Aston Martin V8 Vantage und Jaguar XKR

Gebrauchte britische V8-Gentlemen

Sportwagen-Fans mit Hang zu britischem Understatement haben keine große Auswahl. Machen gebrauchte Aston Martin oder Jaguar glücklich? Wir machen den Gebrauchtwagen-Check von Aston Martin V8 Vantage und Jaguar XKR.

Aston Martin V8 Vantage, Jaguar XKR, Ausfahrt Foto: Rossen Gargolov 24 Bilder

Brexit hin, Fußball-EM her. Was die Engländer in der Politik und im Sport so anstellen, lässt uns in diesem Gebrauchtwagen-Check völlig kalt. Viel unterhaltsamer ist doch der Blick auf britische Autos: Vom quirligen Mini über die mächtigen Range Rover bis zum dekadenten Rolls-Royce – die Vielfalt auf der Insel ist enorm. Egal ist uns auch, dass die meisten Hersteller schon oft totgeschrieben wurden und heute den Bayern, Niedersachsen, Indern oder sonstwem gehören. Was vergessen? Sicher, die Sportwagen-Fraktion. Okay, TVR wird reanimiert, doch Bentley, Lotus, McLaren, Morgan, Aston Martin und Jaguar leben. Im Fokus stehen heute die beiden Letztgenannten.

Aston Martin V8 Vantage, Seitenansicht Foto: Rossen Gargolov
Wie jeder Gebrauchtwagen hat auch der V8 Vantage im Alter seine Wehwehchen.

Der Jaguar XKR als „One of 30“

Der Lotus ist zu klein, der Bentley zu groß, der Morgan zu exotisch und der McLaren zu teuer, also Aston Martin V8 Vantage und Jaguar XKR – beide Modelle standen schon öfter auf dem sport auto-Testwagenparkplatz. Beim Vantage war es im Sommer 2015 zuletzt ein V12 Roadster, der sich mit einem Jaguar F-Type herumbalgen durfte. Der XKR war sogar für einen längeren Zeitraum Gast in der Redaktion, als er einen Dauertest über 50.000 Kilometer abzuspulen hatte. Das war im Winter 2009 und bedeutet, dass es der alte XKR mit dem 4,2 Liter großen, 416 PS starken Kompressor-V8 gewesen sein muss. Korrekt. Der Fünfliter mit 510 PS folgte kurz darauf.

Ob Vier-Zwo oder Fünf-Null, etwa 100.000 Euro musste man für einen neuen XKR hinblättern. Heute gibt es die 416-PS-Version schon zum Polo-Preis, der neuere Bruder mit 510 PS rangiert auf dem Niveau eines neuen Ford Focus RS. Avalon Premium Cars in Stuttgart, profan auch Schwabengarage genannt, lockt mit einem 2012er-XKR Cabriolet, Erstzulassung im Herbst 2012 als Vorführwagen, nur 32.000 Kilometer, ein Vorbesitzer, natürlich scheckheftgepflegt, Preis 75.000 Euro. Verkaufsberater Rolf Stürmer winkt mit dem Schlüssel: „Exklusive Ausstattung mit braunem Leder, Sondermodell ,One of 30', nur 20 kamen nach Deutschland.“

Wer lässt sich da zweimal bitten? Danke schön. Schlüssel eingesteckt, Startknopf gedrückt, Automatik-Drehschalter von P auf D geswitcht und zugeschaut, wie sich das verchromte Teil emporschraubt. Runter vom Hof.

Der Jag als Gleiter

Beim Warmcruisen raus aus Stuttgarts Talkessel in Richtung Südwesten verfestigt sich der schon vor Jahren gewonnene Eindruck: Der Jag fährt sich limousinig. Eher wie ein großer Gleiter mit Kraft satt als wie ein knackiger Sportwagen. Selbst mit über 1,90 Meter Länge sitzt man gut im britischen GT. Die Augen scannen edles Leder, feine Nähte, Chrom und matte Alu-Rähmchen. Alles sehr nobel.

Dazu passen der dezent brummende V8-Kompressor und die sanftmütige Federung. Mit geschlossenen Augen würde man darauf tippen, in einem Mercedes SL zu sitzen. Augen auf, und was sieht man? Verkehrszeichen 282, in schlichtem Weiß-Schwarz gehalten. Bedeutet: Ende aller Streckenverbote, also voll aufs E-Gas.

