Audi SQ8 e-tron und BMW iX xDrive50 im Test

Duell der Elektro-Giganten

Wenn diese beiden Elektro-Giganten aufeinandertreffen, vibriert die Luft vor Spannung – hier wird Strom in mehr als 500 PS umgewandelt. Bei einer Modellpflege erhielt der Audi e-tron einige Optimierungsmaßnahmen am Fahrwerk sowie einen Namenszusatz: SQ8. Das Topmodell misst sich mit dem BMW iX.

Audi SQ8 e-tron, BMW IX 50 Foto: Hans-Dieter Seufert 20 Bilder

Sie hätten natürlich versuchen können, den BMW iX optisch ein paar Quadratzentimeter kleiner zu tricksen. Stattdessen sollte der BMW aber wohl so trutzig aussehen, wie er es eben tut. Denn ein massiver Look verkauft sich derzeit hervorragend.

Offenbar auch ein massig klingender Name, zumindest nennt Audi den bisherigen e-tron seit der jüngsten Modellpflege nun zusätzlich Q8, obwohl die beiden Baureihen nichts miteinander zu tun haben. Unser Testwagen trägt noch ein S davor, was ihn als Topmodell ausweist. Er heißt Audi SQ8 e-tron.

So viel zur Inszenierung. Die schiere Masse selbst resultiert aus dem Versuch, einem Elektroauto alltagstaugliche Reichweite mitzugeben, was sich derzeit nur über die Dimensionierung des Akkumulators realisieren lässt – je mehr gewünschte Kilometer, desto größer und schwerer. Im Audi steckt ein XL-Speicher mit 106 kWh, im BMW einer mit 105 kWh; beide liegen zwischen den Achsen, weshalb jene recht weit auseinanderstehen. Und aus dem Radstand resultiert die Außenlänge, in beiden Fällen knapp fünf Meter.

34,6 Meter misst der Audi-Bremsweg aus Tempo 100 bei vollem Tritt aufs Pedal. Der BMW steht einen Meter später.

Die optische Wirkung selbst erklärt das freilich nicht; sie lässt viele Betrachter ratlos zurück. Und provoziert die Debatte, zu welcher Welt sich ein Audi SQ8 e-tron oder ein BMW iX eigentlich bekennt. Einerseits, so philosophierte der Nachbar neulich, zeuge die Wucht ihrer Präsenz von sattelfester Selbstgewissheit, andererseits reklamiere die rein elektrische Antriebstechnik den weltrettenden Altruismus für sich. Das passe für ihn leider gar nicht zusammen.

Die Erklärung mit dem Top-down-Prinzip, wonach Innovationen zunächst in der teuren Klasse entwickelt und dann in die bezahlbare heruntergereicht werden, stellte ihn nicht zufrieden. Okay, man muss es wohl einfach benennen: Die Hersteller bauen das, was die Kunden kaufen. Brutalistische Hochbauten ergeben sich in dieser Kategorie schlicht aus der nicht müde werdenden SUV-Vorliebe, keinesfalls aber aus technischen Erfordernissen. Immerhin hat BMW beim iX ziemlich viele Kniffe angewendet, um das Gewicht nicht zu stark Richtung drei Tonnen entgleiten zu lassen: Kohlenstofffasern und Aluminium gesellen sich zu hochfestem Stahl und erleichtern die Karosserie. Was einerseits die Frage aufwirft, wie dieses Konglomerat in seinem Gefüge altern wird. Und was andererseits trotz enormem Aufwand zu schwerem Maschinenbau führt. Denn die Waage von auto motor und sport stellt für den unbesetzten Testwagen 2.586 Kilogramm fest.

Dieser Wert ist absolut gesehen hoch, relativ jedoch keineswegs, wie ein Blick aufs Resultat beim e-tron zeigt – er wiegt 2,7 Tonnen, woran die Modellpflege mit dem leichteren Batterieschutz am Unterboden nichts ändert. Addiert man die erlaubte Zuladung von 590 Kilogramm hinzu, rückt die 3,5-Tonnen-Grenze der Führerscheinklasse B erstaunlich nahe.

Innen zeigen sich die Oberklasse-SUV so opulent, wie man es erwarten darf. Interessanterweise gelingt Audi bei kürzerem Radstand das bessere Package: Der SQ8 e-tron hält mehr Beinfreiheit und – bei voller Bestuhlung – mehr Ladevolumen bereit. Bei umgeklappten Rücksitzlehnen ist der Gepäckraum des BMW iX xDrive50 größer.

