Audi Allroad Quattro, Mercedes E 320 T, Volvo XC70

Kombis für alle Fälle

Die drei Alleskönner unter den Kombis meistern jede Aufgabe: Ob komfortabler Reisewagen, kräftige Zugmaschine, Euro-Paletten-Lademeister oder Ski-Transporter – Audi, Volvo und Mercedes faszinieren durch Vielseitigkeit.

Audi Allroad Quattro, Mercedes E T-Modell, Volvo XC70 Foto: Hans-Dieter Seufert 19 Bilder

Der riesige Parkplatz vor dem Einkaufszentrum ist topfeben, der hellgraue Asphalt trägt ein paar tiefschwarze kreisförmige Reifenspuren wie eine zufällige Tätowierung. Eine steile Rampe, die zur Tiefgarage des verlassenen Glaspalasts führt, könnte eine Herausforderung für die drei Allrad-Kombis Audi Allroad Quattro, Mercedes E 320 T 4Matic und Volvo XC70 AWD sein, die nach und nach hier, von der Autobahn kommend, eintreffen. Aber sie ist es nur bei Schnee und nicht an diesem Sommertag, dessen Hitze den Teer später klebrig macht.

Man sieht schon an diesem Beispiel, dass Allrad, Four-Wheel Drive, All-Wheel Drive, Quattro, xDrive, 4Matic oder wie vier permanent angetriebene Räder auch immer beim jeweiligen Autohersteller heißen mögen, vor allem eins ist: ein Nice-to-have für alle Fälle, eine technisch aufwendige Spielerei, die einen Wagen unabhängig macht, vom Wetter und von der Beschaffenheit des Untergrunds. Die man nicht sieht und die man bei einstigen Hecktrieblern wie dem Mercedes nur am größeren Wendekreis erkennt. Auch bei sehr viel Leistung bietet sich der Allradantrieb an, er verteilt die Antriebskraft auf alle Räder und beide Achsen, je nach Situation auch anteilig und nicht einfach nur gleichmäßig. Vor allem aber kann man mit Allradantrieb unter Auto-Enthusiasten renommieren. Diese bis zu 6.000 Euro teure Freiheit kommt eben zum leistungsfähigen Motor, zur komfortablen Getriebeautomatik und zur Luxusausstattung noch dazu. Wem jetzt die Argumente auszugehen scheinen, der kann noch die Trumpfkarte der Anhängelast ausspielen, sie ist mit allen vieren rund 20 Prozent höher als bei nur einer Antriebsachse.

Allmählich füllt sich die erste Parkplatzzeile vor den leeren Schaufenstern des einstigen Konsumtempels. Sie wechseln sich mit geriffelten Alublech-Elementen ab, die sehr technisch aussehen und zu den Autos passen. Den Anfang macht der Audi Allroad Quattro, sein edler Lack in hellem Hochlandgrün-Metallic glänzt verführerisch in der Morgensonne. Viele sprechen ihn irrtümlich mit A6 an, was nicht ganz falsch ist, denn er basiert auf dem Avant der zweiten A6-Baureihe C5, nur ist sein Erscheinungsbild weit prätentiöser: Er macht was her, er wirkt wie ein Bolide und dabei nicht unelegant. Innen trägt er eine Teilledergarnitur in Schilf, beinahe Ton in Ton zur Außenfarbe.

Ein Schelm, wer bei den üppigen Chrom-, Kunststoff- und Metall-Applikationen an ein bulliges Playmobil-Auto denkt, aber der kraftstrotzende Audi Allroad mit der dickwandigen Dachreling hat das Zeug zu einem Helden der Straßen: einem, den niemand aufhält und der fährt, bis sein 70-Liter-Tank leer ist. Das können 1.200 Kilometer sein, denn es ist ein 2.5 TDI V6, der 180 PS leistet, 205 km/h schnell ist und, wenn es sein muss, nur sechs Liter auf 100 Kilometer verbraucht.