Der Achtzylinder schnaubt kurz auf, der Hinterkopf macht Bekanntschaft mit der Kopfstütze, das Blickfeld wird enger. Tacho 140, 170, 190 – Kinder, die Katze kann auch sprinten. Bei 250 ist übrigens Schluss, nur wer sich das Speed Pack geleistet hat, darf seiner Raubkatze Auslauf bis 280 gönnen. Noch mal runter auf 160 km/h und Kick-down. 510 PS und 625 Newtonmeter kacheln den gebrauchten 1,8-Tonner nach vorne. Bei 6.500 schaltet der ZF-Automat einen Gang höher, und man denkt noch: Cool, der Klang kann auch rotzig. Vorher drang nur ein distinguiertes V8-Grollen an die Ohren, aber wer den Jag prügelt, wird auch mit einer aggressiven Akustik belohnt.

Recht taube Lenkung im gebrauchten Jaguar XKR

Runter von der Autobahn. Dach auf, endlich Sommer. Auf weit geschwungenen Landstraßen fühlt sich der 510 PS starke XKR pudelwohl, auch wenn schon jetzt die recht taube Lenkung auffällt. Drei Ortsschilder später wird die Strecke enger.

Jetzt spürt man sofort die Dimensionen des Cabriolets. Mit 4,80 Meter Länge und 1,90 Breite fremdelt der 2+2-Sitzer hier. Von der Lenkung kommt kaum Rückmeldung. Auch nicht, wenn man den Taster mit der Zielflagge drückt. Zwar straffen sich die elektronischen Dämpfer etwas, doch der gute Federungskomfort bleibt. Da gibt es noch eine Taste: DSC, im Klartext: ESP.

Wer es ausschaltet, muss sich mit einem unter Last deutlich drückenden Heck auseinandersetzen. Nicht sehr ratsam angesichts der schmalen Straße, der trägen Lenkung und der 75.000 Euro auf dem Preisschild.

„Der 911 war ihr lieber“

Genug mit dem hübschen Kätzchen aus Coventry gespielt. Blinker rechts, last Exit Motorworld in Böblingen. Hier wartet ein gebrauchter Aston Martin V8 Vantage. Fix den Jag in die Halle gezirkelt – vorbei an zwei Lamborghini Huracán und einem Murciélago. Jetzt bloß dem brandneuen Bentley-SUV Bentayga keine Schürfwunde verpassen, der hier raumgreifend am Tor parkt. Geschafft, da hinten bei Automotive Masters steht der Aston Martin. Inhaber Benjamin Weihmann handelt vorzugsweise mit teuren Porsche, und so ist der 2005 gebaute V8 Vantage für 49.300 Euro eher ein Exot in seinem Portfolio: „Den Vantage hat mir ein Autosammler angeboten. Seine Frau fuhr den Aston eine Zeit, aber der 911 war ihr lieber.“

Jaguar XKR, Seitenansicht Foto: Rossen Gargolov
Lang, Strecke: Mit dem XKR in einem Rutsch an den Lago Maggiore? Why not, dafür bietet der Jag die besten Voraussetzungen.

In elf Jahren kamen bei drei Vorbesitzern nur 39.000 Kilometer zusammen, und so wirkt der elegante Brite auf den ersten Blick auch wie ein Jahreswagen. Keine Kratzer im Lack, die Felgen ohne Schrammen, wir sind ziemlich amused.

Türe auf, sie schwenkt Astontypisch leicht nach oben. Blaues Leder, blaue Verkleidungen, blauer Himmel. Weihmann weiter: „Wäre er innen schwarz oder grau, hätte ich ihn längst verkauft!“ Das Coupé parkt bereits seit Winter im Ausstellungsraum. Wir finden: Zeit für einen kleinen Auslauf, bevor er sich die Dunlops eckig steht. Der Zündschlüssel: Ford pur, mit hosentaschenmordendem Spezialbart. Der Startknopf: Aston Martin pur, aus Glas gefertigt und über dem Radio platziert.

4,3-Liter-V8 im Aston

Wummernd nimmt der 4,3-Liter-V8 seine Arbeit auf. Der linke Fuß spürt eine stramme Kupplung. Die rechte Hand freut sich, dass ein manuelles Sechsganggetriebe parat steht und nicht die schläfrige automatisierte Variante, die – guter Witz – Sportshift getauft wurde. Hmm, etwas mehr Kraft? Passt, jetzt ist der erste Gang drin. Stimmt, Transaxle, das Getriebe sitzt an der Hinterachse. Raus aus der Halle, noch immer steht der dicke SUV aus Crewe im Weg. Aber der V8 Vantage ist kompakter als der Jaguar, also keine Gefahr für den grauen Metalliclack des Bentley.

Trockensumpf: Der Brite will behutsam warm gefahren werden, alles andere wäre Gift für die Mechanik. Im normalen Verkehr schwimmt der kleine Sportler aus Gaydon locker mit. Obwohl man etwas zu hoch sitzt, fühlt man sich rasch mit dem Coupé verwachsen. Einige Bedienelemente driften leicht ins Schrullige ab, und man denkt grinsend: „typisch englisch“, aber die Ergonomie passt.

