Kosten-Analyse Porsche 911
Was Elfer fahren wirklich kostet
Porsche fahren ist teuer, andererseits legte der 911 über die Jahre immens an Wert zu. Jeder in Wartung und Reparatur gesteckte Euro könnte gut investiertes Geld sein. Geht die Rechnung auch bei einem Exemplar im mäßigen Zustand Dreiminus auf?
19.11.2013
Alf Cremers
Foto: Karl-Heinz Augustin
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Saskia liebt ihren Porsche, vergöttert ihn aber nicht. Sie nutzt ihn im Sommer als Alltagswagen, fährt etwa 7.000 Kilometer im Jahr.
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Saskia bewegt ihren Porsche 911 artgerecht. Will heißen: behutsames Warmfahren, sorgfältiges Einkuppeln, gefühlvolles, langsames Schalten.
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Der Pflegezustand ist allerdings mäßig: Ölwechsel eher nach Laune: Der letzte Filterwechsel ist schon über sechs Jahre her. Nachgießen erfrischt, der Ölverbrauch liegt bei einem Liter auf 1000 km.
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Was bisher geschah: Der silberne 911 wurde vor 10 Jahren aus dritter Hand erworben. Seine Service-Historie ist lückenhaft, gewartet wurde er wie ein VW Golf II bei A.T.U. Reifen, Bremsen, Fahrwerksbuchsen und Auspuff wurden TÜV-gemäß erneuert.
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Lückenhafter Pflegepass: Zwei Vorbesitzer stehen drin, sporadischer Minimal-Service in den 70ern bei Porsche Knubel in Münster, vier Stempel.
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ATU als Service-Partner: Nicht ideal, aber für Auspuff, Bremsen, Öl reicht es. 2004 war er einmal beim 911-Experten Herwig Roitmayer in Oberhaching.
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Momente der Wahrheit: Kfz-Meister Heiko Getrost untersucht täglich viele Elfer sehr akribisch. Sein Fazit: Dieser Carrera ist gar nicht schlecht.
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Die akute Mängelliste: Was jetzt gemacht werden muss: 199.540 km zeigt das Zählwerk des VDO-Tachos. Für viele Elfer-Kenner ist dies die magische Grenze für eine Generalüberholung.
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Die Experten von Boxer Motor und klassische Automobile geben vorerst Entwarnung für Motor und Getriebe, entdecken aber 38 kleinere und größere Mängel. Das beginnt bei den defekten Gasdruckdämpfern der Hauben und endet beim geflickten Stoßstangengummi. Um den Ölverlust des Motors an den verdächtigen Stellen in den Griff zu kriegen, ist eine arbeitsintensive Teilzerlegung der Maschine erforderlich.
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Scheinwerfer-Reflektor blind: Wurde vom TÜV übersehen, der rechte Scheinwerfer strahlt mit verminderter Kraft, weil der Reflektor abblättert.
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Ölverlust beim Öldruckschalter: Auf der Rückseite des Motors, hinter dem Luftfilterkasten, bildet sich eine Öllache. Ein Teil verdampft durch Hitze.
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Ölverlust an den Ölrohren: Der 911 hat Trockensumpfschmierung mit Ölrohren und Entlüftungsschläuchen, die meisten sind undicht.
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Stabi-Halterung gebrutzelt: Die Halterung des Stabilisators ist eine bekannte Sollbruchstelle. Inzwischen gibt es verstärkte Reparaturbleche.
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Rücklichter beschädigt: Die Streuscheibe der Kennzeichenbeleuchtung fehlt, die Rücklichtgläser haben Risse. Das wirkt vernachlässigt.
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Ölwechsel samt Filter: Nach 30.000 Kilometern und sechs Jahren sollte das Öl dringend raus. 13 Liter zirkulieren, 10 Liter werden gewechselt.
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Stehbolzen prüfen: Dieser Dreiliter-Motor wurde auf haltbarere hydraulische Kettenspanner umgerüstet. Wir prüfen die Stehbolzen.
