1980er-Coupé mit Engine Swap in Online-Auktion

Warum dieser Porsche 928 ein Schnäppchen ist

Sie hielten es bisher für einen Fakt, dass der Transaxle-Porsche von einem V8-Sauger angetrieben wird? Dieses Exemplar belehrt Sie eines Besseren.

Porsche 928 mit Toyota-V12 Online-Auktion Cars & Bids Foto: Cars & Bids / User: Uberdub 23 Bilder

Porsche produzierte den 928 satte 18 Jahre lang als Neuwagen. Angesichts dieser enormen Zeitspanne ist es kaum verwunderlich, dass viele Modellvarianten des Transaxle-Modells angeboten wurden, die sich auch beim Antrieb unterschieden. Mit oder ohne Katalysator, mit Schalt- oder Automatikgetriebe oder mit Leistungswerten, die eine Spanne von 240 bis 350 PS abdeckten. Aber eines war beim 928 immer gesetzt: Der V8-Sauger, der je nach Version zwischen 4,5 und 5,4 Liter groß war.

Doch nun tauchte auf der US-Auktions-Website Cars & Bids plötzlich ein Exemplar des Modelljahres 1982 auf, das von einem V12-Motor angetrieben wird. Angesichts der einführenden Worte ist klar: Es kann sich dabei nicht um einen Porsche 928 handeln, der im Serienzustand verblieben ist. Anbieter "Uberdub" aus Texas machte folgerichtig keinen Hehl daraus, dass hier ein Motortausch vorgenommen wurde. Das Spenderherz stammt aus dem Hause Toyota, was direkt zur nächsten Verwunderung führt: Welches Modell dieser Brot-und-Butter-Marke rollt bitte mit V12-Motor vom Band?

V12-Motor vom Toyota Century

Auflösung: Das fünf Liter große Triebwerk mit dem Werks-Code 1GZ-FE stammt aus einem Toyota Century der zweiten Generation, Modelljahr 2000. Hierbei handelt es sich um eine vornehmlich in Japan angebotene Luxus-Limousine, die dort weitgehend in Handarbeit hergestellt wird und mit den illustren Modellen von Rolls-Royce, Bentley oder Maybach konkurriert. An die Fünf-Liter-Maschine schließt sich beim 928er eine eigens angefertigte Abgasanlage an. Das Sechs-Gang-Schaltgetriebe stammt aus einer Corvette C5 und ist, wie beim Original, an der angetriebenen Hinterachse verbaut, wo zusätzlich ein Sperrdifferenzial die Traktion optimiert.

Wer auch immer den Motortausch vollzogen hatte (dies geschah wohl, bevor der aktuelle Verkäufer das Auto 2009 erwarb), wählte einen sehr ungewöhnlichen Weg, um die Leistung des Porsche 928 zu steigern. Aus den vom originalen 4,5-Liter-V8 gelieferten 240 PS und maximal 363 Newtonmetern wurden dadurch 287 PS und höchstens 480 Newtonmeter. Möglicherweise ist der V12 sogar noch etwas stärker, denn er befindet sich nicht mehr im Serienzustand. Laut Anzeige verfügt er unter anderem über eine neue Kraftstoffeinspritzung, ein Lufteinlass-Layout aus Kohlefaser, ein neues Kühl- und Zündsystem, einen durchlässigeren Katalysator und ein modifiziertes Motor-Management. Die genauen aktuellen Werte für Leistung und Drehmoment sind jedoch unbekannt; ein Prüfstandsprotokoll ist nicht vorhanden.

Mit Audi-TT-Heckspoiler und Porsche-930-Sitzen

Weitere Komponenten des 928-Mutanten stammen von anderen Porsche-Modellen. Am auffälligsten sind die 18-Zoll-Räder, die ein Panamera spendierte. Aber auch die Gleichlaufgelenke innerhalb der Antriebswellen (911 Turbo Generation 930) und die hinteren Bremsscheiben (928 S4) sind von anderen Zuffenhausenern entliehen. Weitere Tuning-Maßnahmen betreffen die Kupplung, die Achsen, das Fahrwerk (Distanzscheiben hinten) und die Bremsanlage (Sättel vom Spezialisten Wilwood).

Optisch geht dieser Porsche 928 ebenfalls auf Distanz zum Original. Nicht nur mit seiner kleinen Hutze in der Motorhaube, sondern auch mit seinem Carbon-Frontsplitter und dem Heckspoiler, der ursprünglich vom Audi TT stammt. Die eigentlich in Platin-Metallic lackierte Karosserie trägt inzwischen eine Folierung im Farbton Satingold. Zudem wurden am US-Modell andere Klappscheinwerfer nachgerüstet und die weiteren Leuchten durch Pendants europäischer 928er ersetzt. Die Liste der Umgestaltungen im braunen Interieur umfasst Vordersitze aus dem Porsche 930, modifizierte elektrische Fensterheber und Armlehnenhalterungen in den Türen, ein Kenwood-CD-Radio samt Lautsprecher-Quartett und einen Kohlefaser-Schaltknauf.

Der Zustand? So lala!

Wie die Fotos zeigen, ist der Zustand des seit 2020 eingelagerten V12-928, nun ja, ausbaufähig. Kratzer und Dellen weist die Karosserie in üppiger Menge auf, am Unterboden erkennen wir einige Roststellen und die Ölwanne ist verbeult. Innen ist der Gran Turismo ebenfalls verschlissen, wobei die Mittelkonsole und die Klappe des Handschuhfachs an einigen Stellen gerissen sind und sich das Schiebedach nicht öffnen lässt. Was noch? Die Reifen müssen ersetzt werden, aus dem Jahr 2008 ist ein Unfall dokumentiert und die Laufleistung ist auch unbekannt. Irgendwann wurde der Meilenzähler ersetzt; seitdem hat der Porsche 928 deren 102.100 (164.314 Kilometer) zurückgelegt. Der Verkäufer geht von insgesamt 130.000 Meilen (209.215 Kilometer) aus, doch sicher ist das keineswegs. Etwas Aufschluss und in manchen Aspekten wohl auch Abhilfe könnte womöglich eine Inspektion bringen, die jedoch vor der Online-Auktion nicht mehr durchgeführt wurde.

Unter all diesen Umständen ist es nicht sehr verwunderlich, dass der ohne Mindestpreis angebotene Porsche 928 mit Toyota-V12 preislich nicht richtig ins Fliegen geriet. Letztlich fiel der virtuelle Hammer bei 15.500 Dollar, was aktuell umgerechnet gut 14.000 Euro entspricht. Erstserien-928er in ordentlichem Zustand werden hierzulande in der Regel etwa zum Doppelten dieses Tarifs gehandelt.