Oldtimer-Versteigerung RM Auctions Arizona

Pietsch-Bugatti verfehlt sein Estimate

1932 kaufte sich Paul Pietsch, Gründer der Motor Presse Stuttgart, in Molsheim ein Bugatti-Rennauto vom Typ 35B. Mit diesem Auto startete der damals erst 19 Jahre alte Paul Pietsch seine Rennfahrerlaufbahn.

Bugatti Typ 35, Ex-Paul Pietsch Foto: Patrick Ernzen ©2013 Courtesy of RM Auctions 15 Bilder

Am 16. Januar 2014 wurde der Kompressorwagen in den USA versteigert. Das Estimate lag bei 750.000 bis 900.000 US-Dollar (umgerechnet 550.000 bis 660.000 Euro), doch die Gebote endeten schon deutlich früher: Bei 635.000 Dollar, etwa 468.000 Euro, fiel der Hammer des Auktionators.

Die hochglanzpolierte dunkelblaue Farbe des von einem US-amerikanischen Markenspezialisten in Colorado restaurierten Bugatti aus dem Baujahr 1930 verrät aber nichts über die wahre Geschichte des Zweisitzers mit der Chassisnummer 4948: Der 135 PS starke 35B, der am 16. Januar im noblen Biltmore Resort von Phoenix im Bundesstaat Arizona versteigert wird, ist der erste Rennwagen von Paul Pietsch, Gründer von auto motor und sport, der Motor Presse Stuttgart und zudem Buchverleger. 1932 kaufte der aus Neustadt im Schwarzwald stammende Pietsch seinen ersten Rennwagen direkt in der Fabrik von Ettore Bugatti.

Estimate von 750.000 bis 900.000 US-Dollar

Als der Schwarzwälder den Rennwagen in Molsheim kaufte, war die Karosserie weiß lackiert. Weiß war seit den Gordon-Bennett-Rennen zu Beginn der 20. Jahrhunderts als die deutsche Rennfarbe festgelegt worden. Schon vor Paul Pietsch saß ein deutscher Fahrer am Steuer des Bugatti: Der Berliner Heinrich-Joachim von Morgen setzte den Achtzylinder-Rennwagen 1930 und 1931 ein. Als von Morgen für die Saison 1932 auf das verbesserte Grand-Prix-Modell 51 wechselte, gab er den 35B an Bugatti zurück. Dort entdeckte Pietsch den Achtzylinder-Rennwagen, kaufte ihn im Frühjahr 1932 und setzte ihn in dieser Saison bei zahlreichen Bergrennen sowie auch beim Großen Preis von Deutschland ein.

Paul Pietsch feiert mit dem Bugatti Typ 35B zwei Gesamtsiege

Zwar verlief die Premiere in Wiesbaden-Erbenheim mit einem Ausfall kurz vor dem Ziel enttäuschend, doch im Spätsommer konnte der junge Paul Pietsch mit seinem weißen Bugatti zwei Gesamtsiege feiern. Nach der Rennsaison verkaufte er den Achtzylinder-Rennwagen an Herbert Wimmer aus Kappelrodeck. Der Privatfahrer, der wie Pietsch im Schwarzwald lebte, setzte den Bugatti bis einschließlich 1936 ein und behielt den Bugatti auch während des Zweiten Weltkriegs. Danach gelangte der 35B in den Besitz von Heinrich Herbster aus Bad Säckingen.

Zerlegt in die USA

Um 1956 gelangte der Bugatti 35B  in zerlegter Form in die USA und wurde dort bis 1995 gelagert. Zwar gelangten die Längsträger des Rahmens in den Besitz eines Bugatti-Sammlers an der Westküste. Aber alle wesentlichen technischen Bauteile des Schwarzwälder Bugatti mit der Chassisnummer 4948 blieben erhalten und wurden wieder zusammengefügt.

Heute befindet sich der Bugatti Typ 35 äußerlich wieder in dem Zustand des Werkswagens, der 1930 beim Großen Preis von Monaco vom Franzosen Guy Bouriat auf den dritten Platz gefahren wurde. Während für den Stadtkurs wohl noch ein Zweiliter-Motor (Typ 35C) eingebaut war, kaufte von Morgen den Bugatti als 35B mit dem stärkeren 2,3-Liter-Aggregat, welches sich heute noch in dem Auto befindet.

Chassis nicht authentisch

Vor der Veranstaltung des aus Kanada stammenden Auktionshauses RM haben einige Bugatti-Experten das Auto begutachtet und es bis auf das Fehlen des ursprünglichen Chassis als authentisch eingestuft. Aber zumindest die Technik stammt dem Rennwagen, mit dem Paul Pietsch 1932 seine ersten Rennsaison bestritt, ehe er auf einen Alfa Romeo 8C 2300 Monza wechselte.