Mythos V12

12 Gründe für V12

Okay, es gibt noch Sechzehnzylinder, in Dieselloks und im Bugatti Veyron. Aber der V12 gilt gemeinhin als darstellbares Optimum. Ein perfekter Massenausgleich und kleine Zylindereinheiten prädestinieren ihn für Laufkultur, Drehfreude und Höchstleistung.

Mythos V12, Emblem Foto: Archiv 8 Bilder

1. V12 als Symbol für Status und Prestige

Beim BMW 750 i fehlt der dezente Hinweis, beim Mercedes 600 SEL prangt er an der C-Säule. Ein V12-Schriftzug signalisiert Macht und Autorität, auch wenn er beim Daimler Sovereign zum sophistischen Double Six mutiert. Mit einem V12 setzt man sich die Krone des Verbrennungsmotors auf und schwelgt im Überfluss. Einmal im Leben muss es sein.

2. V12 als Glanzlicht für Technik-Freaks

Schon die enorme Vielzahl mechanischer Bauteile macht den V12 so faszinierend. Im Ernstfall sind es vier Nockenwellen, 48 Ventile, sieben Kurbelwellen-und 24 Nockenwellenlager. Und auch das wunderbare Zusammenspiel der Kräfte und Komponenten im geheimnisvollen Organismus des Verbrennungsmotors wird auf besonders eindrucksvolle Weise deutlich.

3. Laufkultur in Vollendung

Perfekter Massenausgleich wie schon beim Reihensechszylinder, aber doppelt so viele Zündungen pro Kurbelwellenumdrehung, alle 30 Grad. Und als Sahnehäubchen geringe oszillierende Massen dank kleiner Zylindereinheiten. Das macht den V12 so seidenweich und vibrationsarm, wenn es die Konstrukteure mit der Literleistung nicht übertreiben. Der Jaguar V12 bleibt in der Laufkultur unübertroffen – auch wegen seiner Selbstbeschränkung auf nur zwei Ventile pro Zylinder und eine obenliegende Nockenwelle pro Bank. Zahme spezifische Leistung von 48 PS/Liter (253 PS).

4. Der V12 für Individualisten

Wem ein 60-Grad V12 zu profan ist, der greife zu seiner im Rennsport entstandenen Mittelmotor-Mutation. Als Zwölfzylinder für wahre Snobs gilt der falsche Boxer oder besser der 180-Grad-V12 – ein Flachmotor, bei dem sich zwei Kolben einen Hubzapfen teilen. Ferrari hat das Serienmonopol der Zahnriemen-Konstruktion, die vom Berlinetta Boxer bis zum 512 TR reifte.

5. Drehfreude und Höchstleistung

Kleine Zylindereinheiten sind eine Domäne des V12. Sie sorgen für geringe zu beschleunigende Massen und erhöhen zusammen mit einem filigranen Ventiltrieb das Drehvermögen des Motors. Ferrari war der Pionier des kleinvolumigen Zwölfzylinders und gab stets den Einzel-Hubraum in der Typenbezeichnung an. Ferrari 166 (2 Liter), Ferrari 212 (2,55 Liter) oder der abgebildete 250 GT (3 Liter, 230 PS bei 7500/min). Sie alle basieren auf dem 60-Grad-OHC-V12 des genialen Konstrukteurs Gioacchino Colombo, der 1947 mit dem 125 (1,5 Liter, 118 PS) die V12-Legende begann.

6. V12, die Krone des Motorsports

Natürlich muss ein Rennsportwagen der Superlative von einem grandiosen V12 befeuert werden. Der Porsche 917 zog konstruktiv alle Register, schrammte knapp am V16 vorbei. Schon sein 4,5-Liter-180-Grad V12 liest sich imposant: vier Nockenwellen, Mittelabtrieb über Zahnradkaskade, Doppelzündung, Zwölfstempel-Einspritzpumpe, 520 PS bei 8000/min, 460 Nm bei 6800/min.

7. V12 – idealer Gran Turismo

Ist natürlich ein Zweipluszwei mit einem V12-Frontmotor wie dieser Lamborghini Espada mit Bertone- Karosserie. Lange Reisen von Sylt nach St. Moritz werden so zum Vergnügen. Dafür empfiehlt sich auch ein Ferrari 365 GT 2 + 2 oder ein moderner 456.

8. Es ist fünf V12, jetzt oder nie!

Wie heißt der alte Macho-Spruch noch gleich: Sohn zeugen, Baum pflanzen, Zwölfzylinder fahren. Nun, im Zeitalter von Downsizing, E-Drive, Car-Sharing, schwindender Ölreserven und Literpreisen von 1,70 für Super Plus sollte man nachhaltig handeln und sich vor der Machtübernahme der Dreizylinder-Hybriden noch einen satten V12 leisten. Ein Mercedes 600 SEL, W 140 hat mit 408 PS das meiste Öko-Protest-Potenzial.

9. Der Jaguar ist halb so wild

Ein Jaguar V12 ist bei ATU oder Auto fit in falschen Händen. Hier müssen Spezialisten ran, die täglich mit diesen technischen Meisterwerken zu tun haben. Sie schaffen es auch, alle Zündkerzen ohne zeitraubenden Ausbau des Klimakompressors zu wechseln. Nur das Einstellen des Ventilspiels an den Tassenstößeln (alle 30 000 km) ist aufwendig, weil die Nockenwellen auszubauen sind, um die Plättchen (Shims) unterzulegen. Der Motor, obwohl kurzhubig, mag aus thermischen Gründen kein Dauervollgas, sonst werden die Zylinderkopfdichtungen fällig.

10. V12-Freude ab 2500 Euro

Wer keine Angst vor hohen Laufleistungen hat, Risiko als Chance begreift und der sprichwörtlichen BMW-Motorenbaukunst traut, wird schon ab 2500 Euro mit dem 750i glücklich. Er ist nicht teurer als ein Sechszylinder-730, bietet aber mit den 300 PS und 450 Newtonmeter des M 70-V12 fast das doppelte Verwöhnaroma. Don‘t dream, do it!

11. Elitärer Vorkriegs-Adel

Schon vor dem Krieg bedeutete ein V12 mondäne Aristokratie. Maybach Zeppelin (7,9 Liter, 200 PS b. 3200/min) und Horch 12 mit den Typen 600 und 670 (6 Liter, 120 PS b. 3200/min) waren die einzigen Deutschen in der Königsklasse. Mercedes baute 1941 und 1942 32 Prototypen von 600 V und K (V12, 80°, 6 Liter, 170 PS oder 155/240 PS).

12. Nicht so teuer, wie man denkt

Die deutschen V12 von Mercedes und BMW haben Hydrostößel, aufwendiges Ventilspiel-einstellen entfällt. Die Ölwechselmenge beträgt 7,5 (BMW) und 9,5 Liter. Laufleistungen bis 300 000 km ohne Motorüberholung sind locker drin.

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