Singer Monaco Porsche 911

Wie geht der Singer?

Nun sind sie wirklich in Europa angekommen, die von Singer Vehicle Design restaurierten Backdate-964. Wir waren mit einem der ersten Exemplare unterwegs: dem sogenannten Monaco-Commission mit 390 PS starken Vierliter-Boxer.

Singer Porsche 911, Exterieur Foto: Hans-Dieter Seufert 19 Bilder

Die beste Nachricht zuerst: Fast 64.000 Porsche 964 wurden zwischen 1988 und 1994 gebaut, da sollte es auch über die nächsten Jahre hinaus reichlich Nachschub zum Restaurieren und Modifizieren geben. Die Firma Singer Vehicle Design, seit 2009 im Geschäft, zählt zu den Pionieren und Trendsettern in diesem Geschäft, doch längst gibt es viele weitere Anbieter, die 964-Restaurierungen im Stil der 70er anbieten.

Einen Singer-Importeur und Kümmerer für den deutschen Markt gibt es inzwischen ebenfalls, die Dörr-Gruppe, bekannt und groß geworden als McLaren-Händler. Also steht der restaurierte 964 mitternachtsblau schimmernd im McLaren-Showroom der Motorworld Böblingen und wartet auf eine Ausfahrt. Es ist das sogenannte Monaco-Auto. Traditionell werden die bei Singer restaurierten Porsche nach dem Wohnort des Kunden benannt, in diesem Fall eben Monaco. Gebaut wurde der Wagen 2015, Singer hat ihn zurückgekauft und verwendet ihn nun als Vorführwagen für den europäischen Markt. Beinahe 20.000 km hat der Porsche seit der Restaurierung zurückgelegt, doch er wirkt als habe er gerade erst die Singer-Hallen nördlich von Hollywood verlassen.

Singer Porsche 911, Interieur Foto: Hans-Dieter Seufert
Sitze, Tür- und Armaturentafeln sind mit geflochtenem Leder überzogen, in einem Design, das bei Singer Oxblood heißt.

Du kennst dich ja aus mit 964er, sagen sie und drücken dir den Schlüssel für ein Auto in die Hand, das unter Freunden so um die 700.000 Euro kosten würde. Und an dem auf den ersten Blick tatsächlich recht wenig an einen Porsche 911 der Baureihe 964 erinnert. Eher vermutete man als Nicht-Experte einen 911 der frühen 70er als Basis. Die Spezialisten bei Singer Vehicle Design gehen gründlich vor. So werden Karosserieteile wie Hauben, Kotflügel und Dach durch Kohlefaserteile ersetzt. Und die Radläufe vor allem hinten großzügig ausgestellt, um den erwünschten Breitbau-Look zu erzielen.

Drehzahlmesser bis 11 mal 1.000

Auch das Interieur wurde recht weitgehend umgestaltet, hier erkennt der Porsche-Connaisseur die 964-Basis an den Schiebe- und Drehreglern der Klimaanlage. Die Instrumente haben Zifferblätter mit hellgrüner Beschriftung, das erinnert eher an Porsche der 60er Jahre. Sitze, Tür- und Armaturentafeln sind mit geflochtenem Leder überzogen, in einem Design, das bei Singer Oxblood heißt. Und falls Sie sich wundern, dass die Skala des Drehzahlmessers bis 11 Umdrehungen mal 1.000 reicht, obwohl der rote Bereich bereits knapp nach 7.000 Umdrehungen beginnt: Es ist eine Anspielung auf die amerikanische Redensart "up to eleven". So etwa in dem Film "This is Spinal Tab" von 1984 über eine fiktive Hardrock-Band, deren Verstärker sich nicht nur bis 10, sondern bis 11 aufdrehen lassen.

Zu Beginn der Ausfahrt bleiben wir sehr weit weg von der 11, das Ölthermometer dümpelt am untersten Strich der Skala, ein paar Kilometer dauert es noch, bis die 11,5 Liter Schmierstoff wohl temperiert um Motor, Trockensumpftank und Kühler unter der Frontstoßstange zirkulieren. Wie bei jedem luftgekühlten Elfer sind auch bei diesem drei der insgesamt sieben Anzeigen in den fünf Rundinstrumenten für den Ölhaushalt reserviert: je eine Anzeige für Ölstand, Öltemperatur und Öldruck.

