BMW i5 eDrive 40 / M60 xDrive

Fährt der i5 auch elektrisch wie ein 5er?

Vollelektrisch, mit Sounddesign aus Hollywood und gestengesteuertem Autopilot – der neue BMW i5 ist ein Kulturschock für die 5er-Reihe, wie er fährt, klären erste Probefahrten mit dem hinterradgetriebenen, 340 PS starken i5 eDrive40 und dem i5 M60 mit Allrad und 601 PS.

BMW i5 M60xDrive Foto: BMW 20 Bilder

Der vielleicht größte Generationensprung in der Geschichte der 5er-Reihe bleibt selbst beim vollelektrischen BMW i5 stilistisch auf dem Teppich – im Gegensatz zu manch anderer Münchner Neuvorstellung in der letzten Zeit. Statt Diskussionsstoff gibt's

hier Nieren in bekömmlichem Format, blitzsaubere Proportionen und eine Silhouette, die mit ihrer leicht abfallenden Heckpartie Erinnerungen an den E12 wachküsst – an den ersten Teil des Epos.

Unter dem klassischen Anzug herrscht fürs Erste jedoch die Zukunft, wobei auch der 5er der All-in-one-Strategie der Münchner folgt. Im Gegensatz zu Mercedes, wo man der E-Mobilität mit den EQE-Modellen (noch) ein separates Gärtchen bereitet, schlüpfen der 5er-Architektur wahlweise die Antriebsgebeine von Verbrennungsmotoren, ein Akkupaket oder sogar beides in den Unterboden. Kurzum: Man macht es allen recht! Der 5er kommt ganz konventionell als Diesel und Benziner (alle mit 48 Volt-Netz), als Plug-in-Hybrid mit bis zu 100 km E-Reichweite, in Gestalt des allmächtigen M5 (wieder inklusive Kombi-Version) sowie – und damit sind wir bei der Sache – als BEV unter der Bezeichnung i5.

E-Varianten von zart bis hart

Die E-Version ist nicht nur ein absolutes Novum für die Baureihe, sie ist auch der Auftakt in Generation G60. Zunächst stehen zwei Varianten in der Preisliste. Die kleine Lösung namens i5 eDrive40 kommt hinterradgetrieben, leistet bis zu 250 kW (Dauerleistung: 105 kW) und kostet ab 70.200 Euro, was in die Währung des Vorgängers umgerechnet in etwa einem 540i entspricht.

Doch jetzt gibt es, zumindest wenn man nach Oberflächlichkeiten geht, mehr Auto fürs Geld: 5,06 Meter in der Länge und 1,90 in der Breite entsprechen einem (auch drinnen spürbaren) Plus von 97 beziehungsweise 32 mm in den Dimensionen – sowie einem satten im Gewicht: 2.130 kg wiegt der i5 als eDrive40. Puh!

Hauptverantwortlich dafür: der 81,2-kWh-Akku, der sich mit bis zu 205 kW schnellladen lässt (im Idealfall also in 30 Minuten von zehn auf 80 Prozent) und nach WLTP Reichweiten von maximal 582 km ermöglichen soll. Das ist – in der Theorie – überaus anständig und in der Praxis immerhin doppelt so viel wie nötig, um auf der 180 km langen Teststrecke durch die portugiesische Pampa die anderen Facetten abzuklopfen. Schließlich soll der neue 5er nicht nur der "innovativste" in der Reihe sein, sondern auch "dynamischer denn je".

Interieur: Extravaganz und Bundesliga

Sodann rein ins Cockpit, dessen Oberflächen sich ab Werk nun in "Veganza" hüllen. Klingt nach italienischem Designerlabel, ist aber tatsächlich wörtlich zu verstehen. Denn die lederartigen Bezüge kommen ohne tierische Zusätze aus, sind überaus anschmiegsam und mit fast allen Sitzkonfigurationen kombinierbar. Vor dem neuen, leicht geschüsselten Lenkrad "schwebt" auch im 5er nun ein Curved Display. Es umfasst einen 12,3-Zoll-Bereich für (teils bizarre) Instrumenten-Looks und das 14,9 Zoll große Revier des Infotainments, das neben verkürzten Bedienwegen ein ausgebautes Unterhaltungsprogramm aufbietet – etwa um die Wartezeit an Ladesäulen zu versüßen: YouTube ist fortan ebenso mit von der Partie wie eine Gaming-Plattform, die das eigene Smartphone zum Controller verwandelt. Dazu gibt es die offizielle, dennoch zusatzkostenfrei Bundesliga-App mit Highlight-Clips, Video-Ticker und Live-Spielen.

Die Bedienung funktioniert nach wie vor redundant, also wahlweise per Touch auf dem Screen, verbal oder über den kristallgläsernen iDrive-Steller. Leibhaftige Tasten? Sind out!

