Fiat 600 Jolly bei RM Sotheby's

Frischluft-Oldie sucht weiterhin einen Käufer

RM Sotheby's bietet weiterhin einen Fiat 600 Jolly an. Zwar ist der Preis deutlich gefallen, trotzdem ist das Euro-zu-PS-Verhältnis des 28 PS schwachen Frischluft-Oldie weiterhin enorm.

11/2020, 1959 Fiat 600 Jolly RM Sotheby's Foto: RM Sotheby's 19 Bilder

Die Autogeschichte hat einige Fahrzeugsegmente hervorgebracht, von denen sich behaupten lässt: Sie haben sich durchgesetzt. Frontgetriebene Kompaktwagen zum Beispiel. Oder Kombis der oberen Mittelklasse. SUV gehören natürlich auch in diese Kategorie – im Gegensatz zu SUV-Cabrios. Oder buckligen Fließheck-Modelle der oberen Mittelklasse (selbst schuld, wer jetzt Bilder des BMW 5er GT im Kopf hat).

Einer von 600 bis 700 Ghia-Jollys

Ebenfalls fast vergessen: die Klasse der Jollys. Diese eigenwilligen Strandwagen mit Pavillon-Dach und Korbgestühl sind eine sehr kleine Randnotiz in der Autogeschichte. Aber schon irgendwie entzückend. Wie viele Exemplare auf Fiat 500- und 600-Basis von den zahlreichen italienischen Karosserieschmieden genau gefertigt wurden, weiß heute niemand mehr. Beim von Ghia produzierten Fiat 600 Jolly, der als erfolgreichster Vertreter seiner Gattung gilt, lässt sich die Zahl immerhin auf 600 bis 700 Autos eingrenzen, die von 1958 bis 1966 entstanden sind. Beliebt waren sie vor allem als Taxis und Urlauber-Shuttles – oder als Fünft- oder Sechstwagen in privater Hand.

11/2020, 1959 Fiat 600 Jolly RM Sotheby's Foto: RM Sotheby's
Besonders bequem sehen die Sitze nicht aus. Aber sie sind halt hübsch.

Aber wie das oft so ist: Mit einigen Jahrzehnten Abstand entwickeln manche, in jungen Jahren eher verschmähte Autos einen ganz besonderen Reiz. Das trifft auch auf diesen Fiat 600 Jolly zu, gebaut 1959, den es in seinem langen Autoleben nach Kalifornien verschlagen hat, wo ihn der Käufer auch abholen müsste. Er verfügt über das prägnante, mit dünnen Stäben mit der Karosserie verbundene Dach und Sitze aus Gartenstuhl-Material. Dafür verzichtet er auf Türen, Scheiben und sonstige Dinge, die Insassen von der Außenwelt abschotten, aber auch zur passiven Sicherheit beitragen könnten. Und er verzichtet weitgehend auf Leistung: Sein 633 Kubikzentimeter kleiner Vierzylindermotor leistet gerade einmal 28 PS.

Jolly mit US-Ausstattung

Als Amerikaner weisen diesen Fiat 600 Jolly die größeren Scheinwerfer und natürlich der Meilentacho aus. Ganz unamerikanisch müssen die Gänge aber selbst gewechselt werden; die Kraft überträgt ein manuelles Viergang-Getriebe. Der Sympathieträger wurde komplett restauriert, wobei auch die Anbauteile neu verchromt und der Innenraum aufgemöbelt wurden. Neue Weißwandreifen hat der Fiat 600 Jolly ebenfalls erhalten. Noch so eine Sache der Autogeschichte, die sich nicht so richtig durchgesetzt hat.

RM Sotheby's hat die angestrebten 100.000 bis 125.000 Dollar (gut 84.000 bis 105.000 Euro) übrigens nicht bekommen, als es den Jolly im Internet zur Auktion angeboten hat. Nun steht der Verkaufspreis bei 95.000 Dollar (gut 80.000 Euro). Sollte RM Sotheby's diese Summe erzielen, macht das 2.860 Euro pro PS. Überträgt man diesen Tarif auf den aktuellen Porsche 911 Turbo S, müsste der 650 PS starke Sportwagen 1.858.754 Euro kosten. Schwer vorstellbar, dass der Elfer diesen Preis je erreichen würde, selbst wenn ein Exemplar das letzte verfügbare Auto auf diesem Planeten wäre.