VW Golf GTE im Test

Lautlos, aber schnell und teuer

Für den neuen VW Golf GTE verspricht Volkswagen das Blaue vom Himmel: emissions- und geräuschlos in der Stadt, ausdauernd und kraftvoll auf großer Fahrt. Wir haben ihn getestet.

VW Golf GTE, Frontansicht Foto: Ingolf Pompe 15 Bilder

Nur gut, dass der VW Golf GTE-Testwagen auf zusätzliche XXL-Lettern an den Flanken verzichtet, die beim ansonsten völlig unauffälligen Audi A3 e-tron allzu auffällig auf den Antrieb hinweisen. Stattdessen hüllt sich der erste Plug-in-Hybrid aus Wolfsburg in den Sportlerdress eines Golf GTI, allerdings mit modifizierter Front, LED-Scheinwerfern sowie blauen statt roten Streifen in Kühlergrill, Interieur und Sitzbezügen. Und einem Preisschild, das erst mal zusammenzucken lässt: 36.900 Euro für einen kompakten Viertürer mit 204 PS Systemleistung sind eine starke Ansage – 5.400 Euro mehr als beim vergleichbaren GTI mit 220 PS und DSG, 2.000 Euro über einem e-Golf sowie nur 2.325 Euro unter einem Golf R mit 300 PS und Allradantrieb.

Keine Nachteile in Sachen Reichweite

Die 1.000 Euro Ersparnis gegenüber dem etwas größeren, aber technisch weitgehend identischen A3 Sportback e-tron trösten da wohl weniger als das Versprechen, dass der GTE laut VW „Zero-Emission-Vehicle, Sportwagen und Langstreckenauto zugleich“ sei. Denn wie beim Konzernbruder erlaubt der 75 kW starke Elektromotor lautloses, emissionsfreies Fahren auf kürzeren Strecken, der 1,4-Liter-TSI-Benziner mit seinen 150 PS dagegen flotte Autobahnschnitte und trotz des von 50 auf 40 Liter verkleinerten Tanks Gesamtreichweiten bis zu 940 Kilometer (Werksangabe). Obwohl der VW Golf GTE im Testbetrieb nicht ganz so weit kam (elektrisch 45, gesamt 829 km), sind hier keine Abstriche gegenüber normalen Autos mit Verbrennungsmotor zu machen.

VW Golf GTE beschleunigt auf bis zu 130 km/h im E-Modus

Ebenso wenig im alltäglichen Umgang, weil der GTE zuerst und vor allem ein Golf ist. Bis auf das Laden des 8,8 kWh großen Akkus – Vollladung an der Steckdose in fünf Stunden, via Wallbox laut Hersteller in zwei Stunden und 15 Minuten – gibt es keine zusätzlichen Aufgaben, allenfalls Möglichkeiten. So kann der Fahrer im Menü vorgeben, ob er die Batteriekapazität nutzen, erhalten oder erhöhen will, um etwa später in reglementierte Umweltzonen einfahren zu können. Oder per E-Modus den VW Golf GTE zum reinen Stromer verdonnern. Dabei sorgen die 330 Nm Drehmoment der E-Maschine für ansatzlose, gleichmäßige Beschleunigung bis maximal 130 km/h bei sehr maßvollem Stromverbrauch (16,6 kWh/100 km).

In 7,5 Sekunden sprintet der VW Golf GTE auf 100 km/h

Seine sportliche Seite zeigt der Hybrid dagegen beim Druck auf die GTE-Taste, woraufhin das adaptive Fahrwerk DCC (865 Euro) spürbar die Dämpfer strafft, der TSI-Benziner in eine schärfere Ton- und Gangart wechselt sowie das serienmäßige Doppelkupplungsgetriebe erst bei höheren Drehzahlen den nächsten Gang einlegt. So stürzt sich der schon leer 1.572 kg schwere VW Golf GTE mit der Extra-Batterie im Heck motiviert in flotte Wechselkurven, stürmt dank Elektro-Boost in 7,5 Sekunden von null auf 100 km/h und bringt dabei auf trockener Piste die Traktionskontrolle ins Schwitzen. Erst bei 217 km/h streicht er die Segel.

