"/>

Der 911 von Steve McQueen

Der graue Star aus "LeMans"

Warum reden eigentlich immer alle nur über den 550 Spyder von James Dean? Keiner, der "LeMans" je gesehen hat, vergisst Steve McQueens grauen Porsche 911, der die Ruhe vor dem Sturm symbolisiert. Bei seiner Versteigerung sorgte er für stürmische Gebote und erzielte einen Rekordpreis.

Porsche 911, Seitenansicht Foto: Darin Schnabel 14 Bilder

Le Mans schläft. Die Sonne erhebt sich träge hinter einer Pappelreihe, es ist früher Samstagmorgen. Wirklich wach sind nur eine Klarinette und ein Sechszylinder. Das Instrument wählte Filmmusik-Gigant Michel Legrand für seinen Soundtrack, den Boxer suchte der Hauptdarsteller aus. Porsche hatte erstmals die 24 Stunden von Le Mans gewonnen, und so sollte es ein Porsche 911 S sein, der die Ouvertüre zum verrücktesten Filmprojekt gab, das Steve McQueen je in Angriff nahm.

McQueens Anspruch: Er wollte den ultimativen Rennfilm schaffen

"Ich weiß nicht, ob ich ein Schauspieler bin, der Rennen fährt oder ein Rennfahrer, der auch schauspielert", hat McQueen mal gesagt. Betrachten wir es mal vom professionellen Standpunkt: Als Schauspieler war er in den Siebzigern der bestbezahlte Mime Hollywoods, und nur so jemandem kann es gelingen, obwohl er faktisch pleite ist, zig Millionen Dollar die Sarthe hinunterschwimmen zu lassen für einen Film, der keinen Plan, ja nicht mal ein Drehbuch hat.

McQueen hatte etwas Wichtigeres: eine Mission. Er wollte den ultimativen Rennfilm schaffen, so realistisch wie möglich. Und so ließ er 41 Profis von Jacky Ickx bis Jo Siffert antreten, mietete das Ferrari-Werksteam und die Porsche-Armada von John Wyer, ließ einen Porsche 908 mit Kamera im Rennen mitfahren und drehte Windschattenschlachten bei Tempo 350. Am Ende waren über 15 Kilometer Film im Kasten, aber irgendetwas fehlte.

McQueen fand, man habe die Idylle des Ortes, die heimelige Atmosphäre Frankreichs, nicht genügend eingefangen. Und so ließ er den Porsche 911 über ein schmales Landsträßchen fahren, die Brücke über die Sarthe überqueren und den Place de Jacobins in der Stadtmitte, wo Hauptdarstellerin Elga Andersen gerade Blumen kauft.

McQueen fuhr auch privat Porsche 911

Wirft jemand den Begriff "Le Mans" in den Raum, hat jeder das Bild des orangeblauen Porsche 917 mit der Nummer 20 im Kopf, den Filmfigur Michael Delaney im Rennen fährt. Aber keiner, der den Film je gesehen hat, vergisst dabei den schiefergrauen Porsche 911, der die Ruhe vor dem Sturm symbolisiert.

McQueen hatte selbst einen solchen Elfer zu Hause, aber es schien zu aufwendig, ihn für die Dreharbeiten über den Teich zu schippern. So lieferte Porsche einen zweiten 911 nach Frankreich, ausgestattet mit getönten Scheiben, Sportauspuff, Nebelscheinwerfern, dem Blaupunkt-Radio "Frankfurt" und der seltenen Klimaanlage.

John Sturgess verschrottete seinen Porsche 911

Abgesehen von seiner Nebenrolle im Film diente der Elfer McQueen als Transportmittel während der monatelangen Dreharbeiten. Auch Regisseur John Sturges erhielt einen Porsche 911 zu seiner Verfügung. Beim Versuch, seiner Freundin zu imponieren, drehte sich der Mann, der "Die Glorreichen Sieben" gedreht hatte, wenig glorreich von der Straße und verschrottete seinen Dienstwagen.

McQueens Porsche bekam keinen Kratzer ab. Er wurde wenig gefahren, bekam nie eine Beule. Nur der Lack musste einmal erneuert werden. Weil der Filmstar seinen eigenen Porsche 911 S wegen der aufwendigen Musikanlage behalten wollte, verkaufte er das Double aus dem Film an einen Sammler, der es drei Jahrzehnte lang hortete. Im Laufe der vier Jahrzehnte ging das prominente Stück Automobil nur durch drei weitere Hände.

Problem des Films: Keiner verstand ihn

Als Le Mans 1971 unter großem Getöse in die Kinos kam, spielte er ein mickriges Sümmchen ein. Die Kritik zerfetzte den Film, die Mehrheit des Publikums verstand nicht, worum es eigentlich geht. Und so ist es irgendwie passend, dass Legrands Klarinette in Moll spielte. Den Rennsportfans in aller Welt läuft es dagegen immer noch kalt den Rücken herunter, wenn der 911 die Rechtskurve bei Arnage nimmt. Leitplanken kommen ins Bild und stören die Idylle. Nach sechs Minuten und 49 Sekunden macht der Porsche Platz für den Namen des Hauptdarstellers, nach sieben Minuten ist er am Horizont in Richtung Ziellinie verschwunden. Vorhang auf für das großartigste Rennen der Welt.

McQueens Elfer erzielte Rekordpreis

Bei der Auktion am  20. August 2011 hob sich der Vorhang abermals, und der graue Porsche 911 wurde in Monterey für einen Rekordpreis von 1,38 Million US-Dollar (zum damaligen zeitpunkt etwa 953.000 Euro) versteigert. Der Steve McQueen-Bonus machte sich also auch bei diesem Auto deutlich bemerkbar. Der durch den Vorbesitz des Schauspielers geadelte Porsche 911 erzielte damit ein Vielfaches von dem derzeitigen Marktwert - ein perfekt und original erhaltener Porsche 911 S liegt bei rund 150.000 Euro.

Mit dem erzielten Preis, übertraf der Wagen sogar die Schätzungen der Szene-Kenner, die ein Höchstgebot von etwa einer halben Million erwartet hatten. Wie sagte mal ein Sammler, der sich bei der Auktion um McQueens Nachlass übernommen hatte: "Er war ein Teufelskerl und lebte das Leben, von dem wir alle träumen. Ich wollte bloß ein kleines Stückchen davon abhaben."