Polestar 4 (2024)

Kein Heckfenster und trotzdem kein Schnäppchen

Polestar bringt 2024 das SUV-Coupé Polestar 4 mit ungewöhnlichen Design-Lösungen auf den Markt. Eine erste Sitzprobe haben wir schon geliefert. Ab sofort kann er bestellt werden.

Polestar 4 (2024) Exterieur Heck Foto: Polestar 21 Bilder

Seine Mittelklasse-Elektro-Limousine Polestar 2 hat Polestar bereits seit 2020 auf dem Markt, ab Ende 2023 kam der große Elektro-SUV Polestar 3 hinzu. Ab dem Frühjahr 2024 stockt das Elektro-SUV-Coupé Polestar 4 das Portfolio weiter auf. Dessen auffälligste Besonderheit ist hinten: Das Auto hat kein Heckfenster.

Bisher schnellster Polestar

Der 4 ist der bisher schnellste Polestar: In 3,8 Sekunden beschleunigt die Dual-Motor-Version aus dem Stand auf 100 km/h. Möglich macht das ein 400 kW (544 PS) starker Antrieb mit zwei Elektromotoren. Je ein Permanentmagnet-Motor treibt die beiden Achsen des Topmodells an. Sie liefern zusammen 686 Newtonmeter Drehmoment. Die Einmotoren-Variante trägt ihre E-Maschine an der Hinterachse und leistet 200 kW (272 PS) und 343 Nm. Die Batterie bietet eine Kapazität von 100 kWh. Die Reichweite nach WLTP liegt bei 580 Kilometer für die Dual Motor-Variante und bei bis zu 610 Kilometer für die Single Motor-Version.

Polestar 4 Technik SEA Plattform Foto: Polestar
Der Polestar 4 ist mit einem oder zwei Elektromotoren erhältlich.

Geladen wird mit bis zu 200 kW DC (Gleichstrom) und 22 kW AC (Wechselstrom). Mit Vehicle-to-load (V2L) kann der Polestar 4 als Stromquelle für elektrische Geräte dienen. V2L soll von Anfang an zur Verfügung stehen. Eine Wärmepumpe ist serienmäßig. Die Dual-Motor-Version kann einen Motor abkoppeln, um die Reichweite zu verlängern.

Mit zwei Motoren spurtet der Polestar 4 in 3,8 Sekunden auf Tempo 100, mit nur einem Motor wird diese Marke nach 7,4 Sekunden erreicht. Die Höchstgeschwindigkeit ist in beiden Fällen auf 200 km/h limitiert. Einmotorig darf der Polestar 4 bis zu 1,5 Tonnen an den Haken nehmen, die Dual Motor-Variante packt bis zu zwei Tonnen.

Technisch baut der Polestar 4 auf der flexiblen Elektroplattform SEA (Sustainable Experience Architecture) – genauer SEA 2 für Modelle aus dem B- bis D-Segment – vom chinesischen Mutterkonzern Geely auf.

Neues Markengesicht

Die Front des 4,84 Meter langen Polestar 4 unterscheidet sich schon wegen seiner deutlich niedrigeren Nase und der horizontal zweigeteilten Frontscheinwerfer von seinen Markengeschwistern Polestar 2 und Polestar 3. Die Frontlichter sind den Designern wichtiger als je zuvor.

Polestar 4 (2024) Exterieur Front Foto: Polestar
Mit zweigeteilten Scheinwerfern und flacher Front zeigt der Polestar 4 ein neues Markengesicht.

Zum einen möchte man sich mit eigenständigen Polestar-Gesichtern deutlich von der Mutter Volvo unterscheiden und zum anderen möchte und darf man optisch nicht zwischen den 80 neuen Automarken in China untergehen. Außerdem steht die neue Scheinwerfer-Grafik für eine neue Fahrzeugbasis. Den Trend zum beleuchteten Frontlogo geht Polestar dezent mit: Der Polarstern an der Front leuchtet nicht selbst, er ist vielmehr weiß hinterleuchtet.

Noch eine Besonderheit im Außendesign: Die auf kleinen Stützen sitzenden Außenspiegel sind rahmenlos – und da sie rahmenlos sind, bewegt sich beim Verstellen nicht nur das Spiegelglas, sondern der komplette Spiegel-Körper.

