Aston Martin Vantage V8 mit Handschalter

Im 911 kostet manuelles Schaltgetriebe extra

Aston Martin bringt den Vantage V8 auch mit manuellem Schaltgetriebe – „weil es Enthusiasten gibt, die das wollen“. Schön, dass die Briten diese Fans bedienen. Weniger schön, dass sie beinahe die Einzigen sind. Eine Bestandsaufnahme.

Aston Martin Vantage, Exterieur Foto: Rossen Gargolov 11 Bilder

Heimwerkern liegt ja im Trend, selbst machen, zupacken, anpacken. Nur im Auto nicht mehr, selbst bei Sportwagen. Die Gänge selbst wechseln? Höchstens per Schaltpaddel am Lenkrad. Aber einen Schalthebel durch eine Schaltkulisse dirigieren? Nö. Schalten wie im Motorsport, in der Formel 1 gar, damit drückten Hersteller wie Ferrari, später Porsche automatisierte Schaltgetriebe und Doppelkupplungsgetriebe in den Markt. Gerade letztere überzeugen mit ultrakurzen Reaktionszeiten und Gangwechseln.

Ja, die Technik bei der Arbeit bewundern kann Freude bereiten. Aber gerade dann, wenn nicht die Rundenzeit im Fokus steht, sondern die Zeit, die du im Auto verbringst, weil du Lust drauf hast, irgendwo Lenningen und Biberach, Wolkenstein und Arabba, Oberaudorf und Bayerischzell, dort, wo die besten Kurven der Welt eben so herum liegen, da möchtest du doch eigentlich ganz gerne selbst werkeln.

Schön, dass es künftig einen Sportwagen mehr gibt, in dem das möglich ist. Denn offenbar will Aston Martin einen Vantage V8 mit manuellem Getriebe auf den Markt bringen. Offiziell bestätigen wollen die Briten das noch nicht, inoffiziell heißt es aber, dass es prinzipiell eine Fangemeinde für Sportwagen mit Handschaltung gibt. Das Einstiegsmodell der Marke eignet sich dafür wohl am besten, da sich für den V8 eher ein passendes Getriebe findet als für die nochmals drehmomentstärkeren V12-Modelle – die Aston außerdem in der Rolle der Gran Turismos sieht, den Vantage dagegen als Performance-orientierten Sportwagen. Interessante Randnotiz: Das Vierliter-Biturbo-Triebwerk kauft Aston Martin bei Mercedes-AMG ein. Dort steckt es unter anderem im GT. Ob es vielleicht…? Nein, davon möchte dort niemand etwas wissen.

Im Porsche 911 kostet selbst Schalten mehr

Den Vantage sieht Aston Martin übrigens direkt gegen den Porsche 911 positioniert, der noch in diesem Sommer mit manuellem Siebengang-Getriebe zu haben sein wird. Da über 30 Prozent der US-Kunden beim 991 selbst Schalten wollten, ist das für Porsche Grund genug, auch beim 992 diese Option anzubieten. Pikant: Billiger als das Porsche Doppelkupplungsgetriebe (PDK) wird der Handschalter nicht sein, „da der Zulieferer Mindermengenzuschlag erhebt“, wie ein Entwickler verrät.

Absolut gesehen fällt der Anteil jener Enthusiasten, die einen Schalthebel durch die Gassen der Getriebekulisse stupsen wollen, eben recht gering aus. Nun muss an dieser Stelle eingeräumt werden, dass das Porsche-Getriebe zumindest im 991 nicht zu den brillantesten zählte. Vor allem die Führung des Schalthebels litt unter der Vielzahl der Gassen, ließ Präzision vermissen. Das Sechsgang-Getriebe der GT-Modelle dagegen: in Träumchen. Aber eben auch: Zu ineffizient, wegen des fehlenden, verbrauchssenkenden, langen letzten Ganges.

Dennoch: Toll, dass Porsche seinen Kunden die Wahl lässt. Gibt ja nicht mehr viele Hersteller, die von der Bevormundung ihrer Kunden absehen. BMW zählt noch dazu, lässt M2- und M4-Käufern die Wahl. Vor allem beim M2 fällt die Entscheidung leicht, da der kleine, aber moppelige Raufbold ohnehin nichts mit Perfektion an der Spoilerlippe hat, gerne bockt und auskeilt, immer auf der Suche nach Grip. Mit dem manuellen Getriebe kommst du dann mehr ins Schwitzen, ackerst und kämpfst, fühlst dich als Held, als Dompteur, ein bisschen auch als Freak. Und im M4? Tja, da verhält es sich ein bisschen wie mit dem Elfer. Beide funktionieren prima als Wagen für alle Tage, da kommst du dann schon in Versuchung, die Verantwortung komplett an dein Auto abzugeben, wenn an vielen von diesen allen Tage der Verkehr eher klebrig dahin kriecht. Geht den meisten Kunden übrigens genau so, weshalb der nächste M3/M4 diese Option nicht mehr bekommen dürfte.

