Chrysler 300M Selber machen (1)

So geht selber schrauben am Youngtimer

Der 300M aus den späten 90er-Jahren, Nachfahre der legendären Chrysler-300-Letter-Series, gehört nicht gerade zu den gefragtesten Youngtimern. Schon deshalb passt die Fünf-Meter-Limousine im Cab-Forward-Design ins Beuteschema unseres Redakteurs. Doch zunächst ist noch ein wenig Arbeit nötig.

Chrysler 300M, Restaurierung Foto: Sven Wedemeyer 13 Bilder

Zwei Kriterien sind mir bei einem Daily Driver besonders wichtig. Erstens eine Gasanlage, weil ich im Jahr viele Kilometer zurücklege, und zweitens ein gewisser Exotenstatus.

Meine neueste Anschaffung ist ein Chrysler 300M von 1999. Für 3.000 Euro bekam ich den Ami mit 230.000 Kilometern auf der Uhr, frischem Zahnriemen, neuem Lenkgetriebe, problemfreier Autogas-Anlage und zwei vollen Jahren HU. Der Innenraum mit Lederausstattung ist wirklich gepflegt, auch wenn an manchen Stellen schon der Klarlack vom Holzdekor abplatzt. Die elektronischen Helferlein wie Sitzverstellung, Sitzheizung, Klimaanlage und sämtliche Fensterheber funktionieren.

Auch von außen steht der Mopar gut da. Mit Rost haben Chrysler aus den späten 90er-Jahren wenig Probleme, und außer ein paar Kratzern und Steinschlägen im Lack sowie ausgeblichenem Kunststoff, was ich bei einem über 20 Jahre alten Auto großzügig als Patina abtue, sieht die Limousine gepflegt aus. Hier würde sich eine aufwendige Instandsetzung nicht wirklich lohnen. Ich möchte mit dem 300M ohnehin keine Best-of-Show-Preise abräumen: Er soll ein technisch einwandfreier Youngtimer für die Langstrecke sein.

Erst die Altlasten beseitigen

Chrysler 300M, Restaurierung Foto: Sven Wedemeyer

Einige Veränderungen des Vorbesitzers gehen allerdings nicht mit meinem Geschmack konform. Am auffälligsten ist der große Schriftzug auf der Heckklappe, der längst nur noch aus spröden, grauen Sticker-Resten bestand. "Nullus Anxietas" prangte dort, was übersetzt so viel wie "Keine Angst" oder "Keine Sorgen" bedeutet. Was auch immer der Vorbesitzer damit sagen wollte, der Spruch muss weg. Eine Dose Klebereste-Entferner, Papiertücher und etwas Geduld sind nötig, um die Buchstaben vom Blech zu wischen.

Dabei löst sich leider die daruntersitzende Zierleiste, die eigentlich einen edlen Chrom-Look haben sollte. Hier zeigt sich die nächste Altlast, die mir der Vorbesitzer mitverkauft hat. Anscheinend stand er nicht besonders auf Chrom und Embleme. Mit schwarzem Sprühlack wurden mehr schlecht als recht Zierleisten, die Auspuffblende und der Frontgrill geduscht. An den meisten Stellen blättert die Farbschicht allerdings wieder ab und hinterlässt einen schwarzen Flickenteppich auf den betroffenen Teilen. Eigentlich hatte ich auch einen neuen Frontgrill installieren wollen, aber halbwegs unverbrauchte, originale Exemplare sind extrem schwer zu finden.

Auch im Innenraum hat sich mein Vorgänger ein wenig ausgetobt. Da die Instrumente im 300M grün beleuchtet sind, tauschte er die Leselampen durch grüne LEDs. Der Kofferraum wird zusätzlich von einem grünen LED-Streifen ausgeleuchtet. Hier wieder den Originalzustand herzustellen, ist gar nicht so einfach. Die passenden Lämpchen muss ich in den USA bestellen. Als Nächstes tausche ich die rutschigen Riffelblech-Fußmatten durch Exemplare aus Stoff aus und entferne die Seitenwindabweiser aus den Fensterrahmen.

