Sachsen Classic 2016

Von Jaguaren und Japanern: Eine Erfolgsgeschichte

Die Autohaus Chemnitz GmbH wurde nach der Wende von Michael W. Thiede gegründet. Ein Porträt des Unternehmers und Jaguar-Liebhabers.

Sachsen Classic 2016, Autohaus Chemnitz, Michael Thiede Foto: Michael Rassinger 8 Bilder

Michael W. Thiede ist in Sachsen kein Unbekannter: Als Geschäftsführer und Gesellschafter der Autohaus Chemnitz GmbH mit den Kernmarken Toyota, Skoda, Peugeot und Subaru baut er sein Unternehmen seit 1990 nachhaltig und erfolgreich auf. Der Weg dorthin verlief spannend, denn Thiede, der seit dem 23. Lebensjahr Unternehmer ist, war zunächst in einer Nische des Automobilbaus tätig: Er konzipierte und baute das Opel Ascona Cabriolet, das von 1984 bis 1988 in Produktion war.

Hammond & Thiede baut Ascona Cabrio

„Hammond & Thiede“ hieß die Firma, mit der Michael W. Thiede in Zusammenarbeit mit der britischen Hammond Group die zweitürige Ascona-Limousine in ein Cabrio verwandelte. Der Umbau war sehr aufwendig, dauerte etwa einen Monat und kostete rund 12.000 DM. In der Spitzenzeit schaffte es das Unternehmen, bis zu 12 Cabrios pro Tag zu produzieren. Gleichzeitig nahm es die Truppe um Thiede & Co. sehr genau: Die Dauerlauftests fanden bei Porsche in Weissach statt, alle Fahrzeuge überstanden sie fast ohne Beanstandungen: Lediglich die Schweißnaht in einem Schwellerbereich wurde von Punktschweißen auf CO2-Schweißen umgestellt. Umfangreiche Crashtests des Cabrios wurden beim TÜV Rheinland durchgeführt. Dabei stellte sich das Cabrio sogar steifer als die Limousine heraus.

Michael W. Thiede besitzt eines der letzten Opel Ascona Cabrios mit der Seriennummer 2750. Dieses Fahrzeug wurde auf der IAA 1987 ausgestellt und wartete mit sensationeller Ausstattung auf, darunter feinstes cremefarbenes Connolly-Leder aus Großbritannien. Selbst die Teppiche waren Edelware, denn sie stammten von Porsche. Leider entschied sich Opel aber 1988/89 dafür, nur noch ein Cabrio in der Modellpalette anzubieten: Der Ascona schied zugunsten des Kadetts aus dem Programm.

Hammond & Thiede hatte aber nicht nur den Ascona im Portfolio: Das Unternehmen, inzwischen Eigentümer der Karosseriefabrik Voll in Würzburg, baute in den 80er-Jahren auch das Toyota Celica Coupé zum Cabrio um, das anschließend über Toyota vertrieben wurde. Daher bestand zwischen Michael W. Thiede und Toyota schon früh eine Geschäftsbeziehung, die ab der Wende in Deutschland noch intensiviert wurde. Und das ist eine Geschichte für sich.

Nach der Wende in Richtung Chemnitz

Thiede wollte nach der Ascona-Episode im Autohandel tätig sein und nahm die Wende als willkommene Gelegenheit, völlig neu und wie auf einem weißen Blatt zu beginnen. Bei Hammond & Thiede war er Minderheitsgesellschafter, suchte aber die unternehmerische Herausforderung als geschäftsführender Gesellschafter, um sich in Eigenregie etwas aufzubauen. Chemnitz bot sich als Region aus familiären Gründen an, denn Thiedes Vater war Chemnitzer, die Mutter stammt aus Oberlungwitz. Dann galt es nur noch, sich für eine Automarke zu entscheiden. Thiede wählte hier einen ebenso einfachen wie genialen Weg: Er führte eine Meinungsumfrage durch.

Flotte Mädels mit flotten Fragen

Zu DDR-Zeiten und auch noch einige Zeit danach dauerte ein Tankstopp in der Regel zwei Stunden: Es gab meist nur zwei Zapfsäulen, die Autos reihten sich auf, die Fahrer warteten geduldig, bis sie wieder ein paar Meter vorwärts zum Sprithahn rollen konnten. Thiede nutzte diese Wartezeit und schickte flotte Mädels mit Baseball-Mützen zu den Autofahrern, die viele Fragen zu Autos und Mobilität stellten. Auf die Frage nach der Automarke, die sich DDR-Bürger am liebsten zulegen würden, kam erstaunlich häufig Toyota als Antwort: Wegen der beinahe schon legendären Zuverlässigkeit.

