BMW M3 GTS im Supertest

Jubiläums-M3 als würdiger CSL-Nachfahre?

Der BMW M3 GTS muss im Supertest zeigen, ob das Jubiläumsmodell den legendären BMW M3 CSL bei der Rundenzeit auf der Nürburgring Nordschleife schlagen kann. Dem Serien M3-Coupé knüpft die 450 PS starke Topvariante im Test auf dem Ring immerhin 17 Sekunden ab.

BMW M3 GTS Foto: Rossen Gargolov 30 Bilder

Als BMW M3 GTS kommt der BMW M3 erstmals wieder so daher, wie es die Fans des Kult-Sportlers erwarten - mit einem Schönheitsfehler: Mehr als 150 Exemplare werden von dem 450 PS starken Geschoss nicht gebaut. So betrachtet dürfen sich die Käufer des BMW M3 GTS bequem zurücklehnen und sich dazu beglückwünschen, das Geld - immerhin 136.850 Euro - gut angelegt zu haben: Die Aussicht, wie im Supertest mit dem BMW M3 GTS die Nordschleife des Nürburgrings tatsächlich 17 Sekunden schneller umrunden zu können als mit einem normalen BMW M3 Coupé (Basispreis 68.350 Euro), ist in etwa ebenso verlockend wie ein Date mit Scarlet Johannson - zumindest für diejenigen, die entsprechende Antennen dafür haben.

1.546 Kilogramm bringt der BMW M3 GTS auf die Waage

Sollte dies nicht der Fall sein, können gegenüber dem Kreditgeber für den BMW M3 GTS auch sachliche Gründe aufgeführt werden: Der vermutete Werterhalt beispielsweise. Schließlich ist die von der M Manufaktur jüngst auf Kiel gelegte Kleinserie BMW M3 GTS auf 150 Exemplare begrenzt. Und weil das Begehren umso größer ist, je kleiner das Kontingent ausfällt, sind die möglichen BMW M3 GTS-Optionen bereits bis auf wenige Ausnahmen gezeichnet. Womit die in Handarbeit zusammengebauten BMW M3 GTS-Modelle gewissermaßen schon jetzt zur mobilen Tradition gezählt werden dürfen. Was uns freilich nicht davon abhält, eine intensive Gegenwartsbetrachtung vorzunehmen. Schließlich verkörpert der BMW M3 GTS laut Dr. Kay Segler, dem neuen Chef der M GmbH, die Werte der Marke in hoch konzentrierter Form: "Unser Ziel war es, eine Modellvariante zu entwickeln, die ihr herausragendes Potenzial sowohl auf der Straße als auch bei Clubsport-Veranstaltungen auf der Rennstrecke unter Beweis stellen kann."

Die Zeichen dafür stehen angesichts der technischen Eckdaten des Testwagens BMW M3 GTS nicht schlecht: Aus 450 PS und einem Gewicht von 1.546 Kilogramm errechnet sich für den BMW M3 GTS ein viel versprechendes Leistungsgewicht von 3,4 Kilogramm pro PS. 3,8 waren es beim Basis-BMW M3 Coupé im Supertest, resultierend aus der Serienleistung von 420 PS und einem Gewicht von 1.608 Kilogramm. Auch wenn die Leistungssteigerung eher maßvoll erscheint und die Gewichtsreduzierung im Vergleich zum damaligen Supertest-Kandidaten nur 60 Kilogramm ausmacht, waren erheblich Klimmzüge nötig, um diese Werte überhaupt realisieren zu können: Um eine Leistungssteigerung von dieser Qualität aus einem ohnehin schon extrem hoch drehenden Achtzylinder-Sauger herauszukitzeln, bedarf es - wenn schon keine externen Hilfsmittel wie Turbos oder Kompressoren eingesetzt werden dürfen - tief gehender und somit teurer Operationen.

