Mercedes 500 GE (463, 1990 bis 2001) und G 500

Das beste G-Modell hat einen V8? Vergleich!

Mercedes baute 1993 den ersten Achtzylinder in ein G-Modell und 2024 löst ein Reihensechszylinder den V8 im G 500 ab. Zeit für einen Vergleich des alten und des neuen G.

Mercedes 500 GE W463 (1993) G-Klasse V8 Fahraufnahme Foto: Malte Buls 34 Bilder

Mit 72 bis 156 PS war das 1979 vorgestellte Mercedes G-Modell manchem Fahrer anfangs zu schwach auf der Brust. Mit dem Modellwechsel zum 463 kam mehr Leistung in den Geländewagen. Aber immer noch kein Achtzylinder. Dabei wollten den manche Kunden, die außer ihrem G eine S-Klasse oder einen SL fuhren, durchaus haben.

AMG half beim Einbau

Diesen Kundenwunsch erfüllte Mercedes 1993: Mit Hilfe von AMG passte Mercedes den Zweiventil-V8 aus der nicht mehr aktuellen S-Klasse Baureihe W126 in den schmalen G-Motorraum ein. Das Ergebnis waren 241 PS und ein souveränes Fahrgefühl. Den 1993 bereits betagten Vertreter der Motorenbaureihe M 117 baute Mercedes aus zwei Gründen in den G ein: Erstens passte selbst der M 117 mit seinen Zweiventil-Zylinderköpfen nur um sechs Grad nach rechts geneigt in den schmalen Motorraum des G. Denn unterhalb des Auspuffkrümmers verlief auf der Fahrerseite die Lenkspindel – dies wurde später geändert, sodass ein V8 problemloser in den G passte. Das alles hatte Mercedes-Testfahrer Heinrich Wangler 1981 ausgetüftelt, als er in seinen privaten G einen 3,8-Liter-V8 einbaute, um mit mehr Drehmoment an der Deutschen Geländewagenmeisterschaft teilnehmen zu können. Nach hinten war der Motor ebenfalls um sechs Grad geneigt.

Zweitens lagen noch etwa 500 Kurbelgehäuse und Rumpfmotoren im Regal, wie sich Thomas Pramberger erinnert. Der Ingenieur begann seine berufliche Laufbahn 1989 bei der 100-Prozent-Mercedes-Tochter Unternehmensbereich Geländewagen (UBG) und ist bis heute bei der G GmbH in Graz beschäftigt. AMG, seit 1990 vertraglich mit Mercedes verbunden, hatte einen M 117 in einen 300 GE eingebaut und die Konzeptstudie dem stellvertretenden Personenwagenvorstand Jürgen Hubbert präsentiert. "Der Vorstand war begeistert", erzählt Pramberger, der ab 1991 am Projekt beteiligt war.

Die Ausstattung des 500 GE

Mercedes 500 GE W463 (1993) G-Klasse Cockpit Foto: Malte Buls
Feudal: Holz von der Walnusswurzel, zweifarbiges Nappaleder und üppige Ausstattung im 500 GE.

Passend zur Anzahl der Motoren und der Modellbezeichnung plante Mercedes mit 500 Exemplaren. Weil die Serie klein war, musste in Graz viel von Hand gearbeitet werden, was den 500 GE teuer machte: 178.250 Mark kostete das Sondermodell, etwa doppelt so viel wie ein 300 GE mit langem Radstand. Die Ausstattung war – nach damaligen Mercedes-Maßstäben – üppig: Klimaanlage, Lederlenkrad, Schiebedach, Sitzheizung, Tempomat und ein Sonderlack in 338 Amethystblau. Stoßfänger, Außenspiegel und Kotflügel-Verbreiterungen sind in Wagenfarbe lackiert. "Der Anspruch war, in allen Bereichen eine Stufe draufzusetzen", erinnert sich Pramberger. Statt des Standardleders verwendete Mercedes feineres Nappa und setzte die Mittelbahnen in Mittelgrau ab. Die Mittelkonsole ist nicht mit Zebrano, sondern mit Walnussfurnier vertäfelt. Auch die Hebel für Automatikgetriebe, Handbremse und Untersetzung sind mit Wurzelholz versehen.

So fährt der 500 GE von 1993

Ein Mercedes G wirkt mit seinen 2,4 Tonnen Leergewicht und der 1,96 Meter hoch aufragenden Karosserie eher wie ein Auto für die Ewigkeit als für den schnellen Spaß zwischendurch. Dass die Türen zum Schließen eine kräftige Hand brauchen, weil gleich drei Gummidichtungen Wasser draußen halten, gehört ebenso dazu wie das typische Schließgeräusch. Das hat Mercedes auch in die dritte, ab 2018 gebaute G-Generation eingebaut. Weil es sich so gehört, schraubten sie auch dem Neuen Blinker auf die Kotflügel und ein Ersatzrad an die Hecktür.