Volvo mit feiner Ledernote

Volvo XC70 Foto: Hans-Dieter Seufert
Der Innenraum des Volvo offenbart sich mit Leder und Luxus vom Feinsten als Kontrastprogramm zum rustikalen Äußeren.

Als Nächster trifft der Volvo XC70 AWD ein, sein Outdoor-Look ist noch weit rustikaler als der des Audi. Auch er gibt mit seinen martialisch wirkenden Applikationen im Military-Look zu verstehen, dass man ihn im rot karierten Holzfällerhemd von Jack Wolfskin genauso zünftig bewegen kann wie im dunklen Business-Anzug von Zegna. Denn salonfähig sind alle All-Terrain Vehicles seit dem Range Rover sowieso, und der Volvo XC70 im vornehmen Titanium-Grey-Pearl-Metallic-Lack zeigt sich innen mit feinem schwarzem Rindleder ausgeschlagen. Auch er ist ein Diesel, was man beim Heranrollen kaum bemerkt. Unter der kantigen Haube des selbst im XC70 immer noch gut erkennbaren Volvo-850-Designs wohnt ein quer eingebauter Fünfzylinder-Reihenmotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen und 20 Ventilen. Mit 185 PS aus 2,4 Litern Hubraum übertrifft das auch für heutige Verhältnisse noch sehr moderne Common-Rail-Triebwerk sogar den in Schnittzeichnungen absolut bilderbuchhaften Viernockenwellen-V6 im Audi Allroad.

Beide Kombis, Audi und Volvo, stammen aus der herrlichen Blütezeit des Diesel, ein ungeheuer drehmomentstarker, aufgeladener Direkteinspritzer passt vorzüglich zu ihrem rustikalen Charakter. Wer mit ihnen von Kaliningrad nach Wladiwostok fahren will, der wird nicht nur den Allradantrieb und die erhöhte Bodenfreiheit zu schätzen wissen, sondern auch die Tatsache, dass es für Busse, Lastwagen und Diesellokomotiven selbst am Ende der Welt noch den öligen, streng riechenden und wahrhaftigen „Kraftstoff“ aus Armee-Blechkanistern zu tanken gibt, damit es weitergeht.

Als Letzter trifft der Mercedes E 320 T 4Matic ein, der einzige Benziner in unserem Kombi-Allrad-Trio und noch ein ganz besonderer dazu. Sein spätes Erscheinen ist Programm, er braucht den Applaus der anderen, den imaginären roten Teppich auf grauem Kaufhausparkplatz-Asphalt, denn er gibt den eitlen, exzentrischen Bohemien neben den ernsten und entschlossenen Holzfällern. Gekleidet in auffälligem Designo Orange und mit leicht tiefergelegtem Brabus-Fahrwerk, zu dem er aber gottlob serienmäßige Aluräder trägt, verleugnet er den Allrad wie die ehrbare Herkunft aus einer Handwerkerfamilie. Es heißt auch nicht derb „Allrad“, sondern etwas manieriert „4Matic“, was an sich schon intellektuell und sophistisch klingt, da kann nur noch das italophone „Quattro“ von Audi im Klang mithalten. Der Designo-Bohemien rollt schier lautlos in Leerlaufdrehzahl für eine Bewunderungsrunde über den Platz, sein 90-Grad-V6 mit 224 PS aus 3,2 Litern Hubraum ist unvergleichlich kultivierter als die zornig rasselnde Dieselkonkurrenz.

Ottomotor im Mercedes

Mercedes E T-Modell Foto: Hans-Dieter Seufert
Viele weinen dem ursprünglichen DOHC- 24V-Sechszylinder im 210er vor 1997 nach. Doch der 3,2-Liter-M-112, ein 90-Grad-V6 mit 18 Ventilen, einer Ausgleichswelle und Doppelzündung leistet sogar vier PS mehr, 224 statt 220.