Mehrleistung durch Verlängerung des Hubs

Die einzig anwendbare Formel für den BWM M3 GTS lautete daher: Mehr Leistung und Drehmoment durch mehr Hubraum. Die Erhöhung von 3.999 auf 4.361 Kubikzentimeter erfolgt nicht, wie man zunächst annehmen würde, über eine größere Bohrung, sondern über einen um 6,8 Millimeter längeren Hub (82 gegenüber 75,2 Millimeter). Damit steigt bei gleicher Höchstdrehzahl nicht nur die Leistung des Achtzylinders um besagte 30 PS, sondern auch das maximale Drehmoment um 40 Newtonmeter. In der Summe bringt es der dank eines neuen Kurbeltriebs nun mit 4,4 Liter Hubraum antretende Saugmotor im BMW M3 GTS auf 440 Newtonmeter bei 3.750/min. Vom BMW M3-Basistriebwerk wurden selbstredend die charakteristischen, aus dem Motorsport abgeleiteten Konstruktionsmerkmale übernommen, zu denen unter anderem das als Bedplate konstruierte Kurbelgehäuse aus einer speziellen Aluminium-Silizium-Legierung, die Einzeldrosselklappen und eine der erhöhten Dynamik entsprechend modifizierte Nasssumpf-Ölversorgung gehören.

Gangwechsel durch kurze Fingerbewegung

Für eine optimierte Abgasströmung beim BMW M3 GTS sorgt überdies eine spezielle Leichtbau-Abgasanlage mit Vorkatalysatoren und Titan-Endschalldämpfern. Beim 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (M DKG Drivelogic) handelt es sich gleichfalls um eine Zugabe aus dem BMW M3-Baukasten, aber um eine, die auf die neuen Bedingungen des Motors angepasst ist. Mit ihrer geschliffenen Schaltcharakteristik ohne Zugkraftunterbrechungen und ihrer Spontaneität auf die von den Schaltpaddeln am Lenkrad ausgehenden Befehle bringt sich diese Kraftübertragung technisch so perfekt und gleichsam unterhaltsam ins Test-Geschehen ein, dass einem dazu keine reizvollere Alternative mehr einfällt.

BMW M3 GTS hat 100 Kilogramm abgespeckt

Nur in einem wesentlichen Punkt wirkt sich das technologische Schmuckstück belastend aus: Mit seinem Mehrgewicht von gut 30 Kilogramm gegenüber dem konventionellen BMW M3-Schaltgetriebe konterkariert es ein Stück weit die mühsamen Anstrengungen, die beim BMW M3 GTS in Sachen Gewichtsreduzierung im Karosserieumfeld unternommen worden sind. Auf der anderen Seite hingegen rückt es die Verhältnisse wieder gerade, denn das letzte, gleichfalls mit Doppelkupplungsgetriebe vorstellig gewordene BMW M3 Coupé (im Test gegen den Audi RS5) brachte stattliche 1.640 Kilogramm auf die Waage. Damit darf der von der Manufaktur vorgenommenen Diät ein durchschlagender Erfolg bescheinigt werden: Knapp 100 Kilo runter - das ist schon ein Wort.

Die Kombination im BMW M3 GTS aus dem auch akustisch deutlich präsenteren V8 und dem sich speziell in diesem Umfeld genial einbringenden Doppelkupplungsgetriebe lässt keine Wünsche offen. Die mit einer kurzen Fingerbewegung auszulösenden Gangwechsel gehen logischerweise nicht nur ohne Zugkraftunterbrechung über die Bühne. Sie werden dabei auch so prägnant in Szene gesetzt, dass beim Einschießen des nächst höheren Ganges die Köpfe der BMW M3 GTS-Besatzung nach hinten geworfen werden. Die Antriebsräder zeigen mit einem kurzen Wheelspin, dass sie vom harten Einrücken des Kupplungspaares nicht minder schwer beeindruckt sind - zumindest in den unteren Fahrstufen. Das klingt brutaler, als es ist. Prinzipiell aber gilt: Sowohl was die Effizienz der Schaltvorgänge angeht als auch in Sachen Unterhaltung finden sich aktuell nur wenige Getriebevarianten mit so hohem Begeisterungspotenzial.