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Stoßfänger-Gummi erneuern: Solche Basteleien sind eines Elfers grob unwürdig. Der erste Griff ins Regal gilt dem neuen Stoßfänger-Gummi.
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Karosserie entrosten: Der silberne Lack unseres Carrera ist nicht der erste und nicht der Beste. Aber wir wollen ihn trotzdem weitgehend erhalten.
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Die rostbefallene Tankklappenregion und die korrodierten B-Säulen-Zonen werden nach dem Kotflügeltausch und den Blecharbeiten lackiert. So sieht die Sache von oben aus. Das Blech wurde bereits erfolglos geschweißt, jetzt gibt es einen neuen Kotflügel.
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Rost im linken Radhaus: Der Carrera hat früher einige Winter durchlitten, trotz Vollverzinkung rostet die kritische Zone um den Tankstutzen.
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Rostbefall an B-Säulen: Hier treffen Schweller, B-Säule und hinteres Radhaus aufeinander. Mehrere Blechlagen bilden gern Korrosionsherde.
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Unterboden ausbessern: Seltsame Abschürfungen zeigt der Unterbodenschutz in beiden vorderen Radhäusern. Sie sind aber nicht durchgerostet
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Interieur optimieren: 200.000 km und fast 37 Jahre haben auch innen Spuren hinterlassen, obwohl die Zeit stehengeblieben ist: Die defekte Uhr überholt ein Spezialist, das Sitzkissen des Fahrersitzes wird aufgepolstert und mit dem Originalstoff bezogen, der Rest kommt neu.
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Defekte Zeituhr reparieren: Hier muss man abwägen, ob ein Neuteil nicht billiger ist als eine Revision. Aber Erhalten hat einfach mehr Charme.
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Aufgequollene Sonnenblenden: Eine typische Alterungserscheinung nicht nur bei Porsche. Sieht einfach hässlich aus und fasst sich unschön an.
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Sitzkissen neu beziehen: Hier gibt es nichts mehr zu retten. Die Sitzklinik Düsseldorf liefert noch den originalem Stoff im Nadelstreifen-Dessin.
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Türtaschen verzogen: Vor allem sommerliche Hitze mit Innentemperaturen über 60 Grad stresst das Material. Die Parkscheibe fällt durch.
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Altschäden beseitigen: Was wir schon 2003 mitgekauft haben, aber uns schon immer gestört hat, muss jetzt weichen. Poröse Dichtungsgummis der hinteren Ausstellfenster, gerissene Türdichtungen, wackeliger rechter Außenspiegel, defekter Fensterheberschalter für die Beifahrertür.
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Türdichtung, Spiegel: Auch die großen Profildichtungen der Türen zeigen offene Risse als Folge von Materialermüdung, der
rechte Spiegel vibriert.
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Aufsetzspuren am Tank: Unschön, aber nur durch Austausch zu beheben. Stattdessen Unterbodenschutz ausbessern, mit dünnem Wachs versiegeln.
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Dichtungen der Ausstellfenster: Der Carrera 3.0 war der letzte Elfer mit den herrlichen Ausstellfenstern. Jetzt brauchen sie neue Dichtungen, auch die der Heckscheibe ist fällig.
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Getriebe überholen: Nach 228.000 Kilometern macht das 915er-Getriebe unter Last vor allem im 3. und 5. Gang leichte Mahlgeräusche. Elfer-Schaltboxen sind zwar nie ganz leise, aber die Revision mit neuen Hauptlagern und Synchronringen plus eine neue Kupplung steht an.
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Reifen erneuern: Der Reifensatz ist vom Fabrikat her uneinheitlich, nur die hinteren sind 2013 neu. Vier Neue werden fällig, am besten Pirelli P 6000, vorn 185/70, hinten 215/60 VR 15.
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Bremsen erneuern: Die hochwirksame Porsche-Bremsanlage, im Carerra 3.0 schon serienmäßig mit Servogerät, braucht eine Revision. Bremssättel überholen, neue Scheiben und Beläge. Auch hier schmerzen die hohen Teilepreise.
