Targa-Katalog: Autos mit herausnehmbarem Dach

Himmel mit Rand

Amerikas Sicherheitspäpste wollten das Vollcabrio killen. Sie schufen eher unfreiwillig einen reizvollen Wagentyp, den ein herausnehmbares Dach mit festem Überrollbügel kennzeichnet. Ein Überblick der Targa-Sportwagen.

Triumph Stag Foto: Archiv 17 Bilder

Porsche hat das herausnehmbare Dach mit festem Überrollbügel erfunden

Die Definition fällt nicht leicht, der Begriff ist geschützt. Targa darf man eigentlich nur im Porsche-Kosmos sagen oder schreiben. Die haben das herausnehmbare Dach mit festem Überrollbügel 1965 für ihren 911 und sogar für den in dieser offenen Variante nur 2.544 Mal gebauten 912 erfunden. Gleich danach integrierten sie es sauber ins funktionale Design des VW-Porsche 914.

Doch der autokundige Volksmund hält sich nicht daran, für ihn ist alles Targa, was einen Bügel und ein herausnehmbares Dach hat - ob nun ein BMW 2002, ein skurriler Matra 530 LX oder ein Opel Kadett Aero. Keine Frage, Targa ist ein schönes, ein italienisches Wort mit Sex-Appeal und einem Hauch Exotik. Targa heißt Schild, Plakette. Gemeint ist in gleichem Atemzug auch die Targa Florio, das berühmte historische Langstrecken-Straßenrennen auf Sizilien.

Am liebsten lässt der Targabügel den Antrieb hinter sich, als Mittel- oder Heckmotor. Dann entsteht eine kongeniale Symbiose aus Offenfahrspaß, agilem Handling und jener Kurvengier, die erst ein nach hinten gerückter Schwerpunkt zu entfesseln vermag. Targa meint eher sinnliches Sportwagen-Gefühl als trennscharfe Definition. Selbst ein rassig gezeichneter, aber harmlos motorisierter Fiat X 1/9 vermittelt alle Targa-Tugenden.

Targa bezeichnet eine junge Automode und dazu noch eine vergängliche Episode

Aber es gibt durchaus Überlegungen im Grenzbereich der Begrifflichkeit. Ist das amerikanisch inspirierte T-Roof ein Targa mit Sprosse? Das herausnehmbare Blechdach des Porsche 924, in der Preisliste von 1983 offiziell "Targadach" zu 1.234,89 Mark genannt, bereits genügend Targa oder nur ein starres Schiebedach? Die schmale Dachluke im Audi Urquattro oder im zivilen Coupé GT bereits Targa oder nur Notausstieg zum Himmel?

Auch die Erdbeerkörbchen, die femininen Yogurette-Cabrios der Achtziger - VW Golf, Ford Escort, Fiat Ritmo, Peugeot 205 und Opel Kadett -, sind auf ihre Art verkappte Targas. Sie tragen aus Gründen der Überschlagsicherheit und Steifigkeit einen stabilen Überrollbügel als verlängerte B-Säule, doch ein herausnehmbares Dach gibt es nicht. Sie ziehen das Faltverdeck komplett wie eine Kapuze über. Also doch keine Targas. Targa bezeichnet eine junge Automode, siehe die Bildbeispiele, und dazu noch eine vergängliche Episode. Selbst der Erfinder Porsche hat keinen Targa alten Schlages mehr im Programm. Das echte, bügelfreie Cabriolet, erst recht das späte mit Klappdach à la Mercedes-Benz SLK, hat gesiegt. Dem Hersteller gelang es auch als Erstem, den Überrollbügel unsichtbar zu machen. Beim sicherheitsorientierten 350 SL (R 107) versteckte er sich in einem Frontscheibenrahmen von Brückenpfeilerstärke. Im Sacco-SL der Baureihe 129 schnellt er erst hervor, wenn ein Sensor kritische Querbeschleunigung meldet.

Ein Targa vor dem Targa?

Targa hat charismatische Autos hervorgebracht. Die Porsche - ob der 911 in drei Generationen oder der 914 - wirkten prägend. Die kleinen Mittelmotor-Ferrari, allen voran der legendäre Dino 246 GTS, gehören sowieso zum Kreis der Auserwählten. Die Achtzylinder-Modelle 308, 328 und 348 GTS vertieften den Mythos vom rassigen, offenen und brüllend-rasanten Zweisitzer. Selbst ein wechselanfälliger Zahnriemen konnte dem Nimbus nichts anhaben. Lamborghini konterte mit den V8-Modellen Silhouette und Jalpa, die sich aber nur in homöopathischen Dosen auszahlten. Auch der Triumph Stag, ein eher unerwarteter V8 mit Targa-Gerüst, zählt nicht gerade zu den Erfolgsmodellen. Die Steuerketten-Malaise und das thermische Unwohlsein sind inzwischen längst auskuriert, und die einst implantierten Rover-V8 verschwinden wieder aus den Autos. Zu Triumph führt uns auch das Surrey-Top, eine verdächtig targaähnliche Allwetter-Kopfbedeckung des TR 4 mit Faltdach in der Mitte und fixierter hinterer Panoramascheibe. Ein Targa vor dem Targa? Den Sicherheitsaposteln vom US-Department kam der Targabügel als Waffe im Kampf gegen die "lebensgefährlichen" Dinosaurier-Convertibles jedenfalls gerade recht. General Motors verpasste daraufhin der Coke-Bottle-Corvette C3 das charakteristische T-Roof. Der Datsun 280 ZX, der eigentlich schon immer eine Corvette sein wollte, und dessen Reihensechszylinder im Auspufftrakt verdächtig nach V8 klang, kopierte die Idee. Die verspielten Japaner entdeckten das Targaprinzip für ihren Streichelzoo liebreizender Sekretärinnen-Sportwagen - ob Honda CRX, Nissan 100 NX oder Suzuki Capuccino. Weit ernster zu nehmen ist da der Toyota MR-2 der ersten Generation. Der "Midengined Runabout" - so sein vollständiger Name, sucht ähnlich wie der leider viel zu früh vom Markt genommene Smart Roadster sein Heil in puncto Fahrspaß im Heck. Targa buchstabiert sich eben am besten von hinten.