Vor allem der Audi hat zwischen 1.500 und 2.000/min so ein metallisch-energisches Rasseln. Jeder Pseudo-Autokenner, der am Kaufhaus-Set neugierig aufschlägt, tippt, wenn er das hört, auf Pumpe-Düse. Nein, ist es nicht, raune ich, der Dirigent dieses Allrad-Ensembles, ihm dann zu. „Nein, das ist noch eine Radialkolben-Verteiler-Einspritzpumpe, aber die bringt auch 1.800 bar.“ Die Designo-T-Limousine lässt so etwas kalt, sie setzt auf die klassische Saugrohr-Einspritzung in ihrem Dreiventil-Leichtmetallmotor mit Ausgleichswelle und Doppelzündung. Also auch hier, beim Mercedes-Ottomotor, ist jede Menge Technik am Start.

Spannender als ein Blick unter die Motorhaube des wohl exaltiertesten S-210-Modells, das man sich vorstellen kann, ist das Probesitzen hinter dem zweifarbigen Volant mit einer Einlage aus Magic-Eye-Wurzelnuss. Das edle Material, das aussieht wie eine feine Tätowierung auf Pergament, veredelt überdies flächendeckend die Mittelkonsole, und in einem markanten Zierstreifen umfasst es Instrumententafel und Türverkleidungen. Sitze und Kopfstützen sind in feinstes Designo-Leder gehüllt, man könnte meinen, es sei anschmiegsames Lammnappa. Ziemlich imposante 116.052 Mark hat dieser Fünfsterne-Luxusliner mit Dachreling kurz vor der Jahrtausendwende gekostet. Nun ist er, kaum mehr als gut eingefahren, mit 250.000 km auf dem Tacho-Display für 7.900 Euro zu haben, wenn man Andreas Hinderks aus 86949 Windach kontaktiert und obendrein ein verstrahltes Designo-Faible für den ohnehin nur 20.931-mal gebauten Königs-4Matic mitbringt. Uns beide verwundert, dass der Erstbesitzer nicht gleich das Avantgarde-Paket mit blau getönten Scheiben geordert hat und beim spießigen Classic verharrte.

Allrad als Ausdruck von Luxus

Die Fahrrunde beginnt mit dem Audi Allroad Quattro, er diente mir bereits in aller Herrgottsfrühe als Reisewagen von Rosenheim bis kurz vor Landsberg. Herr Landauer von der Firma Auto Paradies war so freundlich, mir sein 3.999 Euro teures Exponat zur Verfügung zu stellen. So muss ich die bereits gewonnenen intensiven Eindrücke nur erneut abrufen. Rund 200.000 Kilometer stehen auf dem Tacho-Display, davon ist nichts zu merken. Der konstruktiv begeisternde Viernockenwellen-V6 packt beim Beschleunigen gierig zu, die Fünfstufen-Tip-tronic schaltet weich, 140 km/h sind auf der Autobahn sein Wohlfühltempo, das sind gerade einmal 2.500/min.

Das bisweilen scharfe Außengeräusch des bombastischen V6-Kraftpakets verliert sich innen völlig, nur ein säuselnder vielzylindriger Klangteppich dringt an mein Ohr, er wirkt so beruhigend wie einlaufendes Badewasser. Selbst der Audi-Allroad-Bolide ist viel mehr Luxus-Kombi als Allrad-Fahrmaschine. Quattro ist die Über-drüber-Option, die das edle Wurzelnuss-Ambiente und die Vollmetall-Haptik seiner Bedienungselemente krönt. Als technikaffiner Spinner freue ich mich am zusätzlichen Ölthermometer und über den betriebsamen Ernst seiner Instrumente, sie sind groß und eindrucksvoll wie das ganze Auto. Den Allrad kann ich gar nicht legal testen. Wenn die Straßen schmal und holprig werden und am Ende in gekieste Fahrspuren münden, lauern die Verbotsschilder. So bleiben die Planetengetriebe, Visco- und Lamellenkupplungen, welche die Antriebskraft bei allen dreien ebenso mystisch wie traktionsfördernd verteilen, ungenutzt.