Mittelmotor-Corvette: manuelles Getriebe?

Lotus macht’s genau anders herum, da gibt’s praktisch nur manuelle Getriebe – und die sind noch nicht mal wirklich gut, einfach, weil hier und da schon mal der Gang rausspringt. Schade, denn die Gangwechsel könnten kürzer kaum sein. Sind sie bestenfalls noch beim Mazda MX-5. Jaguar hat beim F-Type übrigens das manuelle Getriebe aussortiert. Bleibt der Achtstufen-Wandlerautomat. Der passt vor allem zu den rabaukigen V8-Kompressormotoren ganz gut, reagiert zuweilen etwas träge auf Schaltbefehle.

Erlkönig Corvette C8 Foto: Stefan Baldauf
Chevrolet stellt bei der Corvette auf Mittelmotor um. Welche Getriebevarianten wird es geben?

Ach ja, mal sehen, wie sich GM bei der nächsten Corvette entscheidet. Die Umstellung auf Mittelmotor erlaubt durchaus Rückschlüsse, denn das Antriebslayout deutet auf maximale Performance-Ausrichtung hin. Außerdem: Kostet ja auch Kohle, so eine Getriebe-Option, der Einkauf, die Applikation, die Homologation. Nur für ein paar wenige ewig Gestrige? Nein. Nicht, wenn alles sofort Geld in die Konzernkassen spülen muss. Muss es heute aber. Meistens. Immer eigentlich.

Porsche und Aston Martin bewegen sich in Preisregionen, wo sie sich sicher sein können, dass ihre Kunden wenn nicht beim Getriebe, dann doch anderweitig viel Geld auf dem Altar der Individualisierungsmöglichkeiten verbrennen. Könnten Ferrari und Lamborghini vermutlich ebenfalls annehmen, wollen sie aber nicht. Schade um das Klick-Klack des metallischen Schaltstocks in der offene Kulisse. Genoss ich zuletzt in einem hinterradgetriebenen Lamborghini Gallardo. Mehr Gallardo brauchte damals eigentlich kein Menschen.

Doppelkuppler als eierlegende Wollmilchsau

Vielen Menschen glaubten aber, mehr zu brauchen, ohne dieses Mehr je zu gebrauchen. Heute liefern beide Italiener mit die besten Doppelkupplungsgetriebe überhaupt. Lamborghini leistet sich im Aventador mit bis zu 770 PS starkem V12-Saugmotor noch den Anachronismus eines automatisierten Schaltgetriebes, das eigentlich das schlechteste aus beiden Welten vereint: Träge Automatikfunktion, üble Schaltschläge im manuellen Modus. Gerade letztere jedoch können ins Gegenteil kippen, dann, wenn du so einen Aventador SVJ auf die Rennstrecke schickst, ihn komplett scharf schaltest und es nach jedem Zupfen an einem der feststehenden Paddel (rechts hoch, links runter) mit erheblicher Erschütterung im Chassis den nächsten Gang reinhämmert. Brutal. Und auch brutal schnell. Aber eben auch: Nur für den brutalsten aller Anwendungsfälle.

MCLaren 720S, Supertest, spa0219 Foto: Hans-Dieter Seufert
McLaren 720S: Vierliter-V8-Biturbo, den die Briten mit einem Doppelkupplungsgetriebe verheiraten.

Ein Doppelkupplungsgetriebe hingegen: Kann alles. Und das mit erschütternder Perfektion. Siehe Ferrari 488 GTB. Mit minimalen Abstrichen bei der Reaktionszeit auch: Mercdes-AMG GT. Oder McLaren. Mit minimalen Abstrichen beim Langsamfahrkomfort. Das PDK von Porsche: Kann alles, adaptiert sogar den absurdesten Fahrstil auf einer Rennstrecke. Lass das Getriebe mal machen, so kannst du versuchen, mit dem irren Tempo deines Sportwagens klarkommen.

Aber nochmal: Meistens ist ja nicht Rennstrecke, sondern Landstraße. Und da ist Tempo 100. Also willst du in diesem schmalen Fenster die große Sportwagen-Welt erleben. Geht entweder über eine clever ausgetüftelte, ein wenig labile Fahrwerksabstimmung (Alpine A110, nur mit DKG, aber einem Guten) oder einem manuellem Getriebe (Porsche 718) – oder beidem (Mazda MX-5). Schön jedenfalls, dass Aston Martin sich nun die Besonderheit leisten will, einen leistungsstarken Sportwagen mit manuellem Getriebe anzubieten. Aber bleiben wir realistisch: Den Trend zum Heimwerken im Sportwagen wird auch das nicht initiieren. Die Degeneration der Fahrer scheint bereits zu weit fortgeschritten. Oder der unbeirrbare Glaube an moderne Technik.