Der Porsche 959 Speedster von Charlie Feustel
Der einzige offene Porsche 959 steht zum Verkauf
Dieser Porsche 959 wurde vom Rennfahrer Charlie Feustel in über 4.000 Stunden zum Speedster umgebaut – und war auf der IAA 1989 ein echter Hingucker.
30.04.2025 Andreas Of-Allinger
Am 6. November 1987 verlässt ein silbermetallic lackierter Porsche 959 "Komfort" das Werk in Stuttgart-Zuffenhausen. Der Innenraum des Supersportwagens ist laut Unterlagen mit Leder in Kaschmirbeige und Schwarz ausgestattet. Laut RM Sotheby's wird angenommen, dass der 959 auf den Rennfahrer Jürgen Lässig zugelassen wird. Lässig zählt zu den erfahrenen Langstreckenpiloten der 1980er-Jahre, gewann 1995 das 24-Stunden-Rennen von Daytona und wurde 1987 Zweiter in Le Mans. Er nutzt den 959 offenbar für private Fahrten, bis der 959 im Jahr 1988 bei einem Autobahnunfall beschädigt wird und Lässig das Auto verkauft.
Der Unfallwagen gelangt in den Besitz von Karl-Heinz "Charlie" Feustel, selbst aktiver Porsche-Rennfahrer. Feustel betrieb in den 80er-Jahren mit zwei Partnern eine kleine Werkstatt in einem Ort östlich von Köln. Was dort in den folgenden Monaten entsteht, ist kein konventioneller Wiederaufbau.
Umbau zum 959 Speedster in 4.000 Arbeitsstunden
Mehr als 4.000 Stunden investieren Feustel und sein Team in den Umbau des beschädigten Fahrzeugs. Die Idee: ein Porsche 959 Speedster, offen, zweisitzig und ohne festes Dach. Das Ergebnis ist ein weltweit einzigartiges Einzelstück, dessen handwerklichen Anspruch das US-Magazin Sports Car International im Februar 1990 als Ausdruck "echter deutscher Handwerkskunst" beschreibt und das technische Feingefühl sowie die Detailtreue würdigt.
Der 959 Speedster erhält eine Lackierung in Grand-Prix-Weiß und eine Innenausstattung in blauem Leder mit den für den 959 typischen dreifarbigen Streifen. Feustel wollte dem Nutzer mehrere Alternativen bieten. Sein Umbau verfügt deshalb sowohl über ein elektrisch betätigbares Stoffverdeck als auch über ein abnehmbares Hardtop. Dazu kommen eine Persenning zur Abdeckung des Innenraums (ein sogenanntes "Tonneau-Dach"), eine "Speedster"-Windschutzscheibe, ein Handbuch und mehrere Ersatzteile. Diese Teile lagern in abschließbaren Holzkisten, die innen mit Porsche-Stoff bezogen sind.
Porsche 959: 450 PS, Allradantrieb, 317 km/h
Der 959 zählt in den 1980er-Jahren zu den ambitioniertesten Serienfahrzeugen, die Porsche je gebaut hat. Technisch ist er seiner Zeit weit voraus: Ein 2,9 Liter großer Sechszylinder-Boxer mit zwei unterschiedlich großen Turboladern erzeugt 450 PS. Die Kraft wird über einen variablen Allradantrieb auf die Straße gebracht. Im Test von auto motor und sport beschleunigte der 959 in 3,8 Sekunden auf 100 km/h. Die gemessene Höchstgeschwindigkeit lag bei 317 km/h – bei einer Straßenoptik, die sich bewusst zurückhaltend an der 911-Silhouette orientiert.
Insgesamt entstehen ab 1987 nur 292 Exemplare des 959. Der Preis zur Markteinführung: 420.000 D-Mark. Heute erzielen gut erhaltene Modelle Werte zwischen 1,5 und 1,8 Millionen Euro.
Präsentation auf der IAA 1989 – Preis: 1,2 Millionen Dollar
Feustels Umbau bleibt nicht im Verborgenen. Im September 1989 wird der 959 Speedster auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt gezeigt, im Dezember desselben Jahres auf der Essen Motor Show. Die Preisvorstellung liegt bei rund 1,2 Millionen US-Dollar – ein außergewöhnlicher Betrag, auch angesichts des hohen Ausgangspreises.
1990 wird das Fahrzeug an einen deutschen Sammler verkauft. In den Fahrzeugunterlagen ist ein Dr. Berg Klaus aus Karben als Besitzer vermerkt. Später taucht der Wagen um die Jahrtausendwende erneut auf. 2008 übernimmt schließlich der aktuelle Einlieferer das Einzelstück – inklusive aller Ausstattungsdetails und Zubehörteile. Zum Auto gehören diverse Unterlagen wie ein deutsches Garantie- und Wartungsheft sowie ein Originalitätszertifikat und eine Betriebsanleitung auf Italienisch. RM Sotheby's versteigert den Feustel-Speedster am 22. Mai 2025 bei einer Auktion in Mailand und schätzt den Wert des Autos auf 1,1 bis 1,5 Millionen Euro.