Bei Teillast, leichtem Gasfuß und sozialverträglichen Drehzahlen klingt das 385 PS starke Aggregat zahm und züchtig. Aber man ahnt schon, was in den Tiefen seines Alublocks steckt. Zehn Minuten später, dritter Gang, Vollgas: Jetzt kommt Leben in das blau tapezierte Aston-Interieur.

Röhren und grinsen

Drehzahl 4.000, 4.300, 4.700 – die Auspuffklappen öffnen sich, und der V8 röhrt so begeisternd, dass sich alle Härchen senkrecht stellen und man einfach grinsen muss. 5.500, 6.500, bei gut 7.000 Touren gibt's den nächsten Gang. Akustisch führt der Aston Martin V8 Vantage ein Doppelleben: Ähnlich wie der Aktienhändler im feinen Zwirn, wenn er im Pub nach dem dritten Pint kurz ins Vulgäre abrutscht und dem Anwalt neben ihm laut dröhnend auf die Schulter haut. Cheers!

Drehfreude und Ansprechverhalten verdienen Bestnoten, der knochig geführte Schalthebel passt zum authentischen Sportwagen-Habitus des V8 Vantage. So wie das Transaxle-Getriebe und der weit hinten und tief eingebaute V8-Motor: Davon profitieren Gewichtsverteilung und Handling. Geradzu spielerisch lässt sich der Vantage um Biegungen aller Art werfen – unterstützt von einer Lenkung, die perfekt über den Zustand des Asphalts unter den Reifen informiert.

Aston Martin V8 Vantage, Motor Foto: Rossen Gargolov
Alles richtig gemacht: Motor mit Trockensumpf, tief und weit hinten installiert. Das Getriebe sitzt an der Hinterachse.

Transaxle hilft auch der Traktion: Die Hinterachse bietet mehr Grip als die das Jaguar. Friede, Freude, Eierkuchen also? Wie jeder Gebrauchtwagen hat auch der V8 Vantage im Alter seine Wehwehchen. Mechanisch zeigt der Achtzylinder keine Schwächen, egal ob mit 4,3 oder 4,7 Liter Hubraum. Einzig am Steuerdeckel auf der Stirnseite kann er Öl verlieren. Auch das Getriebe schwitzt gerne mal, egal welche Variante. Autos mit Sportshift leiden unter vorzeitiger Kupplungsermüdung. Mehr als 50.000 Kilometer hält sie selten. Frühe Vantage fallen durch quietschende Bremsen auf, der Verschleiß ist generell recht hoch. Ein paar kleinere Elektronikprobleme gibt's obendrauf.

Auch der Jaguar hat keine weiße Weste. Sein V8 nässt gerne mal mit Kühlwasser: Wer eine rote Kruste zwischen Kühler und Riementrieb entdeckt, muss die undichte Wasserpumpe tauschen. Autos, die länger stehen und nur kurz bewegt werden, können durch ein undichtes Differenzial auffällig werden. Dann tritt Öl über den Simmerring am Flansch der Antriebswelle aus. Reine Einstellungssache sind Windgeräusche am kleinen seitlichen Eckfenster. XK-Modelle nach dem letzten Facelift kranken zuweilen an einer defekten Verstellung des Kurvenlichts.

Defekte hin, Probleme her: Auch der normale Unterhalt ist nicht günstig. 15 bis 20 Liter Verbrauch und satte Versicherungstarife lassen sich nicht wegdiskutieren. Bei den Ersatzteilpreisen liegt der V8 Vantage über dem XKR und auch leicht über einem Porsche Carrera S Typ 997.

Vertrauensfrage

Auch wenn beide Sportwagen für feinstes britisches Unterstatement stehen: Jaguar XKR und Aston Martin V8 Vantage sind weiter voneinander entfernt als ihre Heimatorte Coventry und Gaydon. Das freundliche Drehmomentmonster mit der Katze im Markenlogo erinnert stark an einen gut motorisierten Mercedes SL. Dagegen präsentiert sich das Einstiegsmodell von James Bonds Lieblingsmarke als feinnerviger Sportwagen für Aktive – er ist quasi ein britischer Neunelfer. Auch wenn der Vantage dem Porsche auf der Rennstrecke nicht ganz folgen kann, den XKR hat er klar im Sack. Beide Briten stehen auch für die große Vielfalt im Sportwagensegment jenseits von AMG, Audi, Porsche und Co. Aston Martin und Jaguar bieten ein zurückhaltenderes, stilvolleres Image als Ferrari und Lamborghini.