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Stoßdämpfer tauschen: Der Porsche hoppelt über schlechte Fahrbahnen, die Stoßdämpfer sind fällig, auch die Fahrwerksbuchsen sind spröde und rissig.
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Motor-Instandsetzung: Irgendwann kommt der jüngste Tag der Komplettüberholung. Jetzt sind wir bei Kilometerstand 242 000. Also: neue Kolben, neue Laufbuchsen, neue Pleuel und Hauptlager und die Revision des Zylinderköpfe.
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Abgasanlage erneuern: Die perforierten Wärmetauscher und die scheppernden, innerlich verrosteten Schalldämpfer müssen raus, ein teures Vergnügen.
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Originalität im Detail: Schon jetzt haben wir den Elfer um eine Zustandsnote verbessert. Doch zur Abrundung kümmern wir uns um größtmögliche Originalität. Die steigert beim Elfer maßgeblich den Preis und freut die Besitzerin.
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Blaupunkt-Radio nachrüsten: Kenwood geht gar nicht. Blaupunkt Coburg oder Bamberg heißen die hochwertigen Porsche-Radios aus den Siebzigern.
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Mittelkonsole sanieren: Die Mittelkonsole ist verbastelt. Relikte eines alten C-Netz-Telefons? Viel leicht hilft Smart Repair die Löcher zu schließen.
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Schriftzug wechseln: Nur 2.546 Porsche 911 Carrera 3.0 Coupés sind gebaut worden. Grund genug, in einen neuen Schriftzug zu investieren.
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Tieferlegung revidieren: Wir drehen die Federstäbe wieder 3 cm höher für mehr Bodenfreiheit (siehe Aufsetzer am 85-L- Tank) und besseres Aussehen.
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Dieser Elfer ist bei fortgeschriebener Preisentwicklung künftig mehr wert, als in ihn investiert wurde. Die Zustandsverbesserung auf 2 mit eingerechnet (57.000 Euro).
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Fazit: Wertentwicklung höher als Reparaturkosten: Die Rechnung geht auf. Die Elfer-Festkosten: Dank H-Kennzeichen fällt die Kfz-Steuer mit 192 Euro für den Carrera moderat aus.
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Die Württembergische verlangt bei einer Jahres-Fahrleistung von 7.000 km und einem Wert von 33.500 Euro eine Vollkasko-Prämie von 476 Euro, OCC berechnet 677 Euro, beide 500 Euro Selbstbehalt. Für eine Teilkasko mit 150 Euro Selbstbehalt werden bei der Württembergischen 261 Euro und bei OCC 330,17 Euro fällig.
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Sie drückt mir mit einem hintergründigen Lächeln den Schlüssel in die Hand. Das Lächeln sagt deutlicher als jede Ermahnung es könnte, passen Sie gut auf ihn auf. Sie weiß, dass sie ihren Liebling weggeben muss, er ist angezählt, braucht die heilenden Hände eines Spezialisten.
Elfer mit sporadischem Service
Ich fahre zu Christoph Schlagenhauf und seiner Firma Boxer Motor nach Dotternhausen bei Balingen, der soll ihn sich mit dem untrüglichen Gespür des Spezialisten ansehen. Der Schlüssel, den ich ungewohnt links vom Lenkrad ins Schloss stecke, ist ein Nachgemachter, kein Original. Er wird zum Symbol für den Zustand des Wagens. Ich sehe ins Handschuhfach. Die Betriebsanleitung samt Pflegepass ist wellig, nur ein paar Stempel künden von sporadischem Service.
Ich fahre den silbernen Porsche 911 Carrera 3.0 ein paar Kilometer zum Kennenlernen, gewöhne mich an die stehenden Pedale, den etwas spät empfundenen Kupplungs-Druckpunkt, die langen Schaltwege. Die Gänge wollen behutsam eingelegt werden. Saskia, die Porsche-Besitzerin, hat es vorgemacht. Sie liebt ihren Porsche, fährt ihn mit Gefühl und Verstand, verhätschelt ihn aber nicht. Zwei Winter musste er anfangs durchleben, lange draußen unter der Laterne parken, pragmatische A.T.U-Pflege erdulden.