Apropos segeln: Artgerechter, entspannter und sparsamer ist man natürlich im Standardprogramm unterwegs, wenn die Leistungselektronik frei zwischen Rekuperation, E-Antrieb, Segeln und Verbrennerbetrieb den effizientesten Modus wählen kann. Der Wechsel geschieht meist sanft und unauffällig, aber nicht immer ohne Vibrationen und Zittern. Ansonsten macht der VW Golf GTE wenig Aufhebens um seine aufwendige Technik, gefällt mit geschliffenen Manieren, eingängiger Bedienung sowie hoher Fahrsicherheit bei geschmeidigem Komfort.

Starke Konkurrenz

Das gilt allerdings für jeden Golf und lässt potenzielle Kunden wohl kaum spontan die Kreditkarte zücken. Selbst die günstigen Unterhaltskosten dürften den hohen Preisaufschlag nie kompensieren, und den versprochenen Sportwagen geben die leichteren, agileren GTI und GTD einfach überzeugender. Aber vielleicht passt ein dynamischer Hybrid wie der VW Golf GTE schon deshalb gut in die Zeit, weil er nicht nur zwei Herzen, sondern auch zwei Seelen hat.

Ist der VW Golf GTE der bessere GTI?

Mit sportlicher Aufmachung und 204 PS Systemleistung stößt der neue Plug-in-Hybrid VW Golf GTE ins Revier des GTI vor – definiert er die moderne Art von Fahrspaß? Mal sehen.

Wer hat sich nicht schon alles am Golf abgearbeitet – und dann doch wieder von ihm ablassen müssen. Gleiches gilt für den einst als 5.000er-Sonderserie geplanten GTI, der längst eine Marke für sich ist. Und dem soll der VW Golf GTE jetzt den Rang ablaufen? Gewiss nicht, und gewiss nicht nur, weil VW daran gar kein Interesse haben kann. Sondern weil der GTE neben seinen fast 200 Kilo extra auf den Rippen auch noch die Hypothek mit sich herumschleppt, Sportfahrer und Ökoaktivisten gleichermaßen bedienen zu müssen.

Letztere wird der VW Golf GTE schon deshalb nie ganz auf seine Seite ziehen, weil es ja noch den rein elektrisch betriebenen e-Golf gibt und über 200 PS Systemleistung für sie ohnehin viel zu viel sind. Die GTI-Fans legen dagegen eher die 1.150 Euro für die Performance-Version mit zehn PS mehr obendrauf als 5.400 Euro für einen zusätzlichen E-Motor, der noch dazu völlig geräuschlos ist. Denn der Zweiliter-Turbo klingt einfach scharf, schießt bei jedem Gasstoß eine Sound-Salve aus den beiden Endrohren. Und, ja, er geht einfach besser, dreht gierig hoch und signalisiert bei aller Seriosität, dass er gerne auch mal spielen will.

Der VW Golf GTE scheint hingegen seinen sportlichen Ehrgeiz nicht auf schnelle Zeiten, sondern auf größte (Reich-)Weiten und vorausschauendes Gleiten zu legen. Und wenn er per Sporttaste dann doch mal zu mehr Enthusiasmus aufgefordert wird, klingt der 1.4 TSI eher bemüht als begeistert. Trotz weitgehend gleicher Ausstattung mit Adaptivfahrwerk, Progressivlenkung und haltstarken Sportsitzen wirkt der GTI zudem mehr als nur einen Tick agiler, neutraler und direkter, vom besseren Temperament ganz zu schweigen.

Verschweigen lässt sich jedoch nicht, dass auch der junge Wilde von einst im bürgerlichen Lager angekommen ist. Und da gibt man sich gerne einen grünen Anstrich – selbst wenn der VW Golf GTE mit blauen Streifen daherkommt.