Gründung der Autohaus Chemnitz GmbH

Thiede machte anschließend Toyota auf seine Umfrage aufmerksam. Die Japaner freuten sich und wollten die Ergebnisse haben. Daher verkaufte der Unternehmer die Resultate an Toyota und bekam anschließend die alleinigen Vertriebsrechte der Marke für Chemnitz. Und so gründete Thiede am 3. Juli 1990 zusammen mit Horst Ludewig die Autohaus Chemnitz GmbH. Es begann mit 16 Mitarbeitern auf dem Gelände eines ehemaligen VEB. Heute sind es rund 180 Mitarbeiter einschließlich etwa 20 Auszubildenden am Stammsitz sowie in vier weiteren Filialen. Zusätzlich zu Toyota wurden noch Skoda, Subaru und Peugeot in die Markenwelt aufgenommen.

Japaner, Jaguare und eine Cobra

Michael W. Thiede hat als Privatmann ein Faible für alte Jaguare. Sein Vater fuhr bereits 1963 einen Jaguar Mark X in gunmetal-grey mit dunkelrotem Leder. Ein solches Fahrzeug würde der Chemnitzer Unternehmer sehr gerne in seiner Garage haben, konnte aber bisher noch keine adäquates ausfindig machen. Bei der Sachsen Classic 2016 tritt er zusammen mit seiner Frau in einem Jaguar XK 140 an. Dieses Auto – weiß mit rotem Leder – gönnte Thiede sich zu seinem 50. Geburtstag. Allerdings stellte sich nach dem Kauf bald Handlungsbedarf ein, denn unter anderem musste der Motor komplett neu aufgebaut werden.

2015 nahm das Ehepaar Thiede mit einer originalen AC Cobra an der Sachsen Classic teil. Frau Thiede fand es im Rechtslenker aber nicht allzu lustig, wenn sie bei Überholvorgängen dem Gegenverkehr tief in die Augen blicken konnte, während der Gatte es „ein bissl krachen“ ließ und „Gummi gab“. Daher durfte es wieder ein Linkslenker sein. Auch ein E-Type Coupé steht in der Garage von Thiede. Damit fuhr er 1990 nach Chemnitz, aber ausgerechnet in Oberlungwitz ging der Motor aus und ließ sich nicht mehr zum Leben erwecken. Der E-Type ruhte daraufhin einige Jahre, bis er wieder fahrbereit gemacht wurde. Danach lief der Motor wie ein Uhrwerk.

Ein Kasten Bier und glücklich sein

Michael W. Thiede wollte es aber ganz genau wissen und brachte den Wagen zum Jaguar-Spezialisten Michael Groß nach Berlin. Dort ließ er den Experten an der Maschine lauschen, ob noch Potential drin sei. Die Antwort: „Kauf deinem Mechaniker einen Kasten Bier und sei glücklich, wie toll der läuft!“ Das Glück verließ seinen Besitzer aber am Vortag der Sachsen Classic 2013: An diesem Tag brannte der Vergaser des E-Type lichterloh und machte einen Einsatz bei der Rallye unmöglich. Als Ersatz wurde schließlich der XK 140 eingesetzt.

Ein weiterer Leckerbissen in der Thiede’schen Sammlung ist ein Trabant 601 S in papyrus-weiß mit lindgrünem Dach. Das Fahrzeug befindet sich in einem sensationellen Zustand und ist inzwischen sehr selten geworden. Die ostdeutsche Autoindustrie war zu DDR-Zeiten laut Michael W. Thiede sehr stark aufgestellt, der Trabant-Nachfolger hatte praktisch das Niveau eines VW Golf. Allerdings sah die SED keine Verwendung für einen Nachfolger, da das aktuelle Modell doch für das Volk vollkommen ausreiche. Die Ingenieurskunst sei in Sachsen aber immer noch vorhanden: „Wenn ein Teil nicht vorhanden oder lieferbar war, wurde eben improvisiert. Das zeichnet einen guten Ingenieur aus.“

Toyota Supra Twin Turbo mit 330 PS

Auch Toyota ist in der Autosammlung von Michael W. Thiede vertreten: Der Toyota Supra Twin Turbo von 1993 hat sensationelle 330 PS Leistung. Ein Wert, den damals selbst Porsche nur schwer toppen konnte. Das sehr schnelle Auto hatte aber auch einen stolzen Preis: 109.000 DM musste man damals für den schnellsten Toyota hinlegen. Viele Fahrzeuge wurden daher nicht verkauft. Thiede ist aber der Ansicht, dass Toyota längst an einem Supra-Nachfolger arbeitet, um neben dem GT86 einen weiteren faszinierenden Sportwagen im Programm zu haben. Dagegen wirkt der Toyota Corolla von 1980 wie ein ganz normales Auto. Er verfüge allerdings über einen entscheidenden Vorteil, erzählt Michael W. Thiede: „Der Corolla hat einen richtig großen Kofferraum.“

Mehr Informationen zum Autohaus Chemnitz und seinem Gebrauchtwagenzentrum gibt es unter http://www.ahcgruppe.de.