Horner gestärkt nach Dubai-Treffen

Kann Verstappen jetzt gehen?

Das Treffen der Red-Bull-Bosse in Dubai brachte ein Ergebnis: Die Position von Teamchef Christian Horner ist stärker denn je. Die thailändischen Mehrheitsbesitzer gehen mit ihm durch dick und dünn. Kann Max Verstappen damit das Team verlassen?

Christian Horner & Max Verstappen - GP Australien 2024 Foto: Motorsport Images 87 Bilder

Wenn es je die Hoffnung gab, Christian Horners Streben nach der Macht im Red-Bull-Konzern einzubremsen oder ihn gar loszuwerden, dann ist sie mit dem Treffen der Red Bull-Bosse nach dem GP Saudi-Arabien in Dubai verflogen. Entgegen anderslautenden Medienberichten wurde Horners Position bei dem Meeting nicht geschwächt, sondern sogar noch gestärkt.

Angesichts der unerwarteten Offensive aus Thailand ist die österreichische Fraktion mit Oliver Mintzlaff und Franz Watzlawick offenbar mehr darauf bedacht, auf dem sinkenden Schiff ihre Posten zu behalten. Die Nummer kann jedoch schiefgehen. Im Fahrerlager von Melbourne kursierten Gerüchte, dass die Red Bull Holding komplett nach Dubai verlegt werden könnte.

Der thailändische Mehrheitsaktionär Chalerm Yoovidhya steht voll hinter den Plänen von Teamchef Horner, der angeblich die komplette Macht sowohl im Getränkekonzern als auch im Motorsport-Imperium übernehmen will. Diese Unterstützung könnte nur ins Wanken geraten, wenn ein Zivilgericht feststellen sollte, dass sich Horner gegenüber einer Mitarbeiterin unangemessen verhalten hat.

Christian Horner & Peter Bayer - GP Australien 2024 Foto: xpb

Christian Horner will die kompletten Motorsport-Aktivitäten bei Red Bull kontrollieren und damit auch bei Toro Rosso die Weichen stellen.

Horner kann jetzt die Weichen stellen

So weit ist es aber noch lange nicht. Bis der Prozess einmal anläuft und zu einem Ergebnis kommt, kann es noch dauern. Das gibt Horner die Luft um Maßnahmen treffen, die ihn an die Spitze des Konzerns bringen. Und er kann Red Bull sowie Toro Rosso nach seinen eigenen Vorstellungen für die Zukunft aufstellen.

Bisher konnte Horner im eigenen Rennstall nicht so uneingeschränkt regieren, wie er wollte. Das beginnt schon damit, dass er sich Investitionen ab einer bestimmten Höhe von der österreichischen Seite, sprich Helmut Marko, absegnen lassen muss. Vor dem Tod von Dietrich Mateschitz war die Macht auch bei Personalentscheidungen deutlich eingeschränkt. Die Frage, die sich derzeit alle stellen, lautet, wie Max Verstappen reagiert. Was ist die Klausel wert, die es ihm angeblich erlaubt zu gehen, wenn sich die Machtverhältnisse im Team ändern?

Verstappen-Manager Raymond Vermeulen soll sich nach dem GP Australien mit den thailändischen Chefs in Dubai getroffen haben. Der Inhalt des Gesprächs ist unklar. Es ging wohl kaum darum, Yoovidhya davon zu überzeugen, dass Horner seinen Hut nehmen muss. An dieser Mission sind schon andere gescheitert. Es ist wahrscheinlicher, dass er den Thailändern reinen Wein eingeschenkt hat: Wenn Horner weiter an der Macht bleibt, ist Max Verstappen weg.

Der Weltmeister selbst ist in seinen Kommentaren äußerst geschickt. Als die Suspendierung von Helmut Marko im Raum stand, wählte er klare Worte und teilte jedem mit, auf welcher Seite er steht und wen er für den wahren Architekten der Red-Bull-Erfolgsstory hält: Firmengründer Dietrich Mateschitz und Helmut Marko. Ansonsten lehnt sich der Champion nicht zu weit aus dem Fenster. Er weiß genau, dass jedes Wort zu viel ein Nachteil im Transfer-Schach sein könnte.

Christian Horner & Raymond Vermeulen - GP Australien 2024 Foto: xpb

Verstappen-Manager Raymond Vermeulen setzt Red Bull die Pistole auf die Brust. Wenn Horner alleine regiert, könnte Verstappen zu Mercedes oder Aston Martin wechseln.

Duell zwischen Mercedes und Aston Martin

Auch wenn Christian Horner sagt, dass er keinen im Team zwingen werde zu bleiben, wird er im Fall von Verstappen darauf bestehen, dass der Holländer seinen Vertrag bis 2028 erfüllt. Allein um dem Verstappen-Clan zu zeigen, wer jetzt das Sagen hat im Team. Nach außen hin haben sich alle Beteiligten immerhin auf eine Formel geeinigt: "Wir müssen genug Ruhe reinbringen, damit Max die Weltmeisterschaft gewinnen kann. Das hat Priorität."

Die Konkurrenz weiß seit dem Saisonauftakt in Bahrain, dass sich die Situation bei Red Bull für 2025 dramatisch ändern könnte. Deshalb ist das Transferkarussell, das mit Lewis Hamiltons Ferrari-Wechsel früh in Schwung kam, jetzt wieder völlig zum Erliegen gekommen.