Polestar führt keine Kundenbefragungen zu künftigen Designs durch – sonst könne man schließlich kein Design-Innovator sein, freut sich Polestar-Chef Thomas Ingenlath. Auch müsse die Marke keine Rücksicht auf Erwartungen langjähriger Kunden nehmen.

Kamera statt Heckfenster

Polestar 4 (2024) Exterieur Heck Foto: Polestar
Eine Kamera ersetzt das Heckfenster.

Damit auch die Fondpassagiere eine gute Kopffreiheit haben, läuft das Dach erst ab der C-Säule flach nach hinten aus. Hinten dann die Überraschung: Das Auto hat kein Fenster in seiner großen Heckklappe. Ein in Wagenfarbe lackiertes Blech sitzt dort, wo man das Fenster vermuten würde. Allerdings ist die Dachlinie so geformt, dass beim Blick von innen nur ein schmaler Fensterschlitz übrig geblieben wäre – also haben sich die Designer für die ungewöhnliche Lösung ohne Fenster entschieden.

Polestar 4 (2024) Interieur Foto: Polestar
Der Polestar 4 hat kein Heckfenster.

Assistenz und Sicherheit

Einen Innenspiegel hat der Polestar 4 trotzdem – oder besser einen Innenspiegel-Bildschirm. Eine am oberen Ende des Hecks sitzende Kamera versorgt diesen Bildschirm mit Daten – eine zweite im gleichen Gehäuse untergebrachte Kamera ist für das Fahrer-Assistenzsystem (ADAS: Advanced Driver Assistance System) zuständig.

Polestar 4 (2024) Interieur Foto: Polestar
Einen Innenspiegel hat der Poelstar 4 natürlich. Und Recycling-Materialien im Innenraum.

Mit einer Radareinheit, elf Kameras und 12 Ultraschallsensoren erkennt der Polestar 4 Hindernisse und Gefahren. Eine weitere Kamera im Innenraum registriert die Augen- und Kopfbewegungen des Fahrers, zeichnet aber nicht auf. So soll der Fahrer gewarnt werden, wenn er unaufmerksam oder müde wird. Mit dem optionalen Pilot Pack kann der Polestar 4 auf Tipp am Blinkerhebel die Spur wechseln. Im Ernstfall schützen neun Airbags die Passagiere.

Interieur mit Recycling-Material

Beim Innenraum haben sich die Designer von Sportbekleidung inspirieren lassen – ihnen gefällt, dass sich die Mode dort schnell ändert. Die Oberflächen-Materialien sollen möglichst weich sein, Holz und Chrom kommen nicht zum Einsatz. Gebürstetes Aluminium setzt ein paar Akzente und viele Oberflächen sind mit einem Alcantara-ähnlichen Stoff bezogen. Für die Sitze gibt es moderne Stoffe, die teilweise Start-ups aus der Umgebung von Polestars schwedischem Hauptsitz in Göteborg entwickelt haben.

Und als Top-Ausstattung gibt es Nappa-Leder vom auf Nachhaltigkeit und Tierwohl zertifizierten schottischen Zulieferer "Bridge of Weir". Die Farben der Bezugsmaterialien haben Fashion Influencer ausgesucht – es sind vornehmlich Grautöne. Die grundsätzlich schwarzen Sicherheitsgurte bekommen in der Plus-Ausstattung einen goldenen Streifen und im optionalen Performance-Pack sind die komplett goldfarben – in diesem Ausstattungslevel kommen dann noch Brembo-Bremsen und 22-Zoll-Räder hinzu. Auf dem Boden liegen schwarze PET-Matten (Polyethylenterephthalat) – die Innenausstatter betonen, der Kunststoff sei einfach zu reinigen und wegen seiner Materialreinheit auch einfach zu recyclen.

Infotainment und Software

Das Lenkrad des Polestar 4 ist unten abgeflacht und kein Gleichteil mit den anderen Modellen der Marke. Auf dem Lenkrad sitzen sechs hinterleuchtete Touch-Knöpfe. Auf Wunsch projiziert vor dem Lenkrad ein Head-up-Display auf einer 14,7 Zoll großen Anzeigefläche fahrrelevante Informationen in die Frontscheibe. Cleveres Detail: Bei Schnee auf der Straße wechselt die Anzeigefarbe des Head-up-Displays von Weiß auf Gelb.

