Mitfahrt Mercedes CLE Coupé

Ganz schön sportlich für einen Benz

Mercedes bringt ab 2024 den CLE als Nachfolger von C- und E-Klasse Coupé auf die Straßen. Wir waren bei einer der letzten Testfahrten dabei – und überrascht.

Erlkönig Mitfahrt Mercedes CLE Coupé 2024 Foto: Mercedes 12 Bilder

Zwei Generationen gab es vom Mercedes CLK Coupé, bis er 2010 ohne Nachfolger auslief. So ähnlich soll es auch dem C-Klasse-Coupé und dem E-Klasse-Coupé auch ergehen. So ähnlich? So ganz kann sich Mercedes von der Idee des echten Coupés mit zwei Türen nämlich nicht verabschieden – und bringt knapp 23 Jahre später nun doch noch einen CLK-Nachfolger. Allerdings soll der auf den Namen Mercedes CLE hören.

Von der späten Nachfolge wollen die Mercedes-Mannen allerdings nichts wissen. Die offizielle Geschichte lautet wie folgt: Man habe Kunden des C-Coupés und des E-Coupés nach ihren Wünschen für deren Nachfolger befragt. Die Kunden des kleinen, sportlicheren C-Coupés verlangten wohl nach etwas Größerem, die Fahrer des opulenten E-Coupés nach mehr Sportlichkeit. "Wir hätten also zweimal dasselbe Auto bauen müssen", erklärt der Mercedes-Sprecher. Entsprechend habe man sich entschieden, ein Auto zu bauen, dass in die Fußstapfen beider Coupés tritt. Dass damit das ausufernde Portfolio der Schwaben entsprechend der Sparpläne von CEO Källenius im selben Zug schrumpft, hat man wohl billigend in Kauf genommen.

"Das soll aber keinesfalls nach einem faulen Kompromiss klingen", betont Christof Kühner, ehemaliger Versuchsleiter der C-Klasse und derzeit verantwortlich für die Erprobung des CLE und der E-Klasse, als er den Weg zum minimal getarnten CLE Coupé weist.

Claymodell gibt Ausblick auf CLE-Design

Lediglich Leuchten, Front und Heck sind noch beklebt. Allerdings hat Mercedes Chefdesigner Gordon Wagener schon einen Ausblick auf die Front und die Scheinwerfer gegeben, als er auf Instagram bei einem Designworkshop an einem Tonmodell erklärt, wie Autodesign funktioniert, das den restlichen Konturen des CLE extrem nahekommt.

Beim fahrbaren Vorserienmodell fallen vor allem die lange Haube und die fastbackartige Silhouette mit kleinem Spoiler auf dem Kofferraumdeckel ins Auge. Der öffnet übrigens nur eine Blechluke. Die Heckscheibe bleibt, anders als etwa beim Audi A7, wo sie ist. Die Konturen auf der Seitenlinie straffen das Design, die Radhäuser sind leicht ausgestellt, beim Blick auf die Partie unter der Fensterkante fällt unweigerlich die Verwandtschaft zur neuen E-Klasse Limousine auf. Die Türen mit ihren rahmenlosen Scheiben seien laut Kühner vermutlich die längsten im Portfolio und unterstreichen den sportlichen Auftritt.

Das Greenhouse wird im Fondbereich deutlich schlanker, die Scheiben hinten laufen spitz zu und sind von schwarzen Rahmen umgeben, die vermutlich zum Nachtpaket mit seinen schwarzen Akzenten gehören werden und später wohl auch in Chrom zu haben sind. Der Grill ist leicht nach vorn geneigt und wird horizontal von einer schwarzen Spange geteilt. In der Mitte prangt bei der Serienversion formatfüllend der Mercedes-Stern.

So viel zum Auftritt. Heute steht allerdings nicht nur Anschauen auf dem Programm, sondern Mitfahren. Gerade beim Fahren soll sich das neue Coupé schließlich von seinen Vorgängern unterscheiden. Bevor wir dazu kommen, aber erst noch ein paar technische Daten.

CLE mit Hinterachslenkung und Adaptivfahrwerk

Den zweitürigen CLE gibt's in drei Fahrwerksvarianten. Den Einstieg macht ein einfaches Stahlfahrwerk, das in der Avantgarde-Ausstattung zum Einsatz kommt. "Die meisten Fahrzeuge werden aufgrund von gekoppelten Ausstattungen allerdings mit Sportfahrwerk und der amplitudenselektiven Dämpfung (ASD) ausgeliefert werden", schätzt der Versuchsleiter. Die Topmodelle kombinieren ein Adaptivfahrwerk mit einer Hinterachslenkung (2,5 Grad). "Damit können wir die Lenkradübersetzung verkleinern und das Handling verbessern, ohne dass das Auto nervös wird", erklärt Kühner.