Alle warten darauf, wie sich Verstappen entscheidet. Erst wenn das klar ist, kann das Stühlerücken beginnen. Hinter Verstappen sind Mercedes und Aston Martin her. Aston Martin im Verbund mit Stardesigner Adrian Newey, an dem Mercedes weniger interessiert zu sein scheint. Bei Newey liefert sich Aston Martin eher ein Duell mit Ferrari.

Aston Martin erhofft sich offenbar, mit der Newey-Karte und mit dem künftigen Motorenpartner Honda das attraktivere Paket als Mercedes zu bieten. Dort zählt wiederum der große Name einer Weltmarke und die Möglichkeit lebenslang Markenbotschafter zu werden. Auf der Rennstrecke machen derzeit weder Mercedes noch Aston Martin Werbung für sich selbst. Doch wenn Verstappen weg will, dann muss er den Schritt am Ende dieser Saison vollziehen. Würde er eine weitere Saison bei Red Bull bleiben, hieße das, dass er die neuen Machtverhältnisse akzeptiert.

Christian Horner & Daniel Ricciardo - GP Australien 2024 Foto: xpb

Sollte Verstappen gehen und die Verpflichtung von Alonso nicht klappen, kann Horner immer seinen Lieblingsfahrer Daniel Ricciardo zu Red Bull befördern.

Darf Österreich bei Alonso mitreden?

Fernando Alonsos Management hat schnell auf die geänderten Verhältnisse reagiert. Während der Spanier zunächst bei Mercedes als Kandidat auf den Hamilton-Sitz galt, sieht Alonso-Manager Flavio Briatore nun offenbar bei Red Bull die bessere Gelegenheit. Und er findet in Horner einen, der an einem Alonso-Deal interessiert ist.

Horner kann Alonso ohne Probleme ein Angebot machen, weil der Vertrag von Sergio Perez am Ende des Jahres ausläuft. Wenn Verstappen bleibt, kommt es zum Superteam. Wenn nicht, kann Perez bleiben. Oder Horner-Schützling Daniel Ricciardo wird ein Comeback geben. Marko gab Perez vor Saisonbeginn den Rat: "Kümmere dich nicht darum, was nächstes Jahr passiert. Konzentriere dich auf deinen Job. Wenn du gute Leistungen bringst, regelt sich alles von selbst."

Interessant wird sein, was passiert, wenn es zu Gehaltsverhandlungen mit der Alonso-Seite kommt. Gilt dann immer noch, dass ab einer bestimmten Höhe die Österreicher gefragt werden müssen? Horner und die Thailänder könnten es darauf ankommen lassen und ausloten, wie weit sie mit ihrem Selbstbestimmungsrecht gehen können.

Carlos Sainz & Andreas Seidl - McLaren - F1 2019 Foto: Motorsport Images

Carlos Sainz würde gerne zu Mercedes oder Red Bull wechseln. Zu lange darf der Spanier aber nicht mit seiner Entscheidung warten. Audi macht Druck.

Sainz unter Druck von Audi

Alonso ist für Red Bull die bessere Wahl als Carlos Sainz, der ebenfalls in dem Bermuda-Dreieck zwischen Red Bull, Mercedes und Aston Martin segelt, in der Hoffnung mit seinen aktuellen Leistungen zu überzeugen. Mit seinem dritten Platz in Bahrain und dem Sieg in Australien hat der Spanier seinen Marktwert auf jeden Fall einmal erhöht.

Allerdings passt Alonso mit seiner Kompromisslosigkeit besser ins Outlaw-Image von Red Bull als der brave Sainz. Und er ist ein Ex-Weltmeister. Sainz ist es nicht. Außerdem haftet ihm der Makel an, dsass er schon mal bei Red Bull war. Abtrünnige werden selten zurückgenommen. Außer sie heißen Ricciardo. Alonso muss sich auch um die Motorsituation für 2026 und den Jahren danach keine Sorgen machen. In einem Red Bull hätte er 2025 noch einmal die Chance auf einen dritten WM-Titel. Das reicht ihm. Alles weitere wäre eine Zugabe für ihn.

Mercedes hätte mehr Mühe, sich mit dem Bösewicht im Formel-1-Feld anzufreunden. Alonsos Aktion gegen George Russell in Melbourne hat seine Beliebtheit nicht gerade gesteigert. Bei Mercedes stehen alle Zeichen auf Verstappen. Das hört man aus jedem Statement, das derzeit zu diesem Thema abgegeben wird. Und man ist erstaunlich gut darüber informiert, was hinter den Kulissen bei Red Bull abgeht.

Wenn es am Ende doch nicht mit dem Holländer klappen sollte, wird man wahrscheinlich eher auf die Karte Kimi Andrea Antonelli setzen. Toto Wolff will nicht noch einmal ein Talent aus dem eigenen Stall an die Konkurrenz verlieren. 2014 hatte er Verstappen an der Angel, konnte ihm aber kein Cockpit bieten.

Sauber alias Audi schaut, was bei diesem Transferpoker übrigbleibt. Das Interesse an Carlos Sainz ist kein Geheimnis. Man will aber auch nicht zu lange warten. Angeblich hat Sainz noch bis Mitte April Zeit sich zu entscheiden. Nico Hülkenberg gilt so oder so als gesetzt.