Assistenzsysteme: Spurwechsel per Spiegelblick

Ganz im Gegensatz zu den Assistenzsystemen, an denen eifrig weiterentwickelt wird. Neben der gesetzlich verordneten Akustikwarnung beim Überschreiten des Tempolimits bekommt der 5er auf Wunsch einen teilautonomen Autobahn-Assistenten mit erweitertem Funktionsumfang. Der Autopilot übernimmt sämtliche Fahraufgaben bis 130 km/h und erfordert keinerlei Lenkradberührungen mehr, solange man beide Augen auf der Fahrbahn hat. Und ja, das System merkt, wenn man am Handy rumdaddelt!

Außerdem darf man Spurwechsel ab sofort per Gestensteuerung einleiten. Der Vorschlag dazu wird per Bimmelgeräusch und Display-Icon unterbreitet. Dann genügt ein Blick in den entsprechenden Außenspiegel, und Simsalabim, die Limousine schert links aus oder rechts wieder ein. Funktioniert? Einerseits erstaunlich intuitiv – einerseits. Andererseits fehlt dem Computer so ein wenig das Gefühl für die Fähigkeiten des Autos. Wenn man sie lässt, stürzt sich die Robotik nämlich überaus tapfer in enge Kurven, verlangt dann bisweilen aber auch den ebenso tapferen Einsatz des Fahrers, wenn sie mittendrin feststellt, na huch, so zügig kommen wir da gar nicht durch.

Fahrverhalten: Viel Ballast, einige Vorteile

Selbst gemacht schmeckt also immer noch am besten. Und das ist jetzt bitte weniger als Verunglimpfung der automatisierten Fahrerei zu verstehen, sondern explizit als Kompliment an die Entwickler. Denn die haben es geschafft, dass sich dieser 5er, der sicher weiter aus der Reihe tanzt als jeder andere zuvor, sofort und unverkennbar nach 5er anfühlt: bequem, wuchtig, engagiert.

Sicher, das enorme Mehrgewicht ist nicht komplett zu kaschieren. Allerdings ist die E-Technik in der Lage, einen Teil des Ballasts mit ihren speziellen Eigenschaften wieder wettzumachen. Der tiefe Schwerpunkt ist dabei nur ein Aspekt, ein anderer ist die geringe Latenz der E-Maschinen, die sie zu einem präzisen Passgeber im Zusammenspiel mit den anderen Fahrdynamiksystemen macht. Und natürlich stützen sich die positiven Eindrücke auch auf den kräftigen Punch von bis zu 430 Nm, der vom Fahrersitz aus übrigens imposanter wirkt, als sich 6,0 Sekunden auf 100 und züchtige 193 km/h Vmax lesen.

i5 M60 xDrive: trotz Schwere leichtfüßig

Wenn es trotzdem etwas mehr sein soll, werden minimum 99.500 Euro fällig. Dafür steckt der i5 dann im temperamentvollen Trimm eines M-Performance-Modells, heißt M60 mit Nachnamen und packt mit zwei Elektromotoren zu. So entsteht neben dem Allradantrieb auch eine Systemleistung von bis zu 442 kW (Dauerleistung: 127 kW), die das Vortriebserlebnis nachhaltig dramatisieren. 820 Nm verkürzen den 0–100-Sprint auf 3,8 Sekunden (und die Reichweite auf 516 km), gleichzeitig verschärfen M-Zusätze das Fahrverhalten. Wobei auch hier die Relationen stimmen. Trotz eigenständiger Abstimmung, Versteifungsmaßnahmen und einer aktiven Wankstabilisierung, die den Aufbau spürbar fester an die Kandare nimmt, vergaloppiert sich der M60 nicht in Überambition. Stattdessen breitet sich die Sportlichkeit in Gestalt eines ebenso satten wie leichtfüßigen Fahrverhaltens aus, das sich angesichts des Leergewichts von gut 2,3 Tonnen erstaunlich lange aufrechterhalten lässt.

Kritikpunkte? Abschaltbar!

Den Flow stören am Ende nur abschaltbare (!) Kleinigkeiten wie die adaptive Rekuperation. Sie richtet die Verzögerung bei Gaswegnahme (letztlich also die Stärke der Energie-Rückgewinnung) an externen Einflüssen wie vorausfahrenden Verkehrsteilnehmern, nahenden Tempolimits oder dem Streckenverlauf aus. An sich eine geniale Idee, käme in der Praxis nicht so oft das Gegenteil des Erwarteten – also zum Beispiel ein deftiger Bremsruck vor einer relativ leichten Kurve.

Und auch die Sache mit dem Klang bleibt eine strittige. Trotz der Unterstützung von Oscar-Preisträger Hans Zimmer klingen die kosmischen Kompositionen so, als hätten nun die Sounddesigner von den bunten Pillen genascht. Oder seriös formuliert: Sie sind einfach unpassend für ein Auto, das zwischen Traditionsverpflichtung und neuen Herausforderungen ansonsten so harmonisch wirkt.