Autobahn nach Süden, ein paar Kilometer nur bis zur Schwäbischen Alb. Die badet gerade in spätherbstlichem Sonnenschein, letzte Nebelschwaden verdampfen zwischen den bunten Bäumen. Hier darf der Vierliter höher drehen, bis etwa 7.200 Umdrehungen. Überraschung: Es wird kein wilder Ritt auf der Kanonenkugel, trotz der 390 PS, die im Fall des Monaco-Autos auf 1.250 kg Leergewicht treffen. Ja, Leistung ist jederzeit mehr als genügend da, doch sie bricht nicht überfallartig über Auto und Fahrer herein. Bleibt kontrollierbar, auch weil das Gas mit sehr langem Pedalweg arbeitet. Und der Vierliter-Boxer sensibel auf jeden Millimeter Pedalweg reagiert. Ab 5.000 gibt es noch eine Portion Extraschub, dann hämmert der Motor sehr laut in den Innenraum, und der Wagen bügelt die Straße so blitzartig weg, dass man mit Schalten und Lenken kaum nachkommt.

Apropos Schalten und Lenken: Das serienmäßige Fünfganggetriebe wurde hier durch eine Sechsgangbox des Porsche 993 ersetzt, mit betont langem Sechsten. Die auf der Tachometerskala versprochenen 280 km/h dürfte der Singer problemlos erreichen. In nur 3,3 Sekunden soll er laut Singer Vehicle Design 60 mph (96 km/h) erreichen, auch das glauben wir, ohne es ausprobieren zu wollen. Die Schaltung ist leichtgängig, etwas knorpeliger womöglich, verglichen mit dem straffen, etwas schwergängigen Schaltgefühl des 964-Fünfganggetriebes.

Über eine halbe Million Dollar sollte übrig sein

Ach ja, Lenken: Das kleine Momo Prototipo-Lenkrad liegt gut in der Hand, die Lenkung reagiert aus der Mittellage etwas zackiger als im Serien-964 gewohnt. Doch daran hat man sich rasch gewöhnt. Das Auto liegt gut in der Hand, baut in engen bis mittelschnellen Landstraßenkurven mächtig Grip auf und bleibt bei straßenverkehrsverträglicher Fahrweise unerschütterlich neutral. Selbst holperigere Straßen auf der Alb nimmt der Singer nicht übel, das voll einstellbare Öhlins-Fahrwerk zeigt sich straff, doch keineswegs überhart, Komfort und Geradeauslauf erweisen sich als durchaus alltagstauglich.

Singer Porsche 911, Plakette Foto: Hans-Dieter Seufert
Individuelle Plakette für individuelle Fahrzeuge: Jeder Singer wird speziell auf Kundenwunsch angefertigt und dementsprechend signiert. Die Warteliste ist dementsprechend lang.

Genau das entspricht ja der Philosophie des Firmengründers und Masterminds Rob Dickinson: einfach nur schöne Autos zu erschaffen, mit Stil und Charme der alten 911, doch mit der Technik, Fahrsicherheit und Fahrleistungen eines viel moderneren Sportwagens. Reimagined nennt er das, neu aufgelegt, so könnte man das Wort übersetzen, doch es beinhaltet viel mehr: die Phantasie und Kreativität, doch auch die technischen und handwerklichen Fähigkeiten, derer es bedarf, um so ein Auto auf die Räder zu stellen.

Sie haben dies nun alles gelesen und möchten sich einen 964 nach Ihren und Dickinsons Vorstellungen restaurieren lassen? Da sollten Sie nicht weniger, sondern eher mehr als eine halbe Million Dollar zur Seite legen. Und sich am besten in Deutschland nach einem Basis-964 umschauen. Zwar ist in den USA die Auswahl an mehr oder weniger verlebten 964 immer noch ausreichend groß, doch ein Exemplar mit deutschen Zulassungspapieren erleichtert die Zulassungsformalitäten hierzulande doch ungemein. Die Warteliste freilich ist lang, bei Singer Vehicle Design in Kalifornien.