Erweiterung der Porsche-Teststrecke Nardo
Regional-Regierung verhängt Baustopp
Porsche möchte seine Teststrecke in Nardo/Süditalien erweitern. Vor Ort und in Stuttgart gibt allerdings erheblichen Widerstand von Umweltschützern, die gegen die Rodung von 200 ha historischen Waldes sind. Jetzt wurde von der Regional-Regierung ein Baustopp verhängt.
28.03.2024
Markus Schönfeld, Uli Baumann
Foto: Porsche/Schönfeld
21 Bilder
1/21
Porsche hat sein Testgelände im italienischen Nardò renoviert und wieder eröffnet. Insgesamt 35 Millionen Euro investierte Porsche in die Renovierungsarbeiten.
Foto: Porsche
2/21
Dabei wurde die legendäre 12,6 Kilometer lange Highspeedstrecke neu asphaltiert ...
Foto: Porsche
3/21
... und mit einem Schutzplankensystem versehen.
Foto: Porsche
4/21
Auch die 106.000 Quadratmeter große Fahrdynamikplattform musste komplett saniert werden.
Foto: Porsche
5/21
Seit 2012 gehört die 1975 gebaute Strecke in Apulien zu Porsche.
Foto: Porsche
6/21
Car Circular Track: Diese Teststrecke ist ein perfekter Kreis mit einem Durchmesser von 4 km und einer Länge von 12,6 km. Die Bahnen für unterschiedliche Geschwindigkeitsbereiche haben eine nach außen zunehmende Überhöhung. Die Zentrifugalkraft wird durch das flache parabolische Profil kompensiert, wodurch ein Fahrgefühl wie auf einer geraden Strecke entsteht.
Foto: Porsche
7/21
Lorry Circular Track: Auf der Innenseite des Rundkurses mit seinen 4 km Durchmesser befinden sich zwei Fahrbahnen für die Erprobung von Nutz- und Schwerfahrzeugen. Auch die Fahrbahnen dieser Strecke erlauben durch ihr flaches parabolisches Profil die Erprobung mit höchster Sicherheit, da die Zentrifugalkraft kompensiert wird.
Foto: Porsche
8/21
Handling Track: Der Handling Track hat eine Länge von 6,2 km. Der Kurs besitzt 16 Kurven mit verschiedenen Radien und möglichen Geschwindigkeiten und ist mit einer Rennstrecke vergleichbar. Die Abfolge von Kurven und Geraden kann aussagekräftige Ergebnisse bei Dauerhaltbarkeits-, Zuverlässigkeits-, Fahrdynamik- und Reifentests an Autos und Motorrädern liefern.
Foto: Porsche
9/21
Car Dynamic Platform: Bei der Car Dynamic Platform handelt es sich um eine große, ebene Fläche mit zwei an sie anschließenden geraden Beschleunigungs-/Verzögerungsbahnen. Sie eignet sich für die Durchführung von Brems-, Handling- und Leistungstests mit Autos und Motorrädern, für die viel Platz benötigt wird. Am Ende der zweiten geraden Bahn befinden sich zudem eine Low Friction Area und ein Watbecken.
Foto: Porsche
10/21
Low Friction Area: Das Nardo-Technolgiezentrum besitzt eine 50 m lange Low Friction Area, die für Beschleunigungs- und Bremstests mit geringen Geschwindigkeiten unter rutschigen Bedingungen genutzt werden kann, um das Verhalten von Fahrzeugen auf nasser Fahrbahn zu erproben. Die Strecke besteht aus Keramikplatten, die durch ein Bewässerungssystem mit Wasser benetzt werden.
Foto: Porsche
11/21
Strada Bianca Off-Road "O" und "S": Das Testgelände verfügt für Offroad-Tests über zwei alternative Schotter- und Staubrundkurse mit ähnlicher Oberflächenbeschaffenheit und Rundenlänge. Die beiden Rundkurse unterscheiden sich in ihrer Streckenführung: Die „O“-Strecke ist ein Oval, während es sich bei der „S“-Strecke um einen verwundenen Kurs mit engen Kurven handelt.
Foto: Porsche
12/21
Special Pavements Track: Diese Strecke bietet auf einer Gesamtlänge von 1,15 km sieben verschiedene Fahrbahnoberflächen für die Erprobung von Fahrzeugen: Kopfsteinpflaster, Verwindungen, Belgisches Pflaster, Schlaglöcher (positiv, negativ, links und rechts), lange Bodenwellen, Wellblechpiste und Metallschwellen.
Foto: Porsche
13/21
Lorry Dynamic Platform: Diese Fläche eignet sich für die Durchführung von Reifenverschleiß-, Handling- und Leistungstests mit Schwerfahrzeugen, für die viel Platz benötigt wird. Die Anlage besteht aus zwei geraden Fahrbahnen zum Beschleunigen/Verzögern, zwei dreieckigen Verbindungsflächen, einer ebenen Fläche von 175 m x 150 m und einem speziellen Bereich für Reifenaufpralltests (Bordsteinerprobungsstrecke) an der Längsseite der Fläche.
Foto: Porsche
14/21
Concrete Slopes: Auf dem Gelände steht eine Gruppe von vier Steigungsbahnen mit verschiedenen Neigungswinkeln für Erprobungen der Feststellbremse und des Anfahrverhaltens am Berg zur Verfügung. Aufgrund der gleichen Oberflächenbeschaffenheit, jedoch unterschiedlicher Steigungen ist eine optimale Vergleichbarkeit der Testergebnisse gegeben.