Motorölwechsel vor 35.000 km
Für Saskia gibt es wie für die meisten Frauen noch ein Leben neben dem Auto. Ich prüfe den Ölstand bei laufendem Motor und 80 Grad Öltemperatur. Es ist eines dieser vielen Elfer-Rituale, die zeigen, dass er anders ist als alle anderen Autos. Auf dem Ölfilter ist das Jahr 2006 gekritzelt und 164.774 km, auf dem Tacho des Porsche 911 stehen 199.172. Oha, einen guten halben Liter Shell 15 W 50 gieße ich nach, mehr zur Beruhigung, als dass es wirklich nötig wäre.
Öl ist dem Porsche 911 immens wichtig, da wird er zum Kontroll-Freak. Gleich drei Anzeigen überwachen den Ölhaushalt - Öldruck, Öltemperatur, Ölstand. Dass er mit seinem Lebenssaft arg kleckert, rieche ich schon, wenn ich ums Auto schleiche - der Geruch erinnert an ausgeblasene Kerzen. Am nächsten Morgen treffe ich nach 288 genussvollen Kilometern bei Boxer Motor ein - man muss den Dreiliter gar nicht hoch drehen, ich bin beeindruckt, wie er schon von unten heraus zieht, und dann dieser unnachahmliche Klang des Boxers. Saskias Elfer wirkt gut bei Kräften.
Der Porsche 911 raucht nicht, die Gänge kratzen nicht. Aber das Getriebe rasselt bei niedrigen Drehzahlen, und das Fahrwerk ist vielleicht ein bisschen weich. Er liegt mir optisch zu tief, und die schwarzen Steinschlagschutzfolien vom Turbo vor den aufreizend ausgestellten Radhäusern würde ich ihm gerne nehmen. Aber leider ist es nicht meiner.
Klar gefällt er mir, auch weil er ein Exot ist. Ein seltenes Interims-Modell - dieser Porsche 911 Carrera 3.0 -, nur drei Jahre gebaut, nur rund 2.500 Stück, Coupé und Targa. Der Block des Dreiliters besteht nicht mehr aus der anfälligen Magnesiumlegierung wie der des 2.7er, sondern aus einem Aluminiummaterial. Christoph Schlagenhauf umrundet den Wagen konzentriert, deutet auf die Rostherde um Tankklappe und an den B-Säulen, erwähnt, dass er schon mal lackiert worden ist.
Autoflüsterer am Steuer
Ich lasse den Sechszylinder an, öffne die Motorhaube, der Experte zeigt wissend auf die Ölleitungen neben dem Gebläsekasten. "Der hydraulische Kettenspanner wurde schon mal nachgerüstet. Schlagenhauf deutet auf den Ölnebel rings um den Motor, hört, ob Steuerkette oder Stehbolzen verdächtige Geräusche machen. Schlagenhauf spricht von einer gewissen Unverträglichkeit der Stahl-Stehbolzen im Alu-Block. Sie würden sich herausarbeiten aus dem Material, Falschluft im Brennraum kündige die größer werdenden Bohrungen an, und das höre man. Schlagenhauf fährt Probe. Das tut er so bedächtig und langsam, wie er spricht. Er kuppelt, schaltet, fährt untertourig, um das Getriebe, die Lager oder die Steuerkette herauszuhören, lenkt und bremst mit viel Gefühl. Er gibt hier ganz den Autoflüsterer und so gar nicht den Testfahrer, der an die Grenzen gehen will.
Nach langem Schweigen folgt sein Resümee. "Für die Laufleistung fährt sich der Wagen sehr gut, das Getriebe rasselt vor allem im dritten und fünften Gang hörbar, aber das ist normal und hier sogar weniger ausgeprägt als bei anderen, die 200.000 Kilometer gelaufen haben. Ich merke dem Elfer an, dass es jemand lange Zeit behutsam fuhr. Der Motor macht keine verdächtigen Geräusche, der Kupplungsdruckpunkt liegt etwas spät, aber ein Tausch ist noch lange nicht nötig. Doch die Stoßdämpfer an der Hinterachse sind ziemlich am Ende."