Direkter Zugriff auf die Klimaanlage + griffige Regler am Lenkrad bringen dem Audio ein paar Extrapunkte ein.

Auch rund um den Fahrer ist viel Platz, weil sich wenig Bedienelemente zeigen: kaum Knöpfe, dafür überbreite Monitorflächen, direkter Zugriff nur auf die Temperatur-Vorwahl der Klimaanlage. Und vor allem keine erfühlbaren Schnellwahltasten mehr. Jene gruppierten sich früher um den iDrive-Controller. Ihn gibt es noch, doch die hölzerne Bedieninsel, auf der er sitzt, ist abgespeckt.

Hier stehen die Obermenüs des Infotainments beschrieben, wobei die winzige Schrift kaum zum Furnier kontrastiert und die Felder darunter sich nur über die erhabenen Buchstaben erahnen lassen. Man muss hinsehen, was genauso ablenkt wie das alternative Touchen – durch Menüs, die sich über diverse Ebenen erstrecken. Ähnlich ist das beim Audi, wobei immerhin seine Klimaanlage im direkten Zugriff liegt und das Lenkrad über griffigere Regler sowie Walzen verfügt.

Generell ist der Trend zur Smartphone-Bedienung ulkig, denn ein Mobiltelefon selbst darf beim Fahren aus Sicherheitsgründen zu Recht nicht genutzt werden. Apropos Smartphone: Häufig wird dessen Karriere vom Nerdzeug zum Alltagsbegleiter ebenso für die E-Mobilität vorhergesagt. Ein Handy lädt jedoch an überall auffindbaren Haushaltssteckdosen, e-tron und iX benötigen indes Wallboxen oder, besser, Zapfsäulen an Spezialstromtrassen, um die sich zumindest in Stoßzeiten viele rangeln. Dann addiert sich zur Lade- noch eine Wartezeit. Sofern die CCS-Säule mindestens 200 kW hergibt, zieht der iX mit bis zu 193 kW, der SQ8 dagegen im Test nur mit 150 – er benötigt für die Energiezufuhr deutlich länger als der BMW, was ihn das Antriebskapitel kostet.

Mehr Reichweite im BMW

Und wie weit käme man mit vollen Akkus? Legen wir den Testverbrauch an: Beim Audi sind es 35,7 kWh/100 km, woraus sich eine Reichweite von 310 Kilometern ergibt, beim BMW (31,8 kWh/100 km) wären es 61 Kilometer mehr. Wer sich wiederum an die akkuschonende 20-80-Regel hält, nur 60 Prozent der Kapazität nutzt, dem bleibt eine Schlagdistanz von 186 beziehungsweise 223 km bis zum nächsten Ladestopp.

Spannend für Anhänger-Fahrer: der iX darf bis zu 2500 Kilogramm an die Kupplung nehmen.

Randbemerkung für Anhänger des Anhängers: Der BMW iX darf bis zu 2.500 Kilogramm an die Kupplung nehmen (Audi SQ8: 1.800 kg) und kann hier auf eine Dauerleistung von 190 PS bauen (SQ8: 307 PS). Denn wie üblich beziehen sich die teils protzigen Angaben der E-Boliden nur auf ihre Spitzenleistung. Wobei wir im Test selbst beim wiederholten Beschleunigen keine Schlaffheit bejammern mussten – beim Gasgeben kollabiert lediglich die optimistische Vorhersage der Reichweite. Und möglicherweise die Nackenmuskulatur, denn der BMW zeigt eine Tendenz zum Abrupten, schwemmt schon bei geringer Lastanforderung drastischen Schub an die Räder. Was zunächst beeindruckt. Für den Alltag jedoch, da will das schonende Anfahren erst geübt werden. Beim Audi lässt sich das nochmals üppigere Drehmoment etwas sensibler übers Fahrpedal dosieren.

Fein kontrollierte Traktion

Beide Riesen verteilen die überbordende Kraft an alle vier Räder, weshalb Bedenken hinsichtlich der Fahrstabilität unbegründet sind. Der iX kontrolliert die Traktion ganz besonders fein, lässt sich anstrengungsarm dirigieren, ist herrlich zielgerichtet und spurt mit der optionalen Hinterachslenkung beharrlich seiner Wege, besonders gerne durch weite Radien.

