VW Busse im Angebot auf der Techno Classica 2015

Wann platzt die Bulli-Blase?

Die Bulli-Szene schockt nichts mehr - auch sechsstellige Preise sind für die Ex-Transporter von Volkswagen  zur Normalität geworden. Auf der Techno Classica setzt sich der Höhenflug fort.

Die Bullis von der Techno Classica 2015 Foto: Kai Klauder 39 Bilder

Gerade wurde der neue VW T6 vorgestellt, der die 65-Jahre andauernde Tradition - und vor allem den Erfolg des Transporters fortsetzen soll: Manche sagen, der VW Bus sei das beste Auto der Welt, weil man mit ihm alles machen kann. Nur ein Problem habe er: er sei zu teuer. Dabei ist ein ordentlich ausgestatteter brandneuer T6 günstiger als einer seiner Ahnen. Der T1 Samba notiert derzeit mit deutlich über 100.000 Euro in den einschlägigen Preislisten.

Warum ist das so? Wer kauft solche Autos, und ist ein Ende der Preistreiberei in Sicht? Spurensuche auf der Techno Classica 2015.

Der neue T6 basiert immer noch zu großen Teilen auf dem ersten Frontmotor-Bus T4 und dessen Nachfolger T5 - auch so wiederholt sich Geschichte. Los geht alles mit dem T1, der vor 65 Jahren das Nachkriegsdeutschland mit aufbaut. Und dabei muss der Bulli heftig mit anpacken. Das Gebrauchsauto ist noch ein echtes Nutzfahrzeug, kann also nicht geschont werden - und landet meistens nach getaner Arbeit als Blechwürfel in der Stahlproduktion. Doch was vor ein paar Jahrzehnten arglos entsorgt wird, gehört heute zu den Klassikern mit der stärksten Preisentwicklung.

"Der Bulli lacht einen an"

Das Geheimnis des Bulli liegt in seinem klassenlosen Auftritt. Er ist er immer sympathisch, beklagt sich nie - und läuft immer. Wie seine Pkw-Basis Käfer gehört der Bulli von Anfang an zum Straßenbild. "Jeder hat schon als Kind einen gesehen und ist mit ihm aufgewachsen, der Milchmann fuhr einen Bulli und fast jeder ist schon mal in eine mitgefahren - ob nun T1, T2 oder T3", sagt Thorsten Ringholt von der Bullikartei. "Das Auto hat einfach ein Gesicht. Und es gibt eben nur ein Auto, das einen so anlacht", erklärt Clubkollege Jörg Reher die große Sympathie für den Bulli.

Mehr zu den Unterschieden und Charakteren der verschiedenen Bulli-Generationen gibt es hier.

Ein VW T1 fährt nicht gut - muss er aber auch nicht

Seine Qualitäten liegen eher im Nostalgischen, wie auch die Bulli-Freunde bestätigen: "Wer behauptet, der T1 fährt gut, das Fahrwerk sei komfortabel, man kommt leicht um die Ecken oder flott vom Fleck, lügt - so hart muss man das mal sagen", so Ringholt, "man muss einfach mit diesem Auto verwurzelt sein, sonst wird man kaum glücklich ."

Eine Einschränkung muss man allerdings machen. Glücklich werden seit Jahren auch die Investoren - denn die Preise für einen guten T1 oder T2 explodieren geradezu. "Als vor 6 Jahren hier der erste Samba für 60.000 Euro stand, haben noch viele gelacht. Doch pro Jahr wurden 20.000 Euro aufgeschlagen - und die Leute zahlen das ohne mit der Wimper zu zucken", meint Reher. Der Grund liegt nach Meinung der beiden Experten vor allem in der großen Medienpräsenz: "Guck' Dir doch die Werbung an - für jeden Schiss wird der T1 benutzt, der ist ja überall in der Werbung zu sehen und lächelt von den Plakaten", so Reher.

Warum bei manchen USA-Reimporten ein Besen beigelegt wird

Der Markt an originalen und gut erhaltenen klassischen Bulli ist zwar weitgehend leergefegt, doch mittlerweile wird sogar "Kernschrott" aus den USA und anderen Ländern nach Deutschland geholt. "Da importieren manche Profis Autos für 25.000 Euro, die man dann noch zusammenfegen muss", beklagt sich Ringholt, der seit Jahrzehnten Bulli fährt und den Wandel der Bulli-Welt hautnah miterlebt hat.

"Früher hat man die noch mit Herzblut und einfachsten Mitteln am Laufen gehalten, heute kann man die schon in einem 'besser-als-neu-Zustand" bei Profi-Restaurierern bestellen", weiß Ringholt, "und sobald irgendwo T1 oder T2 draufsteht, werden die Leute verrückt."

Sein Kollege Reher pflichtet ihm bei: "Ich habe mich mal bei VW Nutzfahrzeuge Classic erkundigt, mit was ich rechnen müsste, wenn ich meinen Samba restaurieren lasse. Da antworteten die mit '50.000 bis 100.000 Euro, je nach Substanz'. Dann werden die aber auch komplett entlackt und mit Neuteilen wieder aufgebaut. Zum Schluss ist alles neu - und es gibt 3 Jahre Garantie. Immerhin ist noch die originale Fahrgestellnummer drin."