BMW M3 GTS ohne Prollgehabe

Die grandiosen Zwischengas-Intermezzi beim Herunterschalten sind naturgemäß die Höhepunkte der akustischen Performance, die sich offenbar keinem Konsens mehr verpflichtet fühlt. Die optische Präsenz, hervorgerufen durch die grelle Lackierung des Testwagens und die dominanten, rennsportmäßigen Accessoires, findet im akustischen Auftritt demnach eine gleichwertige Entsprechung. Erstaunlich, dass es - abgesehen von einer unangenehmen Dröhnfrequenz bei niedrigen Drehzahlen - im Cockpit des BMW M3 GTS vergleichsweise zivil zugeht: keine Spur von Prollgehabe. Entsprechend sind sowohl die Abrollgeräusche der breiten 19-Zöller als auch die Windgeräusche in diesem, scheinbar ausschließlich der erhöhten Fahrdynamik verpflichteten Sportgerät, sehr moderat entwickelt. Dem zügigen Langstreckeneinsatz steht also grundsätzlich ebenso wenig entgegen wie dem Einsatz im Stadtverkehr, wenn - ja wenn - das BMW M3 GTS-Gewindefahrwerk diesbezüglich angemessen konfiguriert ist.

Mit moderater Tieferlegung und softeren Zug- und Druckstufen ist es möglich, das BMW M3 GTS-Fahrwerk dezidiert auf die Fährnisse des Alltags einzustellen. Bei maximaler Tieferlegung - vorn 16, hinten 12 Millimeter - und Rennsportabstimmung zeigt der BMW M3 GTS im Supertest jedoch genau jene Verhaltensweisen, wie sie reinrassige Sportgeräte gemeinhin an den Tag legen: Spurrillen nachlaufend und höchst ungehalten, geradezu störrisch auf Bodenwellen reagierend. Das nervt die BMW M3 GTS-Besatzung, bringt Unruhe ins System und hat somit unterm Strich kontraproduktive Auswirkungen. Dass im Supertest des BMW M3 GTS bei der Rundenzeit-Erprobung auf der Nordschleife genau dieses harte Setup eingestellt war, könnte dem BMW M3 GTS demnach zum Nachteil gereicht haben: Die zweifellos achtbare Rundenzeit auf dem Nürburgring von 7.48 Minuten wurde vom Fahrer nach der Zieldurchfahrt nämlich mit einem Kommentar bedacht, der bei hart abgestimmten Sportwagen mittlerweile fast zum Standard zählt: "Ich glaube, mit einer weicheren Abstimmung wäre es hier noch ’ne Ecke schneller gegangen!"

Die Vermutung, ein gemäßigteres Setup mit längeren Federwegen hätte speziell auf dem Ring zu einem besseren Test-Ergebnis geführt, ließ sich im Rahmen des Supertest nicht mehr verifizieren. Dass der BMW M3 GTS damit auf dem vergleichsweise ebenen Parkett des Hockenheimrings aber exakt so schnell unterwegs ist wie mit der harten Rennsport-Einstellung - 1.12,5 Minuten -, darf unabhängig von sich daraus ableitenden Mechanismen auch als Metapher verstanden werden: Mit Härte allein kommt man eben nicht weiter.

Fazit

65

Es wurde auch wirklich Zeit: Nach dem legendären BMW M3 CSL im Supertest hat es mehr als sechs Jahre gedauert, bis sich der als Synonym für höchste Fahrdynamik geltende M3 wieder als adäquater Gegner formiert hat. Mit dem Test des BMW M3 GTS darf sich die sportliche BMW-Seele endlich wieder gestreichelt fühlen. Auch wenn es nur 150 Exemplare sind, die in der neuen M Manufaktur per Handarbeit zusammen gebaut werden, so gibt diese Initiative doch auch einen präzisen Ausblick auf das, was die M GmbH in Zukunft sein will: Nämlich nicht bloß Namensgeber für sportlich eingewickelte Großserien-Limousinen, sondern Absender für hochqualifizierte Sportgeräte. Der in allen Belangen begeisternde Antriebsstrang mit neuem 4,4-Liter-V8 und betont sportlich konfigurierten Doppelkupplungsgetriebe drängt sich bei jeder nur erdenklichen Gelegenheit in den Vordergrund. Und das rundum einstellbare Fahrwerk des BMW M3 GTS erfüllt mitsamt den variablen Aerodynamik-Komponenten nahezu Profi-Anforderungen.