Polestar 4 (2024) Cockpit Foto: Polestar
Auf dem 15,4-Zoll-Bildschirm läuft Android Auto.

Für eine komfortable Bedienung des Infotainment-Systems sitzt in der nach vorn aufsteigenden Mittelkonsole ein klassischer Dreh-Drücksteller vor dem 15,4-Zoll-Bildschirm. Als Betriebssystem nutzt Polestar Android Automotive OS. Auf der Snapdragon Cockpit Platform laufen Google Assistant, Maps und Play. Die neueste Software kommt per Over-the-Air-Update (OTA) ins Auto.

Unter der Mittelkonsole ist viel Platz – unter anderem für zwei große, nebeneinander stehende Getränkeflaschen. Das Audiosystem von Harman Kardon tönt mit zwölf Lautsprechern und 1.400 Watt. Optional erhöhen je zwei Lautsprecher in den vorderen Kopfstützen die Anzahl auf 16.

Erste Mitfahrt im Polestar 4

Bekanntlich verzichtet das Crossover-Coupé auf eine konventionelle Heckscheibe, eine nach hinten gerichtete Kamera spielt ein Fernsehbild in den Innenspiegel. Dennoch wirkt es hinten im 4 nicht höhlig-düster, dafür sorgt das Panoramadach, das sich über die Köpfe der Fondinsassen nach hinten erstreckt.

Es ließe sich elektronisch abdunkeln, verrät unser zweiter Polestar-Fahrer, bevor er die Funktionen des Innenspiegels demonstriert. Auf Knopfdruck verwandelt sich der Monitor-Spiegel nämlich in einen echten Spiegel, etwa wenn es darum geht, Kinder im Rücksitzraum zu überwachen.

Im Übrigen tut sich der Kamera-Spiegel auch während der Fahrt etwas schwer mit starken Kontrasten. Und Brillenträger, insbesondere solche mit Mutlifocal- oder Gleitsichtbrillen, müssen den richtigen Blickwinkel finden, bevor der Monitor scharfe Sicht nach hinten zeigt. Das ist bei ähnlichen Kameraspiegeln anderer Hersteller freilich nicht anders.

Ob die fehlende Scheibe ein Vorgriff auf autonom fahrende Autos sei, bei denen man gar nicht mehr richtig rausgucken müsste, fragen wir Designer Maximillan Missoni nach der Fahrt. Nein, sagt der eloquente Chef-Kreative. Eine Klappe mit Heckscheibe habe zwei Nachteile. Zum einen erfordere die massive Befestigung viel Platz, der dann bei der Kopffreiheit der Fondpassagiere fehle. Verzichte man auf die Scheibe, ergibt sich viel Raum über den Köpfen und die komplette Dachkonstruktion mit Panoramadach könne so viel weiter nach hinten gezogen werde. Zum anderen sei das Sichtfenster durch den traditionellen Innenspiegel ohnehin sehr klein. Die oben montierte Kamera bietet einen viel freieren Blick nach hinten, erläutert Missoni.

Ein weiterer Vorteil: Der Kofferraum lässt sich so bis obenhin beladen, ohne dass dadurch die Sicht beeinträchtigt würde. Die scheibenlose Klappe öffnet sich auf Knopfdruck, ein tiefer Kofferraum wartet aufs Beladen. Die Lehne der Rückbank lässt sich geteilt vorklappen, so bieten sich Durchlademöglichkeiten in den Passagierraum, wie bei einem konventionellen Heckklappen-Coupé.

Der Preis

Bestellbar ist der neue Polestar 4 ab Februar 2024. Als Grundpreis für die Single-Motor-Version stehen 61.900 Euro in der Preisliste, die Dual-Motor-Variante ist 8.000 Euro teurer und startet entsprechend ab 69.900 Euro. Das Pilot-Paket kostet 1.500 Euro Aufpreis, das Plus-Paket 5.500 Euro, das Pro-Paket 2.000 Euro und das Performance-Paket 4.500 Euro. Ausgeliefert werden die ersten Modelle voraussichtlich ab August 2024.