Ingrid (Name geändert) aus Deutschlands Westen suchte nach dem Führerscheinverlust bei Sedura Hilfe. "Ich hatte Existenzängste", sagt sie. Die Mitarbeiter hätten auf sie zunächst kompetent und zuverlässig gewirkt. "Die haben sich innerhalb von zehn Minuten bei mir gemeldet." Ihre MPU hat sie nicht bestanden – laut Gutachten war ihr keine "hinreichend konstruktive Auseinandersetzung" mit ihrem Cannabis-Problem gelungen. Inklusive aller Gebühren hat sie rund 7.000 Euro bezahlt.

"Viele MPU-Kandidaten sind in einer Notsituation, haben auf dem Arbeitsmarkt ohne Fahrerlaubnis oft keine Chance", erklärt Sozialarbeiter Martin Rindler von der Suchtberatung der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (eva). In Panik laufen viele dann dubiosen Vorbereitern in die Arme, die online zum Teil massiv werben.

Wer im Netz nach "MPU" sucht, kommt an Sedura fast nicht vorbei. "Wer am lautesten und aggressivsten wirbt, fällt am ehesten auf bei den Menschen, die im Internet nach einer MPU-Vorbereitung suchen", so Diplom-Psychologin Carola Papenkort aus Bornheim.

Diplom-Psychologe Haeser betreibt seit 30 Jahren in Duisburg eine Praxis für Verkehrspsychologie. Für ihn ist klar: "Der Vorbereiter-Markt ist nicht mehr grau, sondern dunkelschwarz. Es geht oft nur noch ums Phrasendreschen und Auswendiglernen absurder, nicht zur Persönlichkeit gehörender Geschichten."

Ist der "Idiotentest" wirklich eine Blackbox?

Viele Menschen halten die früher als "Idiotentest" verspottete Untersuchung für unberechenbar, für eine "Blackbox". Der Glaube: Es bestehe nur, wer die Geheimtricks der Prüfer teuer von Vorbereitern erkaufe.

Dabei geht es gar nicht um Geheimwissen, sondern schlicht darum, Zweifel an der Fahreignung auszuräumen. Etwa wegen Drogen- oder Alkoholproblemen. Der psychologische Gutachter will etwa wissen: Wird jemand wieder betrunken oder unter Drogen Auto fahren? Wurde ein Suchtproblem erfolgreich aufgearbeitet? Was gefragt wird, regeln die "Begutachtungsleitlinien" der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und die "Beurteilungskriterien" der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie sowie der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin. "Die MPU ist transparent, berechenbar und fair", schreiben Verkehrsrechtsanwalt Uwe Lenhart und Psychologe Horst Ziegler in ihrem MPU-Ratgeber.

Sedura ist nach eigenen Angaben der größte deutsche MPU-Vorbereiter. Laut Website hat die Firma "mehr als 3.000 Kunden" und "ein Auftragsvolumen von knapp 5,4 Millionen Euro in 2022". Auf Nachfrage sind es aktuell sogar 4.000 und etwa 6.000 Kunden seit der Gründung 2018. Die Zahl ihrer Mitarbeiter geben die Geschäftsführer Dustin Senebald (33) und Pascal Buchen (33) mit 25 an. Ob Diplom- oder Master-Psychologen unter den Angestellten seien, wollen wir von Pascal Buchen wissen. Er reagiert mit einer Gegenfrage: "Warum sollten hier Verkehrspsychologen arbeiten?"

Jeder darf MPU-Berater sein

Das Dilemma: In Deutschland darf sich jeder ein Schild mit der Aufschrift "MPU-Beratung" an die Tür nageln und loslegen. Gesetzliche Vorgaben gibt es kaum. "Da sind Leute dabei, die vor zwei Wochen noch einen Imbiss hatten. Die richten sich eine schöne Wohnung als repräsentativen Schulungsraum ein und berichten dann von jahrelanger Erfahrung", sagt Sozialarbeiter Rindler. Selbst Begriffe wie "verkehrspsychologischer Berater" oder "Verkehrspsychologe" sind nicht oder nicht hinreichend geschützt. Die Rechtslage ist in Teilen unübersichtlich.

