Mercedes 320 n Kombinations-Coupé W 142

Modernes aus der Vergangenheit

Es war selten, teuer und lag lange im Dornröschen-Schlaf: Fahrt im Mercedes 320 n Kombinations-Coupé.

Mercedes-Benz 320 n Kombinations-Coupé, 1937 Foto: Daimler 11 Bilder

30 Jahre lang schlummerte es ziemlich unbeachtet im Depot, dann nahmen sich die Mitarbeiter von Mercedes Classic ein Herz und versetzten das Mercedes 320 n Kombinations-Coupé in einen Neuzustand. Das hat anderthalb Jahre gedauert. Dafür ist das Coupé jetzt schon optisch eine Pracht: Dank seines elegant geschwungenen Blechs wirkt es erheblich weniger monumental als bei Fahrzeugen aus Ende der 1930er-Jahre üblich. Die Bezeichnung Kombinations-Coupé rührt übrigens von dem abnehmbaren Dach. Und der klassischen Dreiteilung Motorraum-Fahrgastzelle-Kofferraum genügt das Kombinations-Coupé nur optisch: Im Heck sitzt der Tank, darüber ist das von einem Deckel abgedeckte Reserverad untergebracht.

Leuchtende Winker

Die Lichter auf den vorderen Kotflügeln sind reine Positionslichter – als Blinker dienen ausklappbare Winker, die beim 320 n sogar leuchten. Unten, in der Mitte des mächtigen Kühlergrills, sitzt noch ein Chromdeckel, der nach einem Tankdeckel aussieht – hinter ihm verbirgt sich der Anschluss für die Kurbel. Die war beim Kombinations-Coupé schon damals nur für Notfälle gedacht – der Sechszylinder hinter Kühlergrill lässt sich nämlich per Anlasser von innen starten.

Mercedes-Benz 320 n Kombinations-Coupé, 1937 Foto: Daimler
Das 320 n Kombinations-Coupé bietet zwei großen Erwachsenen Platz.

Frontscheiben ausstellbar

In den Innenraum geht es über gegenläufig öffnende Türen mit drehbaren Klinken, die einen großen Schließzapfen steuern, der jedes ausgewachsene Haustürschloss neidisch macht. Auf den beiden vorderen Sitzen gibt es bequemen Platz für große Leute, der Fond ist eine Art ultraschmaler Notsitzbereich. Wenn es innen zu stickig ist, muss nicht gleich das Dach weg: Per Drehknopfe können Fahrer und Beifahrer jeweils ihre Frontscheibensegmente ein Stück nach außen aufklappen – die Scheibenwischer sind dann entkoppelt. Und der kleine Innenspiegel ist so aufgehängt, dass ihn der Fahrer ein Stück nach oben versetzen kann, wenn das Dach demontiert ist – das verbessert die Rücksicht.

Mercedes-Benz 320 n Kombinations-Coupé, 1937 Foto: Daimler
Auf der Fahrerseite gibt es einen schwenkbaren Suchscheinwerfer.

Wegweisende Anordnung

Gas, Kupplung, Bremse, Schalthebel: Die Anordnung ist wie bei einem modernen Auto. Für die Zündung dreht der Fahrer den Schlüssel einmal komplett rum und drück dann, tata, einen Startknopf. So ein Startknopf im Auto ist also alles andere als eine neue Erfindung. Der 3,2-Liter-Sechszylinder springt sofort an. Die Kupplung kommt recht spät, dann fährt das Kombinations-Coupé unter direkter Gasannahme sehr kontrollierbar an. Das manuelle Viergang-Getriebe ist synchronisiert – Zwischengas beim Schalten ist also nicht nötig, beim Runterschalten hilft manchmal Zwischenkuppeln.

Mercedes-Benz 320 n Kombinations-Coupé, 1937 Foto: Daimler
Kein Kofferraum: Unter dem Heck sitzt der Tank, auf dem Heck ist das von einem Deckel geschützte Reserverad untergebracht.

Die 78 PS machen aus dem 320 n natürlich keinen Sportwagen, sondern eher einen gemütlich eleganten Cruiser, der aber immerhin als Höchstgeschwindigkeit die heutige Autobahn-Richtgeschwindigkeit in Höhe von 130 km/h schafft. Das passt gut zu seinem auf Komfort ausgelegten Fahrwerk, dass mit Gullydeckeln und Schlaglöchern prima zurechtkommt. Das Lenken am großen Lenkrad macht Spaß, wobei der Fahrer insgeheim dankbar für dessen Größe ist: Die gleicht die fehlende Servounterstützung aus. Für die Verzögerung sind hydraulische Trommelbremsen zuständig. Nach heutigen Maßstäben bremsen sie eher moderat, 1937 müssen sie eine Sensation gewesen sein – tatsächlich gibt es 30 Jahre jüngere Autos, die schlechter bremsen.