Typisch für den 300M ist ein altersschwaches Display im Klimabedienteil. Zwar funktioniert die Klimatisierung einwandfrei, aber die eingestellte Temperatur der Klimaautomatik kann man nur erfühlen. Im Chrysler-Forum finde ich die Lösung für das Problem: Drei 18-Ohm-Widerstände auf der Platine des Bedienteils haben häufig kalte Lötstellen. Mit einem Montagehebel aus Kunststoff hole ich das Bedienteil mit Leichtigkeit aus der Mittelkonsole. Nach 15 Minuten einfacher Lötarbeit leuchtet das Display wieder grün auf.

Technische Erneuerung

Chrysler 300M, Restaurierung Foto: Sven Wedemeyer

Das Fahrwerk sollte bei der Kilometerleistung genauer unter die Lupe genommen werden. In diesem Fall meldete sich die Vorderachse durch lautes Heulen von selbst. Das Radlager auf der rechten Seite hatte sein Haltbarkeitsdatum überschritten und muss getauscht werden. Radlager sollte man achsweise wechseln.

Bei der Gelegenheit möchte ich auch neue Bremsen montieren. Zwar baute der Vorbesitzer gerade erst neue Scheiben ein, damit der 300M die Hauptuntersuchung bestand, aber diese Teile fallen eher unter die Bezeichnung "Verkaufskosmetik". Schon nach kurzer Zeit hatten die Scheiben einen Schlag, und das Lenkrad vibrierte beim Bremsen stark. Außerdem sehen rostende Scheiben hinter grobspeichigen Felgen fürchterlich aus.

Der Tausch der Radlager ist einfach. Die Antriebsachsen sind nicht eingeklebt, und es ist weder ein Abzieher noch eine Presse notwendig, da die neuen Radlager gleich als Modul mit einer neuen Radnabe geliefert werden. Drei Bolzen halten Lager und Nabe fest am Achsschenkel. Bei den Arbeiten fällt aber gleich auf, dass die Antriebswellen radseitig auch neue Gelenke vertragen können. Das großzügige Spiel in den Komponenten macht sich in einem Klacken beim Anfahren bemerkbar. Mit den pulverbeschichteten Markenbremsen, die ebenfalls sehr einfach einzubauen sind, verbessert sich die Bremsleistung deutlich. Die Pulverbeschichtung verhindert zudem Rost an sichtbaren Stellen und sorgt dafür, dass die Scheibe nicht an der Nabe festkorrodiert.

Die nächste Aufgabe wartet unter der Motorhaube. Da der Vorbesitzer den Straßenkreuzer nur im Sommer gefahren hat, installierte er für die Wintermonate einen Batterie-Trennschalter. Im Motorraum reichte der Platz aber nicht aus, weshalb er eine kompaktere Sportfilterhülse in billiger Chrom-Optik anstelle des originalen Luftfilterkastens verbaute.

Es wird Zeit, dass der 3,5-Liter-V6 wieder durch seine eigene Lunge atmet. Der originale Kasten hat zwei Zapfen, die man in Bohrungen in der Karosserie einhängen muss. Eine Schraube fixiert ihn zudem auf der Motorseite. Nur noch die Klemmschelle der Luftzufuhr festziehen, und der Kasten sitzt nach wenigen Minuten wieder in Position.

Vibrationen und Knarzen

Chrysler 300M, Restaurierung,Wälzlager Foto: Sven Wedemeyer

Der lange Radstand von fast 2,90 Metern verspricht eigentlich eine satte und ruhige Straßenlage. Trotzdem wirkt die Hinterachse bei höheren Geschwindigkeiten unruhig. Im Autohaus Wedemeyer in Kremmen darf ich den Dicken auf die Hebebühne fahren, um mal drunterzuschauen. Die gute Nachricht: Alles ist so weit trocken und rostfrei. Einige Gummilager sollten demnächst getauscht werden, auch die hinteren Längslenker. Außerdem sind die Staubschutzmanschetten der hinteren Stoßdämpfer abgerissen und machen beim Einfedern Knarzgeräusche. Die Reifenwuchtmaschine sorgt dann für die größte Überraschung: Die Felge hinten rechts hat einen heftigen Schlag bekommen und eiert. Da muss demnächst Ersatz her. Es gibt also noch einiges zu tun.