Heiner (Name geändert) hat nur die Gratis-Erstberatung von Sedura absolviert: "Darin versuchen die bereits, richtig Druck aufzubauen, und drängen einen fast schon in den Vertrag. Ich finde es unfassbar, dass solche Schmarotzer in unserem regulierten Staat Leute abzocken dürfen." In der Tat schließt Sedura keine schriftlichen, sondern mündliche Videoverträge, in denen die Beteiligten wie vor dem Standesamt im Videocall "Ja" sagen. Rechtlich ist das zulässig. "Die Handhabung ist einfacher", erklärt Sedura-Chef Buchen. Eine Kopie der Aufzeichnung werde auf Anfrage versandt.

Psychologin Ramona Valenta vom Institut für Schulungsmaßnahmen (IFS) in Hamburg beschreibt die Ausgangslage vieler, die eine MPU ablegen müssen, und die dazu passende Botschaft dubioser Berater: "Viele Menschen haben Schwierigkeiten, das sehr unübersichtliche und komplexe System zu verstehen. Einige Berater vermitteln ihnen die Botschaft: Du musst nichts machen, außer uns Geld zu geben, und du kommst sicher durch."

Viele Tipps gibt es gratis

Sedura nimmt seinen Klienten in der Tat sehr viel ab. Angestellte besorgen auf Wunsch die Führerscheinakte, in geschlossenen Facebook-Gruppen können Klienten Fragen stellen. Von Montag bis Freitag gibt es Online-Sprechstunden, darunter auch ein "Simulationstraining" des Psychologengesprächs am Tag der Untersuchung. Sedura betont, in den ausschließlich online angebotenen Sitzungen ebenfalls aufzuarbeiten. "Es geht gar nicht ohne", sagt Pascal Buchen, "Sie müssen die Führerscheinakte mit den Probanden durcharbeiten." In den Sprechstunden würden "alle möglichen Fragen geklärt". Zudem gebe es einen "persönlichen Sachbearbeiter", der sich um Kundenbelange kümmere und der nach Terminvereinbarung täglich erreichbar sei. Buchen: "Schriftlich können sie unbegrenzt Fragen stellen." Zudem gebe es "Support per WhatsApp und Facebook". Sedura sei besser erreichbar als viele niedergelassene Psychologen, so Buchen. "Sie müssen sich das vorstellen wie ein sehr gut durchdachtes und getaktetes Fließband, auf dem wir keine Station für den Kunden vergessen."

Viele Tipps gibt das Unternehmen sogar gratis. Beispiel: Auf TikTok erklärt Geschäftsführer Dustin Senebald den "Abstinenzjoker". Nach "versehentlichem" Cannabiskonsum könne vor einer Urinkontrolle möglichst viel Wasser getrunken werden, weil diese dann nicht gewertet werden dürfe. Darauf angesprochen kündigt Senebald an, das Video löschen zu wollen, und betont, auf eine legale Methode hinzuweisen: "Wir sind Interessenvertreter unserer Teilnehmer." Buchen: "Wir kümmern uns um unsere Kunden wie um unsere eigenen Kinder."

Die Kunden erhalten nach Zahlung der Teilnahmegebühr eine sogenannte Lösungsschablone, die auf Basis der Führerscheinakte erstellt wurde und deren Inhalt sich eingeprägt werden soll. Was nicht in der Akte steht, ergänzen die Autoren teils fantasievoll.

auto motor und sport liegen Schablonen vor, in denen zum Beispiel Namen Beteiligter nicht stimmen. Auch andere Angaben sind zweifelhaft: etwa Veranstaltungen, die es zur angegebenen Zeit wegen eines Corona-Lockdowns nicht geben konnte. Sedura bestreitet, Lösungsschablonen ohne Input von Klienten zu schreiben. "Wir haben keine vorgefertigten Antworten, die wir jemandem in den Mund legen. Wir erfinden keine Sachverhalte", sagt Pascal Buchen. Die Inhalte würden etwa auf Aussagen gegenüber den Sachbearbeitern beruhen oder aus Sprechstunden stammen. Buchen: "Das ist keine Einbahnstraße. Man muss offen sein, sich verändern zu wollen." Dass nur aufgrund der Führerscheinakte und ohne Mitwirkung der Klienten Lösungsschablonen erstellt werden, sei ausgeschlossen.

