Citroën Méhari

Beach Toy - das Spaßmobil

Der Citroën Méhari ist an Schlichtheit kaum zu überbieten: Nur zwei Zylinder und ein Hauch von Plastik als Karosserie. In Sachen Fahrspaß spielt er damit allerdings ganz vorne mit. Denn der Franzose, der ein abgespeckter Döschewo ist, trumpft dort auf, wo andere längst im Sand versinken. 

Foto: Hardy Mutschler 13 Bilder

Der sandige Weg schlängelt sich zwischen meterhohen Dünen hindurch. Er könnte zu einem Atlantikstrand führen. Oder in einer einsamem Bucht am Mittelmeer enden. Vielleicht gelangen Tamara und ich an diesem perfekten Tag hier aber auch nur zu einem Baggersee in der schwäbischen Provinz. Dem Citroën Méhari ist das Ziel des Trips egal.

Das Bonbonmobil mit besten Geländequalitäten

Der quietschgrüne Citroën Méhari wächst auf dem weichen Grund über sich selbst hinaus und denkt nicht einmal im Traum daran, uns die Tour zu vermasseln, indem er sich zum Beispiel festfährt. Wie denn auch? Mit 550 Kilo wiegt dieses Plastikauto kaum mehr als ein Bobby Car. Und so mancher selbstbewusste Offroader sollte sich angesichts der hervorragenden Traktion des Wagens gar nicht erst in die Nähe des kleinen Franzosen wagen. Denn er könnte Hohn und Spott ernten, wenn er trotz Untersetzung und diverser Sperren so hilflos im Sand versinkt wie ein Stück Blei im Wasser. Die Sympathiewertung verliert er sowieso gegen den Citroën Méhari.

Denn wer so unscheinbar und bonbonbunt wie ein Citroën Méhari auftritt, kann nie und nimmer etwas Böses im Schilde führen. Unter der von zwei Lederriemen gehaltenen Motorhaube schlägt das tapfere Herz des von Generationen von Autofahrern längst heilig gesprochenen Citroën 2 CV. Auf dessen Chassis hatte Citroën 1968 diese so knappe wie putzige Kunststoffkarosserie in Wellblechoptik gestülpt, bei der nicht einmal Türen vorgesehen waren. Zwei Seile mussten genügen, damit die Passagiere in der ersten Reihe zumindest symbolisch Halt finden. Recht mutig bei einem Auto, dessen Seitenneigung selbst in langsam gefahrenen Kurven bei Beobachtern am Straßenrand noch immer blankes Entsetzten hervorruft.

Doch ein Döschewo kippt nicht, das weiß man seit sechs Jahrzehnten. Also braucht man sich in einem Citroën Méhari auch nicht zu sorgen. Dass er von der Ente abstammt wissen die wenigsten, denen wir an diesem Tag begegnen. Selbst die Einordnung in eine Kategorie scheint bei dem Citroën Méhari schwerzufallen. Geländewagen? Buggy? Oder doch ein Pick-up (weil beim Fotomodell die hintere Sitzbank fehlt und der Wagen über eine entsprechende Heckklappe verfügt)? Einer tippt bei dem Citroën Méhari spontan auf Eigenbau und staunt nicht schlecht, dass es davon rund 145.000 Exemplare gegeben haben soll.

In Deutschland zu leicht entflammbar

Südfrankreich war das bevorzugte Revier dieses Wagens, der den Namen eines nordafrikanischen Renndromedars trägt und der sogar mit Vierradantrieb offeriert wurde. Bauern transportierten mit dem Citroën Méhari ihre Ware zum nächsten Markt, Surfer ihre Bretter zum Meer und Soldaten ihre Ausrüstung ins Gelände. Sie alle lachen sich vermutlich halb tot, wenn sie erfahren, warum die deutschen Behörden diesem Fahrzeug bis heute offiziell die Zulassung für den hiesigen Straßenverkehr verweigert haben: Der Kunststoffaufbau gilt als zu leicht entflammbar.

Nur wenige Citroën Méhari (die in Frankreich ebenso als Feuerwehr-Einsatzwagen verwendet wurden!) gelangten mit Hilfe engagierter Händler per Einzelabnahme nach Deutschland. Für ein gutes Auto sollte man ab etwa 8.500 Euro rechnen, einige Schmuckstücke des Citroën Méhari liegen allerdings auch schon deutlich über 10.000 Euro. Weiter hinunter zum Strand. Gut gelaunt und abwechselnd im zweiten und dritten Gang, um das kleine Zweizylinder-Boxer-Triebwerk im Citroën Méhari irgendwo zwischen 3.000 und 7.000 Umdrehungen bei Temperament zu halten. 28 PS sind maximal drin – oft hilft eh nur Vollgas, womit Motor und Fahrer keine Probleme haben. Drei rote Markierungen im Tacho zeigen an, wann der jeweils nächste Gang per Krückstock-Schaltung eingeschoben oder -gezogen werden sollte. Das funktioniert butterweich.

Unschlagbar: das Frischluftvergnügen

Ungeübte dürfen zuvor ruhig noch einen Blick auf das Schaltschema werfen, das zur Sicherheit zwischen Tacho und Benzinuhr dargestellt ist. Neben der Geschwindigkeitsanzeige finden sich zudem ein Druckknopf, um das Triebwerk zu starten und je ein Schalter für Scheibenwischer und Warnblinkanlage. Licht und Blinker sind vom Gesetzgeber vorgeschrieben und werden mit je einem schüchtern aus der Lenksäule ragenden Hebelchen bedient. Heizung und Lüftungsdüsen werden hingegen als purer Luxus verbucht. Ein Citroën Méhari kommt selbst mit aufgeklapper Verdeckkonstruktion aus Plastikplanen zugiger daher als ein offen gefahrenes Neuzeit-Cabrio. 

Doch diesen Überbau verkneift man sich schon aus optischen Gründen. Und lässt die Frontscheibe des Citroën Méhari auf der Motorhaube ruhen. Vom Strand trennen uns jetzt nur noch ein paar tiefe Querrillen im Sand. Keine ernsthafte Herausforderung mehr für das Fahrwerk mit den an vier gebogenen Schwingarmen aufgehängten Rädern. Dann endet der Weg. Zwischen meterhohen Dünen vor türkis schimmernden Wasser. So könnte es am Atlantik aussehen. Oder in einer einsamen Bucht am Mittelmeer. Vielleicht befinden wir uns ja auch nur an einem schwäbischen Baggersee. Aber das spielt an einem Tag wie diesem keine Rolle.