Foto: Porsche
15/21
Noise Track: Diese Strecke hat eine Gesamtlänge von 2.100 m und besteht aus zwei verschiedenen Bereichen, die jeweils zur objektiven Analyse des Außengeräusches präpariert sind. Der Belag des ersten Bereichs ist hinsichtlich der Eigenschaften des Asphalts nach ISO 10844 zertifiziert.
Foto: Porsche
16/21
Dust & Gravel Oval: Die Dust & Gravel Oval ist eine 2,1 km lange unbefestigte Strecke in Form einer Schleife. Die Strecke besitzt einen Schotter/Staub-Belag und ermöglicht Zuverlässigkeitstests auf dieser speziellen Oberfläche.
Foto: Porsche
17/21
Africa Road: Die Africa Road simuliert typische afrikanische Offroad-Verhältnisse. Es handelt sich um die längste Offroad-Strecke des NTC, und sie besitzt verschiedene Zu- und Abfahrten. Der Streckenverlauf kann je nach individuellen Kundenbedürfnissen passend gewählt werden.
Foto: Porsche
18/21
Tire Laceration Road: Die Tire Laceration Road besitzt eine Oberfläche aus großen spitzen Steinen und dient dazu, extreme Bedingungen zu simulieren und die Haltbarkeit von Reifen zu prüfen.
Foto: Porsche
19/21
Mud Road: Die Mud Road des NTCs ist eine Offroad-Strecke, auf der mit einer Bewässerungsanlage eine matschige Oberfläche erzeugt wird. Kunden können auf dieser Strecke Tests der Schlammanhaftung bei geringer Geschwindigkeit durchführen. Darüber hinaus befindet sich in der Nähe der Mud Road ein Watbecken für Schwerfahrzeuge.
Foto: Porsche
20/21
Reverse Gear Track: Dieser Bereich wurde für die praktische und sichere Durchführung von Rückwärtsgangtests angelegt. Die spezielle Verkehrsführung erlaubt es Kunden, Rückwärtsfahrmanöver ohne Gefährdung anderer Nutzer durchzuführen.
Foto: Porsche
21/21
Rolling Track: Der Rolling Track besteht aus zwei parallel verlaufenden Reihen von Stahlrollen, die die Simulation einer Oberfläche mit geringer Haftung auf einer Länge von 4 Metern ermöglichen. Die geringe Haftung simuliert dabei das Fahren auf einer vereisten Fläche.
Foto: Porsche
Die Teststrecke Nardo ist weltberühmt – vorwiegend wegen der kreisrunden Hochgeschwindigkeits-Piste, die entsprechend potente Autos für unbegrenzte Topspeed-Tests nutzen können. Seit 2012 ist Porsche Eigentümer des großen Geländes, beschäftigt vor Ort etwa 150 Mitarbeiter. Seitdem die Stuttgarter ihre ambitionierten Ausbaupläne präsentierten, regte sich allerdings Widerstand.
Rund 450 Millionen Euro wollte Porsche in die Erweiterung stecken und zusätzliche Teststrecken auch für externe Kunden bauen. Es ging laut Betreiber vor allem um die kommenden Anforderungen an moderne Sicherheitstechnik, die im Praxiseinsatz getestet werden müsse. Dafür wird allerdings viel Platz benötigt. Und der liegt ausgerechnet im historischen Steineichen-Wald Bosco d'Arneo. Etwa 200 ha davon sollen für die Bauarbeiten gerodet werden. Dagegen sammelten Naturschützer und Petitionen bereits 40.000 Unterschriften von Anwohnern vor Ort.
Großzügige Ausgleichspflanzungen
Porsche verweist dagegen auf eine breite Bürgerbeteiligung und die Schaffung neuer Arbeitsplätze in der ansonsten eher strukturschwachen Region Apulien, am Hacken des italienischen Stiefels. Zudem würden innerhalb und außerhalb des Testgeländes Ausgleichsflächen geschaffen, die neu mit Wald bepflanzt würden.
Diese Flächen sind mit 600 ha sogar dreimal so groß. Insgesamt verspricht Porsche, 1,2 Millionen Pflanzen neu zu setzen und damit die Artenvielfalt in der Region sogar noch zu erhöhen. Umweltschützer verweisen dagegen auf die ohnehin schon sehr starke Trockenheit in der Region. Wassermangel mache eine sinnvolle Aufforstung unmöglich, heißt es. Selbst am Stammwerk in Stuttgart wird seit dem 7. März 2024 gegen den Ausbau protestiert. Laut der Verantwortlichen könne Porsche die Ausbaupläne auch an anderer Stelle in der Region Nardo umsetzen, ohne Bäume fällen zu müssen.
Porsche durch Baustopp ausgebremst
Ende März haben es die Umweltschützer geschafft und das Porsche-Projekt vorerst ausgebremst. Die Regional-Regierung hat einen Baustopp verhängt. Die Region wolle das öffentliche Interesse an der Durchführung des Projekts mit dem Umweltschutz in Einklang bringen, teilte der Präsident der Region Apulien, Michele Emiliano, in einer Presseaussendung am Mittwochabend mit. Zuvor hatte sich die italienische Europaabgeordnete Rosa D'Amato vom Bündnis der Grünen und Linken an die Europäische Kommission gewandt und eine unabhängige Bewertung des tatsächlichen Nutzens des Projekts für das lokale öffentliche Interesse gefordert.