Ein Sechseck als Lenkrad – nicht nur eine unnötige Innovation, sondern auch irritierend für den Fahrer.

Der Monolith verunsichert vielmehr mit seinem Steuerrad selbst, ein Sechseck. Mal patscht man in Kurven ins Leere, dann gegen eine Kante, was irritiert, weil die Hände etwas Rundes erwarten. An dieser Stelle folgt ein Hinweis an die BMW-Ingenieure: Das Lenkrad ist längst perfektioniert – bitte anderen Dingen zuwenden. Der Übertragung von Gefühl etwa, vor allem für die Tätigkeit der Vorderachse, könnte man noch Abstimmungsstunden widmen. Denn der Koloss dürfte sich gerne inniger mit der Straße verbinden.

Audi hat solche Hinweise in früheren Tests beherzigt, hat bei der Modellpflege mehr Rückmeldung in Lenkung und Chassis konstruiert, weshalb sich der mächtige Wagen nicht allzu ausufernd geriert. Wobei die neue Auslegung mit steiferen Querlenker-Buchsen an der Vorderachse sogar fahrdynamische Fähigkeiten zeigt: Der SQ8 kurvt enger, behänder als der iX – auch als Resultat seiner zwei Motoren an der Hinterachse samt Torque Vectoring.

Dagegen beweist der BMW seine Kompetenz beim Federn, wirkt auf schlechten Straßen im positiven Sinne gesetzter, höherklassig. Hier erlebt man die Größe beruhigend, und der Wunsch nach engagiertem He-rumkurven ergibt sich erst gar nicht.

Beim Testverbrauch geht der BMW klar als Sieger hervor: mit 370 km  Reichweite (31,8 kWh/100 km) lässt er den Audi (35,7 kWh/100 km), mit knapp 60 km mehr, hinter sich.

Beide Charaktereigenschaften gleichen sich unter dem Strich bei unserer Bewertung aus. Am Ende entscheiden andere Details den Vergleichstest. Zunächst einmal bringt den Audi das bereits erwähnte Karosserie-Kapitel in Vorlage; er untermauert das solide Punkte-Fundament mit seiner besseren Leistung beim Bremsen. Weshalb er die Eigenschaftswertung einsteckt. Da der Testwagen mit allen bewerteten Extras sogar günstiger ist als der BMW, scheint das Gesamtergebnis vorhersehbar.

Vorteil durch Schnellstart

An der CCS-Ladesäule steigt die Performance des iX rasant an und pegelt sich bei knapp unter 200 kW ein; der BMW hält sie bis auf etwa 35 Prozent Füllstand. Der SQ8 e-tron verharrt um 150 kW, liefert jene allerdings bis über 70 Prozent. Dennoch lässt sich der anfängliche Rückstand nicht mehr ausgleichen. An der Redaktions-Wallbox mit 22 kW ist der Audi dagegen etwas fixer: Er benötigt fünf Stunden und fünf Minuten, der BMW 25 min länger.

Effizienz bringt elf Punkte

Und ist es dennoch nicht. Effizienz und Ladeleistung, darum geht es bei Elektroautos schließlich. Wie bereits erwähnt, zieht der BMW iX xDrive50 seinen Konkurrenten an der CCS-Säule ab. Ebenso beim Testverbrauch, den wir längst numerisch mitgeteilt haben – hier nun seine Folgen für die Gesamtbilanz: Inklusive der Auswirkungen auf Emissionen und Energiekosten bringt die größere Sparsamkeit dem BMW unter dem Strich elf Punkte. Jene drehen das Ergebnis, wenn auch nur knapp, weshalb man an dieser Stelle nicht wirklich von Sieg und Niederlage sprechen sollte.

1.750 Liter Stauraum bietet der BMW iX, sofern man die Lehnen seiner Rücksitze umklappt. Beim Audi SQ8 sind es 1.637 Liter.

Ohnehin gelten in der Inszenierungsliga, denen Audi SQ8 e-tron und BMW iX angehören, andere Regeln. Gekauft wird offenbar ausschließlich nach optischer Präsenz, um es einmal so neutral wie möglich zu formulieren. Davon, jedenfalls, besitzen beide E-Giganten reichlich.

Fazit

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1. BMW iX 600 Punkte
2. Audi SQ8 e-tron 596 Punkte