BMW i4 M50

So fährt der erste Elektro-M

Der erste vollelektrische M zeigt, wie bei BMW die stromernde Zukunft aussehen könnte. Mit 400 kW Systemleistung und 795 Nm Drehmoment ist der i4 M50 ein fahrspaßintensiver E-Wagen.

BMW i4 M50, Exterieur Foto: Fabian Kirchbauer 22 Bilder

Nein, am neuen BMW i4 M50 hätte vermutlich nicht einmal der legendäre Heimwerker-König Tim Taylor aus der Fernsehserie "Hör mal, wer da hämmert" etwas auszusetzen gehabt. Mehr Power, lautete bekanntlich dessen Motto. Mehr Power? Sonst immer gern. Doch heute: Schau’n mer mal.

400 kW Systemleistung sowie 795 Nm Drehmoment, die muss man erst mal verkraften. So rein gedanklich, wenn man zum ersten Mal Platz nimmt im M50. Anders als der ebenfalls neue iX, tarnt sich der i4 M50 ja als fast ganz normaler 4er-BMW. Dass er keiner ist, verrät er dem Kenner mit dem E-Nummernschild oder den Schriftzügen am Heck.

Und natürlich bei einem Blick ins Interieur. Curved Display nennt BMW die zu einem großen Schirm vereinten Instrumenten- und Infotainment-Displays. Der ist leicht zum Fahrer hin gebogen, eine BMW-Tradition, die bereits in den Siebzigern bei den ersten 5er- und 3er-Baureihen E12 und E21 begann. Inzwischen sind wir beim G26, der verfügt über eine intelligente Benutzeroberfläche, das BMW-Bediensystem der achten Generation. Es hat einiges an Komplexität gewonnen, fordert den Fahrer aber dennoch nicht zu sehr heraus.

Überzeugend adaptiv

Der iDrive-Controller in der Mittelkonsole neben dem Wählhebel bleibt dem i4 nämlich erhalten, so stellt er selbst Traditionskunden, die sich nicht mit Sprachbedienung oder dem virtuellen Intelligent Personal Assistant abgeben möchten, vor keine zu hohen Hürden.

Der Assistant versteht nun komplexere Sprachbefehle, und man darf ihm einen selbst gewählten Namen verleihen. Darauf verzichten wir bei der ersten Ausfahrt, auch weil es viel Spannenderes zu entdecken gibt. Selbst wenn die Fahrt auf den ersten Kilometern durch dichten Verkehr und über viel befahrene Landstraßen führt. Das gibt immerhin reichlich Gelegenheiten, die vielfältigen Rekuperationsmöglichkeiten des i4 auszuprobieren. Am einfachsten und wohl auch effizientesten: den Adaptivmodus einfach machen lassen.

Dank der Vernetzung der Antriebssteuerung wird dabei die Rekuperationsleistung mithilfe der GPS-Daten und der Sensoren der verschiedenen Fahrassistenzsysteme so gut der Verkehrssituation angepasst, dass dem Fahrer fast nur noch die Richtungsvorgabe obliegt. Sanftes Heranfahren an einen Kreisverkehr oder eine Tempo-30-Zone? Kein Problem, das können die vernetzten Systeme im BMW ganz allein erledigen. Es funktioniert natürlich ebenso analog und individuell, wenn der Fahrer selbst die Kontrolle übernimmt. Von widerstandsarmem Laufenlassen bis One-Pedal-Fahren ist alles drin.

BMW i4 M50, Exterieur Foto: Fabian Kirchbauer
Das Fahrwerk des i4 basiert auf jenem der 3er- und 4er-Reihe, mit einigen Änderungen.

Nach einigen Kilometern lichtet sich der Verkehr, die Landstraße schlängelt sich durchs hügelige Voralpenland, in dem die Würm- und Riß-Kaltzeiten den einen oder anderen See hinterlassen haben. Einer davon, der Chiemsee, schimmert durchs Grün, eine Gegend für Landschaftsmaler. Oder M-Piloten.

