Escort, LeBaron, Barchetta, Streetka und Spider

Billige Youngtimer-Cabrios - Spaß ohne Wertverlust

Sie wünscht sich ein nettes kleines Cabrio. 3.000 Euro sind ihr Limit. Das beschert uns eine spannende Tour über Kiesplätze und fünf Youngtimer mit Wertsteigerungspotenzial. Los geht es sogar ab 1.500 Euro.

Youngtimer-Cabrios-unter-3000-Euro-Reportage Foto: Arturo Rivas 22 Bilder

Bérénice will ein Cabrio, nicht zu teuer und noch in dieser Saison. Ein verständlicher Wunsch einer jungen Frau, die den Reiz des Offenfahrens bei einer Freundin im Mini Cabrio entdeckte. Aber ein modernes Auto muss es für die 29-jährige Journalistin nicht sein. Ihr aktueller Mercedes C 180 Elegance, Baureihe 202, ist ein gepflegtes, aber – wie sie meint – auch ein „irre langweiliges“ Auto. Diese Einschätzung vermag ich nicht zu teilen, immerhin ist der Wagen Rosenholz-Metallic mit roten Stoffpolstern. „Gefällt dir das etwa?“, fragt sie ungläubig. „Willst du ihn kaufen?“

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Das Bügelcabrio gehört zur Spezies der Erdbeerkörbchen, made by Karmann.

Doch Bérénice vertröstet mich auf später, sie meint, lass uns doch morgen gleich losziehen, ein paar Cabrios angucken. „Du kennst dich doch aus, vor allem mit Schnäppchen auf Kiesplätzen, außerdem brauche ich meine brave C-Klasse vielleicht noch, wenn sich mein neues Cabrio als kapriziöse Diva entpuppt.“ Noch am Nachmittag stelle ich ihr eine „Wundertüte“ mit fünf Modellen zusammen, schließlich will Bérénice erst einmal herausfinden, welcher Cabrio-Typ sie ist.

Körbchen von Karmann

Der Großraum München ist am nächsten Tag unser Ziel, dort gibt es besonders viele Kiesplätze. Als Erstes fällt ein Ford Escort Cabrio in der Topausstattung Ghia und mit dem Topmotor 1.8i aus meiner Wundertüte direkt vor unsere Füße. Es steht grün schillernd in der Sonne neben einer Phalanx von gleich drei roten Mazda RX-7. Ein offensichtlich sehr gepflegtes Exemplar, ohne Rost, Kratzer oder Beulen, aber mit leichter Tieferlegung und markenfremden Alurädern.

Bérénice findet das Erdbeerkörbchen mit der Ford-Pflaume vorn dran auf den ersten Blick zwar „ziemlich spießig“, aber das edle Zederngrün- Metallic gefällt ihr, und der Preis von gut 2.000 Euro inklusive neuem TÜV passt gut in ihr Budget. Händler Aykut Icli umwirbt uns mit gewinnender Freundlichkeit, im Gespräch weist er gleich auf den Satz Original-Aluräder hin, die auch noch zum Auto gehören.

In Windeseile montiert er die roten Kennzeichen und entfernt das klobige Windschott, das wir nicht mögen. Der Targabügel stiehlt uns ohnehin schon ein Stück vom Himmel, da wollen wir nicht noch zugemauert fahren. Bérénice ist vor allem vom elektrohydraulischen Verdeck des Escort fasziniert, das den Öffnungsvorgang lautlos und mit vorbildlicher Akkuratesse zelebriert.

Der Escort macht einen Zweitwagen überflüssig

Der Escort springt sofort an, läuft spontan rund. Mit erwartungsvoller Vorfreude, die Sonnenbrille aus dem Haar geklappt, setzt sich Bérénice hinter das glänzende Holzlenkrad, das ein wenig kitschig wirkt, so wie das gesamte aufgebrezelte Ghia-Interieur. Aber uns gefällt das, es macht das Auto liebenswert. Der aufwendig konstruierte Motor holt aus satten 1,8 Litern Hubraum 116 PS, genug um entspannt zu cruisen.

