein wirklich guter 507 schon bei 1,6 Millionen - und die Unkenrufer sind still."
Sättigungseffekt beim Flügeltürer
Es gibt im Moment einige Trends zu verzeichnen, etwa, dass die Szene nach Fahrspaß-Klassikern sucht. Wie etwa nach dem Mittelmotorsportler Renault 5 Turbo, der in den letzten Jahren einen heftigen Preisschub erfahren hat. "Die Leute suchen jetzt vermehrt nach fahraktiven Autos mit toller Technik - und davon profitiert so ein R5 Turbo. Da hat Renault aus einer Einkaufsbüchse einen Mittelmotor-Rennwagen gemacht. Und diese abgedrehte Idee bekommt immer mehr Fans. Das ist purer Fahrspaß, zwar schlecht verarbeitet, aber das ist ja egal, weil so ein Auto nur am Sonntag aus der Garage geholt wird."
Andererseits gibt es auch schon erste Anzeichen, dass einige ehemalige Zugpferde der Szene an Strahlkraft verlieren: "Der 300 SL ist so ein Fall. Der ist in letzter Zeit etwas günstiger geworden. Ich denke mal, dass da ein leichter Sättigungseffekt einsetzt. Das Thema 300 SL ist dann auch mal gut", sagt Wilke.
Abwarten und aufs erste Zucken warten
Auch der Audi Sport Quattro ist ein Sonderfall. Seit im Januar 2015 ein solcher kurzer Quattro mehr als 402.000 Dollar erzielte (347.000 Euro) ist es sehr ruhig auf dem Markt geworden. "Da gibt es derzeit keine Autos. Wer einen Sport Quattro hat, wartet jetzt erstmal ab, was da so in den nächsten Monaten passiert. Manche werden nun heiß auf die Sport Quattros, manche erhoffen sich explodierende Preise. Und damit entwickelt sich eine Eigendynamik."
"Original restauriert" - original oder restauriert?
Wir kommen zum Stand eines Horch-Restaurierers. "Ach ja, die Autos sind zwar ganz schön, doch die kann man nur in Deutschland verkaufen." Etwa der Horch 350 Phaeton von 1927. Der soll 275.000 Euro kosten. Doch das ist deutlich zu viel, sagt Wilke: "Rund 200.000 Euro wären realistisch." Auch der daneben geparkte Horch 420 Sport Cabriolet ist mit 380.000 Euro mutig eingepreist. "Der Markt für diese Autos ist sehr klein. Bei diesem Auto kommt noch hinzu, dass es heißt 'original restauriert' - was heißt das nun - original oder restauriert?
Antiseptische Alfas und das Kopfkino
Die nächsten Augenfänger sind zwei offene Alfa Romeo 6C mit Ghia-Karosserie. Der eine, ein 1947er 2500 holte einen Klassensieg bei der Villa d'Este. "Der sollte so etwa bei 700.000 Euro liegen", meint Wilke, leider gibt es keine Angaben zum Preis - die bekommt man nur bei ernsthaftem Interesse. Das andere Cabriolet ist ein ebenfalls toprestaurierter 2500 von 1947, der 395.000 Euro kosten soll. "Der wirkt so ein bisschen antiseptisch auf mich. Ein Alfa wird gefahren und lebt auch, deshalb darf er auch etwas angeratzt sein. Denn nur so startet doch das Kopfkino und man denkt sich, welcher Pate wohl mit diesem großen Alfa durch die Toskana geballert ist. Wenn der Wagen allerdings komplett restauriert wurde und man auf neu bezogenen Sitzen Platz nehmen muss, verliert das Auto doch an Flair."
Nach dem ersten Rundgang auf der Techno Classica 2015 gibt es also ein recht hohes Preisniveau bei den Profihändlern zu vermelden. Morgen schauen wir uns auf dem Privatmarkt um - und suchen nach den Schnäppchen.