VW Multivan 1.4 eHybrid im Test

Ein würdiger Nachfolger?

So konnte es ja nicht weitergehen, selbst ein Unantastbarer wie der VW Bus kommt nicht ohne zeitgemäße Motorentechnik, fürsorgliche Crash-Sicherheit und umfassende Assistenz aus. Der neu proportionierte, digitalisierte T7 will all das geschmeidig in die Bulli-Gemeinde tragen.

VW Multivan eHybrid Foto: Achim Hartmann 18 Bilder

Schon gehört? Skandal bei Volkswagen! Eine aus dem MQB und der T6.1 hatten was miteinander. Irgendwo zwischen Wolfsburg und Hannover-Stöcken könnte es passiert sein, das Unaussprechliche, eigentlich Undenkbare. Sie: effizient, geschmeidig, Digital Native. Er: kantiger Zupacker mit breitem Kreuz, reichlich Erfahrung und treuer Fan-Gemeinde.

Und jetzt? Isser da, der Kleene. "Hätten die Plattform-Schnacksler mal lieber ein Kondom genommen …", schmäht es bösartig aus der T-Gemeinde. "Ist ja gar kein richtiger Bus mehr. Und dann noch das Digitalzeug und der Plug-in-Hybrid." Einstein meinte zwar, es sei leichter, einen Atomkern zu spalten als ein Vorurteil, doch wir versuchen es mal. Also das mit dem Vorurteil. Denn ehrlich, beim Fußgängerschutz auf Plattform und Homologation des T5 von 2003 herumzureisen, ist nun auch keine Heldentat des T6.1. Schon gar nicht für ein Familienauto, was der Multivan auch bleibt mit seiner um 50 Prozent steiferen, sorgfältiger crashgesicherten Karosserie.

VW Multivan: Wer kann sich das leisten?

Schick obendrein, vor allem als generöses Sondermodell Energetic samt Zweifarblackierung. Bereits ohne diese kostet der Multivan über 67 300 Euro (minus 5981 Euro Förderung). Mit ihr kommen satte 2975 dazu. Was uns zur Vermutung verleitet, der Gute werde von ausgesuchten Elfen in mondscheiniger Nacht im Schutz der Eilenriede handbemalt.

Zurück zu den Fakten: Der T7 ist sieben Zentimeter länger, vier breiter und fünf flacher als "Papa" T6.1, sein cW-Wert mit 0,30 günstiger. Das neue, mithilfe des Modularen Querbau- kastens MQB entstandene Package pflanzt Fahrer und Co 20 Zentimeter weiter nach hinten als bisher. Du öffnest die Schiebetür, guckst rein und weißt auch ohne Meterstab: Das war’s, hier hinten ist beim Multivan nichts mehr, wie es war. Zumindest raumseitig bei der Normalversion.

20 Zentimeter, die fehlen

VW Multivan eHybrid, Kofferraum Foto: Achim Hartmann
Bei dreireihiger Bestuhlung fällt der Gepäckraum vergleichsweise knapp aus.

Wo bisher im Rücken der Passagiere von Reihe drei noch reichlich Multivan übrig war, wird es jetzt – sagen wir mal – diskutabel mit dachhoch nutzbaren 469 Litern. Bus-Fans nörgeln: Zu knapp. Entrüstet darüber, dass sie sogar den Beutel mit den Ladekabeln in ihre Logistik einkalkulieren müssen. Früher hat man seinen Krempel einfach in die Ladehalle reingeworfen, und es blieb immer noch Bulli übrig. Nun, als Zweisitzer packt der neue Kurze üppige 3672 Liter. Reicht nicht? Dann zur Langversion mit 20 Zentimetern mehr Überhang hinten für faire 1862 Euro Aufpreis greifen und zwischen 763 und 4053 Liter einpacken. Wo wir gerade durch die Spediteursbrille gucken: Die Zuladung des Hybrid-Testwagens bleibt mit 523 zu 706 Kilogramm ebenso hinter der des zuletzt getesteten T6 TDI zurück wie die Anhängelast von 1600 zu 2500. Andere T7-Modelle dürfen immerhin bis zu zwei Tonnen ziehen.

Wer jetzt meint, kein Wunder, der Neue stehe ja auf einer Pkw-Bodengruppe à la Passat oder Tiguan, der irrt. Der MQB gibt zwar den Abstand von Achse zu Spritzwand vor, ermöglicht den Einbau von Konzernmotoren ohne aufwendige Anpassung der Peripherie und liefert insgesamt 20 Assistenzsysteme bis hin zum interaktiven Warnsystem Car2X. Doch das Chassis des T7 bleibt eigenständig mit individueller Vorder- und Schräglenker-Hinterachse, aus Gewichtsgründen (ungefederte Massen) samt Teilen aus Aluminium.