Leider macht die Tieferlegung den sonst so komfortablen Wagen unnötig hart. Knapp 200.000 km stehen auf dem Tacho, aber viele Ford-Kundendienststempel wecken Vertrauen. Zumal sich der gesamte Antrieb kerngesund und frei von verdächtigen Geräuschen zeigt. Das schwere gefütterte Karmann-Verdeck mit Glasheckscheibe ist wintertauglich, und das gute Raumangebot macht einen Zweitwagen überflüssig. Auf unserer erfreulich langen Probefahrt, die uns entlang der Ilm über beschauliche Landstraßen führt, wächst mit jedem Kilometer die Freundschaft. Während Bérénice noch mit dem tussigen Erdbeerkörbchen- Image des sonst so erfreulichen Escort hadert, steuern wir schon unseren nächsten Cabrio-Kandidaten an, der ist billiger und größer als der Escort.

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Der von Mitsubishi konstruierte V6 sorgt im LeBaron für ordentlich Durchzug.

Rot wie die Sünde leuchtet uns der stets etwas milieuhaft wirkende Chrysler LeBaron auf einem Augsburger Verkaufsplatz entgegen. Es ist schon das facegeliftete Modell ohne die charakteristischen Klappscheinwerfer, was mir besser gefällt. Bérénice findet den LeBaron mit seiner schwülstigen Viersessel-Lederpracht und seiner Straßenkreuzer-Attitüde„ziemlich dekadent“, aber sie meint, anders als der Escort hätte der Chrysler wenigstens ein Image. Königs heißt der Händler, und der Service ist auch hier wahrhaft königlich.

Chrysler LeBohemian

Verkäufer Oktay Galasci serviert uns den LeBaron auf dem Präsentierteller, hilft behutsam nach, als das elektrische Verdeck ein wenig hakt, schraubt Schilder dran, gibt uns den Booster für die Probefahrt mit, falls er bei „vollem Lenkradeinschlag und eingelegter Fahrstufe mal ausgeht“. Das tut er nicht. Bis auf die linke Seitenscheibe, die sich partout weigert, in der Versenkung zu verschwinden, ist alles okay.

Der rostfreie, von vier Vorbesitzern sorgsam gehütetete LeBaron bietet enorm viel Auto fürs Geld, was sich weniger in den Audi-100-Abmessungen als im Antriebskomfort auswirkt. Da ist er mit dem niedertourigen, unerhört leisen Dreiliter-V6, der sich niemals anstrengen muss, ganz weit vorn. Dieses ungemein lässige Fahrgefühl, unterstützt von der früh schaltenden Viergangautomatik, ist für Bérénice ein völlig neues Wohlfühlerlebnis. Es liegt vor allem am satten Drehmoment von 233 Nm bei nur 2.400/min. Sie findet den roten Exoten am Ende „cool“ und viel reizvoller als den Escort. Der Wagen ist in ihren Augen ein Freigeist, ein Bohemien, der sich nicht um Konventionen schert.

Fiat lässt Frauen-Herzen höher schlagen

Mit dem LeBaron gibt man ein Statement ab, Motto: Endlich kann ich mir den abgetragenen Luxus von einst zum Preis eines gebrauchten Polo leisten. Bérénice meint, er sei wie ein Pelzmantel vom Flohmarkt. Doch alle Straßenkreuzer-Euphorie verweht im Fluge, als vor uns Kandidat Nummer drei parkt, eine niedliche Fiat Barchetta in Palladio-Metallizzato, innen rotes Leder. Bérénice ist hin und weg, setzt sich gleich ungefragt hinter das Lenkrad des rundum offen geparkten Autos und lacht so hell tönend, wie man es nur von jungen Frauen im Schuhsalon kennt.

Die fein ausstaffierte Barchetta hat sich auf den schmalen Kiesplatz von Dieter Hagenbusch in Schwabmünchen quasi verirrt, sonst setzt der gelernte Kfz-Meister auf veritable Klassiker vom Schlage eines BMW 3.0 CS, eines Jaguar S-Type oder eines VW-Porsche 914. Der „Beifang aus einem Inzahlungnahme-Paket“, wie er sagt, muss weg. Das Bötchen kostet nur 1.500 Euro, hat noch reichlich TÜV, und die Laufleistung ist überschaubar.

Gestepptes Leder im Fiat

Im Sondermodell Riviera lockt die üppige Ausstattung des von Centro-Stilist Andreas Zapatinas einst so hübsch gezeichneten Fiat-Roadsters. Der Clou ist neben dem bekannt drehfreudigen und agilen Motor zweifellos das gesteppte feine Leder wie bei einem Ferrari 365 GTC oder einer edlen Damenhandtasche von Gucci. Einziger Wermutstropfen bei der Discount-Barchetta: die Rostansätze zwischen den hohen Schwellern und den hinteren Seitenteilen, hier muss man ran.