Auf der anderen Seite sucht das Unternehmen auf seiner Website "Aktensichter und Datenerfasser". Eine Aufgabe: "kreative Sachverhalte und Tatmotive erstellen". Auch Kommentare in der Facebook-Gruppe von Sedura legen nahe, dass die Mitarbeiter durchaus kreativ sein können. Ein Sedura-Kunde merkt an, dass in seiner Lösungsschablone eine "große Schwester" auftaucht, die er aber gar nicht habe. Antwort von Sedura: "Du kannst das auch mit deiner Freundin/Mutter etc. austauschen."

Sedura hält das auf Nachfrage für ein Missverständnis. "Das ist einfach doof formuliert", sagt Senebald. In Wirklichkeit sei gemeint, der Betreffende solle wahrheitsgemäß die richtige Person einsetzen.

Ansgar (Name geändert) glaubt das nicht: "Was ich in der MPU sagen sollte, war erstunken und erlogen." Nach einer Alkoholfahrt bucht er das Premiumpaket der Düsseldorfer für 3.570 Euro (Standardpreis: 1.785 Euro). Das Upgrade gibt ihm die Möglichkeit, Fragen per WhatsApp zu stellen, die Dustin Senebald höchstselbst beantwortet. Eine Art Chefarzt-Behandlung.

Bitte wahrheitsgemäß antworten

Auch in Ansgars Schablone werden ältere Verwandte erwähnt, die es gar nicht gibt. Unter einer Frage mahnen die Autoren: "Bitte wahrheitsgemäß antworten." Laut Sedura bedeutet das nicht, dass an anderen Stellen gelogen werde. Man wolle nur noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass hier wirklich die Wahrheit gesagt werden müsse.

Das Auswendiglernen sei für ihn eine Herausforderung gewesen, sagt Ansgar. "Es ist schwer, sich das zu merken, wenn nichts stimmt", erklärt der Mann mittleren Alters. "Ich gehe da hin und lüge jemandem, der das jahrelang macht, etwas vor. Das ist zwar ein richtig komisches Gefühl. Aber wenn man rund 3.600 Euro dafür bezahlt hat, sagt man sich: Ich muss das jetzt durchziehen."

Bestanden hat er nicht. Möglicher Grund: das Teilnahmezertifikat von Sedura. Darin wird in dürren Worten attestiert, dass Ansgar sich mit Vergangenheit und Alkoholproblematik auseinandergesetzt, beides aufgearbeitet habe und in Zukunft verantwortungsbewusst und angepasst am Straßenverkehr teilnehmen werde. Dem Psychologen war das offenbar zu wenig. Ihm fehlen darin laut Gutachten Angaben zur Problemausprägung und eine Hypothesenzuordnung. Zudem eine Antwort auf die Frage, ob in der Vorbereitung ein kontrollierter Alkoholkonsum oder eine Abstinenz angestrebt wurde.

Schon das Konzept einer Lösungsschablone findet Psychologin Valenta grundsätzlich problematisch. "Die teils konstruierten, ausformulierten Antworten, die dann nur noch auswendig gelernt werden müssen, zeigen, dass es Sedura nicht um tatsächliche Aufarbeitung geht. Sobald für die MPU etwas auswendig gelernt werden muss, wie bei einer Prüfung in der Schule, ist Skepsis angebracht." Rüdiger Born vom Bundesverband Niedergelassener Verkehrspsychologen (BNV): "In der MPU werden keine Daten und Zahlen abgefragt, sondern Einsichten, Vorsätze und Erfahrungen mit den Vorsätzen besprochen."

Sprachlich sehr pauschal

Recht pauschal: die Lösungsschablonen. Die Fachzeitschrift "Blutalkohol" hat eine Passage daraus veröffentlicht: "Meine Familie und meine Freunde sind stolz auf mich, dass ich die Kurve wieder gefunden habe und mich auch ihnen gegenüber geöffnet habe, was dann schließlich zur Problembewältigung geführt hat. Ich bin auch froh darüber, so ein Rückgrat zu haben", heißt es etwa auf die Frage zu Reaktionen des Umfelds nach einem Wandel im Leben. Psychologin Valenta: "Bei solch floskelhaft anmutenden Aussagen muss der Gutachter im Rahmen der MPU unbedingt kritisch nachfragen. Hier fehlen konkrete Beispiele, an denen der- oder diejenige merkt, dass Familie und Freunde stolz sind. Welche Kurve wurde wieder gefunden? Was ist konkret mit Problembewältigung gemeint?"