Jetzt aber nichts wie hinters Lenkrad. Der T7 platziert einen weiter hinten und mit sechs Zentimetern weniger Sitzhöhe als der T6 – etwa nach Art der Mercedes V-Klasse, aber in anderem Ambiente: sachlich, kantig, digital, umhüllt von pflegeleichtem Kunststoff. Eben ganz im Stil der aktuellen VW-Familie, mit der der Bus zudem Instrumente und Bedienung teilt. Für das authentische Hartplastik hat Herbert Diess vermutlich persönlich Mengenrabatt ausgehandelt, so großflächig, wie sie ihre Modelle damit tapezieren.

VW Multivan eHybrid, Cockpit Foto: Achim Hartmann
Entspannte Sitzposition, geschmeidige Federung, angenehmes Geräusch und gut ablesbare Bildschirme prägen den T7. Die A-Säulen stören im Stadtverkehr.

Aber: Solide zusammengebaut ist der T7. Selbst auf schlechten Straßen knarzt praktisch nichts, klötert kein Sitzgestell, reibt kein Multifunktionstisch, rauscht keine Türdichtung, knistert kein Glasdach. Respekt dafür. Und Nachsicht gegenüber den Strömungsgeräuschen der oberen Luftausströmer. Schließlich kann der eHybrid seinen Innenraum dank Hochvolt-Klimakompressor ohne laufenden Benziner kühlen und heizen – inklusive Standklimatisierung.

Ähnlich fein: die passende Position auf den Komfortsitzen vorn, auf Wunsch zum Start vorgeheizt plus Massagefunktion für den Fahrer. Die Armlehnen sichern ein wohliges Multivan-Gefühl, das gesamte Interieur das eines gediegenen Maxi-Vans inklusive zukunftssicherer Ausstattung. Zu dieser zählen die informativen Konzern-Digitalinstrumente und der mittige Berührungsbildschirm samt den liebevoll gestalteten Menüs plus Head-up-Display.

Alles gut so weit – bis man im Dunkeln erstmals an den unbeleuchteten Slidern für Lautstärke und Temperatureinstellung verzweifelt. Und zwar als Novize und Erfahrener. Überdies im krassen Gegensatz zu den seit Jahrzehnten sinnvollen, logischen und intuitiven VW-Bedienlösungen (okay, die orangen Fernlicht-LEDs von damals vergessen wir). Der weitgehende Verzicht auf physische Tasten erschwert Standardbedienungen wie für Sitzheizung und Ähnliches. Keiner Korrektur bedarf die Lenkradbedienung des Testwagens, die konventionellen Tasten funktionieren eingängig und problemlos.

Lenken und federn: Check!

VW Multivan eHybrid Foto: Achim Hartmann
Curvy Model: präzise Lenkung, fahrfreudiges Handling, ob leer oder beladen, in schnellen Kurven drückt das Heck wegen des Akkus.

Überhaupt, die Lenkradbedienung – also die richtige – läuft eingängig und problemlos. Ja, Freunde, Hardware bauen können sie einfach bei Volkswagen, wie der T7 mit seiner direkter übersetzten elektromechanischen Servolenkung beweist. Sauber aus der Mittellage, ohne störenden Graben oder gar spitzes Anlenken durchweg homogenes Gefühl vermittelnd, lässt sie dich an diesem Lenkradkranz sofort zu Hause sein; man kann sich höchstens noch zwischen dem Unterstützungsgrad in "Comfort" oder "Sport" entscheiden.

Die Wahl ist reine Geschmackssache, in beiden Modi fährt der T7 mit seinem direkt am Aufbau verschraubten Vorderachs-Hilfsrahmen und der weiterentwickelten Fahrwerksauslegung gleichermaßen agil wie beruhigend. Egal ob um enge Ecken oder in weiten Bögen, in Serpentinen, Städten oder stoisch geradeaus laufend mit Tacho 210 über die Autobahn. Auffällig höchstens das dezent drängende Heck wegen der durch den Akku veränderten Gewichtsbalance.

Das Pedalgefühl der Hybridbremse erreicht zwar nicht ganz die Transparenz konventioneller Systeme, die Wirkung bleibt jedoch standfest. Derweil absorbiert die Federung mit optionalen Adaptivdämpfern kurze wie lange Unebenheiten sauber, nur die ganz kurzen lässt sie auch akustisch durch. Wer die Zuladung ausnutzt, genießt noch satteres Anfedern und erlebt das früher typische Vorderachs-Stampfen, das der T7 ansonsten komplett abgelegt hat. Ebenso störendes Wanken oder übelkeitsfördernde Amplituden – intensiv getestet durch feine Seismografen namens Töchter.

VW Multivan eHybrid, Rückbank Foto: Achim Hartmann
Die drehbaren Einzelsitzen lassen diverse Konstellationen zu.

