Ferrari 412 GT
Ein Ferrari zum Schnäppchenpreis ohne Haken?
Bei Bonhams Cars steht ein Ferrari 412 zur Auktion, einer der letzten Frontmotor-V12 seiner Baureihe. Das Fahrzeug verbindet späte Achtzigerjahre-Technik mit dem Design von Pininfarina.
03.11.2025 Carina Mollner
Foto: Bonhams Cars
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Ferrari und Mittelmotor, das ist die Gewohnheitsformel. Dieser 412 tanzt aus der Reihe: Sein 4,9-Liter-V12 sitzt vor der Fahrgastzelle. Er ist nicht für die Rennstrecke gebaut, sondern für lange Etappen. So kommt das Grollen des großen Motors am besten zur Geltung.
Genau dieser Kontrast macht den Reiz des Exemplars aus, das am 5. November 2025 bei Bonhams Cars unter den Hammer kommt. Der Schätzpreis liegt zwischen 25.000 und 35.000 Pfund. Das entspricht umgerechnet 28.390 und 39.750 Euro. Für ein Fahrzeug aus dem Hause Ferrari recht günstig. Wobei man dazu sagen sollte, dass es der 412 im Kreise der Hardcore-Enthusiasten nicht leicht hat. Zudem ist der Zustand dieses Exemplars nicht einwandfrei.
Eleganz mit ehrlichen Gebrauchsspuren
Das angebotene Fahrzeug wurde 1988 erstmals zugelassen. Es trägt die klassische Außenfarbe Argento Nürburgring Metallic und ein Pelle-Blu-Lederinterieur. Der aktuelle Verkäufer besitzt den Wagen seit zehn Jahren und hat ihn in dieser Zeit nur selten bewegt. 2024 erhielt der 412 eine technische Überholung und im Zuge dessen eine neue Edelstahl-Abgasanlage inklusive Krümmer. Seine britische Straßenzulassung ist noch bis Januar 2026 gültig.
Die Karosserie befindet sich in einem recht guten Zustand. Die Spaltmaße erscheinen gleichmäßig und die Klappscheinwerfer arbeiten laut Inserat einwandfrei. Die Fünfspeichen-Leichtmetallfelgen zeigen keine größeren Beschädigungen; darauf sind Michelin-TRX-240/55-VR415-Reifen montiert.
Allerdings ist die Heckscheibe gerissen und sollte inklusive Dichtung erneuert werden. Die Spiegelkappen sind sichtbar gealtert, an den vorderen Stoßstangenecken finden sich leichte Fehlstellungen und beide Frontblinker-Einheiten weisen Beschädigungen auf. Zudem gibt es Rostansatz an den Innenkanten einiger Radläufe, am Kofferraumdeckel sowie punktuell auf der Motorhaube.
Der Innenraum zeigt sich insgesamt gepflegt und weitgehend original. Momo-Lenkrad, kantige Schalter und das Blaupunkt-Kassettenradio vermitteln typisches Achtziger-Flair. Sitze und Rückbank sind nur leicht abgenutzt, die Teppiche verschmutzt, aber intakt. Das Leder an Türen, Verkleidungen und Tunnel ist in gutem Zustand, der Himmel sauber und straff. Im Kofferraum finden sich die Werkzeugrolle und ein Reserverad.
V12 mit Handlungsbedarf
Unter der Haube arbeitet der 4,9-Liter-V12 mit Einspritzung, Dreigang-Automatik und 340 PS. Der aktuelle Zustand erfordert jedoch eine fachkundige Überholung: Der Motor liefert kaum Leistung und die Bremsen wirken laut Inserat schwach. An einigen Fahrwerksteilen findet sich Rost. Eine komplette technische Durchsicht ist empfehlenswert. Die Historie ist gut dokumentiert: Die Erstauslieferung erfolgte 1988 nach Australien, seit 1990 befindet sich der Ferrari im Vereinigten Königreich. Zwischen 1990 und 2001 wurde der Wagen regelmäßig bei Maranello gewartet. Wie erwähnt, folgte 2024 die bisher letzte technische Wartung. Die Originalunterlagen inklusive Serviceheft und Rechnungen sind vollständig vorhanden.
Was den Ferrari 412 GT besonders macht
Der 412 beschließt die lange Linie der eckigen viersitzigen Frontmotor-V12-GTs von Pininfarina, deren Grundform 1972 mit dem Ferrari 365 GT4 2+2 vorgestellt und bis 1989 stetig verfeinert wurde. Gegenüber dem 400 erhielt der 412 eine höhere Heckpartie, eine tiefere Frontschürze, klare Blinker, schwarze Fensterrahmen und farblich integrierte Stoßfänger. Die Einspritz-V12-Architektur geht konstruktiv auf den Daytona-Motor zurück, ist hier jedoch wartungsfreundlicher als die früheren Vergaser-Setups.
Nur 576 Exemplare des 412 sind entstanden, davon 55 Rechtslenker für den britischen Markt. ABS war verfügbar, die metrischen TRX-Räder sind typisch für die Ära. Rund zwei Drittel der Käufer wählten die Automatik, was den Charakter als souveräner Reisewagen unterstreicht. Wer heute einen seltenen, kultivierten V12-Ferrari sucht, der bewusst nicht dem Klischee des Mittelmotor-Sportlers folgt, findet im 412 GT eine Option.