Für Dustin Senebald ist die Passage "bewusst herausgegriffen", um sie "öffentlich zu kritisieren, ohne die restlichen Inhalte zu berücksichtigen". Er fragt: "Warum wurde nicht die gesamte Aufarbeitung als Referenz herangezogen und jede Stelle kommentiert? Dies lässt vermuten, dass hier böswillige Absichten vorliegen könnten, möglicherweise gepaart mit Neid oder Feindseligkeit aufgrund unseres außergewöhnlichen Erfolgs." Pascal Buchen glaubt, dass viele Psychologen "frustriert sind, weil da zwei junge Leute kommen und erfolgreich sind".

Wer im Psychologengespräch lediglich auswendig Gelerntes abspult und so besteht, gefährdet nach Ansicht des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) die Verkehrssicherheit. "Durch das jetzige System bleiben viele Menschen mit hohem Risikopotenzial im Straßenverkehr, weil sie ihr Verhalten nicht tief greifend, sondern nur oberflächlich oder gar nicht aufgearbeitet haben", sagt Ralf Rieser, Leiter der Sektion Verkehrspsychologie.

Seine Kollegin Susanne Laumeyer aus Münster stellt fest: "Die Gefährdung des Straßenverkehrs ändert sich nicht, weil es keine Veränderung bei den Konsumenten gibt." Viele Klienten würden ihr berichten, dass "sie ohne die Verkehrstherapie nicht die Erkenntnisse bekommen hätten, die sie jetzt haben", so die Diplom-Psychologin und Verkehrstherapeutin. Sozialarbeiter Martin Rindler von der eva macht mit seinen Schützlingen in der Regel eine "Bonsai-Therapie", wie er es nennt. Darin werden zum Beispiel die Ursachen für Alkoholmissbrauch aufgearbeitet – was auch außerhalb des Autos helfe. "Im Leben der Klienten soll sich etwas zum Positiven verändern", beschreibt Kirsten Heitland vom TÜV Hessen das Ziel einer guten Vorbereitung. "Die bestandene MPU ist dann nur ein Nebeneffekt", so die promovierte Psychologin.

95 Prozent der Sedura-Kunden kommen durch

Christian Müller vom TÜV Nord: "Es braucht eine tiefere Motivation, als nur die MPU bestehen zu wollen." Sonst fehle nach dem Bestehen ja die Motivation, zum Beispiel keinen Alkohol mehr zu trinken. "Es geht vielen Vorbereitern nicht um Veränderung, sondern nur ums Bestehen der MPU. Eine nachhaltige Arbeit, wie ich sie aufwendig durchziehe, ist denen ein Fremdwort", erklärt Fachpsychologe Haeser. Seine Klienten würden so gut wie nie rückfällig werden.

Sedura gibt an, dass 95 Prozent der Kunden durchkämen, präsentiert einige auf der Website stolz in Video-Interviews. Zudem, so Senebald, würden viele die Abstinenzprogramme für Alkohol und Drogen bestehen, die mit einer MPU einhergehen können.

Die Beurteilungskriterien schreiben MPU-Gutachtern verbindlich vor, Allgemeinplätze und Floskeln zu hinterfragen. Geschieht das nicht, wäre das ein "Fehler im Begutachtungsprozess", so Psychologin Valenta.

Dass MPU-Schauspieler Erfolg haben, liegt für Ralf Rieser vom BDP auch an wirtschaftlichen Zwängen. Die Diplom-Psychologen in den staatlich anerkannten Begutachtungsstellen seien überwiegend Freiberufler, die "per niedriger Fallpauschale pro Gutachten bezahlt" würden – und daher finanziell mehr unter Druck ständen als Angestellte.

Die kataloghafte Zusammenstellung der "fachlich sehr guten" Beurteilungskriterien könne laut Rieser "im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation der Gutachter" dazu führen, dass diese in der MPU abgearbeitet würden. "Das erleichtert natürlich die Erstellung von Schablonen", so Rieser.

Diplom-Psychologe Horst Ziegler vom TÜV Hessen leitet 15 Begutachtungsstellen für Fahreignung. Er verweist darauf, dass freie Mitarbeiter genauso gut aus- und fortgebildet seien wie fest angestellte und auch sie regelmäßig überprüft würden.