Gut so, denn der Teppich, die Schienen und die feinen Sitzbezüge sollen ja sauber bleiben. Auf diesen lässt es sich in Reihe zwei und drei hervorragend reisen mit Blick durch das optionale fest stehende Glasdach (ohne Rollo, dafür mit 78 Prozent reduzierter Wärmeeinstrahlung). Ab Werk in unterschiedlichen Konfigurationen erhältlich, lassen verschiebbare Einzelsitze und Tisch diverse Konstellationen zu.

Statt auf drehbare Konsolen setzt der T7 auf Umbau durch Herausnehmen und Umdrehen, was dank des neuen Schienensystems (das beste bisher) und des kratzsicheren Kunststoffunterbaus einfach klappt. Je nach Ausführung mit oder ohne Gurt-Integration wiegen die Sitze zwischen 23 und 29 Kilogramm, sind optional dank bestromter Schienen beheizbar. In Vis-à-vis-Position wird es mit der Beinfreiheit knapp, sonst passt alles für die große Reise.

Lokal emissionsfrei

VW Multivan eHybrid, Steckdose Foto: Achim Hartmann
Vollladen mit 230 V ist in in 5 Stunden möglich, an der Wallbox dauert es etwas über 3 Stunden. Etwa 40 km rein elektrisches Fahren sind drin.

Die erstmals beim Bus lokal emissionsfrei beginnen kann. Rund 40 Kilometer weit oder 140 km/h schnell summt der T7 dank der E-Maschine mit 85 kW plus 10,4-kWh-Akku im Wagenboden, der den Benzintank auf 45 Liter stutzt. In Kombination mit dem 1,4-Liter-Benziner EA211 sowie Sechsgang-DSG steckt trotzdem ein alltagskompetenter Antrieb mit 350 Newtonmetern Systemdrehmoment unter der langen Haube mit dem optionalen hellen und gekonnt regelnden LED-Matrixlicht. Im normalen Hybridbetrieb sind sogar ohne externes Laden Verbräuche um acht Liter drin, mit Laden günstigere. Bei hohen Geschwindigkeiten fordern die hohen Fahrwiderstände jedoch Zuschlag. Insgesamt läuft die Kooperation beider Motoren sparsam und geschmeidig bis hin zur automatischen Rekuperation mit Umfeldbeobachtung, lässt sich aber auch anpassen (Ladestand halten, nachladen, Wunschladestand am Ziel).

350 bar Einspritzdruck, neue Kolbenringe und natriumgefüllte Auslassventile trainieren den 150-PS-Benziner für seine harte Aufgabe, der er in der Regel gelassen nachkommt. Erst unter hoher Last im Solo-Betrieb bei erschöpftem Akku verlässt er seine Wellness-Zone, beginnt jenseits von 4000/min unverhohlen vierzylindrig zu plärren. Andererseits reicht der Solo-Punch, selbst voll beladen erklimmt der T7 Knuspriges wie den Albaufstieg der A 8 oder andere Steigen über zwölf Prozent. Und wer es da schafft, der schafft es überall – auch als MQB-Kind.

Vor- und Nachteile

Karosserie
  • Gutes Raumangebot vorn und hinten
  • Hohe Variabilität mit einfachem Sitzumbau
  • Solide Verarbeitung
  • Übersichtliche Screens
  • Anstrengende Touch-Bedienung mit teils unbeleuchteten Slidern
  • A-Säulen stören Blickfeld
  • Partielle Software-Ausfälle
Fahrkomfort
  • Geschmeidiger Federungskomfort bei geringer Wankneigung
  • Insgesamt bequeme Sitze
  • Angenehmes Innengeräuschniveau
  • Gute Klimatisierung
  • Unter hoher Last präsentes Motorgeräusch
Antrieb
  • Insgesamt kultivierter, kräftiger Hybridantrieb
  • Praktische Modi
  • Benziner ohne E-Boost teils angestrengt und durstig
  • Kleiner Benzintank (45 l)
Fahreigenschaften
  • Kalkulierbares Handling
  • Präzise Lenkung
  • Hohe Fahrsicherheit
  • Mäßiges Bremspedalgefühl
  • Teils mäßige Traktion
Sicherheit
  • Zahlreiche Assistenzsysteme
  • Standfeste Bremsanlage
  • Effektives LED-Matrixlicht
Umwelt
  • Lokal emissionsfreies Fahren
  • Hybrid mit Spritsparpotenzial
  • Akku-Recycling
Kosten
  • Hoher Grundpreis
  • Teure Extras

Fazit

Der T7 fährt geschmeidig, umgänglich, ja sympathisch, umsorgt seine Insassen mit viel Komfort und Assistenz. Mankos: geringeres Platzangebot als bisher, unter hoher Last plärriger, durstiger Benziner