Hoch im starken Wagen sitzend, schaut der Fahrer auf die Blinker vorn und weit in die Landschaft. Das Handling beschränkt sich darauf, dass der Wagen in die Richtung fährt, die der Fahrer vorgibt. Bei erstaunlich niedrigen Kurvengeschwindigkeiten protestieren die Bridgestone-Reifen quietschend. Der 500 GE hatte 1993 übrigens die ersten Geländewagen-Reifen, die bis 210 km/h zugelassen waren. Den Speedindex braucht der 500 GE, weil er nur 185 km/h läuft. Starke Windgeräusche mahnen jedoch schon vorher zum Gaswegnehmen. Und die Rücksicht auf den Tankinhalt sowieso, denn bei eiliger Fahrt reicht das 96-Liter-Fass nicht weiter als der Akku eines mittelgroßen Elektroautos.

Bremsweg im Test: 52,9 Meter

Unsicher fühlt sich das Fahren im G nie an. Eher gelassen-souverän. Die Lenkung geht nicht übertrieben leicht und macht dem Fahrer damit stets die physikalischen Zusammenhänge deutlich, die für einen 1,96 Meter hohen und 2,4 Tonnen schweren Geländewagen gelten – und die Verantwortung, die damit verbunden ist. Die auch deshalb nicht zu unterschätzen ist, weil sich der teure 500 GE im Test von auto motor und sport 52,9 Meter nahm, um mit kalter Bremse aus 100 km/h bis zum Stillstand zu gelangen. Nach zehn Vollbremsungen wuchs der Bremsweg auf 67,7 Meter an. Dabei hatte Mercedes doch extra vorn innenbelüftete Scheiben montiert.

500 GE ohne Vorderachssperre

Weil Mercedes wegen des höheren Drehmoments bei grobem Unfug um die Haltbarkeit des vorderen Differenzials fürchtete, flog die Vorderachs-Sperre raus. Heute ein Erkennungsmerkmal des 500 GE. Sofern je einer auftaucht. Denn insgesamt wurden nur 464 Exemplare des sündhaft teuren Sondermodells gebaut. Davon sind einige wegen der hohen Steuer für ein Auto mit fünf Litern Hubraum und Euro-1-Abgasnorm ins Ausland verschwunden und nicht mehr zurückgekommen.

Mercedes 500 GE W463 (1993) G-Klasse V8-Motor M117 Foto: Malte Buls
Der Fünfliter-V8 beschleunigt den 500 GE in 11,4 Sekunden von null auf 100 km/h.

Kräftiger Durst, schwache Bremsen, hohe Steuer. Spricht denn irgendwas für den alten G? Jede Menge. Denn gerade mit dem flüsterleisen V8-Motor ist der 463 lässig motorisiert. Fahrer und Passagiere genießen einen prima Ausblick und haben Platz in alle Richtungen. Passanten schauen den hohen, schmalen Wagen an, eher sympathisch als neidisch. Immerhin war er neu mal 178.250 Mark teuer. Heute liegt der Wert laut Classic-Analytics bei gut 40.000 Euro. Wenn man denn überhaupt einen findet. Doch es gibt eine gute Alternative, wenn es kein neuer G sein soll: den G 500 aus den Baujahren 1998 bis 2000.

So fährt der G 500 von 2023

Im neuen G ist vieles gleich – und doch alles anders. Das fängt schon beim Ausparken mit der sehr viel präziseren und leichtgängigeren Lenkung an. Der Vierliter-V8-Biturbo im G 500 reagiert beinahe schon bissig auf das Fahrpedal, die Automatik sortiert ihre neun Gänge blitzschnell und sanft. Der Fahrer sitzt viel besser ins Auto integriert zwischen Mittelkonsole und dicker Türverkleidung auf deutlich körpergerechter ausgeformten Sitzen. Die bieten ordentlichen Seitenhalt – und der ist auch nötig. Denn der neue G geht um Kurven, wo der Vorgänger den Eindruck vermittelt, lieber die Gerade durch das Gebüsch dazwischen nehmen zu wollen.

Im neuen G ist es viel leiser. Dafür ist der Achtzylinder beim Gasgeben deutlich zu hören – kein Wunder, stammt er doch im Grunde seines Kurbelgehäuses aus Affalterbach. Eine nette Parallele zum 500 GE: Denn an beiden Autos war AMG beteiligt. Während der alte G den Eindruck vermittelt, man säße in einem Pavillon, wirkt der Neue von innen auch dank des Widescreen-Cockpits wie eine luxuriöse Limousine. Charakter haben beide. Spannend wird es 2024, wenn in den EQG vier Elektromotoren einziehen. Auch im Elektro-Zeitalter scheint die Geschichte des Gelände-Klassikers eine Zukunft zu haben.

