Service-Station (18): Lamborghini Miura

Stierkampf auf hohem Niveau

Das vielleicht legendärste Fahrzeug der Marke mit dem Stier im Emblem heißt Lamborghini Miura. Die Wartung der Ikone mit V-Zwölfzylinder- Mittelmotor verlangt nach einer kundigen Hand und ist nicht billig.

Foto: Hardy Mutschler 8 Bilder

Innerhalb von zwei Jahren sind die Preise für Lamborghini Miura geradezu in den Himmel geschossen. Wer glaubt, solch teure Autos seien alle perfekt gewartet, sieht sich getäuscht. Das Preishoch führte zu regem Handel mit diesen Wagen. „Dabei gerät leicht der aktuelle Wartungsstand in Vergessenheit. Oder es werden erforderliche Service- Arbeiten nur notdürftig vor dem Weiterverkauf durchgeführt“, sagt Roland Staub. Er kümmert sich in der Schweiz um klassische Lamborghini.

Fahrspaß ist unbezahlbar,  Zündkerzen wechseln kostet 300 Euro

Miura-Besitzer, die eine langfristige und glückliche Beziehung mit ihrem Auto eingehen wollen, tun gut daran, auf regelmäßige Servicetermine zu achten. So etwas ist natürlich nicht günstig. Das beginnt schon bei einem lapidaren Zündkerzenwechsel, der einen Spezialschlüssel erfordert und über 300 Euro kostet, weil allein eine der zwölf Platin-Zündkerzen W5 DPO mit gut 23 Euro zu Buche schlägt.

Damit sind wir bereits bei einem der wichtigsten Servicepunkte, der Zündung. „Die ist bei über 90 Prozent aller Lamborghini Miura falsch eingestellt“, weiß Lambo- Experte Wolfgang Instinsky, der seine gemeinsam mit Schwiegersohn Thomas Meck geführte Werkstatt von Stuttgart nach Seewald Erzgrube in den Schwarzwald verlegt hat.

Farbmarkierungen oder Körnerschläge am Verteilergehäuse verraten ihm schnell, dass hier Laien am Werk waren. Wer weiß, wie die Sache funktioniert, braucht so etwas nicht. Eine korrekt justierte Zündung ist nicht nur für einen perfekten Motorlauf erforderlich, „sondern vermeidet auch Rückschläge in die Vergaser, was zu Vergaserbrand führen kann“, erklärt Roland Staub.

Dies ist wahrlich ein heißes Thema, denn schon früher legten solche Zwischenfälle etliche Lamborghini Miura lahm. Doch nicht nur die Zündung trägt daran die Schuld. „Oft stimmt das Schwimmerniveau der Vergaser nicht“, erläutert Wolfgang Instinsky. „Dann fließt bei abgeschaltetem Motor Benzin nach, der Vergaser läuft über, und der Kraftstoff entzündet sich am heißen Motor“, führt er die Kette der Ereignisse bis zum Supergau weiter.

Dass auch in diesem Punkt viel improvisiert und gebastelt wird, beweisen ihm die von Schraubendrehern malträtierten Schwimmer, auf die er beim Zerlegen von Vergasern schon gestoßen ist. Denn korrekt funktioniert die Justage des Schwimmerniveaus nur mit dem entsprechenden Fachwissen und – einleuchtend – dem richtige Werkzeug, wozu eine Messlehre gehört.

Lamborghini Miura – Ventile einstellen macht 4.800 Euro

Dass manche Servicearbeiten einen erheblichen Arbeitsaufwand erfordern, verdeutlicht bereits die Tatsache, dass zum Durchführen eines großen Kundendienstes der Ausbau des Zwölfzylindermotors gehören sollte. Denn speziell beim Lamborghini Miura ist die Zugänglichkeit der dem Passagierraum zugewandten Zylinderbank sehr schlecht.

An einem ausgebauten Triebwerk lassen sich Dinge wie etwa die Einstellung des Ventilspiels wesentlich bequemer und damit auch korrekter durchführen. Dabei stieß Wolfgang Instinsky schon auf so manche Überraschung beim Herz des Lamborghini Miura. Beispielsweise hauchdünn geschliffene Ventileinstellplättchen, die jederzeit brechen können. Die Ursache dafür liegt in zu stark nachgefrästen Ventilsitzen, wodurch die Ventile zu dicht an die Nockenwelle rückten. Ausgeglichen wurde das dann durch extrem dünn geschliff ene Einstellplättchen.

Ein anderer Fehler, der oft gemacht wird, betrifft das Spannen der Steuerketten. Dazu sind eigentlich die Zahnräder an den Nockenwellen, auf denen die Steuerketten laufen, zu lösen und dort vorhandene Führungsstifte zu entfernen, damit die Zahnräder frei drehen können. Andernfalls werden die Nockenwellen verzogen – die Steuerzeiten stimmen nicht mehr. Aber dafür müssen natürlich die Ventildeckel herunter, was sich so mancher Schrauber gern erspart.

Motorüberholung – ab 40.000 Euro

Noch ein Wort zur Motorüberholung beim Lamborghini Miura, sofern sie einmal nötig sein sollte. Wer eine gute Arbeit erwartet und auf die Verwendung hochwertiger Teile Wert legt, muss mit Ausgaben von 40.000 Euro und mehr rechnen – je nach erforderlichem Aufwand. Doch was nützt eine noch so gute Arbeit, wenn der bereits ab Werk schlechte Guss der Motorkomponenten des Lamborghini Miura dafür sorgt, dass an manchen Stellen plötzlich Öl austritt?

Feine Risse oder winzige Poren, die zuvor von abgelagerten Schmutzpartikeln dicht gehalten wurden, sind nach dem Reinigen der Teile auf einmal frei und lassen das Öl nach draußen. Um dies zu verhindern, lässt Wolfgang Instinsky mittlerweile Teile wie Block und Zylinderköpfe im Vakuum imprägnieren.

Im Rahmen einer Motorüberholung des Lamborghini Miura bietet Instinsky auch an, auf einen von ihm nachgefertigten schrägverzahnten Differenzial-Radsatz umzurüsten, was das laute Heulen und Singen der geradverzahnten Serienausführung deutlich reduziert. Übrigens hat er auch alle Teile parat, um die Modelle P 400 und S auf einen getrennten Ölkreis für Motor und Getriebe umzurüsten, wie das beim SV ab Werk der Fall war.

Kommen wir zur Kupplung, die laut Roland Staub beim Lamborghini Miura relativ häufig unter Verschleiß leidet. Zum Austausch wird Spezialwerkzeug benötigt. Ein anderer Punkt betrifft die Schwergängigkeit der Kupplung. Das rührt von der fehlenden Schmierung der ins Ausrücklager eingepressten Hülse her, die sich speziell beim Miura während der Fahrt mitdreht und beim Kuppeln gegen den Kupplungsautomaten gedrückt wird. Hier sollte regelmäßig und mit einem zähen Fett geschmiert werden, das den Zentrifugalkräften widersteht.

Leider erschweren einige Ersatzteillücken so manche nötige Reparatur. Das betrifft zum Beispiel die kaum noch verfügbaren Koni-Stoßdämpfer. Doch die Experten sinnen ständig nach Problemlösungen. So offeriert Instinsky beispielsweise Wasserpumpen im Austausch mit Keramiktechnik anstatt der Serienversion mit der anfälligen Stopfbuchse.

Glücklicherweise konnte aber bis jetzt noch jeder Lamborghini Miura wieder fahrbereit gemacht werden. Nur schade, dass sie so selten auf der Straße zu sehen sind.