Der i4 M50 ist bekanntlich der erste elektrische M von BMW, da sollte schon einiges geboten werden. Nicht, dass es viel Grund gäbe, daran zu zweifeln. Selbst mit gebremstem Schaum fährt sich der elektrische M wie ein M: kompetent, mit vertrauensbildender Stabilität und beachtlichem Federungskomfort. Dafür sind unter anderem die luftgefederte Hinterachse und das beim M50 serienmäßige adaptive M-Fahrwerk zuständig.

Weniger offensichtlich dabei, doch für Fahrgefühl, Stabilität und Steifigkeit kaum weniger bedeutsam: das in die Gesamtkonstruktion eingebundene Batteriegehäuse. Es ist über 22 Schrauben mit dem Unterboden verbunden und gibt dem Vorderachsträger zusätzlichen Halt.

Spielerisch und agil

Entsprechend spontan und ansatzlos lässt sich der M50 um die Biegungen werfen, denn auch für reichlich Kurven haben die abschmelzenden Gletscher hier gesorgt. Die variable Sportlenkung packt direkt und zielgenau zu, gibt sich ebenfalls Mühe, das Gewicht des i4 etwas zu kaschieren. Über 500 km Reichweite (521 nach WLTP) kosten nun mal etwas Leichtigkeit, beinahe 2,3 Tonnen wiegt der i4 M50. Umso bemerkenswerter das Spielerische im Handling, das auch diesen BMW auszeichnet.

BMW i4 M50, Exterieur Foto: Fabian Kirchbauer
Der sportlichste i4 konkurriert mit Größen wie dem Audi e-tron GT, Polestar 2, Porsche Taycan oder Teslas Model 3 und S.

Gripstark dank ausgeglichener Gewichtsverteilung (48,2 Prozent vorn, 51,8 hinten) und elektrischem Allradantrieb schießt er durch Biegungen, schießt über die kurzen Geraden und lässt sich selbst in beinahe verpassten Bremszonen gut dosierbar verzögern. Dabei kann die adaptive Bremsanlage bis zu 195 kW rekuperieren. Der Übergang vom elektrischen zum hydraulischen Verzögern? Nicht spürbar – ein Verdienst des integrierten Bremssystems, das Bremsbetätigung, Bremskraftverstärkung sowie -regelung in einem kompakten Modul vereint. Dabei erfolgt die Auslösung des jeweils erforderlichen Bremsdrucks über einen Aktuator.

Zu merken ist das selbst für den sensiblen Bremsfuß nicht. Nun hätten wir fast vergessen, den Antrieb zu erwähnen. Liegt womöglich daran, dass der sich bei normaler Fahrt kaum in den Vordergrund drängt. Die beiden Synchronmaschinen lassen ihre Rotoren lässig vor sich hinstromern. Nur wenn das Fahrpedal durchgedrückt wird und richtig Saft auf die Wicklungen kommt, entfesseln sie einen Sturm, der sich druckvoll und unwiderstehlich über Fahrzeug und Insassen hermacht. Nicht zu wild, gut kontrollierbar und daher noch eindrucksvoller.

Dass die Reichweitenanzeige davon recht unberührt scheint, solange man es nicht allzu sehr übertreibt, spricht ebenfalls für den Antrieb. Noch mehr Power benötigen wir heute jedenfalls nicht.

Ein echter BMW

Unter der Gran-Coupé-Haut steckt hochwertige Fahrwerkstechnik. Wir wagen einen Blick.

BMW i4 M50, Durchsicht Foto: BMW
Zusätzliche Streben vorn und hinten (orange) sorgen für mehr Steifigkeit, die Hinterachse ist luftgefedert.

Das Fahrwerk des i4 basiert auf jenem der 3er- und 4er-Reihe, mit einigen Änderungen. So ist die Hinterachse luftgefedert, die Spur vorn 26 und hinten 12 Millimeter breiter und der Schwerpunkt des Fahrzeugs liegt 37 Millimeter tiefer als beim 3er, rundum gibt’s hubabhängig agierende Dämpfer. Der M50 verfügt zudem über serienmäßiges M-Adaptivfahrwerk, M-Sportbremsen, variable Sportlenkung sowie zusätzliche Versteifungsstreben an Vorder- und Hinterachse. Bis zu 20 Zoll große, aerodynamisch optimierte Räder bringen die Kraft auf die Straße.