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Das Interieur der Fiat Barchetta begeistert vor Allem die Frauenwelt. Gestepptes Leder wie bei einer Gucci-Handtasche.

Die Barchetta passt Bérénice wie angegossen, sie macht eine ausgezeichnete Figur in dem detailverliebten Cabrio mit der betonten Frontpartie. Die einmal mehr nicht originalen Aluräder heißen „Dezent“, und sie sind es auch. Wir fahren ausgiebig Probe, freuen uns, dass wir in dem kleinen Fiat-Boot so schön draußen in der Sonne sitzen. Die Kupplung kommt etwas spät, sonst passt alles. Nach fünf vorsichtigen Warmfahrkilometern ist die Barchetta in ihrem Element, sie dreht munter bis 5.000/min, das Getriebe lässt sich knackig schalten.

Exemplarisch vermittelt der kleine italienische Roadster die sprichwörtliche Freude am reduzierten Fahren. Der zierliche Fronttriebler auf Punto- Basis lebt den völligen Gegenentwurf zum LeBaron, kommt ohne elektrisches Verdeck aus. Nach 20 km ist eine verzückte Bérénice, die immer wieder lächelnd über die Ledersitze streicht, bereit zu unterschreiben.

Gokart-Handling im Ford Streetka

Ich lenke heftig gegen ihr emotionales Übersteuern, verweise fast beleidigt auf meine beiden anderen Joker in der Wundertüte, die ich aber nicht verrate. „Die Barchetta können wir auf dem Rückweg immer noch festzurren“, lautet mein beruhigendstes Argument. Bérénice kriegt sich wieder ein und lacht schallend, als wir vor dem topgepflegten Ford Streetka stehen, Kandidat Nummer vier auf unserer unvernünftigen Reise ins Cabrio- Paradies für kleines Geld. „Ein Streetka, das ist nicht dein Ernst, dieses absurde Comic-Auto, niemals!“

Nach einem Monolog intensiven Streetka-Schönredens mit Exkursen über die Ford-Stilisten J. Mays und Martin Smith, über New-Edge-Design, mutig gepaart mit Pininfarina- Avantgarde, willigt sie doch zur Probefahrt ein. Es dauert nicht lange, da findet sie ihn „irgendwie witzig“, nach zehn weiteren Kilometern heißt es von links mit glockenheller Stimme: „Fährt sich wirklich toll, Handling wie ein Gokart, alles so direkt. Er hat auch Aussteigen mit ernster Miene: “Aber er ist zu süß, ich bin keine Abiturientin mehr, die sich eine MCM-Handtasche mit passendem Auto wünscht.„

Alfa als letzter Trumpf

Mein letzter Cabrio-Trumpf ist ein Alfa Romeo Spider, aber ein moderner, mit Frontantrieb und radikaler Keilform, die sich Pininfarina ausdachte, um nach 28 Jahren mit der dreimal reanimierten Spider-Tradition gründlich zu brechen. Für Alfisti war der intern 916 genannte Wagen ein wahrer Kulturschock, letztlich verstanden sie ihn mit viel gutem Willen als fahrende Skulptur. Er war auch keinesfalls ein Flop, von 1994 bis 2005 wurden 56.347 Spider gebaut.

Sie sind vollverzinkt und bereiten kaum Rostprobleme. Unser Exemplar macht eine gute Figur, letzter TÜV ohne Mängel, ein Serviceheft mit vielen Stempeln und ein gepflegter Innenraum mit leicht patiniertem Leder. Bérénice zeigt sich angetan, doch der eigensinnige Alfa will erobert werden. An den Drucktasten der schweren und viel zu breiten Türen brechen die Fingernägel, man sitzt enorm tief, der Spider rollt bretthart ab, hat einen Wendekreis wie ein Gelenkbus. Aber nach rund zwölf Kilometern kommt ein Befreiungsschlag, der geradewegs in einen Sinneswandel mündet.

Dann zeigt der 16-ventilige Twin- Spark-Doppelnocker, was er kann, dann geht über 4.000/min die Post ab, und die 155 PS machen mächtig Druck. Das neutrale Handling und die unerwartet präzise Schaltung lassen den Frontantrieb vergessen. Doch für Bérénice wird am Ende klar, dass es die Barchetta sein wird: “Die kostet nur die Hälfte und fährt viel leichtfüßiger.„