Was kostet ein klassischer VW Bulli?

Wer sich heute für einen klassischen Bulli interessiert, muss mit mindestens 40.000 Euro für einen T1 rechnen, Samba sind im guten Zustand schon doppelt so teuer. Beim T2 kann man mit 25.000 Euro einsteigen, wobei die beliebten Westfalia einen gehörigen Aufschlag kosten.

Das Wichtigste bei der Suche ist aber nicht das Geld, sondern Geduld. "Man darf auf keinen Fall den Erstbesten kaufen, sondern sollte sich gut informieren, am besten den Kontakt zu einem Club suchen und nicht übereilt handeln", rät Ringholt, "und eins sollte man beim Bulli besonders beherzigen: das bessere Auto ist immer der bessere Kauf, denn obwohl die Technik simpel, die Bleche gerade und die meisten Teile einfach nachzufertigen sind - der Bulli verschlingt bei einer Restaurierung viel Geld."

Für Einsteiger bietet sich der T3 an, den es als Multivan für etwa 15.000 Euro im guten Zustand gibt - "der ist für den Normalverdiener noch zu bezahlen", so Ringholt.

Gekauft wird alles - Zustand und Herkunft egal

Bei T1 und T2 spielt sich der Markt mittlerweile in anderen Sphären ab. "Das Geld ist da, doch die Autos fehlen", meint Ringholt, "deswegen kaufen die Leute, die einen haben wollen, alles - der Zustand ist dabei egal. Auf der Bremen Classic stand zum Beispiel ein Samba, der schon aus 20 Metern Entfernung schrecklich aussah - verkauft wurde er trotzdem - für 95.000 Euro.

Immer häufiger kommen auch Bulli aus Brasilien auf den Markt. Doch bei diesen Autos muss man wissen auf was man sich einlässt. "Die Qualität ist deutlich schlechter, das Bodenblech zum Teil dünner - die Dinger wurden ganz grob zusammengewürfelt. Anschauungsobjekte gibt es reichlich. Auf dem Freigelände 4 stehen gleich 4 Exemplare zum Verkauf.

Ab 24.500 Euro geht es los, bis 39.500 Euro reicht die Preisspanne. "Da ist einer dabei, der wurde nochmal schnell mit Farbe übergeduscht - einfach über den Rost, doch beim manchen Scharnieren hat der Lack nicht mehr gereicht - da ist dann der pure Rost zu sehen. Und im Radlauf habe ich mir einen Finger aufgeschlitzt - an einem der vielen Schweißdraht-Stummel, die da rausgeschaut haben.

Bulli-Preisentwicklung macht nicht alle Besitzer glücklich

Die Clubkollegen von der Bullikartei macht die Preisexplosion ihrer Schätze allerdings nicht gerade glücklich - obwohl sie nun echtes Garagengold besitzen. "Man kann ja gar nicht mehr ruhig durch die Gegend fahren oder parken. Selbst auf der Fährüberfahrt nach England haben sie einem Clubfreund viele Anbauteile abgeschraubt - und auch das große VW-Emblem geklaut", erzählt Ringholt.

Auch bei den Kosten für Restaurierungsarbeiten müssen Bulli-Besitzer mit einem Aufpreis rechnen. "Wenn man heute mit einem T1 zum Lackierer kommt und eine ordentliche Zweifarblackierung will, heißt es gleich: 'mindestens 10.000 Euro' - da hängt auch für uns Besitzer, die ihren Bulli noch für ein paar Tausend Mark gekauft haben, einiges dran.

So hat die Preisexplosion auch für die echten Enthusiasten ihre Schattenseite. Ein Ende ist übrigens kaum in Sicht, meint Ringholt:" T1 Samba sind sechsstellig und das bleibt meiner Meinung nach auch so. Die sind einfach zu selten und begehrt. Und die anderen Bulli ziehen nach - schließlich fahren die viel besser und sind echte Alltagsautos."

In unserer Fotoshow zeigen wir die Bulli der Techno Classica - unter anderem den günstigsten Samba für 89.950 Euro und einen T2B Camper aus New Mexico für 26.900 Euro.

Wenn's mal was anderes sein darf - Seltene Bulli-Alternative: Transit Panoramabus

In Halle 10 gibt es für wahre Raritäten-Jäger eine schöne Alternative zum T1-Samba. Beim Händler Mühlsberghof wird ein Ford Taunus Transit Luxus Panoramabus von 1966 angeboten. Der ist deutlich seltener als ein Bulli, sieht ähnlich aus, wurde mit einer Sonnenschute verschönert und glänzt durch einen guten Zustand - und soll genauso viel kosten wie ein guter Samba: 119.000 Euro werden aufgerufen. Wir werden ihn sicherlich im nächsten Jahr wieder sehen.