Oldtimer-Messe Retromobile Paris 2010

Französischer Oldtimer-Flohmarkt

Die Pariser Oldtimer Messe Retromobile zeigt noch bis zum 31. Januar in einigen Sonderschauen viele ungewöhnliche Fahrzeuge. Die dort abgehaltene Bonhams-Auktion gipfelte im Rekordpreis für einen halben Bugatti, das von den Händlern präsentierte Niveau ist hoch.

Retromobile Foto: Malte Jürgens 44 Bilder

Mit der Pariser Oldtimermesse Retromobile beginnt in ambitionierten Sammler-Kreisen sozusagen das internationale europäische Klassiker-Jahr. Die 35. Ausgabe der Retromobile, veranstaltet vom 22. bis zum 31. Januar, präsentiert sich in diesem Jahr wieder als das, was der Oldie-Enthusiast  in den vergangenen Jahren an der Porte de Versailles ein wenig vermisst hatte: ein französischer Oldtimer-Flohmarkt voller landestypischer Spezialitäten, die es in dieser Vielfalt  woanders weder zu sehen noch zu kaufen gibt.

Sonderschau zum Thema Stadtverkehr

Viel Interesse finden stets die originell ausgedachten Themen der Retromobil-Sonderschauen. In diesem Jahr brillierte zum Beispiel der Beitrag über die Historie des Stadtverkehrs mit rund 20 Micro-Cars meist wenig bekannter Marken, etwa Rollera und Paul Vallée, aber auch gefüllt mit den winzigen Entwürfen von Herstellern, die einst für Großes standen, Voisin etwa oder auch Rover. Herrlich auch der Champion, der seinen Zweitakter im Heck hinter sich herschleppt fast wie einen Anhänger. Daneben dann der totale Kontrast: ein Pferdebus von 1867 und ein Autobus-Doppeldecker von 1905.
 
Toll auch die auf der Retromobile gezeigten Spezialfahrzeuge aus der Filmindustrie, als es noch keine Computeranimationen gab. Ein kräftiges Zugfahrzeug schleppte Lichtmasten, Scheinwerfer und Kameras. Hintendran hing, meist an einer Deichsel, das Cabrio oder das aufgeschnittene Heck etwa eines Peugeot V6, auf dessen Fond-Bank dann die Leinwandhelden Action boten.
 
Peugeot mit Messestand zum 200jährigen Jubiläum

Unübersehbar grüßt in der Halle 7.3 der Peugeot-Stand die Messebesucher, und seine Botschaft klingt stolz und selbstbewusst: 200 Jahre Peugeot. Zu sehen sind natürlich die bekannten Beaus wie der 402 L Eclipse mit dem ersten versenkbaren Blechdach im Serienbau, aber auch das Peugeot-Kontrastprogramm gefällt: Auf der Retromobile widmet sich der Hersteller aus Sochaux dem Thema Taxi, und die 203, 404 und 504 aus afrikanischem Dienst erzählen wirklich große Geschichten über Härte und Nachhaltigkeit.
 
Peugeot outet auf der Pariser Messe außerdem ausführlich seine 100jährige Geschichte im Motorrad-Bau und erinnert damit an eine Sparte des Unternehmens, die bei vielen Fans schon etwas in Vergessenheit geraten ist. Citroen tritt im Verhältnis zwar etwas reduzierter auf, hat aber einen Extra-Stand den beiden nun 40jährigen im Modellprogramm gewidmet: 40 Jahre Citroen SM und Citroen GS. Der Euro-SM-Club setzt noch eins drauf und gratuliert mit einer Reise-Szene voller zeitgenössischer Koffer, einer eleganten Dame und einem goldfarbenen SM, den eine riesige rote Schleife ziert. Chapron verlängerte einst auch den sportlichsten Citroen, den ja ein Maserati-Motor antriebt, und ein wunderbares Exemplar dieses Karossiers steht ebenfalls auf der Retromobil.
 
Mazda zelebriert den immerhin schon 90. Firmengeburtstag, mit der Darstellung exotischer Technik wie dem wankelgetriebenen Mazda 110 S Cosmo Sport, dem ab 1967 ersten gebauten Coupé mit Zweischeiben-Wankelmotor. Rührend das kleine Stadtcoupé 360, das Mazda in einer De-Luxe-Version ab 1962 fertigte.

Mercedes Benz verknüpft mit dem SLS AMG Tradition und Moderne

Mercedes-Benz verknüpft auf der Retromobile seine unerreichte Traditionspflege elegant mit einem neuen Produkt, und zwar dem neuen Flügeltürer SLS AMG. Flankiert von einem 300 SL von 1955 und einem zwei Jahre jüngeren Prototyp zeigt das grandiose Trio, wie Mythen äußerst werbewirksam mit dem modernen Modellprogramm verwoben werden wollen.
 
Natürlich darf auf der Retromobile 2010 auch das Thema 100 Jahre Alfa Romeo nicht fehlen. Eine kleine, hochkarätige Auswahl von Sportwagen aus der Alfa-Historie schlägt den Bogen vom 6C 1750 GS aus dem Jahr 1932 über den C52 Spider Volante von 1952, die Giulia TZ1 von 1963 und die gleichaltrige Giulia TI Super bis hin zum heutigen 8C Competizione.

Der Bugatti aus dem Lago Maggiore ging für 260.500 Euro weg
 
Mit Hochspannung erwartet wurde die Bonhams-Auktion am Samstag, dem 23. Januar. Die Autos, die auf einem abgesperrten Areal auf der Retromobile zur Versteigerung kamen, geben traditionsgemäß einen Hinweis auf die Marktentwicklung des gerade begonnenen Jahres. Pauschal kann man sagen, dass die dort in größerer Zahl angebotenen Limousinen  ihre Schätzpreise nur selten deutlich in den Schatten stellten, doch ein Rolls Royce Silver Ghost von 1920 erzielte respektable 266.000 Euro.
 
Die Spannung knisterte, als der aus dem Lago Maggiore geborgene Bugatti T22 unter den Hammer kam. Vom Wasser zur Hälfte zerfressen, stellt er eine wirklich einmalige Skulptur aus Größe und Abstieg dar, und Bonhams setzt das Estimate mehrmals hoch, von zunächst 60.000 Euro schließlich auf 90.000. Zwei US-amerikanische Bieter lieferten sich ein Gefecht, das den Preis auf sagenhafte 260.500 Euro hochtrieb. Jener Bieter,der sich dem Vernehmen nach durch einen holländischen Strohmann vertreten ließ, erhielt den Zuschlag und will die Rost-Skulptur nun in seinem Museum öffentlich ausstellen. Mehr von der Auktion lesen Sie im nächsten Motor Klassik-Heft.
 
Die Händler wie etwa Eberhard Thiesen, Christoph Grohe, Mirbach oder Wiesner schätzten auf der Retromobile die Verkaufslage für teure und seltene Autos im Wert von mehr als 100.000 Euro als unverändert stabil und gut ein. Probleme, einen neuen Besitzer zu finden, haben den Beobachtungen zufolge eher Oldtimer in den unteren Preisregionen. Die Retromobile vermittelte Motor Klassik jedenfalls den Eindruck, dass die Oldtimer- und Youngtimer-Szene mit noch verhaltenem, aber durchaus berechtigten Optimismus in die neue Saison starten kann.