Kostenloser Nahverkehr für saubere Luft in Städten
Kommunen kalkulieren mit Milliarden
Gratis Bus und Bahn fahren – die Reaktionen auf die Idee der geschäftsführenden Bundesregierung sind ganz unterschiedlich. Ein Überblick.
14.02.2018
Andreas Of-Allinger
Foto: A. Of
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Auf Bahnhöfen haben Experten der Prüforganisation Dekra überraschend hohe Feinstaubkonzentrationen gemessen.
Foto: Deutsche Bahn AG
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Die Städte mit den höchsten Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen 2017. München: 78 Mikrogramm je Kubikmeter Luft (minus 2 Mikrogramm).
Foto: Nagy/Presseamt München
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Die Städte mit den höchsten Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen 2017. Stuttgart: 73 Mikrogramm je Kubikmeter Luft (minus 9 Mikrogramm).
Foto: Stuttgart Marketing/Achim Mende
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Die Städte mit den höchsten Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen 2017. Köln: 62 Mikrogramm je Kubikmeter Luft (minus 1 Mikrogramm).
Foto: COLOURBOX/Claudio
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Die Städte mit den höchsten Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen 2017. Reutlingen: 60 Mikrogramm je Kubikmeter Luft (minus 6 Mikrogramm).
Foto: adwg
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Die Städte mit den höchsten Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen 2017. Hamburg: 58 Mikrogramm je Kubikmeter Luft (minus 4 Mikrogramm).
Foto: Silke Tokarski, Thomas Zwicker, Christian Calmano, Stubbe’s Gasthaus
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Die Städte mit den höchsten Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen 2017. Düsseldorf: 56 Mikrogramm je Kubikmeter Luft (minus 2 Mikrogramm).
Foto: COLOURBOX/R.Classen
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Die Städte mit den höchsten Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen 2017. Heilbronn: 55 Mikrogramm je Kubikmeter Luft (minus 2 Mikrogramm).
Foto: Heilbronn Marketing
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Die Städte mit den höchsten Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen 2017. Berlin: 49 Mikrogramm je Kubikmeter Luft (minus 3 Mikrogramm).
Foto: Christiane Würtenberger
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Die 15 Städte mit den höchsten Stickoxid-Grenzwertüberschreitungen 2017. Werte in Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm je Kubikmeter.
Foto: UBA
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Der Anteil jener Stationen, die den Grenzwert überschreiben, nimmt seit 2010 stetig ab. Im vergangenen Jahr haben nach einer Hochrechung des Umweltbundesamtes etwa 45 % der Messstellen den Grenzwert überschritten.
Foto: UBA
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Laut Umweltbundesamt verursachen Dieselautos 72,5 % der Stickoxide im Stadtverkehr.
Foto: UBA
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Mit der Einführung von Euro 6 nahm der reale Ausstoß von Stickoxiden ab. In den weißen Wolken stehen die Grenzwerte, in den grauen gibt das Umweltbundesamt die realen Emissionen an.
Foto: UBA
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Die Messstellen mit dem höchsten Stickoxid-Jahresmittelwert 2017 in Mikrogramm je Kubikmeter Luft. München, Landshuter Allee: 78 (Vorjahr: 80).
Foto: Open Street Map
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Die Messstellen mit dem höchsten Stickoxid-Jahresmittelwert 2017 in Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Stuttgart, Neckartor: 73 (Vorjahr: 82).
Foto: Open Street Maps
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Die Messstellen mit dem höchsten Stickoxid-Jahresmittelwert 2017 in Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Stuttgart, Hohenheimer Straße: 69 (Vorjahr: 76).
Foto: OSM
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Die Messstellen mit dem höchsten Stickoxid-Jahresmittelwert 2017 in Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Köln Clevischer Ring: 62 (Vorjahr: 63).
Foto: OSM
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Die Messstellen mit dem höchsten Stickoxid-Jahresmittelwert 2017 in Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Reutlingen Lederstraße: 60 (Vorjahr: 66).
Foto: OSM
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Die Messstellen mit dem höchsten Stickoxid-Jahresmittelwert 2017 in Mikrogramm je Kubikmeter Luft. Hamburg, Habichtstarße: 58 (Vorjahr: 62).
Foto: OSM
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Die gelb markierten Punkte kennzeichnen Messstellen mit besonders hohen Feinstaubwerten. Außer dem Stuttgarter Neckartor überschritt keine Station die Grenzwerte an mehr als den zulässigen 35 Tagen.
Foto: UBA
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Die Messstellen mit den meisten Tagen über 50 Mikrogramm Feinstaub (PM 10) je Kubikmeter Luft: Stuttgart, Neckartor (45 Tage). Jahresmittelwert: 35 Mikrogramm je Kubikmeter.