Szenenwechsel zur Boxer Motor Werkstatt
Nebenan qualmt ein Porsche 911 SC blau vor sich hin, drüben wartet ein 356 C Cabriolet auf eine neue Kupplung. Schlagenhauf übergibt an seinen Meister Heiko Getrost, der den Carrera auf die Bühne nimmt und ihn mit Klemmbrett und Stablampe durchleuchtet. Feucht glänzendes Öl umgibt den Motor an vielen Stellen - beim Öldruckschalter an den Ölrohren und den Entlüftungsrohren für den Ölkreislauf.
Aber es tropft nicht runter, selbst an den Ventildeckeln nicht, die Oberflächenspannung hält das Öl wie magisch am Metall fest. "Die alten Alu-Ventildeckel verziehen sich leicht, es gibt jetzt welche, die sind stabiler ausgeführt", rät Getrost. Ein Wärmetauscher ist an einer Seite deutlich perforiert, die Schalldämpfer sind noch gut.
Getrost wundert sich über den aufgekritzelten Ölservice und die beiden A.T.U.- Aufkleber, stellt aber fest, dass unser Porsche 911 Carrera 3.0 für sein Alter und trotz der eher sporadischen Pflege, der verbrutzelten Stabilisator-Aufnahme und des Korrosionsherdes neben dem Tankeinfüllstutzen vorne links gut in Schuss ist. Er kommt auch zu dem Schluss, dass der Motor wohl noch nicht zwecks Generalüberholung geöffnet wurde.
Elfer-Boxer mit Handlungsbedarf
Dennoch besteht gerade bei dem kerngesund klingenden Boxer des Porsche 911 Handlungsbedarf. Er muss raus, damit ihn die Mechaniker komplett abdichten können, damit die beim Elfer stets kritischen Stehbolzen überprüft und gegebenenfalls erneut werden, bevor sie sich ins Alu-Material einarbeiten und brechen.
Immerhin gibt es 24 von ihnen, für jeden Zylinder vier. "Die neueren Dilavar-Bolzen sind viel materialverträglicher und haltbarer als die Original-Stahllegierung von früher", weiß der Meister. "Natürlich sollte man auch das Ventilspiel einstellen." Ein abschließender Kompressionstest bescheinigt dem Porsche 911-Boxer gute und gleichmäßige Werte auf allen Zylindern, sie liegen bei 10 kp/cm2.
12.000 Euro für Zustand 3
Dennoch wird in der Schlussbesprechung klar, dass man inklusive Teillackierung und Sitzkosmetik 12.000 Euro hinlegen muss, um heute aus einem Dreiminus-Exemplar einen guten Dreier zu machen.
"Mit der Überholung von Motor und Getriebe kann man sich bei rund 7.000 Kilometern im Jahr Zeit lassen", meint Schlagenhauf abschließend, "300.000 Kilometer sind im bisherigen Schonbetrieb möglich."
Die Porsche 911-Spezialisten
Fünfeinhalb Stunden nahmen die Porsche-Spezialisten Heiko Getrost und Boxer-Motor-Chef Christoph Schlagenhau den vernachlässigten 76er Porsche 911 Carerra 3.0 im Dialog mit Motor Klassik-Redakteur Alf Cremers unter die Lupe. 38 Positionen standen nachher auf dem Klemmbrett, akribisch vermerkte Mängel, die keine Kleinigkeit ausließen.
Vor und nach der Begutachtung erfolgte eine lange Probefahrt, erst saß Schlagenhauf am Steuer und lauschte dem Porsche 911 Carrera Autoflüstererhaft und gezielt untertourig jede Lebensäußerung ab. Getrost widmete sich vor allem dem oberen Drehzahlbereich.