Bereits vor neun Jahren hat die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) gefordert, die Vorbereitung zu verstaatlichen, mindestens aber Vorbereiter staatlich anzuerkennen oder Gütesiegel einzuführen. Grundqualifikationen müssten geregelt werden.

Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums dazu: "Im Rahmen der MPU-Reform wurden bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt." Dazu gehöre eine Serviceseite auf der BASt-Website mit "übersichtlichen Darstellungen und Antworten auf alle wichtigen Fragen zur MPU und zu Vorbereitungskursen". Weiter gehende Regelungen seien derzeit nicht geplant. Die Verstaatlichung der Vorbereitung werde von den Ländern kritisch gesehen. Eine behördliche Positivliste mit vertrauenswürdigen Beratern würde "dem freien Wettbewerb" widersprechen und wäre eine "unzulässige Parteinahme einer Behörde". Die MPU habe sich "als Instrument zur Erhaltung und Erhöhung der Verkehrssicherheit bewährt".

30 Euro für synthetischen Urin

Besonders geeignete Ansprechpartner für die Vorbereitung auf eine MPU sind Psychologen mit Diplom- oder Master-Abschluss und zusätzlicher Verkehrspsychologischer Ausbildung, die sich auf Alkohol-, Drogen- und andere Auffälligkeiten im Straßenverkehr spezialisiert haben. Gute, bezahlbare Arbeit leisten oft auch Sozialarbeiter, etwa in Drogenberatungen gemeinnütziger Träger. Professionell arbeitende Vorbereiter kennen die Kriterien, an denen sich die Gutachter bei der MPU orientieren, und klären transparent über Leistung und Preise auf, verlangen nicht die gesamten Kosten im Voraus. Sie beschäftigen sich intensiv mit der Vorgeschichte, lassen niemanden erfundene Geschichten auswendig lernen, setzen niemanden unter Druck. Die Preise für eine fundierte MPU-Vorbereitung richten sich nach dem Aufwand der psychologischen Aufarbeitung, liegen oft zwischen 1.300 und 2.600 Euro. Dass sogar während der MPU betrogen wird, legt der Internetauftritt eines Anbieters von synthetischem Urin nahe, der für knapp 30 Euro pro Packung angeboten wird. Werbetext: "Sie sind dein Schutzschild gegen ungerechte Grenzwerte und unerwünschte Überraschungen. Nie wieder Sorgen um Restmengen im Urin, die deinen Führerschein gefährden könnten." Anleitung: "Klemme es zwischen Deinen Körper und Deine Unterwäsche." Die Verpackung sei "leise und schnell zum Aufreißen." Ein Nutzer bedankt sich, das Produkt habe ihn "vor der MPU gerettet". Der Hersteller erklärt dazu, Meinungsäußerungen nicht zu zensieren und "jegliche Form des Betrugs" inklusive jenes bei der MPU strikt abzulehnen. "Wir distanzieren uns entschieden von jeglichen Aktivitäten, die darauf abzielen, die MPU oder andere gesetzliche Anforderungen zu umgehen, und appellieren an unsere Kunden, sich stets rechtskonform und verantwortungsbewusst zu verhalten." Der synthetische Urin werde zum Beispiel in Wissenschaft, Kunst und Theater eingesetzt.

Die Staatsanwaltschaft Köln führt seit Anfang 2023 gegen Verantwortliche und Mitarbeiter eines Kölner Unternehmens ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Urkundenfälschung und des gewerbsmäßigen Betrugs im Zusammenhang mit Medizinisch-Psychologischen Untersuchungen (MPU). Im Januar wurden Privat- und Geschäftsräume in Nordrhein-Westfalen, Bayern und Schleswig-Holstein durchsucht. Insgesamt sechs Beschuldigten, darunter einem Arzt, wird vorgeworfen, in mindestens zehn Fällen gefälschte MPU-Gutachten sowie Abstinenz- und Erste-Hilfe-Bescheinigungen vertrieben zu haben. Die gefälschten Dokumente sollen ihre "Kunden" dann bei den jeweiligen Führerscheinstellen eingereicht haben,"um die Voraussetzung zur Wiedererlangung ihrer Fahrerlaubnis zu erfüllen".