Foto: Open Street Maps
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Die Messstellen mit den meisten Tagen über 50 Mikrogramm Feinstaub (PM 10) je Kubikmeter Luft: Markgröningen, Grabenstraße (31 Tage). Jahresmittelwert: 27 Mikrogramm je Kubikmeter.
Foto: OSM
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Die Messstellen mit den meisten Tagen über 50 Mikrogramm Feinstaub (PM 10) je Kubikmeter Luft: Hagen, Graf-von-Galen-Ring (29 Tage). Jahresmittelwert: 27 Mikrogramm je Kubikmeter.
Foto: OSM
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Die Messstellen mit den meisten Tagen über 50 Mikrogramm Feinstaub (PM 10) je Kubikmeter Luft: Berlin-Neukölln, Silbersteinstrasse (28 Tage). Jahresmittelwert: 28 Mikrogramm je Kubikmeter.
Foto: OSM
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Die Messstellen mit den meisten Tagen über 50 Mikrogramm Feinstaub (PM 10) je Kubikmeter Luft: Gelsenkirchen, Kurt-Schumacher-Straße (28 Tage). Jahresmittelwert: 28 Mikrogramm je Kubikmeter.
Foto: OSM
Fünf Städte sollen den Nahverkehr kostenlos anbieten: In Bonn, Essen, Herrenberg, Reutlingen und Mannheim sollen Bürger Bus und Bahn nutzen können, ohne einen Fahrschein zu bezahlen. Mit dieser Idee wollen Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) und Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) die Luftverschmutzung in Städten reduzieren und Brüssel besänftigen. Denn die EU-Kommission „könnte vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) klagen, sollte Deutschland die Luftqualität in den Städten nicht verbessern. Letzte Konsequenzen könnten Fahrverbote sein“, schreibt Spiegel Online.
Zu den Maßnahmen, die Hendricks, Schmidt und Altmaier in einem Brief an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella schickten, gehören laut Politico auch Niedrigemissionszonen für Schwerlastverkehr und limitierte Fahrverbote.
Die Idee: kostenlos Bus und Bahn fahren
Für Aufsehen und ganz unterschiedliche Reaktionen sorgte jedoch die von Piraten und Linken bekannte Idee, eines kostenlosen Nahverkehrs. Denn der sei keinesfalls gratis zu haben: Der Hamburger Verkehrsverbund HVV etwa hat 2017 für 830 Millionen Euro Fahrkarten verkauft. „Das ist etwa eine Elphi pro Jahr“, sagte ein Sprecher. Die Elbphilharmonie hat etwa 800 Millionen Euro gekostet.
Die Kosten: eine Elbphilharmonie pro Jahr
Teuer und langwierig könnte auch das Schaffen zusätzlicher Kapazitäten werden: Schon jetzt befördere der HVV 770,5 Millionen Fahrgäste pro Jahr. Würde diese Zahl steigen, müssten neue Fahrzeuge und Strecken her, auch das kostet Geld. Der Verband deutscher Verkehrsunternehmen rechnet mit Kosten von zwei Milliarden Euro pro Jahr. Dazu kämen Investitionen in neue Busse und Bahnen.
Die Reaktionen: skeptisch
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) fordert für den kostenlosen Nahverkehr Geld vom Bund und vermutet eine Nebelkerze. Er sei ebenso überrascht von der Idee wie der Deutsche Städtetag, schreibt Spiegel Online. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter bezeichnete die Idee laut Spiegel Online als „vage“ und „Gaukelei“. Der Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan forderte mehr Busse und Bahnen.
Skeptisch zeigte sich laut n-tv der Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen und Oberbürgermeister von Mainz, Michael Ebling: „Der Bund muss sagen, wie er so etwas bezahlen möchte.“ Allerdings nannte Ebeling die Idee auch eine „visionäre Vorstellung, die auf jeden Fall mehrere Testballons braucht.“
Die Praxis: mit Schwierigkeiten
In der estnischen Hauptstadt Tallin wird der kostenlose öffentliche Nahverkehr schon getestet. Dort seien zwar weniger Autos auf den Straßen, allerdings würden auch Fahrradfahrer umsteigen. Die nötigen Kapazitätserhöhungen durch die vielen Umsteiger habe die Stadt nicht finanzieren können, schreibt Spiegel Online. In der US-Stadt Portland, die den kostenlosen Nahverkehr 2012 einstellte, hätten ebenfalls Finanzierungslücken die Busse ausgebremst.
Sehen Sie in der Galerie: Die 2017er Ergebnisse der Schadstoff-Messstationen in deutschen Städten