Audi Allroad Quattro Foto: Hans-Dieter Seufert
Das Interieur des Audi Allroad strahlt Gediegenheit und Funktionalität aus. Sitzgarnitur in Teilleder, Edelholz, Fünfstufen-Tiptronic mit Vollmetallkulisse.

Während ich so den Audi lenke und an so faszinierende Ingenieursbegriffe wie „Drall- und Tangential-Einlasskanäle“ oder „wassergekühlte Abgasrückführung“ denke, fällt mir die Rundum-Luftfederung ein, die den Allroad auch über basaltgepflasterte Hohlwege auf weichen Pfoten laufen lässt. Ich ziehe den Hut vor so viel Vorsprung durch Technik, denn Audi ist verglichen mit Volvo und Mercedes noch eine junge Kombi-Marke, die sich bereits mit diesem Königstiger-A6 aus dem Rückspiegel auf die Überholspur wagt.

Das Umsteigen in den schmalen und etwas zu hochbeinigen Volvo-Kasten wird mir durch sein luxuriöses Ambiente versüßt. Ich tausche Teilleder gegen Leder, die Instrumente sind im Schweden fast genauso schön und die Sechsstufen-Geartronic von ZF reagiert besonders feinfühlig auf alle Lastzustände. Der Fünfzylinder-Reihendiesel mit dem Kürzel 5D klingt jedoch beim Beschleunigen deutlich kerniger als der recht sanfte Audi-V6. Dafür hat der schwedische Common-Railer mit Partikelfilter noch mehr Leistung und sogar ein Quäntchen mehr gieriges Überschuss-Drehmoment. Bemerkenswert am Volvo ist der grandiose technische Zustand bei 405.000 Kilometern. Er kostet mit 3.990 Euro so viel wie der Audi, bietet aber Euro 4, was beim Ingolstädter noch über einen 500 Euro teuren Partikelfilter nachgebessert werden müsste. Falls ich es nicht tue, sollte wegen des unzerstörbaren Allrad-Wikingers bald jemand bei Auto Komboz in 74564 Crailsheim anrufen. Der Stereoklang im Volvo ist übrigens vorzüglich. Ich werde ihn „Radio Car“ nennen, deshalb und wegen seines gefühlten Camouflage-Outfits. Das beschließe ich, als ich ihn wieder vor das leere Lechpark-Schaufenster stelle, in dem sich der Mercedes Designo, mein nächster Fahrkandidat, schon lange spiegelt wie ein Narziss.

Mercedes in eitler Harmonie

Nach der mühelos und engagiert absolvierten Probierschleife von 30 Kilometern werde ich sentimental hinter dem Volant des E 320 T 4Matic, das mühelos als Ethno-Kunst durchgehen könnte. Es liegt aber nicht an der berührenden Designo-Interpretation eines ansonsten höchst funktionalen Interieurs, sondern daran, dass ich den komfortablen, fahrsicheren, leisen und leistungsstarken Mercedes als das Ziel meiner Wünsche postulieren müsste. Aber er gibt sich so wohlriechend und blütenrein in seinem alles überstrahlenden Perfektionismus, dass ich es schlichtweg nicht fertigbringe.

Im Allrad-Kombi erwarte ich nicht den fantasievollen Bohemien, das tue ich viel eher in einer E 430 Limousine, sondern jemand mit rustikaler, leicht schmutziger Attitüde: den Kumpeltyp für Pferdeanhänger oder die Transsibirische Eisenbahn ohne Schienen, aber mit vollem Dieseltank und grobstolligen Reifen auf Stahlfelgen, weil die teuren Alus zu schade für russischen Kashina-Gora-Granit sind. Sicher, der E 320 T 4Matic beschleunigt mit Abstand am besten, seine Fünfstufenautomatik schaltet mit unerhörter Sanftheit, und seine Bedienungselemente scheinen mir in die Wiege gelegt, so vertraut sind sie. Aber warum nicht mal was anderes ausprobieren?