Karosserie-Check

Rost kann selbst an relativ jungen G auftreten. Das betrifft sowohl den Aufbau als auch den Rahmen. An den Falzen der Windschutzscheibenrahmen blüht es häufig. Hinzu kommen die hinteren Stehbleche und Radläufe, die Türscharniere und Türkanten, sowie die Nähte rund um die Heckleuchten. Sind hier Bläschen sichtbar, ist das Blech mit ziemlicher Sicherheit durch, denn der Rost kommt von innen. Am Rahmen ist die hintere Konsole gefährdet. Für die hinteren Feder- und Stoßdämpferaufnahmen gibt es ein Ersatzteil, die Reparatur ist jedoch nicht günstig. Je mehr eine G-Klasse abseits befestigter Wege eingesetzt wurde, desto mehr sollte man auf mögliche Rostnester achten, die überall dort auftauchen können, wo sich Schlamm und Schneematsch verfangen können.

Technik-Check

Den stabilen Kastenrahmen und das unverwüstliche Fahrwerk einer G-Klasse bekommt man nur mit Gewalt kaputt. Darunter zählen Unfälle, aber auch ungestüme Geländeeinsätze, die zu verbogenen Spurstangen und abgerissenen Lenkhebeln führen. Fehlbedienungen der komplexen Mechanik sind das größte Risiko für den robusten Antriebsstrang. Auch schlampige Wartung nagt an der Haltbarkeit. Die Differenziale werden bei Geländefahrten etwa zehnmal so stark beansprucht wie auf der Straße. Verschleiß erkennt man zum Beispiel durch Knackgeräusche. Zog der G oft schwere Anhänger, kann nach mehr als 200.000 Kilometern eine Überholung des Verteilergetriebes nötig sein. Das kostet beim Spezialisten etwa 3.000 Euro.

Bei einigermaßen passabler Wartung sind die Motoren robust, vor allem der M-113-V8 im G 500 (1998 bis 2000) gilt als kräftiger Dauerläufer. Fernreisende greifen gern zum 300 Turbodiesel. Der ist sehr zuverlässig und leicht zu reparieren, aber ohne H-Kennzeichen nicht für Umweltzonen geeignet. Mit der großen Modellpflege 2001 kamen Comand und ESP in den G. Modelle vor 2001 sind weniger komplex, was die Gefahr von Fehlern reduziert und Reparaturen erleichtert.

Preise

In den vergangenen Jahren sind die Preise für G-Modelle gestiegen. Für einen 320 GE oder G 500 sind mindestens 30.000 Euro einzuplanen. Gute Exemplare können über 40.000 Euro kosten. Beste Quelle für gute G: Der Club.

Bei Einführung 1990 (300 GE Station-Wagen kurzer Radstand) :
72.675 Mark
Bei Produktionsende 2000 (G 320 (V6) Station-Wagen kurzer Radstand) :
116.116 Mark

Ersatzteile

Im Vergleich zu anderen Autos, die 30 Jahre alt sind, gibt es für den G noch relativ viele Teile, jedoch nicht immer alles. Weil Mercedes über die lange Bauzeit immer wieder etwas geändert hat, passen selbst simple Teile wie ein Handbremsseil nicht an alle Modelle. Auch bei Verschleißteilen kann es Wartezeiten geben. Schwierig wird es beim Innenraum.

Schwachpunkte

  1. Windschutzscheibenrahmen
  2. Rost an hinterer Seitenwand
  3. Scheibenwischerwellen
  4. Zylinderkopfdichtung
  5. Getriebeöl (Intervall)
  6. Rost rund um die Rücklichter
  7. Rost an Türen
  8. Verteilergetriebe
  9. Verschleiß an Differenzialen
  10. Rost am Leiterrahmen
Mercedes G 463 Kaufberatung Schwachpunkte

Wertungen

Alltagstauglichkeit
Ersatzteillage
Reparaturfreundlichkeit
Unterhaltskosten
Verfügbarkeit
Nachfrage

Fazit

Alter oder neuer G? Schwierige Entscheidung. Denn so kompetent der Neue fährt, so lässig kommt der 30 Jahre alte 500 GE rüber. Die schmale Urversion wirkt auf die Umwelt und beim Fahren sympathisch, hat eher den Charakter eines Werkzeugs als eines Luxusautos.

Wer vom 500 GE in den G 500 umsteigt, kann 40 Jahre Automobilentwicklung im Zeitraffer erleben. Denn im Grunde seines Leiterrahmens ist der alte G eine Konstruktion der 70er-Jahre. Das macht seinen Charakter aus. Und den hat Mercedes mit dem aktuellen G in die Neuzeit gerettet.

Beide können mehr, als die meisten Fahrer je von ihnen verlangen werden - der Neue sogar auf der Straße. Während der innen wie eine Luxuslimousine ausgestattet ist, kommt beim Vorgänger an manchen Stellen das Nutzfahrzeug durch, von dem er abstammt. Grandios ist die Aussicht aus dem hohen und üppig verglasten G. Wenn es genau darum geht, ist das alte Modell genau richtig. Besonders lässig mit V8-Motor. Günstig ist jedoch auch der nicht.