Sechszylinder immer mit, Diesel und PHEV immer ohne Allrad

Noch mehr Vielfalt als bei den Fahrwerken verspricht der Entwickler bei den Antrieben. Insgesamt soll es fünf Motorvarianten geben. Darunter sind zwei Vierzylinder-Benziner, voraussichtlich analog zu den 200er- und 300er-Modellen des aktuellen E-Coupés (211 und 272 PS) sowie ein Reihensechszylinder, der im aktuellen E-Coupé 450 auf 389 PS kommt. Hinzu kommt ein Vierzylinder-Diesel (aktuell im E-Coupé als 220d mit 194 PS oder 300d mit 285 PS) und ein Plug-in-Hybrid. Letzten bekommt der CLE allerdings nur als 300e, mit 100 kW-E-Maschine und 204 PS Vierzylinder-Benziner, wie er beispielsweise im GLC 300e Matic zum Einsatz kommt. Den Diesel-PHEV spart sich Mercedes. Kernmarkt des Diesels sei schließlich nur Europa, da komme das Coupé mit Selbstzünder und Stecker nicht auf ausreichende Stückzahlen, so Kühner.

Mit Allrad soll es das neue Mercedes-Coupé übrigens auch geben. Der große Sechszylinder wird ausschließlich als 4Matic-Version ausgeliefert, Diesel und PHEV kommen nur mit Hinterradantrieb, bei den beiden Vierzylinder-Ottomotoren ist der Vierradantrieb optional.

Etwas länger außen und mehr Platz innen

Zum Interieur dürfen wir an dieser Stelle noch keine Worte verlieren. Da der CLE in den Abmessungen aber deutlich größer gewachsen ist als das C-Coupé und sogar 1,5 Zentimeter mehr als das bisherige E-Coupé (4,93 Meter) misst, war es für die Mercedes-Entwickler sicher keine Schwierigkeit, auch den Innenraum etwas luftiger zu gestalten. Selbst auf der Rückbank kommt man bequem unter. Lediglich die abfallende Dachlinie macht die beiden Fondsitze für großgewachsene Passagiere nicht zur ersten Wahl. Zudem lassen sich die getönten Scheiben hinten nicht öffnen. Schade. Immerhin: Wer hinten sitzt, kann die Aussicht aus dem optionalen Hubschiebedach genießen. Noch mehr Aussicht gibt es nur wohl nur im CLE Cabrio, dass unser Erlkönigfotograf bereits erwischt hat.

Für die Testfahrt geht es aber glücklicherweise in die erste Reihe, in der nichts den Blick auf die lange Haube mit ihren Powerdomes versperrt. Die wirken von innen noch größer und mächtiger als außen und lassen schon erahnen, was die AMG-Kollegen von Kühner aus Affalterbach mit dem CLE vorhaben. Das genaue Gegenteil herrscht beim Klang. Der Sechszylinder ist angenehm leise, fast zurückhaltend, selbst dann, wenn er das Coupé auf seinen 20-Zoll-Rädern (vorn 245/35, hinten 275/30) über die kurvigen Landstraßen rund um das Sindelfinger Mercedes-Werk schiebt. So leise, dass man beinahe die Fenster öffnen möchte, um mehr vom Sound des Dreiliters zu hören. Weil das nicht nur die Frisur, sondern auf Dauer auch die Unterhaltung zwischen Redakteur und Entwickler stört, fährt die Scheibe wieder hoch, kurz bevor sich erste Unebenheiten auf der Strecke auftun.

Der CLE gibt sich straff, aber nicht unkomfortabel

"Bei der Abstimmung haben wir Wert daraufgelegt, dass das Fahrwerk zwar komfortabel bleibt, aber auch beim dynamischen Fahren Spaß macht", erklärt Kühner. Im Vergleich zur E-Klasse ist der CLE entsprechend straffer und sportlicher ausgelegt. Er neige weniger zum Wanken und sei härter. Wirklich hart ist aber auch der CLE nicht. Unebenheiten glättet er bei der Testfahrt mit dem Adaptivfahrwerk elegant mit einem Federhub ab und auch in schnelleren Kurven ist vom Sozius-Platz kaum ausgeprägte Neigung der Karosse zu vermelden. Das sportliche Äußere verspricht also nicht zu viel.

Dass es das alles nicht umsonst gibt, steht außer Frage. Um die Antwort nach der Preisfrage drücken sich Kühner und die Kollegen der Pressestelle aber noch. Ein Schnäppchen wird der CLE jedoch sicherlich nicht werden – auch wenn er dank der MRA2-Plattform, die die Basis für alle von der C-Klasse bis zur S-Klasse liefert, auf ein breites Fundament setzen kann. Denn das aktuelle E-Coupé liegt im Einstandspreis schon bei rund 60.000 Euro. Der CLE wird das kaum unterbieten und damit für ehemalige Kunden des C-Coupé (aktuell ab rund 48.800 Euro) deutlich teurer werden.

Bleibt noch das Wann. Hier herrscht schon deutlich mehr Klarheit. Die Tarnung soll der CLE noch diesen Sommer ablegen. Die Markteinführung erfolgt noch dieses Jahr. Ob es für den nächsten Sommer schon für das CLE Cabrio reicht, bleibt aber noch abzuwarten.